Protocol of the Session on December 16, 2020

Um zusammenzufassen: Integrations- und Asylpolitik kennt kein Schwarz oder Weiß. Viele Maßnahmen, viele Initiativen umfassen Querschnittsthemen, und genau so wird es auch im Haushalt gehandhabt.

Dementsprechend komplex ist ein Haushaltsplan. Der Landesregierung dabei Intransparenz vorzuwerfen, grenzt an blanken Hohn, denn spätestens im Integrationsausschuss hätte die AfD alle Fragen stellen können.

(Beifall von der CDU und von Stefan Lenzen [FDP])

Vor allem aber werden Haushaltspläne auch vom Landesrechnungshof gegengeprüft und auf ihre verfassungskonforme Aufstellung hin betrachtet. Der SPD-Bundesvorsitzende und ehemalige Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans kann davon, glaube ich, leidlich ein Lied singen.

Meine Damen und Herren der AfD, die Landesregierung hat Ihnen auf Ihre Große Anfrage ausführlich geantwortet. Mit den vorliegenden 884 Seiten der Antwort wünsche ich Ihnen für die Weihnachtszeit eine angenehme Lektüre.

(Gabriele Walger-Demolsky [AfD]: Hatten wir schon, danke!)

Ich bin gespannt, welche Bemerkungen Ihnen zu den Themenbereichen – mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich – „ungesteuerte Massenzuwanderung“ oder „unzureichende Rückführungen“ im kommenden Jahr einfallen, und das hoffentlich ohne in einer schwierigen Krisenzeit wichtige Ressourcen in Behörden und Ministerien mit reinen Arbeitsbeschaffungsanfragen zu binden. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wermer. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Yetim.

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion der AfD unterstellt mit der vorliegenden Großen Anfrage eine enorme finan

zielle Herausforderung. Das alleine steht für die Fraktion der AfD im Vordergrund.

Beim Rückblick auf die Flüchtlingssituation, wie wir sie in den Jahren 2015 und 2016 hatten, ist uns allen – ausgenommen die Rechtsaußenparlamentarier – aber die humanitäre Notsituation der vielen Frauen, Männer und Kinder wohl noch sehr deutlich in Erinnerung.

Fiskalischen Lasten, wie die AfD es nennt, spielen, wenn Menschen in Not sind, für uns als SPD nicht die entscheidende Rolle, und ich glaube, auch für andere Fraktionen nicht.

(Beifall von der SPD)

Grundsätzlich unterscheiden wir in der Integrations- und Innenpolitik zwei Gruppen: Die einen haben ein Aufenthaltsrecht und integrieren sich. Sie sind mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes eine Chance für Deutschland. Dazu hat die frühere Landesregierung schon etliche Projekte und Programme aufgelegt. Einige werden von dieser Landesregierung fortgeführt, andere sind dazugekommen.

Dass sich der Erfolg auch durch Zahlen zeigen lässt, haben verschiedene Institute bereits berechnet. Unter anderem hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsförderung schon 2015 aufgezeigt, dass die Integration von Geflüchteten langfristig eine lohnende Investition ist.

Die Bundesregierung berichtet ganz aktuell, dass jedes vierte Unternehmen in der Bundesrepublik Geflüchtete beschäftigt. Jedes zehnte Unternehmen bildet Geflüchtete aus. Fast 400.000 Menschen, die als Geflüchtete zu uns gekommen sind, sind in Lohn und Brot. Die IHK sagt dazu: Die Potenziale, die Flüchtlinge mitbringen, können Unternehmen in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels für sich nutzen.

Diejenigen, die kein Aufenthaltsrecht haben oder es verwirken – auch das ist für uns klar –, haben hier keine Perspektive. Für sie wurden bereits unter der rot-grünen Landesregierung freiwillige Rückkehrprogramme entwickelt, und es wurden auch Abschiebungen durchgeführt. Beides wird auch von dieser Landesregierung fortgeführt. An der einen oder anderen Stelle geschieht das sicherlich anders, als wir das gemacht haben oder gemacht hätten.

An die Abgeordneten der AfD-Fraktion: Auch mit dieser Großen Anfrage machen Sie deutlich, worum es Ihnen im Kern ernsthaft geht. Sie sprechen durchgängig von einer ungesteuerten Massenzuwanderung, obwohl es diese schon lange nicht mehr gibt. Sie aber tun so, als ob sich die Asylzahlen überhaupt nicht verändert hätten. Die aktuellen Zahlen kennen Sie: In diesem Jahr sind es ca. 100.000 Geflüchtete.

Diejenigen, die in den Jahren 2015 und 2016 unter anderem nach Europa geflüchtet sind, sind vor Krieg,

vor Terror und vor Diktatoren wie zum Beispiel in Syrien geflohen. Das sind Diktatoren, die Sie auch noch durch Ihre Besuche unterstützt haben. Wenn aus Syrien 6,6 Millionen Flüchtlinge unterwegs sind, sollten Sie sich noch einmal gut überlegen, wen Sie besuchen.

Festzuhalten bleibt, dass die Antwort auf diese Große Anfrage der Landesregierung viel Arbeit gemacht, sie uns aber keine neuen Erkenntnisse gebracht hat.

Abschließend bleibt mir nur – und mehr ist diese Große Anfrage auch nicht wert –, den Mitgliedern der AfD zu wünschen, unter ihrem Weihnachtsbaum Menschlichkeit, Toleranz und Ehrlichkeit zu finden.

Den anderen Kolleginnen und Kollegen wünsche ich ein schönes und besinnliches Weihnachtsfest und hoffe, dass Sie alle gut ins neue Jahr kommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von Monika Düker [GRÜNE], von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] und von Heike Wermer [CDU])

Vielen Dank, Herr Kollege Yetim. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Lenzen.

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte, die wir nicht als erstes Landesparlament führen, zeigt auch heute wieder, dass diese Große Anfrage wohl ein großer Kassenschlager der selbst ernannten Alternative werden sollte.

Wir kennen das schon von Anträgen und jetzt auch von der Großen Anfrage: Statt eigener Ideen wird abgekupfert und stellenweise einfach blind kopiert. Den Antragsstellern geht es auch gar nicht um Erkenntnisgewinn; das haben die Vorredner auch schon klar gemacht.

Es geht ihnen um politisches Framing und den Versuch, den Schutz von Menschen in einen negativen Kontext zu setzen. Dabei bedienen sich die Fragesteller einer tatsächlichen oder vermeintlichen Neidkultur. Sie versuchen, die Ärmsten der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen. Das lassen wir Demokraten Ihnen einfach nicht durchgehen.

(Beifall von der SPD, von Marcel Hafke [FDP] und von Heinrich Frieling [CDU])

Die Vorredner haben auch schon herausgestellt, dass es den Antragstellen nur um die aktuellen Kosten geht. Es gibt aber auch Fragen, die Sie bewusst nicht stellen, nämlich nach den langfristigen Folgen. Die Quelle hat Kollege Yetim eben schon genannt; ich werde gleich noch einmal genau zitieren.

Es geht auch um die Frage: Wie entwickeln sich Kosten am Ende? Sind das vielleicht doch Investitionen in die Zukunft, gerade wenn es um das wirtschaftliche Wachstum unseres Bundeslandes und unserer Bundesrepublik geht?

Die Quelle, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, wurde schon genannt. Es kommt zu einem ganz entscheidenden Schluss. Mit Erlaubnis der Präsidentin möchte ich gerne wie folgt zitieren:

„Es zeigt sich, dass Investitionen in Sprachkompetenz und Bildungsabschlüsse der Flüchtlinge langfristig hohe Renditen erwarten lassen.“

Deutschland braucht Einwanderung. Deutschland wird Schutzsuchenden Schutz bieten, ohne ihnen ein Preisschild anzuhängen.

Die NRW-Koalition sorgt seit drei Jahren für mehr Verbindlichkeit beim Thema „Integration“. Wir schaffen aber eben auch Chancen wie zum Beispiel durch den Bleiberechtserlass mit der 3+2-Regelung, mit dem Erlass zur Ausbildungsduldung und mit unserem Programm „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“.

Wir setzen auf eine Qualitätsoffensive bei den Integrations- und Sprachkursen und sorgen für eine bessere Anerkennung ausländischer Qualifikationen.

Wir werden auch in Zukunft daran arbeiten – ich glaube, im Ziel sind wir uns mit Teilen der Opposition einig –, dass Migration ein Erfolg bleibt. Wir setzen genauso konsequent auf Rückführung, wo das Recht massiv gebrochen wird.

Zum Schluss möchte ich noch eine Person zitieren, mit der mich politisch-stilistisch eigentlich wenig bis gar nichts verbindet. Der Herr hat aber etwas sehr Richtiges in der Debatte in Schleswig-Holstein gesagt; da haben Sie ja auch diese Große Anfrage gestellt.

Ich meine den Kollegen Ralf Stegner von den Sozialdemokraten. Mit Erlaubnis der Präsidentin möchte ich ihn zitieren:

„In Anbetracht dessen, dass die AfD dieselbe Copy-und-Paste-Anfrage zum Thema Zuwanderung nicht nur im Bundestag, sondern auch in Brandenburg, in NRW und in Hamburg stellt, komme ich schon ins Nachdenken, ob es nicht lohnen würde, die Kosten durch verschwendete Arbeitsstunden pro AfD-Abgeordneten auszurechen.“

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Lenzen. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Düker.

Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der ersten Überschrift in der Vorbemerkung der Großen Anfrage machen Sie, Kollegen von der AfD, deutlich, dass es Ihnen mit dieser Anfrage mitnichten um eine fiskalisch-transparente Darstellung von migrationspolitischen Folgekosten geht, denn die Überschrift lautet: „Ungesteuerte Massenzuwanderung nach Deutschland“.

Allein schon diese Begrifflichkeit, die Sie in dem Dokument mehrfach verwenden, ist nachweislich und belegbar falsch:

Erstens. Es gibt eine gesteuerte Arbeitsmigration in Deutschland. Sie geht uns mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz nicht weit genug, aber eine Arbeitsmigration ist gesteuert.

Zweitens. Das Wesentliche ist, dass die Migration aufgrund von Flucht vor Verfolgung und Bedrohung und nicht von Interessens- oder Verwertungslogik bestimmt wird, sondern zum Beispiel durch die Genfer Flüchtlingskonvention, durch die Europäische Menschenrechtskonvention, durch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und durch das Grundgesetz.

Herr Strotebeck, es ist schlimm genug, dass man Ihnen das hier so oft sagen muss: Menschenrechte gelten universell, und sie stehen eben in einem demokratischen Rechtsstaat, der sich diesen Konventionen und dem Grundgesetz verpflichtet, nicht unter einem Finanzvorbehalt. Das scheint Ihnen tatsächlich immer noch nicht klar zu sein.

(Beifall von Verena Schäffer [GRÜNE])

Ich finde es schäbig, wie Sie Schutzsuchende zu Sündenböcken machen. Die Vorredner haben es erwähnt: Sie stellen Geflüchtete in Konkurrenz zu Wohnungssuchenden und machen Schutzsuchende am Ende zu Sündenböcken und zum Grund für Wohnraummangel.