Protocol of the Session on November 11, 2020

Dazu kann ich Ihnen sagen: Ich habe Angela Merkel vor knapp 30 Jahren kennengelernt, nachdem ich am 2. Dezember 1990 mit ihr zusammen in den ersten gesamtdeutschen Bundestag gewählt worden bin. Diese Frau hat in den ersten 35 Jahren ihres Lebens keine Freiheit gekannt. Ihr zu unterstellen, dass sie die Freiheit unseres Landes untergräbt, halte ich – ich sage es ganz ehrlich – einfach für widersinnig.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Dann will ich eine dritte Anmerkung machen.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Wenn man in Nordrhein-Westfalen ein Regierungsamt annimmt, dann leistet man folgenden Eid – ich zitiere –:

„Ich schwöre, dass ich meine ganze Kraft dem Wohle des Landes Nordrhein-Westfalen widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden,“

(Helmut Seifen [AfD]: So ist es!)

„das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Können unparteiisch verwalten, Verfassung und Gesetz wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“

Ich kann Ihnen nur sagen: Den Inhalt des Antrags, den Sie heute gestellt haben, kann ich vor meinem Gewissen und angesichts dieser Eidesformel nicht verantworten.

(Beifall von CDU und Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Deswegen bin ich froh, dass die demokratischen Fraktionen des Landtags diesen Antrag ablehnen werden. Ich finde, dass damit zu diesem Antrag alles gesagt ist. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen damit zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der AfD hat eine direkte Abstimmung beantragt, also stimmen wir über den Inhalt des Antrags ab. Wer stimmt dem zu? – Die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU, SPD, FDP und Grüne stimmen dagegen. Wer enthält sich? – Herr Langguth enthält sich. Dann wird im Protokoll festgehalten, dass der Antrag Drucksache 17/11662 im Hohen Hause mit breiter Mehrheit abgelehnt wurde.

Ich rufe auf:

6 Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des

Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2021 (Gemeindefinanzierungsgesetz 2021 – GFG 2021)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/11623

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die Landesregierung Frau Ministerin Scharrenbach das Wort. Bitte schön, Frau Ministerin.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Üblicherweise immer im zweiten Halbjahr eines Jahres geht es um die Gemeindefinanzierung des Folgejahres. So ist es auch in diesem Jahr, und so wollen wir es halten.

Die Gemeindefinanzierung 2021 im Gesetzentwurf wurde Ihnen vorgelegt. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen sieht eine Höhe von rund 13,6 Milliarden Euro vor, und das trotz coronabedingter Auswirkungen, die sich für das kommende Jahr natürlich auch im Landeshaushalt Nordrhein-Westfalen ergeben werden. Aber wir haben Wert darauf gelegt, bezüglich der Entwicklung der Verbundmasse zu sagen: Wenn wir nichts tun, fallen wir hinter die Verbundmasse des Jahres 2020 zurück.

Das wollten wir nicht, weil die Haushalte im kommenden Jahr durch die Folgewirkungen aus dem Jahr 2020 natürlich besonders belastet sein werden. Die Landesregierung hat sich daher entschlossen, Ihnen mit dem Vorschlag für die Gemeindefinanzierung 2021 zugleich deutlich zu machen, dass wir die Gemeindefinanzierung um rund 943 Millionen Euro verstärken, um den Kommunen finanzielle Planungssicherheit für das Jahr 2021 und darüber hinaus zu geben. Das ist auch für das Land Nordrhein-Westfalen ein Kraftakt – das will ich ausdrücklich sagen.

Wir haben eine herausfordernde Zeit; nicht nur im Bundeshaushalt und im Landeshaushalt, sondern natürlich auch in den Kommunalhaushalten. Etwas anderes auszuführen, wäre fehlerhaft. Bund und Land haben in diesem Jahr vielfältige Entscheidungen getroffen, um insbesondere die Auswirkungen in den kommunalen Haushalten zu begrenzen.

Wir wissen aus vielen Gesprächen mit den Städten und Gemeinden, dass die Maßnahmen, die wir für dieses Jahr ergriffen haben, mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen werden, dass sie im kommenden Jahr für das Jahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt, einen ausgeglichenen Jahresabschluss werden präsentieren können. Vielleicht gibt es sogar einen Jahresüberschuss, den sie dann entsprechend zurücklegen oder zur Stabilisierung des Jahres 2021 einsetzen können.

Die Landesregierung hat bereits früh in diesem Jahr – das wissen Sie – Sorge dafür getragen, dass die kommunalen Haushalte in der Waage bleiben. Wir haben bereits am 31. März einen Acht-Punkte-Plan, ein Kommunalschutzpaket, beschlossen, das viele Maßnahmen beinhaltet.

So wollen wir es auch für das kommende Jahr halten – das wird nicht überraschen. Die kommunale Ebene ist nun mal die Basis des demokratischen Staatsaufbaus. Sie ist unser Fundament, und wir müssen gemeinsam dafür Sorge tragen.

Die Aufstockung der Finanzmittel in der Gemeindefinanzierung 2021 um 943 Millionen Euro – das wird wahrscheinlich gleich Ihr Hauptkritikpunkt sein – wird als Kreditierung ausgestaltet. Das heißt – so ist es formuliert im Entwurf des Haushaltsgesetzes –, dass wir, wenn sich die wirtschaftliche Situation der Städte und Gemeinden wieder verbessert, miteinander über eine Rückzahlung dieser zusätzlich dotierten Ausgleichsmasse sprechen wollen.

(Dr. Christian Blex [AfD]: Werden die nie!)

Ist das gerechtfertigt? – Ja, ist es. Warum? – Die 943 Millionen Euro finanziert das Land ebenfalls aus Krediten. Es sind Kreditmittel, die wir aufnehmen, um sie den Kommunen zur Verfügung zu stellen. Der Ansatz, den ich hier in mehreren Plenardebatten habe verfolgen dürfen, dass alle außer einer Ebene Schulden machen sollten, funktioniert nicht. Die Kommunen

gehören zum Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland fest dazu.

Alle Maßnahmen, die Land und Bund in den vergangenen Monaten und Wochen ergriffen haben, sind natürlich durch kommunale Maßnahmen flankiert. Wenn Sie an die erste Phase der Coronapandemie zurückdenken, werden Sie sich erinnern, dass es insbesondere um Maßnahmen im Bereich der Gewerbesteuer ging. Das ist die Steuer der kommunalen Familie. Die Kommunen haben mit ihren Entscheidungen dazu beigetragen, Unternehmen zu entlasten. Sie haben Gewerbesteuern gestundet, sie haben sie aufgehoben, sie haben Vorauszahlungsbescheide angepasst oder, oder, oder.

In diesem Zusammenhang gab es eine in der Geschichte der Bundesrepublik und des Landes Nordrhein-Westfalen außergewöhnliche Entscheidung: Land und Bund erstatten der kommunalen Familie noch in diesem Jahr 2,7 Milliarden Euro Gewerbesteuermindererträge. Das ist eine Ausnahmeentscheidung, die wir getroffen haben.

Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten, wenn die Haushaltsplanungen kommen, sehen, wie es in den Haushalten aussieht. Es ist sehr unterschiedlich. Sie wissen, dass nicht jede Kommune gleich betroffen ist von Rückgängen in der Wirtschaftskraft und der Wirtschaftsleistung ihrer Unternehmen. Es hängt stark vom Branchenmix vor Ort ab, wie es tatsächlich aussieht und wie geplant werden kann. Aber jede Kommune wird sich in unterschiedlichem Maße verschulden – davon gehe ich persönlich aus.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Da hilft ein Blick in die Steuerschätzung!)

Darüber ist sich die Landesregierung im Klaren, und darüber sind sich auch weite Teile der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Klaren, weil – und das formuliere ich jetzt einfach – sie nicht die Erwartungshaltung haben, dass in diesen außergewöhnlichen Zeiten Land und Bund alle Lasten – in Anführungszeichen – alleine tragen und andere gar keine.

Durch die engagierte Leistung der kommunalen Familie genauso wie durch die Leistungen und das Engagement des Landes und des Bundes ist es gelungen, dass wir bis jetzt in weiten Teilen gut durch diese Zeit gekommen sind. Daher geht die Landesregierung Nordrhein-Westfalen mit einem klaren Versprechen in dieses Gemeindefinanzierungsgesetz 2021. Wir helfen den Städten und Gemeinden, denn insbesondere im kommenden Jahr wird es zu Verringerungen bei den Gemeindeanteilen an der Einkommens- und der Umsatzsteuer kommen, die über die Bundesebene staatlich zugewiesen werden. Das wissen wir, und deswegen haben wir gesagt: Wir stützen die Gemeindefinanzierung.

Wir haben bei der Gemeindefinanzierung 2021 außerdem die wesentlichen Planungsparameter gleich gehalten, damit es nicht zusätzlich zu Verwerfungen kommt; beispielsweise über eine Grunddatenaktualisierung, über die Veränderung von Haupt- und Nebenansätzen oder durch Vergleichbares. Wir haben das gleich gehalten.

Über eines müssen wir uns miteinander auch noch austauschen. Wir haben bereits einmal ein Gutachten zur Einwohnergewichtung eingeholt. Das ist immer eine eigene Debatte hier im Haus, wenn es um die Gemeindefinanzierung geht. Dieses Gutachten ist richtigerweise von allen verworfen worden, sowohl von den kommunalen Spitzenverbänden als auch durch die parlamentarische Vertretung hier.

Wir haben ein zweites Gutachten eingeholt, und das liegt Ihnen vor. Darüber dürfen, werden und müssen wir uns im Zusammenhang mit der Gemeindefinanzierung 2022 austauschen, was wir übernehmen, was wir an der Gemeindefinanzierung verändern, um letztendlich Ihrem Willen, dem Willen des Gesetzgebers, gerecht zu werden.

Die Gemeindefinanzierung 2021 wird auf Verlässlichkeit und Verbindlichkeit setzen. Wir haben verschiedene Maßnahmen ergriffen: Gewerbesteuerminderausgleich, Beteiligung des Landes NordrheinWestfalen an ausgebliebenen Beiträgen für Kindertageseinrichtungen, Offenen Ganztag, öffentlichen Personennahverkehr und Stützmaßnahmen über Finanznetze über die NRW.BANK. Diese musste bis jetzt übrigens erfreulicherweise nicht einmal in Anspruch genommen werden. Sprich: Die Liquiditätsversorgung über den Markt funktioniert – und das ist ein gutes Zeichen.

Aber der Schutzschirm von 5 Milliarden Euro für Kommunal-Corona ist letztendlich da. Er ist geschaffen. Ich hoffe, dass wir ihn wirklich nie in Anspruch nehmen müssen, weil wir insgesamt vernünftig auch durch diese Zeit und auch gemeinsam in das nächste Jahr gehen werden. – Herzlichen Dank.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage, bevor Sie sich bedanken? Es ist nett von Ihnen, wenn Sie es gestatten. Sie kommt von Herrn Dahm von der SPDFraktion.

Ja.

Prima! – Herr Dahm, bitte schön.

Vielen Dank, Frau Ministerin, dass Sie die Zwischenfrage zum Ende Ihrer

Redezeit und zum Ende Ihrer Rede noch zulassen. Sie haben die Maßnahmen des Landes mit Blick auf die Kommunen aufgelistet. Haben Sie als Landesregierung die Absicht, nachdem die Kommunen die coronabedingten Ausgaben, die coronabedingten Schäden buchen, diese Kosten entsprechend zu erstatten?

Vielen Dank für die Rückfrage, Herr Dahm, die dem Grunde nach mit dem NKF-CIG zu tun hat.

Wir werden – deswegen haben wir das ganz bewusst gemacht – mit der Isolierung der coronabedingten Schäden, dafür sorgen, dass die kommunalen Haushalte tragfähig bleiben und die kommunale Selbstverwaltung stattfinden kann. Das heißt, wir werden im Frühjahr, mit hoher Voraussicht im Sommer 2021 wissen, wie hoch der von den Kommunen erfasste Schaden aus dem Jahr 2020 ist. Ich greife jetzt mal den Sommer. Sie wissen, wie lange zum Teil Kommunen für die Erstellung des Jahresabschlusses brauchen. Wir werden dann sehen, wie viel wirklich gebucht ist.

Nach den bisherigen Gesprächen, die ich geführt habe, bin ich da verhalten optimistisch, weil in diesem Jahr sehr viel zusätzliches Geld bereitgestellt wurde. Es sind fast 4 Milliarden Euro, die zusätzlich über verschiedene Haushalte und Töpfe aus der Landesregierung, auch aus Mitteln des Bundes in die kommunalen Haushalte kommen.

Das herausfordernde Jahr wird nach allen Gesprächen, die ich bis jetzt geführt habe, 2021 und insbesondere die Mittelfristige Finanzplanung in der Darstellung des Haushaltsausgleiches. Auch dafür haben im engen Schulterschluss mit der kommunalen Familie eine Erlasslage herausgegeben, was beispielsweise die Verwendung der zusätzlichen Mittel aus Kosten der Unterkunft oder anderem betrifft. Ich hoffe, dass dadurch in der Summe auch die Mittelfristige Haushaltsplanung dargestellt werden kann.