Protocol of the Session on October 8, 2020

Die Wahrheit ist nämlich auch, dass es darum geht, den Umsatzhochlauf zu sichern, den wir in den letzten Jahren alle wertgeschätzt haben und der nicht gefährdet werden darf; darauf haben Sie gerade hingewiesen, Herr Kollege.

Wenn wir jetzt zur Kenntnis nehmen, dass 300 Mitarbeiter noch keinen Platz gefunden haben, muss man in dem Zusammenhang fragen, welche Projekte in Zukunft in den Niederlassungen liegen bleiben, weil die Mitarbeiter keinen Arbeitsplatz haben und wir diesen Umsatzhochlauf, den wir immer gern propagieren, in dieser Form überhaupt nicht sicherstellen können.

Deshalb finde ich den Beitrag, den Sie heute Abend leisten, ziemlich nebulös. Er will nämlich von der Problematik ablenken, dass die Leute in den Niederlassungen gar nicht zur Verfügung stehen, um diese Arbeit in den Niederlassungen Rheinland und Westfalen erledigen können.

(Zuruf von Jens-Peter Nettekoven [CDU])

Das können Sie ruhig sagen.

Deshalb ist es in dem Zusammenhang auch erlaubt, ein paar Fragen zu stellen, damit auch klar wird, welche Informationen ich in meinen Gesprächen bekommen habe.

Welche Aufgaben übernehmen denn die 300 verbleibenden Leute beim Landesbetrieb Straßenbau, wenn sie übergangsweise bis 2022 noch keinen Arbeitsplatz gefunden haben? Die Frage muss man stellen. Man kann hier nicht so einen Operettenantrag einbringen nach dem Motto: Ist ja alles wunderbar, wir sorgen für den Umsatzhochlauf.

Ich prophezeie: Im nächsten Jahr werden wir schlechte Zahlen und erleben, dass der Umsatzhochlauf massiv nach unten geht,

(Jens-Peter Nettekoven [CDU]: Nee, glaube ich nicht!)

weil Ihre Realität, der Versuch, das den Menschen deutlich zu machen, völlig ins Leere läuft. Das Gegenteil wird der Fall sein.

Das heißt im Straßenbau nichts anderes als mehr Stau, liegen gebliebene Projekte und am Ende

insbesondere für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landesbetrieb Straßenbau keine Perspektive.

Dazu haben Sie in Ihrem Antrag überhaupt nichts geschrieben. Sie reden von der Autobahn GmbH und welchen Job die erledigen sollen, und dann geben Sie noch Aufträge nach Berlin, aber was in den Niederlassungen laufen soll, wo die Projekte umgesetzt werden und die Arbeit gemacht wird, darüber steht hier nichts. Das ist ziemlich auffällig. Deshalb halte ich für ein großes Ablenkungsmanöver, was Sie hier einbringen.

Wenn Sie mir schon nicht Glauben schenken wollen und meinen, wir würden völlig verkehrt liegen, unterhalten Sie sich mal mit den Mitarbeitern, was die von Ihren Ausführungen halten: gar nichts. Damit können sie überhaupt nichts anfangen, weil sie keine Orientierung bekommen haben und das Chaos in den Niederlassungen sehr deutlich ist.

Es gibt Hunderte von Leuten, die nicht wissen, wo sie hingehören. Deshalb haben sie schon eine Ahnung, ob der Umsatzhochlauf, den wir immer gern wertgeschätzt haben, in der Form überhaupt noch umgesetzt werden kann.

In diesem Zusammenhang kann ich für meine Fraktion nur deutlich machen, dass wir uns sehr wünschen, dass Sie diese Arbeiten in den nächsten Monaten erledigen.

(Zuruf von Jens-Peter Nettekoven [CDU])

Das sind Sie den Mitarbeitern und auch der Wahrheit und Klarheit Ihrer Politik schuldig.

Die Redezeit.

Wenn Sie heute den Eindruck erwecken wollen, dass Sie Ihren Job gemacht hätten, kann ich nur sagen: weit gefehlt. Die Probleme, die in den nächsten Monaten entstehen werden, gehen allein auf Ihre Rechnung. – Herzlichen Dank und Glück auf!

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Löcker. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Klocke.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Voussem, ich möchte Ihnen ein Kompliment machen: Sie würden wirklich als Regierungssprecher taugen. Das meine ich wirklich ernst, denn Sie haben das eben mit so einem nüchternen, sachlichen und werbenden Unterton vorgetragen, dass ich Ihnen das fast abgenommen hätte – aber nur fast.

Was ich in meiner Redevorbereitung mit Fragezeichen versehen hatte, nämlich die Skepsis gegenüber der Umsetzung, mögliche Probleme im Transformationsprozess und auftretende Mängel, hat Kollege Middeldorf, mit dem ich manchmal hadere und den ich manchmal lobe oder mit dem ich manchmal auf einer Linie liege, in seiner Rede komplett bestätigt. Das fand ich schon bemerkenswert.

Dieser Antrag lässt erahnen, dass in diesem Transformationsprozess irgendetwas nicht rundläuft, wenn im Beschlussteil formuliert wird, „etwaigen drohenden Friktionen bei der Personalgewinnung, Verzögerungen bei Projekten sowie sonstigen Problemen frühzeitig entgegenzuwirken“ oder „schnellstmöglich die volle Handlungsfähigkeit der Autobahn GmbH sicherzustellen“.

(Carsten Löcker [SPD]: Ja!)

Warum machen Sie so einen Antrag? Klar, wir sitzen hier tagelang zusammen, es sind viele wichtige Themen etc., alle haben viel miteinander zu tun, und es gibt auch viele andere drängenden Themen. Warum schreibt die Regierungskoalition einen solchen Antrag und legt ihn dem Parlament vor?

Meine Einschätzung mit Fragezeichen war: Das läuft nicht so, wie Sie sich das gedacht haben. Bei Ihrer Rede, Herr Voussem, habe ich einen kurzen Moment gedacht: Scheint doch irgendwie ein gutes Konzept zu sein. – Doch dann war meine Skepsis wieder da, und die hat Kollege Middeldorf mit seinen Ausführungen eindeutig bestätigt.

Jetzt mal raus aus der Ironie:

(Hendrik Wüst, Minister für Verkehr: Habe ich gar nicht verstanden, dass es Ironie war! Ich bin zu blauäugig!)

Wir brauchen eine gute Verkehrsinfrastruktur, gute Bundesfernstraßen; die Debatte läuft schon seit Jahren. Wir haben es damals, als die ersten Ideen des Bundes aufkamen, diskutiert.

Ich bin kein Organisationsexperte, doch mein Empfinden war schon immer, dass es letztlich egal ist, ob das jetzt in Bundesauftragsverwaltung läuft oder in Berlin organisiert wird. Es geht um die schnellstmögliche Umsetzung von wichtigen relevanten Verkehrsprojekten.

Es gibt ein paar Beispiele beim Wasserstraßenbau oder bei der Bahn, wo vieles zentral in Berlin organisiert wird. Deswegen hatte ich eine hohe Grundskepsis, ob es jetzt besser läuft, wenn wir die Straßen auch noch nach Berlin geben. Die habe ich weiterhin.

Der Prozess läuft ja. Man kann es heute nicht abschließend beurteilen, und das wird auch nicht die letzte Debatte zu diesem Thema sein.

Ich finde es gut und richtig, dass Landes- und Bundesstraßen in Nordrhein-Westfalen bei Straßen.NRW

bleiben. Das ist eine komplett richtige Entscheidung; das haben wir auch damals gesagt.

Dieses Begleitgremium haben wir schon mehrfach diskutiert. Das war ein Vorschlag der Industrie- und Handelskammern; jedenfalls erinnere ich mich an Veranstaltungen dort und an Pressestatements.

So etwas als Begleitgremium zu machen, finde ich richtig, und zwar genauso, wie Kollege Middeldorf es gesagt hat: nicht nur um einmal im Jahr bei Kaffee und Kuchen zusammentreffen und zwei Tage vorher einen 140-seitigen Referenzbericht vorgelegt zu bekommen. Stattdessen muss es darum gehen, wirklich konkret zu schauen: Wie läuft die Umsetzung von Projekten? Was muss verbessert werden? Wo gibt es Mängel?

Wenn ein solches Gremium so etwas leisten würde, fänden wir Grüne, fände ich persönlich das völlig richtig. Wenn das eingerichtet und gut zusammengesetzt wird, können wir das unterstützen.

Mir fehlt in dem Antrag etwas; da schließe ich an die Debatte an, die wir eben zu unserem Antrag zum Bundesverkehrswegeplan geführt haben: Das ist ein vierseitiger Antrag zur Verkehrsinfrastruktur und zur Gewinnung von Infrastruktur der Zukunft.

Ich will gar nicht nach dem Begriff „Klimaschutz“ fragen – das hätte mich jetzt äußerst gewundert –, aber ich finde auch kein einziges Wort zu nachhaltiger Infrastruktur, zur Mobilitätswende und zu Zukunftsherausforderungen. Es sind nur vier Seiten Papier von CDU und FDP, und das im Jahre 2020, in der aktuellen gesellschaftlichen Debatte und vier Wochen nach der Kommunalwahl mit ihren Ergebnissen.

Mit keinem Wort wird hier erwähnt, dass wir die Mobilität der Zukunft organisieren müssen, dass die Mobilität der Zukunft anders aussehen muss als bisher, dass wir von der Autovorrangpolitik wegkommen müssen.

Wir werden Pkw brauchen, wir brauchen intakte Straßen, wir brauchen gut sanierte Straßen, aber wir brauchen eine andere Verkehrsinfrastruktur. Ich bin fest davon überzeugt: Das wäre ein paar Sätze wert gewesen, auch wenn sich der Antrag erst mal um die Organisationsstruktur dreht.

Zusammengefasst ist das ein Antrag, der bei mir Befremden und Fragen zurücklässt. Wir Grüne werden ihn daher ablehnen. Sie sind sich offensichtlich auch in den Regierungsfraktionen in der Perspektive nicht ganz klar.

Die Redezeit.

Ich bin auf jeden Fall näher an den Ausführungen der FDP, bei Herrn Middeldorf.

Herr Voussem, noch mal zum Regierungssprecher zurück: Es war einen Versuch wert, aber die Fragezeichen sind bei mir geblieben. Wir haben eine große Aufgabe vor uns, und ich habe nicht den Glauben …

Herr Kollege Klocke.

… und nicht die Hoffnung, dass das mit der Infrastruktur, wie sie jetzt in Berlin organisiert wird, umzusetzen ist. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. – Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Vogel.