Wir erwarten, dass zumindest die Tagesordnung für das Plenum so gestaltet wird, dass der Medienminister bei der Debatte über einen Staatsvertrag, den er als Ministerpräsident unterschrieben hat, anwesend sein kann.
Kommen wir nun zu diesem Staatsvertrag. Ende Februar hat das Expertengremium der KEF, der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, turnusgemäß den Anpassungsbedarf beim Rundfunkbeitrag berechnet.
Nur zur Erinnerung: 86 Cent sind die erste Erhöhung seit über zehn Jahren, und zwischenzeitlich gab es auch eine Senkung des Beitrags. Mitte Juni unterschrieben alle Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder den Ersten Medienänderungsstaatsvertrag. Damit ebneten sie den Weg für die noch nötigen Abstimmungen in den Länderparlamenten.
Jetzt könnte der Prozess wahrscheinlich nicht an Ihnen, aber an Ihren Parteifreunden in Sachsen-Anhalt scheitern. Denn unter einer fadenscheinigen Begründung – unter anderem wegen eines satirischen Videos, produziert vom öffentlich-rechtlichen Jugendangebot „funk“ – will die CDU die Beitragserhöhung in Sachsen-Anhalt stoppen. Oder anders ausgedrückt: Offensichtlich knüpft die CDU Sachsen-Anhalt ihre Unterstützung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an die Bedingung, dass möglichst handzahm berichtet wird. Der Deutsche Journalisten-Verband spricht von Zensurversuch.
Darum möchte ich an Sie appellieren, auf Ihre Parteifreunde einzuwirken, dass sie diese Art und Weise unterlassen und dem Staatsvertrag, wie von den Ministerpräsidenten unterschrieben, zustimmen.
Die Entscheidung über den Rundfunkbeitrag darf nicht von politischen Vorgaben oder programmlichen Erwägungen abhängig gemacht werden.
Eine Beitragserhöhung an politische Forderungen zu knüpfen, würde das Gebot der Staatsferne ad absurdum führen.
Dabei geht es nicht nur abstrakt um den öffentlichrechtlichen Rundfunk. Es geht also nicht nur um ARD und ZDF. In Nordrhein-Westfalen finanziert der Rundfunkbeitrag nicht nur das WDR-Fernsehen,
sondern es werden auch 1LIVE, WDR 2, WDR 3, WDR 4 und WDR 5 finanziert. Es wird phoenix finanziert, es wird arte finanziert, und es wird im Netz auch „funk“ finanziert.
Daher plädieren wir dafür, dass wir gemeinsam diesem Ersten Medienänderungsstaatsvertrag zustimmen und es zu dieser Erhöhung kommen kann. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, in der Tat, in Sachsen-Anhalt glauben einige, dass die Ablehnung der Erhöhung durch die Länder eine Erhöhung verhindert. Diesem Irrtum sind aber auch schon mal unter anderem SPD-Ministerpräsidenten erlegen; das ist gar nicht so lange her.
Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehört zur Gewährleistung des gleichen nach Art. 5 des Grundgesetzes, und aus diesem Grund dürfen die Länder nicht von der Gebührenempfehlung der KEF allzu weit abweichen. Die KEF legt fest, wann der öffentlich-rechtliche Rundfunk auskömmlich finanziert ist, indem sie den Finanzbedarf ermittelt und die Festsetzung des Rundfunkbeitrags empfiehlt.
Mir ist klar, dass eine Beitragserhöhung keine Begeisterung auslöst, auch wenn es nur um 86 Cent geht, sie also überschaubar ist und man für den Betrag aufs Jahr gerechnet gerade mal eine Kinokarte bekommt. Die letzte Erhöhung – Kollege Vogt hat auch darauf hingewiesen – ist elf Jahre her. Die letzte Beitragsveränderung war eine Senkung des Beitrags.
Aber – und das zählt für mich aktuell – die KEFVorgaben zwingen natürlich auch die Sender, stärker zu sparen. Die Einschnitte sind teilweise sehr schmerzhaft. Das merkt man, wenn man E-Mails bekommt, weil der Norddeutsche Rundfunk liebgewonnene Sendungen, die man auch in Nordrhein-Westfalen empfangen kann, plötzlich kippen muss. Auch daran merkt man, dass das Interesse unterschiedlich ist.
Die Frage ist also: Was können und wollen wir auskömmlich finanzieren? So lautet die Formulierung in den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und auch im KEF-Bericht. Da hilft es also nur, eine grundlegende Reform von Programmauftrag und Struktur anzustreben. Die Ministerpräsidenten haben dazu ja mal einen Aufschlag gemacht, der dann ein bisschen
Deshalb halte ich es – außerhalb der Diskussion um den Ersten Medienänderungsstaatsvertrag, der heute auf der Tagesordnung steht – für unabdingbar, dass die Praxis der Medienpolitik in Deutschland mit ihren Staatsverträgen verändert wird. Dazu gibt es bereits Ideen vonseiten der FDP, aber auch vonseiten der Grünen im Deutschen Bundestag. Daher werden wir, glaube ich, zum letzten Mal einen Medienänderungsstaatsvertrag ändern, der nur aus einem Satz besteht, der eine Beitragserhöhung zum Inhalt hat. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Nückel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Keymis.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Wesentliche haben die Kollegen Schick und Vogt schon gesagt, und auch Herr Nückel hat wichtige Punkte hinzugefügt. Wir sind uns einig, dass wir einen starken öffentlichrechtlichen Rundfunk in Deutschland wollen. Wir sind uns einig in der Überzeugung, dass insbesondere der Qualitätsjournalismus dort immer noch ein Zuhause hat. Wir schauen auf viele andere Länder und nehmen wahr, wie sich Gesellschaften dort entwickeln. Wir sind uns einig, dass viele Debatten heute fast nur noch wie Glaubenskriege geführt werden.
Insofern halte ich es für entscheidend, dass wir uns in der Sache zu dem Thema verhalten, und in der Sache – das ist eben schon gesagt worden – ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk hier verfassungsrechtlich verankert. Dazu gibt es entsprechende Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die ganz klar besagen, wie die Dinge zu laufen haben, wenn wir uns an das halten wollen, was uns unter anderem das Grundgesetz vorgibt und auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts über Jahrzehnte hinweg kontinuierlich auferlegt haben. Daher kann man das so staatstragend behandeln, wie wir es hier heute tun.
Wir werden gemeinsam darüber beschließen, wenn auch wahrscheinlich nicht einstimmig, wie ich annehmen muss. Dies verhindert jedoch nicht, dass in Nordrhein-Westfalen das in Kraft tritt, was wir uns vorstellen, und das ist eine Anpassung des Beitrags um 86 Cent. Das ist natürlich Geld, das den Leuten woanders fehlt, aber pro Tag sind es – danke, dass Sie nachgerechnet haben, Herr Kollege Schick – nur etwas mehr als 60 Cent, wenn man den Beitrag von etwa 18,50 Euro zugrunde legt.
Diese 60 Cent sind nicht viel im Verhältnis zu dem, was geboten wird, bedenkt man, wie sehr allein die
Kulturlandschaft davon profitiert, dass sie öffentlichrechtliche Rundfunkangebote bedient. Orchester können Musik machen, Künstlerinnen und Künstler sind in der Lage, Aufträge zu erfüllen, ebenso wie Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Autorinnen und Autoren, Journalistinnen und Journalisten. Es handelt sich um eine große, wichtige und notwendige Unterstützung eines Systems, von dem wir alle überzeugt sind und hinsichtlich dessen uns das Bundesverfassungsgericht immer wieder deutlich gesagt hat, es brauche Bestands- und Entwicklungsgarantie. Dazu trägt die geplante Beitragsanpassung bei.
Diese Beitragserhöhung ist im Übrigen – darauf hat Herr Kollege Nückel völlig zu Recht hingewiesen – von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten geplant und vorgeschlagen worden, verbunden mit ganz strengen Kautelen in Bezug auf Einsparungen. Die 86 Cent sind also keine beliebig gewählte Größe, sondern das Ergebnis vieler Sitzungen und Berechnungsverfahren der KEF, nachdem diese genau festgelegt hat, wo überall eingespart werden muss, damit diese Beitragsanpassung gerechtfertigt und beschlossen werden kann.
Vor diesem Hintergrund wissen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, dass sie einen starken Auftrag haben, der im Grunde mit unserem Beschluss verbunden ist. Sie müssen – auch das hat Herr Kollege Nückel gesagt – erhebliche Einsparleistungen vollbringen. Der Westdeutsche Rundfunk hat dies in den letzten Jahren schon getan und mit entsprechenden Konsequenzen für das Personal bereits über 500 Stellen abgebaut. Das ist für einen solchen Sender ein erheblicher Schritt. Damit sind entsprechende Einsparmaßnahmen in Gang gesetzt worden, und es werden noch weitere folgen. Wir alle diskutieren das laufend.
Meiner Meinung nach können wir einer Beitragsanpassung deshalb so leicht zustimmen, weil sich alle bewusst sind, dass es nicht darum geht, etwas breit auszuwalzen, sondern das vorhandene Potenzial so gut und effizient und für die Gesellschaft so nutzbringend wie möglich zu schöpfen.
Deshalb nenne ich hier noch einmal das zentrale Stichwort der Bestands- und Entwicklungsgarantie. Wir werden dem zustimmen, so wie wir es in der Vergangenheit auch immer getan haben. Wir haben immer dafür geworben, dass das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem, das einen Teil unserer Gesellschaft klug zusammenhält und in dem die Menschen Orientierung finden, stark bleibt.
Gerade die letzten Monate haben uns die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sehr deutlich vor Augen geführt. Denn in der Pandemiesituation haben die Menschen schnell nach Informationen und Orientierung gesucht.
Wir wissen aus den entsprechenden Einschaltquoten, dass die Menschen insbesondere das öffentlichrechtliche Angebot sehr stark genutzt haben, um sich über das, was die Pandemie uns allen abverlangt, auf dem Laufenden zu halten.
Vor dem Hintergrund freue ich mich über eine möglichst breite Zustimmung und darüber, dass wir im Hohen Hause Einigkeit beweisen und dem öffentlichrechtlichen Rundfunk auch künftig den Rücken stärken. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es tut mir leid, wenn ich die traute Einigkeit jetzt ein bisschen stören muss, aber es wird Sie natürlich nicht überraschen, dass meine Fraktion dem Ersten Medienänderungsstaatsvertrag und damit der Erhöhung des Rundfunkbeitrags nicht zustimmen wird. Genauso wenig haben mich die gerade gehörten Lobgesänge auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk überrascht.
Sie alle werden dafür stimmen – auch die FDP, die in Oppositionszeiten ja immer ein bisschen so tut, als sei sie für Verschlankung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sobald sie dann aber an der Regierung ist und wirklich etwas ändern könnte, hört man davon nichts mehr. Schließlich, so wird immer argumentiert, werde ja alles immer teurer. Das stimmt aber insbesondere im Medienbereich überhaupt nicht. Im Gegenteil: Da haben wir es mit einem massiven Preisverfall zu tun.
Inzwischen können Sie mit einem mittelmäßigen Smartphone bessere Aufnahmen machen als mit einer professionellen Fernsehkamera von vor zehn Jahren. Gleichzeitig bauen die Anstalten seit Jahren ihr kostenintensives Sendernetz zurück. Das verdanken wir der Digitaltechnik und sparen auch damit riesige Geldsummen.