Meine Damen und Herren, schon mit dem ersten Nachtragshaushalt 2015 wurden die Mittel für den Bereich der Telekommunikationsüberwachung um 1 Million € erhöht. Nun sollen mit dem Entwurf für 2016 weitere 2,25 Millionen € in den Haushalt fließen, ganz zu schweigen von den notwendigen Investitionen, die die Telekommunikationsprovider und damit die Steuerzahler zahlen müssen. Die Wirksamkeit technischer Überwachungsmaßnahmen zur Extremismusbekämpfung ist nicht erwiesen, sie ist vielmehr zweifelhaft. Das ist Verschwendung. Sie füttern auf diese Weise die Überwachungsindustrie und glauben, Sie kaufen sich Sicherheit, dabei verkaufen Sie unsere Freiheit.
Das Geld wäre wesentlich besser aufgehoben, wenn Sie es in den Datenschutz und in Medienkompetenzschulungen stecken würden; denn wir können im Haushalt weiterhin keine Bestrebungen dafür erkennen, dass Sie für mehr Weiterbildungsangebote und Sensibilisierungsmaßnahmen Ihrer Beschäftigten im Bereich Datenschutz sowie ein Bewusstsein für Risiken bei Datenschutz und Datensicherheit und bei der IT-Sicherheit sorgen. Hier fehlt es immer noch an einem Handlungskonzept und an dem entsprechenden Budget.
In der Summe bleibt festzuhalten: Viel Geld wird ausgegeben, aber wenig nachhaltig, und eine perspektivische Planung für die Versorgung der Flüchtlinge fehlt. Stattdessen ist immer wieder mehr Geld vorhanden für mehr Überwachung und Kontrolle. Das bringt uns überallhin, nur nicht vorwärts. Daher lehnen wir diesen Haushaltsentwurf ab. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Herrmann. – Nun spricht für die Landesregierung Herr Minister Kutschaty in Vertretung für Herrn Minister Jäger.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den Reden, die ich gerade von Herrn Kruse und Herrn Lürbke gehört habe, würde ich es einmal als eine ausge
sprochen glückliche Fügung bezeichnen, dass heute der Justizminister den Innenminister in dieser Debatte vertreten darf.
Ich kann Ihnen nämlich versichern, dass der Rechtsstaat durch die nordrhein-westfälische Innenpolitik in keinster Weise gefährdet ist.
Die Innenpolitik der nordrhein-westfälischen Landesregierung, insbesondere des nordrhein-westfälischen Innenministers, ist nämlich klug, vorausschauend und tut alles, um unseren Rechtsstaat zu sichern, meine Damen und Herren.
Natürlich stehen wir vor großen Herausforderungen, aber genau diese Herausforderungen bilden sich, wie ich finde, auch sehr gut im Haushaltsentwurf 2016 ab. Sie sind deutlich gemacht in den Bereichen innere Sicherheit und Asyl.
Meine Damen und Herren, das Thema „innere Sicherheit“ stellt uns nicht erst seit den schrecklichen Ereignissen in Paris weiterhin vor ganz große Herausforderungen. Die nordrhein-westfälische Polizei ist hierfür gut gerüstet. In den Haushaltszahlen ausgedrückt heißt dies: Mehr als 2,96 Milliarden € werden mit diesem Haushalt für die Polizei in Nordrhein-Westfalen bereitgestellt. Das sind nahezu 204 Millionen € mehr als im Haushalt 2015, und den Haushalt 2015 hatten wir, wie Sie wissen, mit dem ersten Nachtrag bereits aufgrund des Terroranschlags auf „Charlie Hebdo“ aufgestockt.
Von den 2,96 Milliarden € für die Polizei entfallen über 2,36 Milliarden € auf das Personal und rund 600 Millionen € auf entsprechende Sachmittel.
Meine Damen und Herren, es ist gut und richtig, dass nicht nur in 2015, sondern auch in 2016 zusätzlich 250 Kommissaranwärterinnen und -anwärter ausgebildet werden. Unter Berücksichtigung dieser 250 zusätzlichen Einstellungsermächtigungen können wir im nächsten Jahr insgesamt 1.920 Nachwuchskräfte für die Polizei einstellen. Damit bleiben wir auf dem hohen Niveau des Jahres 2015. Dieses Jahr hatte bereits 1.892 Einstellungsermächtigungen vorgesehen. Das ist konsequent und angesichts der Herausforderungen für die Polizei in den verschiedensten Aufgabenbereichen im Augenblick auch richtig und wichtig.
Das Thema „innere Sicherheit“ betrifft neben der Polizei ganz wesentlich auch den Verfassungsschutz. Im ersten Nachtragshaushalt 2015 haben wir in diesem Hause bereits eine personelle Aufstockung des Verfassungsschutzes beschlossen. Aktuell liegt Ihnen ein Antrag der Koalitionsfraktionen
zu einer weiteren Verstärkung des Verfassungsschutzes vor. Ich glaube, hier im Hause herrscht parteiübergreifend Einigkeit, dass die Bekämpfung des extremistischen Salafismus und anderer Extrembewegungen wichtiger denn je ist. Zu diesen Maßnahmen gehören auch die Aussteigerprogramme im Rechtsextremismus und im Islamismus. Daher ist der Antrag der Koalitionsfraktionen, der auch in diesen Bereichen eine Aufstockung vorsieht, ausdrücklich zu begrüßen.
Meine Damen und Herren, ein weiterer haushaltsmäßiger Schwerpunkt im Einzelplan 03, dem insbesondere die Ergänzungsvorlage Rechnung trägt, ist die Bewältigung der Flüchtlingssituation. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat zuletzt im August dieses Jahres eine Prognose zu den Flüchtlingszahlen bekannt gegeben, wonach nach damaliger Kenntnislage bis zu 800.000 Menschen in 2015 in die Bundesrepublik Deutschland einreisen werden. Heute wissen wir: Diese Zahl ist schon bei Weitem übertroffen worden.
Der Haushaltsentwurf für 2016, den wir in der ersten Jahreshälfte 2015 aufgestellt haben, war daher spätestens mit dieser Prognose zu überarbeiten. Die flüchtlingsbedingten Ausgaben sind in der Ergänzungsvorlage zum Entwurf 2016 demnach massiv aufgestockt worden. So haben wir alleine im Asylkapitel nunmehr Gesamtausgaben von mehr als 1,3 Milliarden €. Hierbei handelt es sich um Ausgaben für die Aufnahme, Unterbringung, Betreuung und Versorgung der Flüchtlinge und ferner um Ausgaben für die Anmietung von Flüchtlingsunterkünften sowie für Baumaßnahmen zur Herrichtung weiterer Unterkünfte.
Ich hoffe, wir sind uns heute einig, dass wir alles dafür tun müssen, jedem Flüchtling auch eine menschenwürdige Unterkunft zu bieten. Die Menschen aus den Krisengebieten dieser Welt, die bei uns um Asyl bitten, haben ein Recht darauf. Es ist nicht nur unsere gesetzliche Pflicht, sondern auch ein Gebot der Menschlichkeit, sie angemessen unterzubringen und mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen.
Daneben stellt die Flüchtlingspauschale einen ganz wichtigen Baustein zur Finanzierung der in 2016 anfallenden Ausgaben im Asylbereich dar. Insgesamt sind im Jahre 2016 als pauschale Landeszuweisung nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz 1,948 Milliarden € vorgesehen. Grundlage dieser Zuweisung ist das Angebot der Landesregierung an die kommunalen Spitzenverbände zur Umsetzung der Entlastungsmaßnahmen des Bundes. Danach wird die bisherige Pauschale für das Jahr 2016 auf 10.000 € pro Flüchtling aufgestockt. Außerdem wird der Kreis der Flüchtlinge um die Geduldeten erweitert. Das ist eine eindeutige Entlastung für die Kommunen in unserem Land.
Die Bewältigung der Flüchtlingssituation wird aber das Ministerium für Inneres und Kommunales und nahezu den gesamten Geschäftsbereich auch 2016 vor große Herausforderungen stellen. Dies können wir auch nur mit einer angemessenen Personalausstattung und einer Ausstattung aller weiteren beteiligten Behörden bewältigen.
Über die im Haushalt 2015 bereits erfolgten personellen Verstärkungen werden im Jahre 2016 mehr als 250 weitere Planstellen und Stellen eingerichtet. Davon gehen allein 170 in die bei den Bezirksregierungen für das Flüchtlingsthema zuständigen Fachdezernate und in die Unterbringungseinrichtungen. Sechs Stellen sind für das Aktionsprogramm KommAn-NRW bestimmt, zehn für die Berufs- und Zeugnisanerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen und 20 für die Bearbeitung der Lehrerpersonalien.
Meine Damen und Herren, weitere Planstellen sind für die Aus- und Fortbildungseinrichtungen und die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW vorgesehen. Die Fachhochschule muss sich nicht nur auf jeweils 250 zusätzliche Kommissaranwärterinnen und -anwärter der Einstellungsjahre 2015 und 2016 einstellen; auch im gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst werden im Sommer 2016 insgesamt 50 zusätzliche Anwärterinnen und Anwärter ihre Ausbildung beginnen. Daher erhält auch die Fachhochschule neue Planstellen für Lehrende.
Stellenzuwächse – gerade für ein personalintensives Ressort, wie es das Ressort des Inneren und für Kommunales ist – werden auch immer kritisch gesehen. Aber die anstehenden Herausforderungen können nicht ohne Verstärkung bewältigt werden.
Die Bezirksregierungen nehmen als Bündelungsbehörden außerdem noch zahlreiche andere wichtige Aufgaben in den Geschäftsbereichen fast aller Ressorts wahr. Einige rufen nach einer Kompensation für die Mehrausgaben für Personal an anderer Stelle. Damit erweist man weder den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes noch den zu uns kommenden Flüchtlingen einen Dienst – und schon gar nicht den vielen Beschäftigten, die sich derzeit über alle Maßen in allen Bereichen sehr stark engagieren.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Landesdienst, aber auch bei allen haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern der verschiedenen Hilfsorganisationen für ihr hohes und keinesfalls selbstverständliches Engagement zu bedanken.
Ein besonderer Dank gilt auch den Kommunen und ihren Beschäftigten. Sie haben das Land bei der Bewältigung der Flüchtlingssituation auf vielfältige Weise unterstützt und tun dies auch heute noch in
Meine Damen und Herren, wenn ich es richtig verfolgt habe, geraten wir jetzt in den Wechsel zwischen Inneres und GFG. Lassen Sie mich deshalb an dieser Stelle auch schon einige Worte zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2016 sagen. Die Mittel im Gemeindefinanzierungsgesetz 2016 steigen nochmals um 713 Millionen € auf die Rekordsumme von nunmehr 10,38 Milliarden €.
Von dieser Steigerung profitieren natürlich alle Kommunen, sei es über die Schlüsselzuweisungen, die Investitionspauschalen oder sonstige Zuweisungen aus dem GFG.
Im Übrigen bleiben wir bei der vom Verfassungsgerichtshof und durch das FiFo-Gutachten bestätigten Systematik. Wir bleiben damit bei einer ausgewogenen Systematik zwischen solider Haushaltsplanung und finanzieller Unterstützung der Kommunen.
Auch wenn die Opposition gerne auf die 70 Millionen € Vorwegabzug für die Laufzeit des Stärkungspaktes schimpft, stellt dies keine zusätzliche Belastung für die Kommunen dar.
Im Gegenzug profitieren die Kommunen von der Erhöhung der Grunderwerbsteuer und seit der 2010 wieder eingeführten Beteiligung der Kommunen an vier Siebtel der Grunderwerbsteuereinnahmen. Wir sind und bleiben also ein verlässlicher Partner für die Kommunen. Durch unsere Vorgehensweise ermöglichen wir ihnen Planungssicherheit und eine Teilhabe am Wachstum. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur besten Krimizeit um 21 Uhr wenden wir uns dem Höhepunkt des Tages zu, dem GFG. Denn in der Tat ist es das Thema, das uns am meisten beschäftigen muss. Den Kommunen kommt natürlich die größte Verantwortung zu.
Der Herr Minister hat eben darauf hingewiesen, dass wir gerade bei der Flüchtlingspolitik im Wesentlichen auf die Kommunen angewiesen sind.
Lassen Sie mich die wenige Zeit, die ich habe, noch nutzen, um auf ein paar Schwerpunkte einzugehen. Ich habe ja schon bei der ersten Lesung eine Vielzahl von Punkten angesprochen.
In der Tat wird das GFG besser ausgestattet. Im Endeffekt kommen gut 300 Millionen € mehr bei den Kommunen an. Aber, meine Damen und Herren, es reicht nicht. Das muss uns Sorge bereiten, denn in dieser Zeit, in der die Kommunen in NordrheinWestfalen Fehlbeträge von 1,5 Milliarden € erwirtschaften, die Schulden immer mehr werden, aber leider auch die Aufgaben immer mehr werden und das Geld, das zur Verfügung gestellt wird, im Verhältnis immer weniger wird. Diese Diskrepanz führt letztendlich dazu, dass die Kommunen in Nordrhein-Westfalen immer mehr zurückfallen.
Das können Sie an mehreren Punkten festmachen. Sie können es festmachen an der Steuerentwicklung im Bereich der Gewerbe-, aber insbesondere auch der Grundsteuer. Ich will hier den Hinweis geben, dass in Bergneustadt im Moment über 1.250 Punkte diskutiert wird. Das ist sicherlich eine alarmierende Entwicklung. Wir wissen auch von anderen Kommunen, dass Vorratsbeschlüsse für entsprechende Grundsteuererhöhungen gefasst worden sind.
Auf der anderen Seite haben wir auch die Situation, dass Investitionen nicht mehr getätigt werden, die aber im Süden Deutschlands noch getätigt werden können, sodass sich die Infrastruktur dort immer besser darstellt, und unsere Infrastruktur immer weiter zurückfällt.
Dieser Hebel geht immer weiter auseinander. Ein ganz großes Thema wird nämlich die Bewältigung der Flüchtlingsthematik sein, die im Wesentlichen durch die Kommunen zu tragen sein wird. Eine ganz wesentliche Frage wird dabei sein, ob hier nicht wieder eine zusätzliche Aufgabe von den Kommunen übernommen werden muss und das entsprechende Geld nicht in ausreichendem Umfang an die Kommunen weitergereicht wird.
Meine Damen und Herren, es wird eine ganz wesentliche Frage der nächsten Jahre sein, ob uns dieser Integrationsprozess gelingt. Damit meine ich einen weit gefassten Integrationsprozess, der über soziale Fragen hinausgeht, der auch bauliche Fragen betrifft und Fragen, wie eine Stadtgesellschaft das mit unheimlich viel Einsatz an Manpower und Kapital und Investitionsmitteln organisiert bekommt. Das ist in der Tat die entscheidende Frage für die nächsten Jahre.