Protocol of the Session on December 3, 2015

Vielen Dank, Herr Kollege Hausmann. – Für die SPD-Fraktion spricht zu uns Frau Kollegin Philipp.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine der zentralen Zukunftsfragen lautet: Wie ermöglichen wir gutes Wohnen in Nordrhein-Westfalen?

Wir befinden uns heute in der Haushaltsdebatte zum Einzelplan 09. Der Kollege Hausmann hat nicht besonders viel zum Haushalt gesagt, sondern eigentlich nur aufgezählt, was wir aus seiner Sicht nicht besonders gut machen.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, eine ganze Reihe haushaltsrelevanter Maßnahmen aufzuzählen, die wir in diesem Jahr auf den Weg gebracht haben. Unsere Landesregierung hat wegweisende Maßnahmen in Gang gesetzt, die nachhaltig und ganz aktuell Wirkung zeigen. Wir setzen diese Politik der Verantwortung und Kontinuität mit dem Haushalt auch in diesem Jahr fort, mit einem Etat, der rund 211 Millionen € über dem Ansatz des Vorjahres liegt. Unser vorrangiges Ziel in der Wohnungsbaupolitik ist und bleibt die Versorgung der Bevölkerung mit gutem und vor allen Dingen auch mit bezahlbarem Wohnraum.

Die Heimat vor der Haustür ist für alle da, und sie muss vor allem auch für alle bezahlbar sein. Das ist unser sozialdemokratisches Ziel.

(Beifall von der SPD)

Die aktuelle Lage auf dem Wohnungsmarkt ist durch eine stark steigende Wohnraumnachfrage geprägt. Das wissen wir alle, das haben wir in der aktuellen Debatte mitbekommen. Dabei ist der Nachfrageüberhang in den Regionen des Landes sowohl qualitativ als auch quantitativ sehr ungleich verteilt. Engpässe in den Ballungsräumen betreffen vor allem Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen. Die Entwicklung wird durch die große Zahl der Menschen, die aktuell vor Krieg zu uns flüchten, noch weiter verstärkt werden. Nur zusammen – Bund, Länder und Kommunen sowie Wohnungs- und Bauwirtschaft – werden wir dieser Herausforderung nachkommen können.

Die Landesregierung hat dabei ganz klar ihre Hausaufgaben gemacht:

Erstens. Sie reagiert mit bedarfsgerechten und attraktiven Förderrichtlinien, die für den sozialen Wohnungsbau an die aktuellen Entwicklungen, die ich gerade aufgezählt habe, angepasst worden sind. Die aktuellen Förderzahlen zeigen auch – da hatte Herr Kollege Hausmann offensichtlich eine andere Wahrnehmung –: Trotz historischer Niedrigzinsphase gibt es eine Belebung des mietpreisgebundenen Wohnungsbaus in Nordrhein-Westfalen, und die Wohnungswirtschaft – das hören Sie nicht

besonders gern – kann heute viel flexibler, schneller und leichter agieren als früher.

Zweitens. Kooperation statt Konfrontation. Die richtigen konstruktiven Partner sind im Bündnis für Wohnen, das der Minister ins Leben gerufen hat, ins Boot geholt worden, und zwar schon sehr frühzeitig. Um den mietpreisgebundenen Wohnungsbau weiter anzukurbeln, brauchen wir Kommunen, private Anbieter und natürlich auch Investoren, die dabei mithelfen. Mit der Wohnungsbauoffensive hat dieses Bündnis weitere Schritte getan und wichtige Maßnahmen formuliert – von veränderten steuerlichen Bedingungen bis hin zu Erleichterungen im Bau- und Bauordnungsrecht. Das hat der Kollege gerade leider ebenfalls ignoriert.

Drittens. Mit dem mehrjährigen Wohnraumförderprogramm von 2014 bis 2017 stehen uns für den mietpreisgebundenen Wohnungsbau jedes Jahr Förderdarlehen in Höhe von 800 Millionen € zur Verfügung. In der Summe handelt es sich um ein Gesamtvolumen in Höhe von 3,2 Milliarden €. Das bietet den Partnern verlässliche Rahmenbedingungen, um auf dem Markt weiter aktiv zu werden.

Viertens. Die Kontrolle und der Kampf gegen Missstände durch das Wohnungsaufsichtsgesetz bzw. die Mietpreisbremse sollten an dieser Stelle auch erwähnt werden. In der Großen Koalition in Berlin sorgt die SPD außerdem durch die Erhöhung des Wohngeldes für eine deutliche Entlastung für viele Menschen. Daran ist das Land mit 70 Millionen € beteiligt. Davon profitieren allein in NordrheinWestfalen 217.000 Haushalte.

Die Städtebauförderung haben Sie in der Haushaltsdebatte leider komplett unterschlagen. Darüber sprechen Sie nicht so gern, weil es sich um eine Erfolgsgeschichte von Rot-Grün handelt.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Klaus Vous- sem [CDU])

Die Städtebauförderung in gemeinsamer Verantwortung stärkt die soziale Stadtteilerneuerung und den Stadtumbau schon seit vielen Jahren in vielen Quartieren sehr erfolgreich. Der Einsatz der Fördermittel – und der größte Teil kommt bekanntlich vom Land – sorgt für erhebliche private Folgeinvestitionen.

Wir halten an diesem kommunalfreundlichen Konstrukt des Finanzierungsschlüssels fest. In NRW finanziert das Land jeden Bundes-Euro mit 1,40 € gegen und sorgt dafür, dass die Städte und Gemeinden nur 60 Cent beisteuern müssen. Wir werden diese Bundesmittel auch in 2016 in voller Höhe gegenfinanzieren und vor allem auch abnehmen können.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist folgerichtig, dass wir in unseren Anträgen auch solche Zuweisungen wie zum Beispiel an die Stadt Essen im

Rahmen der „Grünen Hauptstadt Europas“ um 1,5 Millionen € erhöhen und damit Verantwortung für dieses tolle Projekt der Stadtentwicklung übernehmen. Auch im Bereich der Denkmalpflege sind wir dieser Verantwortung mit einer Erhöhung um eine halbe Million Euro nachgekommen.

Als Fazit kann man sagen: Wir übernehmen mit unserer zielgerichteten Wohnungs- und Städtebaupolitik weiterhin Verantwortung für dieses Land. Wir finden den Haushalt gut, wir sind konsequent und wollen das Ganze zusammen mit diesem Minister auf diese Weise weiter fortführen. Deswegen findet es unsere Unterstützung. Ich freue mich auf die weitere Debatte. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Philipp. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Ellerbrock das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Philipp, ich gebe Ihnen ausdrücklich recht: Die Wohnungsbauförderung müsste gestärkt werden. Sie haben vorhin von den insgesamt 800 Millionen € gesprochen, also 700 Millionen € plus die 100 Millionen €, mit denen sich der Bund beteiligt.

Fragen Sie doch bitte einmal den Kollegen von Grünberg. Ich glaube, er war es, der deutlich gemacht hat, dass Sie als SPD immer gesagt haben: Wir werden nicht nur im Wahlkampf von einer Förderung in Höhe von 1 Milliarde € sprechen, sondern wir werden das auch umsetzen. Das gehört auch zur Wahrheit dazu.

Herr Minister, ich könnte jetzt alle möglichen Einzelpositionen aufzählen, will aber einmal einen größeren Bogen schlagen. Wie sieht denn die Wohnungsbaupolitik in Nordrhein-Westfalen aus? Sie sieht folgendermaßen aus: halbherzig Gas geben und kräftig bremsen. Wenn man das einem Motor zumutet, gibt es einen Motorschaden. Das heißt: Die Investoren werden abgeschreckt.

Herr Minister, richtig ist, was richtig ist, unabhängig von der Farbe. Deswegen will ich das hier ausdrücklich positiv darstellen. Ja, Sie haben auch gesagt: Bei dem derzeitigen Zinsniveau locken wir im sozialen Wohnungsbau keinen hinter dem Ofen hervor; wir müssen über Tilgungsnachlässe reden.

Bis vor wenigen Wochen haben Sie hinsichtlich der verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten, die wir immer gefordert haben, Neiddiskussionen angezettelt und gesagt, damit werde man nur den Reichen die Taschen füllen. Ich begrüße ausdrücklich – besser eine spätere Einsicht als weitere Beratungsresistenz –,

(Beifall von der FDP)

dass Sie mittlerweile sagen, wie heute auch der Presse zu entnehmen ist: Jawohl, wir müssen steuerliche Anreize schaffen. – So viel zum „halbherzig Gas geben“.

Und wo bremst er kräftig? Mit beiden Füßen steht er dort auf dem Bremspedal. Ich habe mir einmal die Folterwerkzeuge aufgeschrieben.

Zum Bauen braucht man nach wie vor Flächen. Wir haben die Flächenmonstranz im Landesentwicklungsplan, der vor Ort in der Regel falsch interpretiert wird. Da muss man Aufklärung leisten. Wenn man weniger Flächen hat, steigen die Preise. Das Bauen kostet mehr Geld. In der Folge erhöht sich auch die Miete.

Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 % auf 6,5 % kostet letztendlich mehr Miete.

Dann kommt die Grundsteuer. Dafür können Sie nichts; denn sie wird von den Kommunen festgesetzt. Man kann aber werben und sagen: Leute, lasst die Kuh auf der Weide und schlachtet sie nicht.

Die Mietpreisbremse führt dazu, dass keine einzige Wohnung mehr gebaut wird. Aber das Kapital, mit dem Wohnungen gebaut werden könnten, wird verschreckt.

Dann kommt die Verschärfung der Kappungsgrenzenverordnung.

Dann kommt eine gekürzte Modernisierungsumlage; die Verringerung von 11 % auf 8 % wird diskutiert. Wer soll da noch investieren?

Dann kommt der – leider auch von Ihnen populistisch benutzte – Begriff „Wohnungspolizei“. Dem Wohnungsaufsichtsgesetz haben wir in der Enquetekommission sogar zugestimmt und gesagt: Ja, man soll prüfen, ob man das macht. – Bei der Prüfung ist im Endeffekt ja nichts herausgekommen. Letztendlich ist es so, dass die Pistole an der Wand hängt und noch ein bisschen Schmauch herauskommt. Aber es diskreditiert den Vermieter.

(Jochen Ott [SPD]: Quatsch!)

Dann kommt die Landesbauordnung mit Quotierungen für Wohnungen in Sachen Barrierefreiheit. Erstens haben wir nicht definiert, was „barrierefrei“ ist. Zweitens können wir sie nicht am Markt unterbringen, wie die Wohnungswirtschaft sagt.

Dann kommt ein Gedanke, der im ersten Ansatz ja gut ist. Er betrifft die Flexibilisierung der Energieeinsparverordnung, indem man die Regelungen der EnEV auf Quartiere bezieht. Das hilft aber, wie wir ehrlicherweise zugeben müssen, nur großen Wohnungsbaugesellschaften und nicht den Privaten, die zahlenmäßig die größten Vermieter sind.

Meine Damen und Herren, alles das führt zu höheren Kosten und zu höheren Mieten. Beschreiten Sie den Weg, den Sie jetzt schon mit uns gehen, indem Sie sich für verbesserte Abschreibungsmöglichkei

ten und Tilgungsnachlässe aussprechen, auch weiterhin.

Wer hier bezahlbaren Wohnraum haben will, der sagt: Weg mit der Flächenmonstranz; weg mit der Mietpreisbremse; weg mit der Grundsteuererhöhung; weg mit den Erhöhungen der Grunderwerbsteuer; Rücknahme der Verschärfung in der Kappungsgrenzenverordnung. Der sagt auch: Ja zu einer adäquaten Modernisierungsumlage; Ja zu einem geringeren Anteil bei der Darlehensgewährung in der Wohnungsbauförderung; Ja zu einer praxisorientierten Landesbauordnung; Ja zu einer deutlich verbesserten Abschreibungsmöglichkeit.

(Beifall von der FDP)

Sie sind die ersten Schritte gegangen. Wir laden Sie ein, weiter mitzugehen. Wer das macht, wird hier in Nordrhein-Westfalen bezahlbaren Wohnraum initiieren. Wir haben den richtigen Weg aufgezeigt. Sie sind die ersten Schritte gegangen. Seien Sie so mutig, und gehen Sie weiter mit. Wir reichen Ihnen die Hand. Lassen Sie uns den Weg gemeinsam gehen.

Wir lehnen den Haushalt ab, wir versprechen Ihnen aber: Wenn Sie unseren Weg mitgehen, werden wir den Haushalt 2017 mittragen und ihm zustimmen. – Danke schön.

(Beifall von der FDP – Minister Michael Gro- schek: Das ist ein Wort! – Jochen Ott [SPD]: Keinesfalls! Einbahnstraße!)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Klocke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ellerbrock, das war ein netter Versuch. Sie haben hier im Haus aber keine Mehrheit. Man kann es ja mal versuchen, zu sagen: Wenn die Landesregierung FDP-Politik machen würde, dann würden wir ihr auch zustimmen. – Der Bürger hat im Jahr 2012 aber anders entschieden. Jetzt schauen wir mal, was bei der nächsten Wahl herauskommt. – Jetzt gibt es gleich eine Zwischenfrage. Mensch!

Ja, das ging schnell.