Protocol of the Session on December 2, 2015

in dieser Frage beseitigt wurde.

Die Richterin am Bundesgerichtshof Frau Prof. Dr. Johanna Schmidt-Räntsch hat zudem darauf hingewiesen, dass die in § 13 des Gesetzentwurfs normierte Fortbildungspflicht für Richter in der Praxis erhebliche Probleme mit sich bringen wird, weil sie letztlich mit der richterlichen Dienstpflicht kollidiert, einen Justizgewährungsanspruch durchsetzen zu müssen. Frau Schmidt-Räntsch hat in diesem Zusammenhang betont, dass zum Beispiel ein Amtsrichter, der bis zu tausend Sachen auf dem Tisch liegen hat, oftmals einfach nicht die Zeit haben wird, sich eine Woche lang einer Fortbildungsveranstaltung hinzugeben, die er auch gar nicht dann antreten kann, wenn er vielleicht Zeit hätte.

(Sven Wolf [SPD]: Fachanwälte müssen das auch machen!)

Die haben auch keinen Rechtsgewährungsanspruch zu erfüllen, Herr Kollege Wolf.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf der rot-grünen Landesregierung ist damit ein klassischer Fall von „gut gemeint ist nicht wirklich gut gemacht“. Aus Sicht der CDU-Fraktion ist er in der vorliegenden Qualität daher nicht zustimmungswürdig. Meine Fraktion wird sich daher bei der heutigen Schlussabstimmung der Stimme enthalten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Hanses.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte beschließen wir heute in der Tat eine umfassende Novellierung des Landesrichtergesetzes aus dem Jahre 1966. Diese bildet die Basis für eine moderne, zeitgemäße, flexible und partizipative Justiz. Es sichert die Bedingungen der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in einer starken und effektiven Justiz.

Ich darf hier, Herr Präsident, einige Äußerungen von Sachverständigen zitieren, weil ich den Eindruck hatte, dass der Kollege Kamieth und ich in verschiedenen Sachverständigenanhörungen waren. Denn selten wurde ein Gesetzentwurf so sehr gelobt wie dieser. Herr Friehoff vom Bund der Richter

und Staatsanwälte spricht von einer massiven Ausweitung der Mitbestimmung. Herr Dr. Freudenberg bescheinigt für den Richterverein der Sozialgerichtsbarkeit der Landesregierung ein Gesetz aus einem Guss. Herr Erkelenz von ver.di nennt das Gesetz in weiten Teilen sehr gelungen. Frau Striepen vom Deutschen Juristinnenbund bezeichnet es als einen sehr guten Schritt in Richtung Abbau von Benachteiligung von Frauen.

Also: Selten wurde ein Gesetzentwurf so sehr gelobt wie dieser; denn mit dem Gesetz wird auch die unterhälftige Teilzeit und die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht.

Wir nutzen die Möglichkeiten, die uns der bundesgesetzliche Rahmen lässt, indem wir die Beteiligungsrechte vom Präsidialrat auf den jeweiligen Richterrat verlagern. Denn es wurde eindeutig klar, dass Präsidialräte nun einmal Chefräte sind. Und Bezirksrichterräte und Fachrichterräte umfassen nun einmal alle Richterinnen und Richter. Und die wollen wir mit diesem Gesetz erfassen und beteiligen.

Ein besonderes Augenmerk möchte ich noch einmal auf die verankerte Fortbildungspflicht richten. Herr Kollege Kamieth, auch das haben Sie aus meiner Sicht völlig verdreht.

Ich würde mir für viele Bereiche wünschen, dass eine Fortbildungspflicht verankert wird. Dass diese von der Justiz und den Beschäftigten gewollt und begrüßt wird, zeigt, dass dem Arbeitgeber die Fortbildung der Beschäftigten am Herzen liegt und dass Berufsverbände der Beschäftigten dies aber auch einfordern. Deshalb muss das zur Fortentwicklung der Justiz einfach gelingen.

Und wenn es Überlastungsanzeigen gibt, muss das innerhalb eines Jahres auch ausgeglichen werden können. Fortbildungen dauern nicht immer fünf Tage, sondern unterschiedlich lange. Uns war es wichtig, dass das in diesem Gesetz steht, dass es eben neben der eh schon im Bundesrichtergesetz verankerten Fortbildungspflicht für Richterinnen und Richter, die sich immer selbst schulen, zusätzlich noch ein Angebot der Justiz gibt.

Die Erweiterung der Altersgrenzen für den Eintritt in die Pensionierung macht für Richterinnen und Richter und ihre Gerichte vieles flexibler. Dies wird weitestgehend ebenso begrüßt.

Die Beteiligung von Anwältinnen und Anwälten an Richterdienstgerichten öffnet die Gerichte. Und so wird ein außenstehendes Element im geschlossenen System der Gerichtsbarkeit beteiligt. Das bereichert uns alle sehr.

Aus der Anhörung haben wir ebenso Anregungen aufgenommen. Wir haben nämlich verstanden, dass die Neuerungen, die wir mit dem Gesetz einführen, durchaus genau beobachtet werden sollten.

Manchmal wurden auch Sorgen geäußert, wie sich

dieses oder jenes auswirken könnte. Deshalb haben wir eine Berichtspflicht der Landesregierung gegenüber dem Parlament verankert, die selbstverständlich auch immer noch ergänzt und erweitert werden kann.

Außerdem haben wir mit dem Änderungsantrag eine Klarstellung beschrieben, dass nämlich betreffend den Einsatzort der Richterinnen und Richter die persönlichen Belange unbedingt zu berücksichtigen sind, dass also eine Abwägung unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers in jedem Fall stattfinden muss.

Mit diesem Gesetz ist die Justiz zukunftsfähig aufgestellt. Ich bin zuversichtlich, dass dieses Gesetz in seinen Grundzügen auch in den nächsten fast 50 Jahren Bestand haben wird. – Ich danke Ihnen für die Zusammenarbeit und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hanses. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Wedel das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute stehen wir an der Ziellinie zur Schaffung eines eigenständigen Landesrichter- und -staatsanwältegesetzes. Es geht um Beteiligungsrechte, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Fortentwicklung des Dienstrechtes, insbesondere um flexiblere Teilzeitbeschäftigungsmodelle, und um Richterdienstgerichte.

Wir als FDP haben im Sinne einer guten, sachbasierten Beratung früh veranlasst, dass wesentliche Zahlen für die Beratung zur Verfügung standen. Das geschah durch Abfrage eines Berichtes zu den sogenannten gemeinsamen Angelegenheiten, die auf der Ebene des Justizministeriums behandelt wurden, und durch eine Übersicht über den aktuellen Umfang der Freistellungen für die Mitgliedschaft in Richtervertretungen und im Vergleich dazu in anderen Fachbereichen. Und wir hatten eine Anhörung mit kompetenten Experten, die uns schriftlich und mündlich viele wertvolle Hinweise, Anregungen und auch Bedenken dargelegt haben. Dabei sind auch noch einmal die verschiedenen Positionen der unterschiedlichen Berufsverbände zu Fragen der Selbstverwaltung der Justiz deutlich geworden.

Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion wird sich zu dem Gesetzentwurf enthalten, weil neben zahlreichen positiven Aspekten darin eben immer noch einige Punkte enthalten sind, die uns so noch nicht zufriedenstellen. Kurz: Es wäre noch einige Luft nach oben gewesen, den Gesetzentwurf zu optimieren.

Ich habe im Rechtsausschuss alle wesentlichen Punkte des Gesetzentwurfes ausführlich dargestellt und werde hier nur noch einige nennen.

Positiv zu bewerten ist der mit den Richterverbänden gefundene Konsens und der Verzicht auf weitergehende Modelle der Selbstverwaltung. Und hier, lieber Kollege Kamieth, verwundert es doch sehr, wenn Sie auf den letzten Metern der Beratung dieses Gesetzentwurfes sich auf einmal in Widerspruch zum Bundesverfassungsgericht setzen und das Letztentscheidungsrecht des Ministers infrage stellen. Das scheint mir bei Ihrem Beitrag nicht ganz durchdacht gewesen zu sein.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ebenfalls positiv herauszustellen ist die Möglichkeit des Herausschiebens des Ruhestands für Jahrgänge vor 1964 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze von 67 Jahren.

Die Familienpflegezeit sowie unterhälftige Teilzeit während der Elternzeit können aus Sicht der FDPFraktion so, wie im Gesetzentwurf vorgeschlagen, erprobt werden.

Kommen wir zu den Kritikpunkten:

Erstens. Überzeugende fachliche Hinweise der Sachverständigen Prof. Schmidt-Räntsch zur Ausgestaltung der Fortbildungspflicht, zur Regelung über die Beschlussfassung der Richtervertretungen, zu einzelnen Mitbestimmungstatbeständen oder zur Regelungstechnik in Bezug auf die Eidesleistung blieben ungehört.

Zweitens. Absehbar ist, dass es bei den Freistellungen für die Vertretungen der Richterinnen und Richter einen zusätzlichen Bedarf geben wird und dieser bislang nicht kompensiert werden soll. Mehr Freistellungen von Richtern ohne personellen Ausgleich bewirken faktisch eine Zunahme der Belastung. Die Arbeit wird dann auf weniger Schultern verteilt – zulasten der Rechtssuchenden, zum Nachteil unserer Bürger.

Beteiligungsrechte sind nicht zum Nulltarif zu haben. Dies gilt natürlich ebenso für die Fortbildungen, die entsprechende Ausfallzeiten verursachen.

Drittens. Die Regelung der Mitbestimmung bei gemeinsamen Angelegenheiten wird Ihrem selbstformulierten Anspruch nicht gerecht, und sie übergeht die Expertise der Sachverständigen, die sich einig darin waren, dass diese verbesserungswürdig ist. Denn die Gegenstände der gemeinsamen Angelegenheiten haben sich eben gewandelt. Es geht nicht mehr nur um Kantine und Parkplätze, sondern insbesondere um den gesamten elektronisch unterstützten Arbeitsablauf.

Regelungen müssen sich gerade im Konfliktfall bewähren und dürfen nicht nur den Konsensfall zufriedenstellend regeln. Weshalb ausgerechnet der Konfliktfall zwischen Richter- und Personalvertretung

nicht vorkommen sollte, bleibt Ihr Geheimnis und nährt den Verdacht, dass das von Ihnen vielbeschworene Zusammenraufen nur vorgeschoben ist.

Anderenfalls hätten Sie sich mit dem Vorschlag der DJG näher auseinandergesetzt, für den Fall des Dissenses eine Einigungsstelle einzuschalten, das Zusammenraufen also gewissermaßen zu institutionalisieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, Ihr Umgang mit dem Gesetzentwurf zeigt leider, welche Wirkung komfortable Mehrheiten haben können. In zentralen Punkten sind die wertvollen begründeten Anregungen der Experten und unsere kritischen Appelle leider beim Ministerium und RotGrün verhallt.

(Widerspruch von Dagmar Hanses [GRÜNE])

Im Rechtsausschuss haben Sie keine wirklichen Gründe dafür geliefert. Der Änderungsantrag der Regierungsfraktionen ist in Umfang und Substanz schlicht enttäuschend.

(Widerspruch von Dagmar Hanses [GRÜNE])

Über einen überflüssigen Programmsatz zur Teilzeit geht er nicht hinaus. Sie konnten sich wohl mal wieder nicht konsensual gegen das Ministerium durchsetzen, und im Konfliktfall hatten Sie das Nachsehen.

(Dagmar Hanses [GRÜNE]: Wir hatten kei- nen Konfliktfall!)

Dieses nüchterne Fazit gehört zu einer ausgewogenen Auseinandersetzung mit dem Beratungsverfahren zum Gesetzentwurf dazu. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Wedel. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Schulz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Alle Kritikpunkte der CDU und der FDP zu wiederholen, verbietet sich auch angesichts der vorgerückten Stunde. Ich teile sämtliche hier geäußerte Kritik,

(Dagmar Hanses [GRÜNE]: Das widerspricht sich aber, was Sie sagen! – Britta Altenkamp [SPD]: Da sind den Mehrheiten keine Gren- zen gesetzt!)