„Tagespflege kann als ergänzende Betreuungsform unter bestimmten Voraussetzungen und für bestimmte Situationen ein unterstützendes Angebot sein. Für die Landesregierung hat wiederum weiterhin das Betreuungs-, Bildungs- und Erziehungsangebot der Tageseinrichtung für Kinder Priorität.“
Ich würde gerne einmal von der Landesregierung wissen: Ist das heute auch noch Ihre Position? Wenn es weiterhin Ihre Position ist, dann müssen wir streitig darüber diskutieren, weil Sie die Tagespflege nur als Anhängsel betrachten.
Ich vermute noch etwas Schlimmeres: dass nicht nur die Ministerin so denkt. Ich darf aus dem Plenarprotokoll vom 07.03.2007 zitieren. Da habe ich ebenfalls die SPD gefragt, ob sie sich von dieser Situation verabschiedet hat. Ich finde es schon eine Frechheit, was da gesagt worden ist:
„Leider ist die Landesregierung hier auf dem Holzweg... Sie setzt auf die Tagespflege mit Tagesmüttern.“
„Doch leider können die Ansprüche, die eine zukunftsorientierte Gesellschaft an die Kinderbetreuung stellt und stellen muss, so nicht erfüllt werden. Tagesmütter kümmern sich eben nicht nur ums Kind. Unabhängig davon, dass sie auch in gut organisierten Kursen nicht die nötige Ausbildung erhalten und die gewünschte Professionalität erwerben können … – ganz zu schweigen von der fehlenden Transparenz des Umgangs mit den Kindern.“
Meine Damen und Herrn, was ist das gewesen, was Sie hier artikuliert haben? Das ist eine Beleidigung der Tagesmütter und Tagesväter und deren Qualifikation!
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, freue ich mich besonders über diesen FDP-Antrag. Ich würde ihn, wenn ein paar Wörter geändert würden, auch
gerne mit unterschreiben. Wir sind gespannt, wie Sie Ihre Position im Ausschuss darlegen werden: ob Sie sich geändert haben oder wegen ihrer Dickköpfigkeit an einer falschen Kinder- und Jugendpolitik festhalten. Wir sind gespannt auf diese Diskussion. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Tenhumberg. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Frau Kollegin Asch das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte eigentlich damit beginnen, zu sagen, dass wir in Bezug auf den Stellenwert der Kindertagespflege einen Konsens zwischen den Fraktionen hier haben. Ich muss aber sagen, dass der sehr aufgeregte Wortbeitrag von Herrn Tenhumberg es mir etwas schwer macht, diesen Konsens hier noch einmal festzustellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist richtig: Der Stellenwert der Kindertagespflege ist – gottlob – in den letzten Jahren gestiegen. Viele Eltern entscheiden sich für diese Betreuungsform, weil sie die hohe Bindung zwischen Kindern und Tagesmutter oder Tagesvater sowie die familienähnliche und flexible Betreuungsform schätzen.
Diese Aufwertung der Kindertagespflege ist möglich geworden und hat ihre Grundlage im sogenannten Tagesbetreuungsausbaugesetz, dem TAG. Das wurde von der rot-grünen Bundesregierung 2004 so verabschiedet. Am Rande sei erwähnt, dass sowohl die CDU- als auch die FDP-Fraktion diesem Gesetz nicht zugestimmt haben.
Es sei auch am Rande erwähnt, dass die Finanzierungsstruktur für die Kindertagespflege in Nordrhein-Westfalen, die die FDP in ihrem Antrag so wortgewaltig beklagt – sie wurde eben auch von der CDU-Fraktion noch einmal beklagt –, von dem damaligen Familienminister Laschet festgelegt und im Rahmen des KiBiz verabschiedet wurde. Das bitte ich doch einmal zur Kenntnis zu nehmen.
Seitdem wir – Rot-Grün – die Regierung übernommen haben, haben wir intensiv in konkreten Schritten an der Weiterqualifizierung im Bereich der Kindertagespflege gearbeitet, und wir haben insgesamt die Rahmenbedingungen dafür verbessert. Ich möchte das gerade deshalb noch einmal aufzählen, Herr Hafke, weil sich mein Zitat aus der letzten Plenardebatte, das Sie gerade angeführt haben – da habe ich gesagt, dass wir nicht nur Lippenbekenntnisse abgeben, sondern konkret handeln –, auf diese konkreten gesetzlichen Veränderungen bezieht. Das war der Punkt.
den € zur Verfügung gestellt, damit sie die Kinderbetreuung insgesamt besser finanzieren können. Pro Kindertagespflegeplatz haben wir 3.400 € finanziert. Das steht in diesem Gesetz. Das sind konkrete Taten. Auch hier haben CDU und FDP nicht mitgestimmt.
Zweiter Punkt. Wir haben beim Ersten KiBiz-Änderungsgesetz die Qualifizierung der Tagespflege verbessert, haben auf 160 Stunden aufgesattelt. Wir haben erstmals dafür gesorgt, dass die Kinder mit Behinderung in der Kindertagespflege überhaupt finanziell berücksichtigt werden und haben auch hier die Sätze erhöht.
Des Weiteren haben wir klargestellt, dass die Kindertagespflege einen Bildungsauftrag hat und dass sie entsprechend auf der Grundlage einer pädagogischen Konzeption arbeiten soll.
Es ist richtig: Was bleibt, ist die in der Tat sehr unterschiedliche Ausgestaltung der Bedingungen vor Ort, die von den örtlichen Jugendämtern zu verantworten ist. Aber auch hier ist Schwarz-Weiß-Malerei unangebracht, Herr Hafke. In Köln, Bonn und vielen anderen Städten werden schon 5,50 € pro Kind bezahlt. Dass das im ländlichen Raum oftmals nicht der Fall ist, gilt es zu beklagen. Aber die Antwort kann doch nicht sein, mit staatlichem Zentralismus zu reagieren. Herr Hafke, Sie haben zum wiederholten Male nicht verstanden, dass das im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung liegt.
Entgegen Ihrer sonst liberalen Grundhaltung wollen Sie hier permanent die kommunale Selbstverwaltung aushebeln und geben uns mit Ihrem Antrag den Auftrag, kleinteilig staatlich etwas zu regeln, was nach dem Bundesgesetz Aufgabe der Kommunen ist. Das ist zum wiederholten Male hanebüchen, Herr Hafke.
Jetzt noch ein Wort zum Zuzahlungsverbot! Erstens ist im SGB VIII vorgegeben, dass das nicht geleistet werden darf. Zweitens. Sie wollen doch nicht im Ernst, dass Tagespflegepersonen davon abhängig sind, ob es gutbetuchte Eltern gibt, die ihre Kinder dann zu ihnen schicken. Das ist doch absurd.
Darüber hinaus ist es ein Gebot der Gerechtigkeit. Wir wollen nicht, dass die Tagespflegeplätze nur den Eltern zur Verfügung stehen, die sich diese Zuzahlung leisten können. Wir wollen, dass sie allen Eltern zur Verfügung stehen, auch denen, die finanziell nicht so gut dastehen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Marcel Hafke [FDP]: Die können davon doch nicht leben, Frau Asch!)
Für uns als grüne Fraktion gilt nicht der staatliche Zentralismus. Vielmehr stehen wir hinter dem, was wir im Antrag vom Februar plenar eingebracht haben: eine Vereinbarung nach dem Vorbild der grünroten Landesregierung von Baden-Württemberg.
Dort wurde nämlich eine Vereinbarung zwischen Land, kommunalen Spitzenverbänden und Wohlfahrtsverbänden getroffen, sich auf diese 5,50 € zu verständigen. Das ist der richtige Weg, aber kein staatlicher Dirigismus.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen im Stream und auf der Tribüne! Wir Piraten freuen uns sehr über diesen Antrag der FDPFraktion, weil er Probleme und Ungerechtigkeiten im Umfeld der Kindertagespflege anspricht und hier auf die Tagesordnung bringt, die auch aus Sicht der Piraten dringend angegangen werden müssen.
Doch ein wenig stehen wir auch zwischen den Stühlen. Die gesamte Ausgangslage, die im Antrag der FDP beschrieben wird, können wir so unterschreiben, zumal es sich wirklich um eine klare sachliche Auflistung handelt.
Etwas schwerer tun wir uns dann mit der Beschlussfassung, in der natürlich Lösungen für die Probleme vorgeschlagen werden. Am meisten stört uns dabei der Punkt 4, in dem steht, dass die privaten Zuzahlungen bis zur Verwirklichung einer einheitlichen Vergütungsstruktur wieder gestattet werden sollen. Damit widersprechen Sie sich ein wenig selbst.
Im letzten Absatz unter dem Punkt „Ausgangslage“ beschreiben Sie, dass durch die ungleichen Gebühren, die von den Gemeinden für Kitas und für die Kindertagespflege erhoben werden, die Kindertagespflege unattraktiver wird. Das würde sie allerdings auch genau dann, wenn wir jetzt wieder Zuzahlungen gestatten würden.
Natürlich ist das Problem mit den Zuzahlungen sehr akut. Denn die Kindertagespflegepersonen erhalten, wenn man sich das einmal ausrechnet, teilweise nur etwa einen Euro mehr als den derzeitigen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland, und das nur bei vollständiger Auslastung. Das heißt, wenn sie nur vier Kinder in einer Stunde haben, bekommen sie
Frau Asch, Sie sprachen vorhin an, dass der Aspekt der Bezahlungen der kommunalen Selbstverwaltung unterliege. Ja, das kann man so machen, und das steht auch in § 23 Abs. 2a des SGB VIII. Dort steht aber auch, dass das nur dann unter die kommunale Selbstverwaltung fällt, wenn das Land hierfür keine Regeln oder kein Entgeltsystem vorsieht.
Da wäre doch die erste Frage, ob es nicht zumindest angebracht wäre, einen Mindestbetrag für eine Stunde pro Kind festzulegen, um damit nicht völlig in die kommunale Selbstverwaltung einzugreifen bzw. es den Kommunen komplett aus der Hand zu nehmen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Debatte über den Mindestlohn, die in Deutschland unter anderem von Ihnen lange Zeit geführt wurde, sind Beträge in Höhe von 1,90 € pro Kind pro Stunde, was zu maximal 9,50 € pro Stunde führt, nicht akzeptabel.
Wie Sie bereits mitbekommen haben, freuen wir uns sehr über den Antrag und die anschließende Diskussion im Ausschuss, weil er sehr viele Probleme aus der Kindertagespflege offenlegt und diese angehen möchte. Mit den Lösungen sind wir, wie gesagt, nicht ganz einverstanden. Aber darüber werden wir im Ausschuss noch diskutieren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Wegner. – Für die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Schäfer das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich versuche einmal, die Emotionen aus der Debatte herauszunehmen, und steige noch einmal in die Historie ein, wie Herr Tenhumberg es zuvor getan hat, Herr Hafke hingegen nicht so sehr. Ich sage das, weil Herr Laschet auch noch zugegen ist.