Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Bereits seit über einem halben Jahrhundert gibt es die gute Idee, junge Menschen zwischen 16 und 27 Jahren zu motivieren, sich in einem Freiwilligen Sozialen Jahr – oder FSJ – zivilgesellschaftlich und gemeinwohlorientiert zu engagieren.
Heute bringen sich annähernd 12.000 junge Menschen in Nordrhein-Westfalen im FSJ ein. Darüber hinaus sind in unserem Bundesland rund 8.800 Freiwillige im Bundesfreiwilligendienst engagiert. Abgerundet werden die Freiwilligendienste durch das Freiwillige Ökologische Jahr, den Internationalen Freiwilligendienst, den Europäischen Freiwilligendienst und die Initiative „weltwärts“.
Jedem hier im Plenarsaal ist klar: Ohne die Freiwilligendienste würde unserer Gesellschaft sehr viel fehlen. Sie sind ein Zukunftsmodell, ob in der Wohlfahrtspflege, in der Kinder- und Jugendhilfe, ob in den Einrichtungen der außerschulischen Jugendbildung oder der Jugendarbeit, ob in der Gesundheitspflege oder in der Kultur, ob im Sport oder in gemeinwohlorientierten Einrichtungen der Denkmalpflege. Die Wahrheit ist, diese jungen Freiwilligen leisten Großartiges. Hier werden die Persönlichkeiten geformt, die morgen die Leistungsträger unseres Gemeinwohls, unserer Gesellschaft sind.
Ihnen gelten – da spreche ich wohl im Namen aller – unser Respekt, unser Dank und unsere Anerkennung.
So weit, so gut. Aber, meine Damen und Herren, gutes Benehmen ist keine Einbahnstraße. Am 22. Januar dieses Jahres hat die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen zusammen mit dem Landesarbeitskreis des FSJ/BFD in Nordrhein-Westfalen und dem Landesjugendring NRW ausführlich im Ausschuss für Kinder, Familie und Jugend vorgetragen, wie wichtig das heute von uns angesprochene Thema ist.
Der Landtag Nordrhein-Westfalen – also wir – muss diese Anregungen und Argumente ernst nehmen und die Leistungen der Freiwilligendienste in Nordrhein-Westfalen fühlbar anerkennen, und das nicht nur verbal, sondern konkret. Darauf zielt der CDUAntrag ab. Anerkennungskultur für das Engagement der Freiwilligen muss weiter gehen. Es gibt einen bunten Strauß von Lösungen.
und schaffen? In einer aktiven Bürgergesellschaft ist die Gemeinwohlorientierung Charakter und Ziel der Arbeit, ob Freiwilligkeit, Selbstorganisation, ob Eigenverantwortung oder Eigeninitiative bzw. gegenseitige Unterstützung.
Freien Wohlfahrtspflege und der Landesjugendring haben uns, dem Ausschuss, detaillierte Vorschläge zur Weiterentwicklung gemacht. Sie reichen von der gesellschaftlichen Wertschätzung des Engagements der Freiwilligen über die Anerkennung der zivilgesellschaftlichen Akteure, von der Wertschätzung der Freiwilligendienste als Lerndienst bis hin zur Annäherung, die Dienste des FSJ und des Bundesfreiwilligendienstes für Freiwillige unter 27 Jahren zusammenzuführen.
Diese Vorschläge sind unseres Erachtens sehr diskutabel. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen mit dem Ziel, Ansprüche auf verbindliche Vergütung für Freiwillige, zum Beispiel auf ein NRWweites Ticket ähnlich dem Studententicket, herzuleiten.
Darüber hinaus könnte der Freiwilligendienst mehr als bisher zu zeitlichen Anrechnungs- und Bonussystemen an Hochschulen oder Ausbildungsstellen führen. Nebenbei bemerkt: Gute, zukunftsorientierte Arbeitgeber rekrutieren ihren Nachwuchs bereits heute bewusst aus diesem Potenzial.
Es muss darüber gesprochen werden, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, welche Vergünstigungen und kulturellen Einrichtungen Kommunen für die Freiwilligen schaffen können. Wir fordern daher die Landesregierung auf, hier initiativ zu werden.
Ein besonderes Augenmerk sollte zudem auf den Abbau von Bürokratie und die Vereinfachung der Förderregeln gelegt werden. Dazu sollten die Richtlinien zur Durchführung der Jugendfreiwilligendienste überarbeitet werden.
Ich komme zum Schluss. Freiwilligendienste dürfen nicht nur ein Privileg von Jugendlichen mit höheren schulischen Bildungsabschlüssen sein. Hier gibt es noch freie Potenziale, die es zu heben gilt. Die jungen Freiwilligen brauchen unsere Anerkennung und müssen dies auch spüren.
Wir sollten zusammen mit den Trägern Konzepte dazu entwickeln. Das gilt meines Erachtens insbesondere für die bessere Einbindung benachteiligter Jugendlicher in das FSJ, sprich: Inklusion. Das ist sicherlich ein dankbares Handlungsfeld.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem Zitat anfangen: „Wenn ich keinen Zivildienst gemacht hätte, dann hätte ich in meinem technischen Beruf niemals die menschliche Erfahrung gemacht, die ich heute habe.“ – Diesen Satz habe ich vor vielen Jahren von einem jungen Zivildienstleistenden gehört, der in der
Damals war ich in einer Sozialstation für den Einsatz von Zivis zuständig. Ich habe auch viele Fachkräfte in der Pflege kennengelernt, die ihren Berufseinstieg durch den Zivildienst gefunden haben.
Erstens. Das Freiwillige Soziale Jahr, das Freiwillige Ökologische Jahr und der Bundesfreiwilligendienst sind wichtig für unsere Gesellschaft. Sie verbessern die Lebensqualität von Menschen mit Hilfebedarf. Sie fördern die natürlichen Lebensbedingungen, und sie stärken unsere soziale Infrastruktur. Und nicht nur das – wenn Berufsbiografien mit einem Freiwilligendienst beginnen, kann das ein praktischer Beitrag für die Entwicklung einer inklusiven Gesellschaft sein.
Zweitens. Die Freiwilligendienste sind auch ein wichtiger Teil der Bildung und nicht zuletzt der Persönlichkeitsentwicklung. Soziale Verantwortung
übernehmen und im Team arbeiten, lernen, eigene Erfahrungen zu sammeln, das bereichert das Leben. Genau dabei werden die Kompetenzen entwickelt, die man auch in der beruflichen Karriere braucht, selbst wenn man nicht in einem sozialen Beruf arbeitet. Das fördert wiederum ein inklusives Klima.
Drittens. Die Freiwilligendienste sind ein wichtiger Baustein, um auch in Zukunft den Fachkräftebedarf in sozialen Diensten zu sichern. Denn viele junge Menschen entwickeln in dieser Zeit eine entsprechende berufliche Orientierung. Und – auch das ist kein Geheimnis – wir benötigen im Sozialen künftig eher mehr als weniger Fachkräfte.
So gesehen ist es gut, dass die CDU-Fraktion – Herr Kern hat es gesagt – mit dem vorliegenden Antrag unsere Diskussion vom Januar im Ausschuss aufgegriffen hat.
lung der Freiwilligendienste ist einerseits ein wichtiges Thema im Koalitionsvertrag von Rot-Grün hier im Landtag. Andererseits ist auch im Vertrag der Großen Koalition in Berlin Entsprechendes vereinbart.
Jetzt legt die CDU einen besonderen Schwerpunkt auf den Personennahverkehr und auf Ermäßigungen in kulturellen Einrichtungen. Dabei muss man zunächst darauf aufmerksam machen, dass bereits heute viele kulturelle Einrichtungen – vielleicht noch in der Tradition des Wehr- und Zivildienstes – Vergünstigungen anbieten. Das gilt übrigens auch für viele Verkehrsbetriebe. Hierfür kann man natürlich weiter werben, ohne gleich eine gesetzliche Regelung einzuführen.
Wir sollten im Ausschuss vielmehr darüber diskutieren, wie wir in NRW noch weiter gehende Aktivitäten entwickeln können, um – das ist schon gesagt worden – die Anerkennungskultur für Freiwillige weiterzuentwickeln.
In Punkt 3 des Beschlussteils fordert die CDU ebenfalls etwas, was natürlich wünschenswert ist, aber längst im Land bewegt wird. Wir fördern aus dem Kinder- und Jugendförderplan die Bildungsarbeit in den Jugendfreiwilligendiensten. Mit Blick auf benachteiligte Jugendliche fördert das Land konkrete Projekte, um zum Beispiel Hauptschüler für den Freiwilligendienst zu gewinnen.
Beim Freiwilligen Ökologischen Jahr haben wir in Nordrhein-Westfalen bereits so etwas wie eine Quotenregelung. Damit stellen wir sicher, dass die Stellen auch mit Schülerinnen und Schülern mit Sek-IAbschluss und auch von jungen Menschen, die keinen Abschluss haben, besetzt werden.
„Inklusion“ ist ein Stichwort, das im CDU-Antrag ausschließlich im Hinblick auf benachteiligte Jugendliche verwendet wird. Wir sollten auch hier einen Schritt weiterdenken und gute Erfahrungen einbeziehen. Zum Beispiel hat die „Lebenshilfe“ in Nordrhein-Westfalen ein Tandemprojekt erfunden. Hier wurden Menschen mit geistigen Behinderungen erfolgreich für die Freiwilligenarbeit gewonnen. Sie leisten ihre Arbeit gemeinsam mit einem zweiten Freiwilligen ohne Behinderung. So etwas sollten wir aufgreifen.
Um es also kurz zu machen: Es wird schon viel getan, aber wir begrüßen, dass die CDU mit Ihrem Antrag dieses Thema wieder aufgreift. Wir meinen, dass man mehr daraus machen kann. Darum hoffe ich, dass es im Ausschuss zu einer konstruktiven Diskussion kommt. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rahe. Nach dieser ostwestfälischen Übereinstimmung zwischen den beiden Sprechern kommt nun die südwestfälische Abgeordnete der
Herr Präsident, gucken wir einmal, ob es mit der Übereinstimmung so bleibt. – In Teilen ja, liebe CDU.
Freiwilligendienste, Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind für unsere Gesellschaft ein Geschenk. Im FSJ, im FÖJ sowie in allen anderen Einsatzbereichen – auch im politischen Leben und in der Kultur – schenken junge Menschen der Solidargemeinschaft ihre Zeit, ihr Engagement und ihre Fähigkeiten. Das ist unbestritten ein Gewinn für alle. Es ist ein Gewinn für die Persönlichkeitsentwicklung der Freiwilligen, die dies als Bildungs- und Orientierungsjahr nutzen, sowie für die Menschen in den Einsatzstellen, die unmittelbar davon profitieren.
Dabei sind die Prinzipien einer aktiven Bürgerinnen- und Bürgergesellschaft auch die Prinzipien des FSJ und des FÖJ. Das sind die Freiwilligkeit, die Selbstorganisation, die Eigeninitiative und die Verantwortungsübernahme für sich und andere.
Wir in Nordrhein-Westfalen haben da noch einmal eine besondere Akzentuierung. Wir legen besonderen Wert auf die Qualifizierung und Bildung, deren Förderung im Kinder- und Jugendförderplan verankert ist. Wir legen – durch eine verbindliche Quote für Jugendliche und junge Erwachsene auch ohne Abitur – Wert auf eine breite Aufstellung. Die Anzahl der Plätze – das wurde schon beschrieben – hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verzehnfacht. Aktuell sind es 11.700. Die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber übersteigt diese Zahlen noch einmal. Je nach Einsatzgebiet gibt es in den unterschiedlichen Einsatzstellen eine sehr hohe Anzahl von Bewerberinnen und Bewerbern.
Dadurch wird für uns deutlich: Die Jugend in Nordrhein-Westfalen ist besser als ihr Ruf. Junge Menschen wollen sich engagieren. Junge Menschen sind bereit, Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen.
Auch die Träger der Freiwilligendienste haben ihre Hausaufgaben gemacht. Sie haben die Plätze massiv ausgebaut, und sie haben massiv in die Bildung und Qualifizierung investiert.