Protocol of the Session on March 18, 2015

Der Datenschutz spielt natürlich bei der Novellierung auch eine Rolle. Wir haben mit unserem Änderungsantrag auch viele Datenschutzmaßnahmen eingeführt. Der Änderungsantrag der Piraten geht eigentlich nicht weiter als unser Änderungsantrag. Denn es werden nur die Daten erfasst, die für den Einsatz und für die Behandlung der Patientinnen und Patienten notwendig sind. Die Bearbeitung der Daten wird nach den landesgesetzlichen Bestimmungen geregelt. So gesehen brauchen wir in dem Sinne keine zusätzlichen datenschutzrechtlichen Regelungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei allen Überlegungen und Diskussionen im Ausschuss über den Rettungsdienst stand für uns Grüne das Wohl der Patientinnen und Patienten im Vordergrund. Ab und

zu hatte ich aber in den Diskussionen tatsächlich den Eindruck, dass dieses Anliegen bei den Diskussionen keine wesentliche Rolle gespielt hat. Das finde ich schade, da wir immer die Interessen der Patientinnen und Patienten in den Vordergrund stellen müssen.

Ich möchte Sie bitten, unseren Änderungsantrag, den wir bis zur letzten Sekunde miteinander diskutiert und ausgewogen gestaltet haben, zu unterstützen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Ünal. – Nun spricht für die FDP-Fraktion Herr Lürbke.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal ist meine Freude groß, dass wir heute final über dieses Gesetz beraten. NordrheinWestfalen braucht ohne Frage ein modernes, ein zeitgemäßes Rettungsgesetz. Man könnte auch sagen: Am Ende wird alles gut.

Ganz so einfach ist es aber nicht, denn, Frau Ministerin, die Geschichte dieses Gesetzgebungsverfahrens ist schon beispiellos. Das beschäftigt die Landespolitik schon über Jahre, und es wurde immer verschleppt,

(Ministerin Barbara Steffens: Das ist doch nicht meins!)

es wurde vertröstet, es wurde vertagt. Erinnern wir uns: Kurz nach der Wahl, also im Jahr 2012, wurde ein Referentenentwurf vorgelegt, und dann dauerte es fast zwei Jahre, bis wir das überhaupt parlamentarisch behandelt haben.

(Zuruf von der SPD: Wurde nicht vorgelegt, Falschinformation!)

Dann haben Sie sich unglaublich viel Zeit gelassen, und das trotz massiven Modernisierungsstaus und Problemen beim Rettungsdienst oder beim Krankentransport. Dann haben wir lange über mögliche Auswirkungen der neuen EU-Vergaberichtlinie diskutiert. Obwohl man dieses Thema erst einmal hätte außen vor lassen können und sich den wesentlichen Punkten, den unzähligen anderen Baustellen dieses Gesetzes, hätte widmen und diese separat hätte lösen können, ist auch hier wieder nichts passiert.

Ende des Jahres 2014 – ich muss das tatsächlich noch einmal in Erinnerung rufen – hätten die Ausschussberatungen längst abgeschlossen sein müssen.

(Ministerin Barbara Steffens: Das ist doch nicht meins! Ich bin doch nicht das Parla- ment!)

Sie sagen immer, es wäre nicht Ihrs, aber natürlich ist das Ministerium hier in der Verantwortung, dies zu unterstützen. Natürlich sind die Verhandlungen durch die Gespräche, die im Hintergrund gelaufen sind, aufgehalten worden. Es bestand ja auch noch interner Klärungsbedarf zwischen SPD und Grünen, der erst noch befriedigt werden musste.

Dann wurde das Thema in den Ausschusssitzungen wieder vertagt.

Meine Damen und Herren, wie soll so eine offene, parlamentarische Beratung eigentlich möglich sein? Man kann es mit drei Worten beschreiben: verdrängen, verschieben, verschleppen. – Das ist leider die teils traurige Geschichte der Novellierung dieses Rettungsgesetzes in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der FDP)

Da musste es letzte Woche relativ fix gehen. Dann sollten wir Änderungsanträge beraten, die uns erst wenige Stunden vor der Ausschusssitzung zugeleitet wurden. Das ist auch okay, wenn die Zeit drängt. Aber Frau Ministerin, dann hätte ich mich gefreut, wenn Sie auf alle Fraktionen zugegangen wären, wenn Sie nicht nur eine Oppositionsfraktion angesprochen hätten, sondern das im Konsens mit allen gemacht hätten. Dann hätten wir die Probleme auch gemeinsam erörtern können. Es ist sehr schwierig, diesem Gesetzentwurf mit Änderungen zuzustimmen, wenn Sie unsere Bedenken erst gar nicht weiter erörtern wollen.

Meine Damen und Herren, nun zum Inhaltlichen: Die Gesetzesnovelle ist ohne Frage notwendig, um bewährte Strukturen im Rettungswesen, die wir in Nordrhein-Westfalen haben, zu bewahren und gleichzeitig die Weichen für einen zukunftsfähigen Rettungsdienst zu stellen. 30 %, in manchen ländlichen Regionen bis zu 50 % mehr Einsätze in den letzten zehn Jahren, der weitere medizinische Fortschritt, der Transport von schwer adipösen oder hochansteckenden Patienten – all dies kennzeichnet die Herausforderungen, vor denen das Rettungswesen steht.

Der dringende Handlungsbedarf hinsichtlich der Ausbildung der Notfallsanitäter – Frau Scharrenbach hat es eben auch schon angesprochen; wir haben es gemeinsam mit dem Eilantrag hier ins Plenum gebracht – ist nun gesetzlich verankert. Natürlich – ich teile Frau Scharrenbachs Ausführungen – brauchen wir auch die Ausführungsbestimmungen, damit die Ausbildung entsprechend beginnt.

(Zuruf von Ministerin Barbara Steffens)

Auch Regelungen zur Einführung einer Ärztlichen Leitung und zur Bildung von Trägergemeinschaften für Spezialfahrzeuge sind absolut sinnvoll. In dem Änderungspaket sind die in der Anhörung geäußerten Bedenken hinsichtlich des Wirtschaftlichkeitsgebots ausgeräumt worden. Die einheitliche Notruf

nummer, eine längere Übergangsfrist zur Einführung der Notfallsanitäter oder auch die rechnerische Berücksichtigung privater Anbieter in den Bedarfsplänen: Das ist alles sehr sinnvoll und gut. Das will ich nicht in Abrede stellen.

Aber, meine Damen und Herren, das Kernproblem dieses Gesetzentwurfs ist es doch, dass er zwar vom Erhalt des dualen Systems aus öffentlichen und gemeinnützigen Anbietern redet, aber dann eine Regelungslücke lässt, die das duale System infrage stellt.

(Ministerin Barbara Steffens: Nein!)

Herr Ünal hat es gesagt: Oberstes Kriterium im Rettungsdienst ist die Qualität – ohne Frage. Das unterschreibe ich sofort, das ist vollkommen korrekt. Daher sollte man auch die Fahrzeuge bewährter privater Unternehmen in die Bedarfsplanung vor Ort aufnehmen

(Ministerin Barbara Steffens: Ohne Qualität!)

und damit Doppelvorhaltungen vermeiden. Doch in genau diesem Punkt ist hier nur eine KannRegelung vorgesehen.

„Kann“ reicht in diesem Fall eben nicht, meine Damen und Herren. Viele Genehmigungen laufen in diesem Jahr aus. Die betroffenen Unternehmen fürchten um ihre Existenz, Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Und Sie verweigern sich einer Übergangsregelung, die längst Konsens aller Beteiligten, das heißt der Hilfsorganisationen, der Feuerwehren, der privaten Unternehmer und der kommunalen Spitzenverbände, war. Sie verweigern sich einer Übergangsregelung, die den Vertrauensschutz erhält und schlicht eine Wiedererteilung bestehender Genehmigungen absichert.

Deshalb, meine Damen und Herren, unser Vorschlag zu § 29 Abs. 3 zu den Übergangsregelungen. Das wäre ein tragfähiger Kompromiss, der, wie gesagt, auch von allen Beteiligten, Verbänden und Partnern im Rettungswesen akzeptiert werden könnte. Wir haben es gerade gehört: Sie werden diesen Vorschlag ablehnen. Deshalb kann die FDPLandtagsfraktion dem Gesetzentwurf auch nicht zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Lürbke. – Nun spricht für die Fraktion der Piraten Herr Kollege Sommer.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher und Besucherinnen hier im Saal und natürlich auch im Stream! Wir haben ein wirklich langes Gesetzgebungsverfahren hinter uns, was trotzdem nicht ganz alles abdecken kann, was es abdecken will, was aber auch verständlich ist. Wir sind

verschiedene politische Kräfte. Dementsprechend kann man nicht immer alles unterbringen.

Dem großen Beteiligungsanspruch ist das Ministerium, finde ich, in vielen Teilen schon ziemlich gut gerecht geworden. Es haben viele Gespräche stattgefunden. Das ist hervorzuheben.

Was man vielleicht noch besser machen kann, ist die Nachvollziehbarkeit – von wem welcher Input gekommen ist. Das könnte man durchaus später noch einmal öffentlich machen. Das fände ich eine gute Geschichte. Da könnte man mehr Transparenz walten lassen. Das ist als Anregung zu verstehen, nicht als ganz schlimmer Kritikpunkt. Ich fände es gut, wenn man das noch machen könnte. Speziell die Treffen der Vertreter des Ministeriums mit Interessenverbänden könnten da sicherlich transparent dargestellt werden, schon alleine, weil das in meinen Augen ein ganz gutes Verfahren war. An der Stelle gibt es eigentlich gar nichts Negatives.

Jetzt noch einmal zum Inhalt des gesamten Gesetzes: Was wir sehr positiv sehen, was meine Fraktion sehr positiv sieht, ist, dass die Ausbildung der Notfallsanitäter jetzt nicht mehr von den Menschen, die das werden wollen, selber gezahlt werden muss, sondern dass es jetzt als grundgesetzliche Aufgabe des Rettungsdienstes gesehen wird und dementsprechend die Ausbildung von den Trägern des Rettungsdienstes geleistet wird. Das finden wir sehr gut.

Auch die Übergangsfrist, wann sich ein Assistent zum Notfallsanitäter ausbilden lassen muss, ist sehr üppig geraten. Das finde ich auch besonders gut; gut finde ich auch, dass jetzt eine Ärztliche Leitung festgeschrieben ist, dass die einheitliche Rufnummer möglich ist. Das finde ich alles gut.

Was wir vielleicht noch einmal angehen müssen – allerdings nicht im Rahmen dieses Gesetzes –, ist, den Menschen, den Rettungssanitätern, die wirklich viel in der Gesellschaft leisten, mehr Sicherheit für sich zu geben. Wir haben gerade im privaten Bereich Menschen, die dort arbeiten, die sich von Zeitvertrag zu Zeitvertrag hangeln. Da müssen wir bessere Rahmenbedingungen setzen, aber nicht im Rahmen dieses Gesetzentwurfes. Das müssen wir im Nachgang machen.

Was uns an dem Gesetzentwurf wirklich stört – das habe ich auch schon in zwei Ausschusssitzungen gesagt, auch in der Obleuterunde –: Ich sehe eine Regelungslücke im Gesetzentwurf in puncto Datenschutz. In § 7 a Abs. 1 steht im Gesetzentwurf: Daten dürfen erhoben, gespeichert und benutzt werden für 1. die Durchführung eines Einsatzes – klar –, 2. die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten oder 3. die Abrechnung eines Einsatzes.

In Abs. 2 wird das noch ergänzt um „zum Qualitätsmanagement“. Der Absatz ist länger. Deshalb lese ich ihn jetzt nicht vor. Da gibt es diese Öff

nungsklausel, dass die Daten, die dort gespeichert werden, nicht automatisch nach drei oder sechs Monaten gelöscht werden, sondern dann, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Das ist aber zeitlich nicht eingeschränkt.

Wann ist also beim Qualitätsmanagement der Datensatz nicht mehr erforderlich?

Das haben wir in unserem Änderungsantrag thematisiert. Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu. Schließen Sie diese Lücke. Diese Regelungslücke muss geschlossen werden. Sonst kann ich meiner Fraktion leider nicht empfehlen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Schließlich wollen wir auch nicht, dass demnächst jemand, der die 112 anruft, als Erstes die automatische Ansage hört: Wir zeichnen Ihren Anruf aus Qualitätsmanagementgründen auf; wenn Sie dem nicht zustimmen, legen Sie bitte auf. – Das will ja keiner. Dementsprechend bitte ich noch einmal darum, unserem Änderungsantrag hier zuzustimmen.

Auch die Argumentation, die es bis jetzt oft gab, dass im Katastrophenschutzgesetz eine ähnliche Regelung steht wie in diesem Gesetzentwurf, stimmt nicht ganz. Ich zitiere aus dem Entwurf des Katastrophenschutzgesetzes § 46 Abs. 4:

„Gespeicherte Daten dürfen in anonymisierter Form auch zu statistischen Zwecken und zur Evaluation verarbeitet sowie zur Aus- und Fortbildung genutzt werden.“

Das hätte man genauso auch in diesem Gesetzentwurf schreiben können. Leider hat man das nicht getan. Wenn man immer eine Harmonisierung vor sich herträgt, sollte man die Gesetze auch möglichst gleichlautend abfassen.

Zum Änderungsantrag von CDU und FDP empfehle ich meiner Fraktion, sich zu enthalten.

Ansonsten bitte ich darum, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Dann können wir auch dem Gesetzentwurf zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)