Protocol of the Session on January 29, 2015

Zum Vergleich: Wenn ich die Ausfallquote an Gesamtschulen oder an Hauptschulen nehme, liegt der Unterrichtsausfall mit 2,7 % deutlich darunter. Dass er immer noch zu hoch ist, können wir gerne konzedieren, aber es ist eben nicht so das Schreckgespenst, wie Sie es gerade hier an die Wand gemalt haben.

Ein weiteres Beispiel sind die Klassenstärken. Laut Schulkonsens sollte die Klassenstärke an Realschulen von 28 auf 26 Schülerinnen und Schüler gesenkt werden. Dieses Soll ist bereits im Jahr 2011 mit 26,1 Schülern erfüllt worden – Tendenz: weiter fallend. Demografiebedingt ist dies an allen anderen gängigen Schulformen ähnlich zu beobachten. Die avisierte Klassenstärke der Sekundarschule bewegt sich mit 25 Schülern in genau demselben Rahmen.

Im letzten Antrag, meine Damen und Herren, ist von – ich zitiere – „mutwilliger Täuschung der Schulministerin und der Landesregierung beim Aufzeigen der Anschlussperspektiven nach der Sek. I“ die Rede. Während die Sekundarschule am Ende auf jeden Fall das Etikett „Abitur“ stehen hätte, würden Realschulen bewusst davon ausgenommen bzw. es würde nicht kommuniziert. Das ist mehr als eine starke Behauptung; sie entbehrt jeder Realität.

Fakt ist, dass heute schon jeder Realschule freisteht, und das wissen Realschulen im Übrigen auch, mit anderen Schulen, die beispielsweise eine Oberstufe haben, eine Kooperation einzugehen. Glauben Sie wirklich, dass Eltern, die ihre Kinder an eine Realschule schicken, das nicht wüssten, was am Ende der Schullaufbahn ihrer Kinder steht?

Zur Frage des Ganztags: Sie behaupten in Ihrem Antrag, dass die Realschulen in ihrer Ganztagsausstattung systematisch gegenüber anderen Schulformen benachteiligt werden. Dazu kann ich Folgendes feststellen: Tatsächlich werden im Schuljahr 2014/2015 bereits 131 von 563 Realschulen im Ganztag betrieben. Jeder Antrag einer Realschule auf Umwandlung in den Ganztag wurde in den vergangenen Jahren von der Landesregierung bewilligt. Vor diesem Hintergrund von einer Benachteiligung zu reden, erschließt sich mir beim besten Willen nicht.

(Beifall von Eva Voigt-Küppers [SPD])

Sie deklarieren in Ihrem Antrag zudem die Realschule als großen Zuliefererbetrieb für Gymnasien und Gesamtschulen. Das entspricht nicht so ganz der Realität; denn laut Zahlen aus dem Schulministerium ist es ungefähr ein Viertel der Schülerinnen und Schüler der Realschulen, das in die Oberstufe geht.

Nehme ich die Zahlen der Bertelsmann Stiftung dazu, weil ich sage, die Zahlen der Landesregierung sind vielleicht in der Wolle gefärbt, dann komme ich auf keine anderen Zahlen. Es bleibt dabei, dass ungefähr ein Viertel der Schülerinnen und Schüler ihren Weg in der Schule fortführt.

Das bedeutet im Umkehrschluss: Zwei Drittel aller Schüler werden die Schullaufbahn nicht fortsetzen, sondern gehen in die Berufswelt oder in die Berufskollegs.

Herr Kollege, Sie kommen zum Schluss?

Ja, ich komme zum Schluss. – Das waren nur einige Beispiele, die Ihnen zeigen sollten, dass der vorliegende Antrag uns inhaltlich nicht weiterbringen wird. Wir stehen deshalb Ihrem Antrag ablehnend gegenüber, freuen uns aber dennoch nach der Überweisung in den Schulausschuss auf die weitere Beratung dort. – Danke schön.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Weiß. – Da der Antrag wohl gemäß Vorschlag überwiesen werden soll – wovon ich ausgehe –, wird auch noch genug Zeit sein, in Ruhe im Ausschuss darüber zu diskutieren. Bevor das aber der Fall ist, spricht für die CDU-Fraktion Frau Vogt. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende FDP-Antrag trägt den Titel „Schulministerin muss ihrer Verantwortung gegenüber Kindern und Lehrkräften an Realschulen nachkommen“. Wir würden diesen Satz gerne erweitern, indem wir sagen, dass die Schulministerin ihrer Verantwortung gegenüber Kindern und Lehrkräften aller Schulen nachkommen muss.

(Beifall von der CDU)

Aus Sicht einer für den Schulkonsens verantwortlichen Fraktion möchte ich an dieser Stelle betonen, dass für uns die Grundlage des Schulkonsenses war und ist, ein gleichberechtigtes Nebeneinander unterschiedlicher Schulformen zu haben. Die Kommunen können und sollen ein an ihren Bedürfnissen orientiertes Schulformenangebot vorhalten. Der Elternwille spielt für uns in diesem Zusammenhang eine große Rolle.

Viele Kommunen in unserem Land haben bereits von den durch den Schulkonsens entstandenen Möglichkeiten Gebrauch gemacht und Sekundarschulen gegründet.

Wir hätten uns zwar auch gewünscht, mehr kooperative Formen zu bekommen, aber diese Entscheidung wurde aus gutem Grund in kommunale Hände gelegt, und wir akzeptieren selbstverständlich die dort getroffene Wahl. Was wir allerdings nicht akzeptieren, und hier schließen wir uns ausdrücklich der FDP-Auffassung an, ist eine Bevorzugung der Schulen des längeren gemeinsamen Lernens durch die Schulaufsicht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Von einer Bevorzugung der integrierten Systeme war im Schulkonsens nie die Rede. Das hätte auch niemals die Zustimmung der CDU gefunden.

(Beifall von der CDU)

Wir hören aber auch – und das bezieht sich nicht nur auf die Realschulen –, dass die Schulaufsicht häufig die Kommunen nicht neutral über die unterschiedlichen Schulformen für den jeweiligen Standort informiert, sondern mit klarer Tendenz in Richtung der integrierten Systeme berät.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es ist Ihre Pflicht, Frau Ministerin Löhrmann, dafür zu sorgen, dass Ihre nachgeordneten Behörden sich an den Schulkonsens halten und nicht aus ideologischen Gründen einzelne Systeme bevorzugen.

Es kann nicht sein, dass Sie den Schulkonsens unterlaufen und daraus ein Schulschließungsprogramm für das gegliederte Schulsystem machen,

(Beifall von der CDU und der FDP)

so wie Sie das Inklusionsgesetz als Schließungsprogramm für die Förderschulen betrachten.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Genau!)

Ein weiterer Kritikpunkt im FDP-Antrag betrifft den Umgang mit auslaufenden Schulen. Hier hören wir ebenfalls – das wiederum nicht nur in Bezug auf die Realschulen –, dass die Lehrerversorgung oftmals Probleme bereitet. Wir haben gerade gegenüber diesen Schulen eine hohe Verantwortung, da sie unter schwierigen Bedingungen arbeiten müssen.

Hier wäre aus unserer Sicht mehr Aufmerksamkeit und Flexibilität gefordert, um den Schülern den ihnen zustehenden Unterricht auch ordnungsgemäß zukommen zu lassen.

Die Schulen selbst sind häufig sehr bemüht, vernünftige Lösungen zu finden, scheitern aber nicht selten an der Schulaufsicht und fühlen sich im Stich gelassen.

Einer Forderung der FDP in diesem Antrag können wir allerdings nicht folgen. Wir möchten nicht, dass alle Realschulen verpflichtet werden, eine Kooperation mit gymnasialen Oberstufen einzugehen. Viele machen das bereits seit geraumer Zeit freiwillig. Kollege Weiß hat in seiner Rede bereits darauf hingewiesen. Andere haben jedoch den Schwerpunkt auf die Vorbereitung für eine duale Ausbildung gelegt. Das ist lange Tradition der Realschulen und ein Erfolgsgarant unserer Wirtschaft.

Wir möchten es den Realschulen daher weiterhin freistellen, für welchen Weg sie sich im Einklang mit unserem Schulprofil entscheiden. Meine Damen und Herren, aus Sicht der CDU-Fraktion kann durchaus ein erfolgreiches Leben, ein erfolgreiches Arbeitsleben gelingen – ohne Abitur. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Vogt. – Nun spricht für die grüne Fraktion Herr Kollege Bas.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Übereinkommen zwischen CDU, Grünen und SPD über die Eckpunkte der Schulpolitik in NRW, dem sogenannten Schulfrieden, aus dem Jahre 2011, hat unserem Land gutgetan.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Und nichts weiter, liebe CDU, wird in NRW umgesetzt.

In den vergangenen Jahren sind landesweit viele Schulen des längeren gemeinsamen Lernens entstanden. Gerade im ländlichen Raum hat diese Entwicklung eine neue Dynamik entfaltet, die parteiübergreifend auf kommunaler Ebene vielfach gelobt wird.

Seit der Einführung der Sekundarschule bieten viele Kommunen dieses neue Bildungsangebot an und kommen damit den Bedürfnissen vieler Familien in unserem Land entgegen, die sich genau überlegen, welche Bildung für ihr Kind die beste ist.

In vielen Kreisen und Städten finden wir somit ein breites Angebot an weiterführenden Schulen, zu denen neben dem Gymnasium, der Gesamtschule, der Realschule und unseren Berufskollegs nun auch die Sekundarschule gehört.

Nun aber zum Antrag der FDP, der sich mit der Realschule befasst. Ich muss gestehen, ich habe schon viele plakative Schulanträge der FDP gelesen. Dieser hier aber toppt alles. Auffällig ist, dass sich dieser Antrag aus einer Aneinanderreihung von Vorwürfen und Behauptungen zusammensetzt, die darauf abzielen, der Regierung zu unterstellen, die Realschule in NRW angeblich zu zerstören – getreu dem Motto: Wenn man nur lange genug mit Dreck wirft, bleibt schon irgendetwas hängen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Nun aber schön der Reihe nach! Sie behaupten, dass Realschullehrkräfte durch die um 2,5 Unterrichtsstunden höhere Unterrichtsverpflichtung gegenüber den Sekundarschullehrkräften demotivierter seien. Worauf stützen Sie diese Behauptung? Haben Lehrkräfte an Sekundarschulen jetzt weniger zu tun als in Realschulen? Wird jetzt weniger individuell gefördert? Glauben Sie das ernsthaft?

Sie behaupten, dass an unseren Realschulen die Lehrerversorgung nicht gesichert sei und dass auslaufende Realschulen personell ausgeblutet würden. Auch hier die Frage: Worauf stützen Sie Ihre Behauptung?

Vielleicht dazu ein Beispiel aus meiner Region, in der ein solches Szenario an einer auslaufenden Realschule in Umlauf gebracht wurde. Hier stellte sich heraus, dass bestimmte Abläufe während der Umwandlung der Schule in eine Sekundarschule der Elternschaft nicht ausreichend kommuniziert wurden und dass die Versorgung der Klassen mit Lehrkräften bis zum letzten Schultag an der auslaufenden Schule gewährleistet ist.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Gebauer?

Danach.

Nach Ihrer Rede?

Genau.

Dann gibt es keine Zwischenfrage mehr.