Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, längere Telefongespräche nicht im Plenarsaal zu führen, sondern außerhalb des Plenarsaals.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In der Tat klagen viele in der Pflege seit Jahren über die ausufernden Dokumentationsverfahren. Seit vielen Jahren befassen sich auch Expertinnen und Experten mit diesem Thema, um eine Vereinfachung und einen Abbau des Aufwandes bei der Pflegedokumentation zu erreichen. Gerade Nordrhein-Westfalen hat diese Debatte nicht nur
Wir wissen aber auch, dass sowohl die Pflegekassen als Kostenträger als auch Rechtsprechung, Wissenschaft und Einrichtungsträger immer wieder unterschiedliche Anforderungen an die Pflegedokumentation formuliert und erarbeitet haben.
Im vergangenen Jahr wurde nun der eben genannte Abschlussbericht der Bundesregierung vorgelegt. Dieser Bericht enthält einige zentrale Aussagen, die wir sehr stark unterstützen. Die zentralen Empfehlungen sehen in der Tat eine deutliche Vereinfachung und Begrenzung der Dokumentation vor, die wir tatsächlich sehr begrüßen.
In einem viermonatigen Praxistest haben viele Einrichtungen und Dienste in fünf Bundesländern eine schlankere Dokumentation erprobt. So soll sich die Informationssammlung nicht mehr über 14 Themenfelder erstrecken, sondern an nur noch fünf übergeordneten Themenbereichen orientieren. Die Dokumentation der tatsächlichen Leistungen soll reduziert werden, indem nur noch Abweichungen von der Routine dokumentiert werden. Das ist zu begrüßen.
Für uns ist es besonders wichtig, dass es neben diesen Vereinfachungen auch zu einem Paradigmenwechsel kommen soll, bei dem nun die individuellen Wünsche der Pflegebedürftigen in der Pflegeplanung einen zentralen Platz erhalten und die klassischen Pflegeziele ersetzen sollen. Damit wird die Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen im Vordergrund stehen. Dies ist in der Tat neu.
So geht es nicht nur um mehr Zeit für die Pflege, sondern vor allem auch um einen neuen Blick auf die Pflege. Bei diesem Blick stehen nicht mehr die Verrichtungen im Vordergrund. Vielmehr wird der pflegebedürftige Mensch mit seinen Bedürfnissen und Wünschen in den Mittelpunkt gerückt. Dies bedeutet, die Wünsche der pflegebedürftigen Menschen in deren eigenen Worten aufzunehmen und der täglichen Planung zugrunde zu legen. Das ist tatsächlich ein Paradigmenwechsel in der Pflege, den wir sehr stark begrüßen.
Diese Stärkung der Selbstbestimmung ist sehr positiv, stellt aber auch eine große Herausforderung für die Pflege dar.
Wichtig ist auch, dass die Prüfinstanzen ihre Anforderungen an die Verschriftlichung der pflegerischen Reflexion tatsächlich senken und die Argumentation der Pflegefachkräfte in ihre Bewertungen einbeziehen. Die überarbeiteten Transparenzvereinbarungen sehen wir in diesem Bereich auch in NRW vor.
NRW selbst hat sich natürlich mit Nachdruck für diesen Richtungswechsel eingesetzt. Es gab auch fünf nordrhein-westfälische Testregionen, in denen
Seitens der Landesregierung wurden durch die Unterstützung der Modellversuche, die frühe Information der WTG-Behörden und die WTG-Konformität des neuen Dokumentationsverfahrens die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die neue Dokumentationsstruktur auch in NRW eingesetzt werden kann.
Deswegen freuen wir uns natürlich, wenn wir im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales ausführlich über diese Themen diskutieren werden und diesen Paradigmenwechsel auch in NRW umsetzen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wo Menschen gepflegt werden und eine umfassende und würdevolle Pflege möglich sein soll, müssen Methoden, Behandlungen, Fort- und Rückschritte nachvollziehbar festgehalten werden. Erst dadurch wird die Grundlage für eine möglichst reibungslose Kooperation aller an Pflege Beteiligten und somit für die Pflegequalität gelegt.
Eines ist klar: Um das Ziel einer nachvollziehbaren und gleichzeitig effektiven Pflege zu erreichen, ist und bleibt die Erstellung einer Pflegedokumentation notwendig. Die Dokumentation ist aber kein Selbstzweck. Sie ist kein Wert an sich. Sie muss sich kritisch-konstruktiv hinterfragen lassen und stets zielorientiert sein. Ziel ist eine Pflege im Sinne des zu Pflegenden. Ziel ist nicht, mit immer mehr Bürokratie die Heimaufsicht oder den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zu beschäftigen.
Was muss eine Pflegedokumentation aber leisten? Wie muss sie gestaltet sein? Sie dient der Sammlung der relevanten Daten über den Patienten und sorgt dafür, dass diese, etwa beim Schichtwechsel, nicht verloren gehen. Sie bietet außerdem eine wertvolle Grundlage für die ärztliche Beratung. Ferner müssen die relevanten Punkte schnell entnehmbar sein. Sie muss also alles Wichtige enthalten, darf aber gleichzeitig nicht zu umfangreich werden, damit nicht seitenweise Nebensächlichkeiten den Blick auf das Entscheidende versperren.
Die Wichtigkeit eines solchen Instruments ist an sich gar nicht hoch genug einzuschätzen. Aber genau hier liegt das Problem der jetzigen Form der Pflegedokumentation. Darüber sind sich die meisten auch einig: Es ist ein bürokratisches Monster.
Wo doch der eigentliche Sinn der Dokumentation darin liegen sollte, alle Informationen über den Patienten zusammenzuführen und somit mehr Zeit für die tatsächliche Pflege eines Patienten zu haben, ist jetzt genau das Gegenteil der Fall: Die Pflegedokumentation nimmt immer mehr Raum ein, der Patient gerät zwangsläufig in den Hintergrund.
In den meisten Einrichtungen gilt: Lieber zu viel als zu wenig schreiben. Die für die Dokumentation investierte Zeit ist dann kein Dienst am Patienten, sondern in erster Linie auf die Prüfungen des MDK und der Heimaufsicht ausgerichtet. Das ist weder aus fachlicher noch aus rechtlicher Sicht notwendig.
Natürlich muss in eine wirkungsvolle Dokumentation Zeit investiert werden, und natürlich ist es auch wichtig, Besonderheiten und Abweichungen angemessen festzuhalten. Aber warum muss ein ständig wiederkehrendes Ereignis, wie etwa der Zeitpunkt des Frühstücks, immer wieder dokumentiert werden?
Anstelle einer Dokumentation, die den praktischen Bezug in den Blickpunkt stellt und die individuelle Beschäftigung mit dem Patienten fördert, wird ein verworrenes System aus teils widersprüchlichen Dienstanweisungen, Standards und Ablaufbe
Die zu umfangreiche und verworrene Pflegedokumentation hat letztendlich auch eine wirtschaftliche Dimension. Das Statistische Bundesamt geht davon aus, dass der finanzielle Aufwand für die Pflegedokumentation jährlich 2,7 Milliarden € beträgt. Wenn es uns gelingt, hier Verbesserungen umzusetzen, kann auch der finanzielle Druck im Pflegewesen zumindest etwas abgemildert werden. Des Weiteren wurde für den zeitlichen Dokumentationsaufwand ein Anteil von 13 % an der Gesamtarbeitszeit einer Pflegekraft festgestellt – Zeit, die für eine gute Pflege so wertvoll ist.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wie lassen sich also diese undurchschaubaren Zustände entbürokratisieren? Es gibt ja Alternativen, wir hörten davon: 2013 begann der Praxistest zur Effizienzsteigerung der Pflegedokumentation. Seit Ende letzten Jahres liegen die Ergebnisse vor.
Das Ergebnis ist deutlich: So sei unter anderem die Dokumentation von Routinetätigkeiten nicht nur fachlich, sondern auch juristisch gesehen überflüssig. Es seien nur die Ereignisse und Leistungen zu dokumentieren, die von der Pflegeplanung abwichen.
Allerdings müssen sich solche Ereignisse, die das Potenzial haben, die Situation für alle Beteiligten zu verbessern, auch herumsprechen. Die Heimaufsichten müssen – wie in vielen anderen Ländern bereits geschehen – über die empfohlenen Maßnahmen ausführlich informiert werden. Das ist Aufgabe der Landesregierung.
Sehr gerne unterstützen wir die Bestrebungen, die Pflegedokumentation weniger bürokratisch zu gestalten, und freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schneider. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Abgeordnete Düngel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde wahrscheinlich nicht die ganzen fünf Minuten brauchen. Das war, Frau Ministerin, meine Replik auf das „Gespanntsein“.
Uns als Piraten wird oft vorgeworfen, wir redeten über irgendwelche Bundesthemen. Jetzt haben wir schon ganz viel gehört, und natürlich ist die Übermittlung der Information Aufgabe der Landesregierung; nichtsdestotrotz reden wir hier an sich über ein Bundesthema.
Ich vermute einmal vorsichtig, dass das ein wenig der Versuch ist, eine Regelung, die im Bund auf den Weg gebracht wurde, im Land noch einmal zu debattieren und zu zeigen, dass es eine gute Regelung ist, die aber im Land in den entsprechenden Einrichtungen und Diensten noch nicht so richtig gegriffen hat.
Wie dem auch sei – sinnvoll wäre es gewesen, auf Bundesebene eine konkrete gesetzliche Regelung zu schaffen, die uns als Land die entsprechende Rechtssicherheit gebracht hätte. – Frau Ministerin Steffens hatte sich im Rahmen der Antwort auf eine Kleine Anfrage von Frau Kollegin Scharrenbach schon einmal ähnlich geäußert. – Es wäre aus meiner Sicht daher der richtige Ansatz, mit dem CDUAntrag eine bundesgesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen, um diese Rechtssicherheit zu schaffen.
Die Realisierung des ersten Beschlusspunktes des vorliegenden Antrags, der Informationspflicht nachzukommen – auch das hat Frau Ministerin Steffens in der Antwort auf die Kleine Anfrage geschrieben –, ist für das erste Quartal 2015 geplant. Ich vermute, im folgenden Redebeitrag wird Frau Ministerin noch näher darauf eingehen, wann und wie das genau stattfinden wird. Da schauen wir uns mal den Stand der Dinge an.
Den zweiten Beschlusspunkt kann ich nur unterstützen: eine Berichtspflicht, damit der Landtag und der Ausschuss über den Stand der Umsetzung und die ersten Erfahrungen informiert werden. Das halten wir Piraten ganz grundsätzlich immer für sinnvoll.
Zur Pflegedokumentation im ganz Allgemeinen noch eine Anmerkung; dazu ist gerade schon viel gesagt worden. Das Ganze ist ein Riesenbürokra
tiemonster, gar keine Frage. Mein Kollege Wegner hatte es seinerzeit auch schon im Ausschuss angesprochen. Ich fasse es einmal kurz zusammen: Wenn man ein solches Bürokratiemonster wie diese sehr umfangreiche Pflegedokumentation hat, die dann aber – ob sie jetzt sinnvoll ist oder nicht – am Ende nicht hundertprozentig nachvollziehbar für alle kontrolliert wird, dann bringt das Ganze nichts.
Dann kann man reformieren, dann kann man versuchen, eine Vereinfachung dieser Pflegedokumentation zu erreichen – ich glaube, da ist ein ganz guter Schritt gemacht worden. Das Problem allerdings – Kollege Wegner hat es seinerzeit im Ausschuss auch schon vorgetragen- bleibt bestehen: Auch die vereinfachte Pflegedokumentation muss von den Medizinischen Diensten vernünftig überprüft werden und werden können; es muss geschaut werden, ob alles passt, etwa der Personalschlüssel.
Das sind einige Mängel, die wir bislang festgestellt haben. Da bin ich gespannt, was uns in den nächsten Monaten erwartet.
Ansonsten: Die Informationspflicht ist auf den Weg gebracht. Von daher sehe ich momentan eigentlich keinen Punkt, der für diesen Antrag spricht. Aber vielleicht kann uns Frau Ministerin Steffens erleuchten oder mit neuen Informationen versorgen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Emanzipation, Pflege und Alter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erleuchten, warum der Antrag gestellt worden ist, kann ich Sie auch nicht; ich weiß es nicht. Aber ich möchte versuchen, noch das eine oder andere zum Thema deutlich zu machen.
Lieber Herr Burkert, ich finde es gut, dass Sie einen solchen Antrag stellen. Das Thema ist wichtig für Nordrhein-Westfalen. Wenn wir uns die Historie zur Frage der Pflegedokumentation ansehen, dann haben wir in diesem Parlament oft und viel darüber diskutiert und auch an den Bund appelliert, dass es Änderungen und Verbesserungen geben soll. Daher sind wir alle über das, was jetzt als Ergebnis der Bundesebene auf dem Tisch liegt, sehr froh; denn damit sind wir im Gegensatz zu dem, wo wir noch vor fünf Jahren standen, einen erheblichen Schritt weiter.
In der Tat leidet die Pflege – da haben wir einen Konsens – unter zu viel Bürokratie; das ist überhaupt keine Frage. Es fängt bei den unsinnigen Pflegenoten an und hört beim Dokumentationswesen noch lange nicht auf. Daneben gibt es noch sehr viele andere Dinge, die diejenigen beschäftigen, die sich in der Pflege um Menschen kümmern