Protocol of the Session on January 29, 2015

Wenn ich jetzt zum Schluss noch einmal auf die Debatte zurückblicke, dann fällt mir ein, dass es bei Herrn Laschet, Herrn Lindner und auch bei Herrn Dr. Paul Kritik an der Überschrift der Regierungserklärung der Ministerpräsidentin gegeben hat.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: An der ganzen Regierungserklärung!)

Das zeigt eigentlich nur: Sie denken in Überschriften. Wir denken in Konzepten.

(Beifall von den GRÜNEN – Michele Mar- sching [PIRATEN]: In welchen denn? – Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Dann braucht man solche Überschriften nicht!)

Bei der CDU ist es oft so: Das Denken reicht nicht bis zu „MegaHerz“. Das Denken bleibt bei Doppelherz stehen.

Die FDP stört sich an „MegaStark“. Herr Lindner wäre gerne der Transformer Megatron. Aber auch das passiert nicht.

Bei der Piratenfraktion, finde ich, ist es nicht ausreichend, dass Ihnen immer wieder nur Ihr Ladenhüter „Internetministerium“ eingefallen ist, anstatt endlich die Digitalisierung als Querschnitt über alle Bereiche zu begreifen. Da ist von Ihrer angeblichen Innovationskraft auch nichts mehr übrig.

(Zuruf von den PIRATEN: Was in Finnland gut ist, muss hier nicht schlecht sein!)

Das sind die Unterschiede zwischen der Opposition und der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen.

Meine Damen und Herren, wir wollen keine Spaltung zwischen denen, die sich Sicherheit im digitalen Zeitalter leisten können, und denjenigen, die das nicht können. Deshalb setzen wir auf das Land der sicheren IT und des Datenschutzes.

Wir wollen keine digitale Spaltung zwischen Land und Stadt. Deshalb setzen wir auf intelligente Städte und Dörfer, auf unsere smarte Heimat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen keine politische Spaltung in unserem Land. Deshalb setzen wir auf die digitale Revitalisierung unserer Demokratie. Kleinkrämerei, wie wir sie heute in viel zu vielen Beiträgen gehört haben, können wir dabei nicht gebrauchen. Wir wollen die Menschen in unserem Land begeistern, ihre Ideen für die Zukunft, für unser digitales NRW der Zukunft einzubringen.

Alle, die das heute verstanden haben, möchten wir gerne mitnehmen, die möchten wir gerne einladen, an diesem digitalen NRW mitzuarbeiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bolte. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Marsching.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer auf der Tribüne und zu Hause! Sehr, sehr geile Regierungserklärung!

Ich möchte etwas zum Thema „Schule“ und zum Thema „Bildung“ sagen. Ich bin den Kollegen Bombis und Bolte durchaus dankbar, dass ein Teil zum

Thema „Bildung“ gekommen ist. Bei vielen der Redebeiträge bin ich ein bisschen geschockt, dass in den Erwiderungen die Wirtschaft so viel vorkommt, der Breitbandausbau so viel vorkommt. Das ist alles gut. Aber es wird viel zu wenig über die Wurzeln der digitalen Chancen, der digitalen Teilhabe geredet. Das ist die Nutzung des Digitalen in der Bildung.

Politik ist das lange und langsame Bohren dicker Bretter. Das ist ein Satz von Max Weber. Der wird auch hier im Haus tagaus und tagein immer wieder belegt. Noch zu Beginn dieser Legislatur war Ihnen, Frau Ministerpräsidentin, das Thema „Einsatz digitaler Medien in Schulen“ in der Regierungserklärung nicht ein einziges Wort wert. Auch Frau Ministerin Löhrmann hat das Thema in ihrer Erklärung im zuständigen Schulausschuss im Jahr 2012 nicht mit einer einzigen Silbe erwähnt.

Umso mehr finde ich es gut, dass Ihnen heute der digitale Wandel in der Bildung plötzlich so wichtig ist, dass sie ihn sogar als Einstieg in Ihre Regierungserklärung verwenden.

Seit 2012 haben wir Piraten dieses Thema hier immer wieder auf die Agenda gesetzt. Wir haben Initiativen gestartet. Wir freuen uns natürlich jetzt umso mehr, dass dieses dicke Brett anscheinend endlich durchbohrt scheint und dass das Thema „digitales Lernen“ bei den Zielen der Regierung vorne steht. Der „Raubmordkopie“ sei Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Schmeltzer, auch wenn Sie es nicht verstehen: Das ist halt supergeil. Allerdings wurde es auch höchste Zeit. Denn die bisherige Regierungsbilanz in diesem Bereich ist einfach nur – ich kann es nicht anders sagen – erbärmlich. Was haben Sie nämlich schon gemacht?

Sie haben in der Oberstufe verbindlich grafikfähige Taschenrechner eingeführt. Damit haben Sie einen Beschluss der Kultusministerkonferenz mit dem Titel „Medienbildung in der Schule“ umgesetzt. Grafikfähige Taschenrechner, eine Technologie aus den 80er-Jahren des letzten Jahrtausends? Rly?

(Beifall von den PIRATEN)

Die Fachleute sind Sturm gelaufen. Wir Piraten haben Ausnahmeregelungen erkämpft, um den Einsatz von Laptops und Tablets zu erlauben. Aber selbst die scheinen – da müssen wir uns tatsächlich an die eigene Nase fassen – untauglich zu sein. Denn die Fachleute haben die Ausnahmen bei der Anhörung zu unserem Antrag „Bildungsinnovation 2020“ als eines der größten Hemmnisse ihrer eigenen IT-Arbeit bezeichnet.

Sie verzichten auf die EU-Fördermöglichkeiten aus dem Programm „Digitale Bildung öffnen“. Aber genau mit dieser Initiative will die EU-Kommission doch die digitale Kompetenz an Schulen fördern.

Sie wollen sich hier nicht auf Ziele für die gemeinsame Strategie mit dem Bund zum digitalen Lernen festlegen. Vorauseilend versicherten Sie uns, Frau Ministerin, dass sich die Landesregierung doch ohnehin schon für die von uns formulierten Ziele einsetze. Am 24. November allerdings konnten Sie im Ausschuss noch keine Angaben zum Sachstand bei der gemeinsamen Strategie machen.

(Beifall von den PIRATEN)

Man habe halt noch nichts gehört und trotzdem irgendwie die Befürchtung, dass im Rahmen der Digitalen Agenda das digitale Lernen in den Hintergrund rücken würde. In Wahrheit aber hatte die Bundesbildungsministerin bereits Anfang November vermelden lassen, dass ein Expertengremium zu diesem Thema die Arbeit aufgenommen habe.

Da stellt sich mir doch die Frage, ob das Thema „digitales Lernen“ bei dieser Landesregierung tatsächlich in den richtigen Händen liegt. Aber, Frau Ministerin, das ist gar nicht böse gemeint: Das Schulministerium hat nun einmal sehr viele Aufgaben. Und viele Fragen liegen ja auch weit verstreut in anderen Ministerien.

Wenn ich aber gerade schon so schön zu Ihnen rede, kann ich noch anfügen, dass Sie in der Pressekonferenz am 15. Januar angekündigt haben – ich zitiere –: „Zum gesamten Feld Digitales Lernen werde ich Sie – wenn wir unsere Pläne konkretisiert haben – gesondert informieren.“

In meinen Ohren klingt das ein klitzekleines bisschen besser als die kontinuierliche Weiterentwicklung und Bearbeitung der fünf Handlungsfelder, die Sie sonst immer beschworen haben. Aber damit ist es doch nicht getan. Konkretisieren Sie endlich Ihre Pläne! Denn das tun Sie in dieser Regierungserklärung wieder nicht.

(Beifall von den PIRATEN)

In diesem Zusammenhang erlaube ich mir, eine Empfehlung abzugeben. Reden Sie doch mal mit den Experten, die keine unmittelbaren wirtschaftlichen Interessen verfolgen! Reden Sie mit dem Chaos Computer Club, mit Initiativen für offene Lernmittel, mit Open-Source-Communities! Und wenn Sie da absolute Berührungsängste haben, sitzen wir auch noch da. Fragen Sie uns! Wir freuen uns auf Ihre Fragen.

Bisher präsentiert die Landesregierung bereits laufende Programme wie den Medienpass als die Antwort auf Herausforderungen beim Lernen mit Medien. Nichts gegen den Medienpass, er hat durchaus seine guten Seiten. Aber dieses Angebot ist nun mal unverbindlich. So bleibt jeder Schule selbst überlassen zu entscheiden, ob der Medienpass zum Einsatz kommt oder nicht.

Wie soll denn ein solches Angebot helfen, die riesige Aufgabe zu erfüllen, dass jeder Schüler und jede Schülerin wie selbstverständlich Informationstech

nologie im Unterricht einsetzen können soll? Ganz ehrlich, das ist so, als wenn Sie das Glas Wasser hier in die Luft halten

(Der Abgeordnete hält sein Glas Wasser hoch.)

und sagen: Bitte schön, jetzt kann jeder schwimmen lernen.

(Beifall von den PIRATEN)

Diejenigen, die sich mit Bildung beschäftigen, wissen, dass Laptop-Klassen doppelt so viele Anmeldungen wie Plätze haben. Die Praxis zeigt doch, dass die Eltern inzwischen erkannt haben, dass das digitale Lernen für ihre Kinder unabdingbar für die gesellschaftliche Teilhabe ist. Die Landesregierung scheint das noch nicht ganz begriffen zu haben.

Am Ende höre ich in der Regierungserklärung auch noch etwas von fremden Federn. Damit kann man sich schön schmücken. Aber die Weiterentwicklung der learn:line geht auf unsere Initiative zurück. Ihr Vorzeigeprojekt LOGINEO, heute hier namentlich erwähnt, wird von den Landschaftsverbänden entwickelt und bereitgestellt.

(Zuruf von den PIRATEN: Ganz genau!)

Jetzt anzukündigen, dass man in der sowieso geplanten Novellierung der Lehrerausbildung dem Thema „Medienbildung“ mehr Gewicht verleihen will, ist doch keine politische Großtat. Das sind die Vorgaben der Kultusministerkonferenz, die das ohnehin erforderlich machen.

(Beifall von den PIRATEN)

Es ist auch kein Ruhmesblatt, wenn die Ministerin bei der Vorstellung der ICILS-Studie, die computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülern untersucht, feststellt, dass nicht das Land, sondern die Schulträger bei der Ausstattung von Schulen zuständig seien. – Gerade haben Sie es wiederholt. Das mag nach dem Buchstaben des Gesetzes richtig sein. Aber hier zu sagen: „Da können wir auch nicht viel machen“, das ist – supergeil. Da muss man das Gesetz tatsächlich mal nehmen und es benutzen, ausnutzen. Der Erziehungsauftrag der Schule beinhaltet nämlich nach § 2 Schulgesetz auch – ich zitiere –:

„Schülerinnen und Schüler werden befähigt, verantwortlich am sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, beruflichen, kulturellen und politischen Leben teilzunehmen und ihr eigenes Leben zu gestalten.“

Dazu gehört mehr und mehr die Fähigkeit, webbasierte Medien zu nutzen, Informationen, die im Internet verfügbar sind, einzuordnen und zu verarbeiten. Deswegen steht im selben Paragrafen des Schulgesetzes:

„Die Schülerinnen und Schüler sollen insbesondere lernen

… 9. mit Medien verantwortungsbewusst und sicher umzugehen.“