Protocol of the Session on December 3, 2014

(Ulrich Alda [FDP]: Das habe ich nicht ge- sagt!)

Nun muss ich Ihnen sagen: In der vorletzten Woche ist mir eine hohe Ehre zuteilgeworden – ich habe

nämlich den renommierten Georg-Schulhoff-Preis der Handwerkskammer Düsseldorf verliehen bekommen,

(Beifall von der SPD)

und zwar für jahrzehntelange Aktivitäten zur Sicherung der Berufsausbildung in Nordrhein-Westfalen. Das war sehr gut, und ich habe natürlich diese Preisvergabe zum Anlass genommen, um auch über Bürokratisierung und Entbürokratisierung zu sprechen.

Natürlich hat ein Dachdecker in erster Linie Dächer zu decken statt Formulare auszufüllen. Was meinen Sie wohl – wenn jemand die betriebliche Praxis kennt, dann bin ich das, nicht in erster Linie Sie und Ihre Partei.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der FDP: Was für eine Arroganz! Oho!)

Wissen Sie was?

(Zuruf von Ulrich Alda [FDP])

Ich muss mal darauf hinweisen, dass in den 60erJahren des letzten Jahrhunderts mehr Handwerker in der SPD waren, als die FDP Mitglieder hatte.

(Heiterkeit von der SPD – Zurufe von der FDP)

Wir haben hier keinen Nachholbedarf in Richtung Entbürokratisierung und im Hinblick auf das, was man gerade kleinen und mittleren Unternehmen zumuten kann. Da sind wir sehr realistisch.

Meine Damen und Herren, natürlich wollen wir auch weiterhin über einen wirkungsvollen Arbeitsschutz und eine humane Arbeitsgestaltung die Gesundheit der Beschäftigten, ihre Leistungsfähigkeit und damit auch die Innovationsfähigkeit in der Wirtschaft sichern und ausbauen.

Im Übrigen müsste eigentlich jeder mitbekommen haben, dass Stress ein ganz entscheidender Diskussionsgegenstand im Rahmen der sogenannten Humanisierung der Arbeit ist. Informieren Sie sich darüber bei den Krankenkassen, bei den Berufsgenossenschaften, beim BMA, oder – wenn das alles für Sie unglaubwürdig ist – diskutieren Sie doch mal mit Vertretern der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft über das Thema „Stress“ und wie man sich dort diesem Thema nähert.

Meine Damen und Herren, natürlich geht es auch um die Integration. Hier stehen wir vor neuen, sehr wichtigen Aufgaben. Das bezieht sich auf die Integration der Flüchtlinge, die bisher zu uns gekommen sind und die noch kommen werden. Diese Flüchtlinge werden nach allem, was man derzeit abschätzen kann, zu einem großen Teil bei uns bleiben.

Daraus ergibt sich eine integrationspolitische Aufgabenstellung. Auch dieser Aufgabe werden wir gerecht. Wir verfügen durch unser Teilhabe- und In

tegrationsgesetz über eine integrationspolitische Infrastruktur. Im Übrigen sind wir das erste Bundesland, das über ein solches Gesetz verfügt. In der Fachöffentlichkeit hat sich auch durchgesetzt, wie wichtig dieses Gesetz in Nordrhein-Westfalen ist.

Nur noch einige Bemerkungen zur Inklusion: Mit Genehmigung des Präsidenten darf ich aus einem Artikel des „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 28. November 2014 zitieren:

„In Nordrhein-Westfalen ist das Inklusionsklima am besten. Zudem weist NRW hinter Hessen die höchste Beschäftigungsquote von Schwerbehinderten in Deutschland aus. Zu diesem Ergebnis kommt das Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch nach einer Umfrage des Handelsblatt Research Institutes.“

Das ökonomisch starke Baden-Württemberg liegt demgegenüber am Ende. Von wegen Abstiegsplatz – das ist Champions League! Das ist Champions League auch im Hinblick auf die Beschäftigung von Schwerbehinderten.

Natürlich ist das kein Ruhekissen, und wir werden auch nicht in Selbstzufriedenheit verfallen. Alles kann man besser machen. Aber wenn hier gesagt wird, dass wir beim Thema „Inklusion“ nicht handeln würden und dass wir die Menschen mit Behinderungen nicht ernst nehmen, dann ist das ganz einfach eine Darstellung der Wirklichkeit, die mit eben dieser nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.

Herr Minister, Ihre Redezeit.

Wir werden im nächsten Jahr hier im Plenarsaal unser Inklusionsstärkungsgesetz diskutieren und verabschieden. Auch hier werden wir das erste Bundesland sein, das über ein solches Gesetz verfügt.

Wir werden den Härtefallfonds „Alle Kinder essen mit“ wieder auflegen. Wir werden unser Programm gegen die Obdachlosigkeit fortführen. Im Übrigen sind wir auch hier das einzige Bundesland mit einem solchen Programm.

Wir werden alles daran setzen, meine Damen und Herren, dass NRW, was die Sozialpolitik anbelangt, an der Spitze aller Bundesländer dieser Republik bleibt. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich möchte darauf hinweisen, dass die Landesregierung ihre Redezeit um eine Minute und 20 Sekunden überschritten hat. – Ich rufe für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Güler auf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier an dieser Stelle, wenn es um die Integrationspolitik ging, nie den Haushalt kritisiert. Das werden wir auch heute nicht tun. Wir haben immer die Politik und das integrationspolitische Verständnis der Landesregierung kritisiert. Das werden wir auch heute tun.

Bevor Sie jetzt aber abwinken und das, was kommt, als Oppositionsrhetorik abtun, lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen:

„Die Integrationspolitik hat unter Schneider leider an Strahlkraft verloren.“

(Beifall von der CDU)

„Das Tagesgeschäft ist ihm eine lästige Pflicht.“

Das ist ein Satz, der nicht etwa aus einer meiner Pressemitteilungen stammt – das mag man jetzt annehmen –, nein, das ist ein Satz aus dem „Kölner Express“ vom 19. November 2014, ganz aktuell.

(Minister Guntram Schneider: Der Boulevard lebt!)

Die Zeitung hat damit in nur zwei Sätzen die integrationspolitische Bilanz des Ministers zusammengefasst. Vom legendären Elan Nordrhein-Westfalens der Jahre seit 2001, als hier im Landtag fraktionsübergreifend die Integrationsoffensive beschlossen wurde, ist nichts übrig geblieben. Wir sind schon längst nicht mehr Vorreiter in der Integrationspolitik und alles andere als die Champions League, Herr Minister.

In den zentralen Fragen der Zuwanderungs- und Integrationspolitik spielt der zuständige Minister kaum bis gar keine Rolle.

(Minister Guntram Schneider: Ach!)

Deshalb wundert es auch nicht, dass manche Zeitungen schon über eine Ablösung spekulieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die derzeit größte integrationspolitische Herausforderung ist sicherlich die menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen. Wenn der Flüchtlingsgipfel eine Entlastung der Kommunen mit sich bringt, ist das ein wichtiger Erfolg. Der Erfolg des Gipfels muss sich aber bei der Umsetzung erweisen, und hier ist die Landesregierung in der Pflicht.

Wenn der Bund die zugesagte Milliarde an die Länder überweist, muss alles komplett – jeder Cent, ohne Abzüge – an die Kommunen gehen. An den Fingern des Finanzministers darf nichts kleben bleiben.

Der Integrationsminister kommt beim großen Thema „Flüchtlinge“ nur am Rande vor, obwohl wir alle wissen, dass viele, die heute als Flüchtlinge nach Nordrhein-Westfalen kommen, auch hier bleiben werden. Er selbst räumte das im Rahmen einer Ausschusssitzung ein, als er sagte, mit Flüchtlings

politik habe er weniger zu tun, das sei eigentlich Aufgabe des Innenministers. – Das sagt einiges über Ihr Verständnis von Integrationspolitik aus, Herr Minister, wobei ich Ihnen an dieser Stelle auch zugutehalten muss, dass Ihnen anscheinend Ihr politisches Gewicht im Kabinett sehr wohl bewusst ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines der großen Vorhaben dieser Landesregierung war es, die Integrationsratswahlen auf eine neue Grundlage zu stellen. Noch kurz vor der Wahl hat der Integrationsminister hier im Landtag dazu eine Pressekonferenz gegeben und auf die Bedeutung der Wahl hingewiesen. Der Wahlsonntag sollte zu einem Hochamt für die Integrationspolitik werden.

Dagegen habe ich nichts. Bemerkenswert ist allerdings, dass im Integrationsministerium schon am Montag – sprich: einen Tag nach der Wahl – kein Mensch mehr an den Wahlsonntag gedacht hat. Auf die Anfrage meiner Fraktion, wie das Integrationsministerium den Ausgang der Wahlen zu den Integrationsräten bewertet, war die Antwort: Wir wissen nicht, wie die Wahlen ausgegangen sind, aber wir geben dazu eine Studie in Auftrag. – So sieht es also aus, wenn die Integrationspolitik dieser Landesregierung ein Hochamt feiert: völliges Desinteresse!

Ich gebe gerne noch einige weitere Beispiele.

Eine Kleine Anfrage hat gezeigt: Die Landesregierung kann nicht sagen, wie viele Migrantinnen und Migranten im Landesdienst tätig sind. Da stellt sich natürlich die Frage: Wie wollen Sie eigentlich die Wirksamkeit Ihrer Maßnahmen überprüfen?

An der von Ihnen immer wieder hochgelobten Landesinitiative „Vielfalt verbindet“ machen sage und schreibe ganze 14 Institutionen und Kommunen mit. Dabei gibt es Hunderte von potenziell Interessierten. Deshalb stellt man sich die Frage: Was haben Sie eigentlich in den letzten vier Jahren gemacht?

(Beifall von der CDU)

Denken Sie an die Förderung der Migrantenselbstorganisationen. Mich haben viele Briefe von Betroffenen erreicht, weil die groß angekündigte Förderung weitgehend der Haushaltssperre zum Opfer gefallen ist.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Jetzt werden viele kurz vor Jahresende neue Anträge stellen müssen, um überhaupt noch Fördermittel zu bekommen.