Bei dem Antrag, über den wir heute entscheiden, geht es nicht um die Schulsozialarbeit im klassischen Sinne, wie wir sie seit Jahren kennen, und zwar schon länger als drei Jahre, wie sie sich in unseren Schulen bewährt hat. Sie ist deshalb in den Schulen untergebracht und angesiedelt, weil hier die größte Schnittmenge in der Arbeit mit Heranwachsenden besteht.
Bei der Leistung, für die Sie sich heute nach Ihrem Verständnis starkmachen, handelt es sich um Leistungen des Bildungs- und Teilhabegesetzes; und das ist ein Bundesgesetz. Wenn Sie sagen, Sie stellen heute einen Antrag, sage ich Ihnen: Sie haben den Antrag an der falschen Stelle gestellt. Denn es geht um ein Bundesgesetz
Auslöser ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Februar 2010. Sie werden sich erinnern, dass damals die Frage auf der Tagesordnung stand, ob die Regelsätze der Sozialhilfe insbesondere für Kinder und Jugendliche den richtigen Umfang haben, ob Teilhabe an der Gesellschaft auch für Kinder in SGB-II-Familien – leider häufig als Hartz-IV-Familien bezeichnet – möglich ist. Das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig gesagt, dass das, was der Regelsatz beinhaltet, für das Wachstum und die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen nicht ausreichend ist.
zen, das Bildungs- und Teilhabegesetz. Da wurde für das SGB II einiges klargestellt, was für Kinder und Jugendliche wichtig ist: Mittagsverpflegung, Schulausstattung, mehrtägige und eintägige Tagesausflüge und Schulfahrten, aber auch das Thema „Bildung und Teilhabe“.
Das Bundesverfassungsgericht hat dazu gesagt: Gegenstand der Regelsätze der Sozialhilfe muss auch sein – ich zitiere – „die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen … Leben“.
Zusätzlich wurden den Kommunen Bundesmittel für die Finanzierung weiterer Aufgaben – neben denen, die ich gerade aufgeführt habe – zur Verfügung gestellt. Die meisten Kommunen haben sie für zusätzliche Stellen für Sozialarbeiter in Schulen genutzt. Dadurch wurde das Wort „Schulsozialarbeit“ gebildet.
Das ist deshalb wichtig, klarzustellen, weil hier die Abgrenzung der schon lange von den Kommunen finanzierten und wirksamen Schulsozialarbeit von den Leistungen des Bildungs- und Teilhabegesetzes deutlich wird.
Herr Wegner, Sie haben recht, wir wissen auch als regierungstragende Fraktionen zu schätzen, dass diese Leistungen bei den Betroffenen angekommen sind. Es ist auch unzweifelhaft, dass die Kreise und kreisfreien Städte als Träger dieser Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabegesetz eine auskömmliche Finanzierung durch Bundesmittel benötigen.
Das sieht auch die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände so. Denn sie sagt: Bildung und Teilhabe und Schulsozialarbeit sind ein wirksames Instrument. – Es ist aber der Bundesgesetzgeber, der gefordert ist, dieses Bildungspaket neu zu schnüren.
Ich sage das nicht mit allzu großer Begeisterung, weil ich das Zuständigkeitsgerangel zwischen Land und Bund und Kommune häufig selber für unerträglich halte. Ich muss mich auch in meiner Schule, in meinem Wahlkreis rechtfertigen. Ich hatte gestern ein Berufskolleg aus Düsseldorf hier vor Ort, die mich das Gleiche gefragt haben. Auch ich muss mich rechtfertigen, warum es an dieser Stelle nicht vorangeht.
Ich muss nun zum Ende kommen, weil meine Redezeit abgelaufen ist. – Ich möchte keine Zwischenlösung und auch keine halbherzige Lösung haben. Denn ich sehe, dass der Bund hier in der Pflicht ist. Wir wollen, dass die Leistungen, die jetzt im Bildungs- und Teilhabegesetz enthalten sind, fest in das SGB II integriert werden.
Und wir werden bis auf Weiteres in NRW – das sage ich noch abschließend – durch den Einsatz multiprofessioneller Teams zur Unterstützung der Schulen, insbesondere im Rahmen der Inklusion, einen ersten wichtigen Beitrag zur Teilhabe leisten.
Vielen Dank. – Sie können gleich vorne bleiben. Frau Kollegin Pieper hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet und bekommt für anderthalb Minuten das Wort.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Sie haben gerade ausgeführt, dass ein Großteil der Schulsozialarbeit erhalten bleibt. Da frage ich mich, ob Sie auch wie wir so viele Zuschriften bekommen haben, in denen das von Städten, von Schulen beklagt wird. Wie erklären Sie sich diese vielen Zuschriften, wenn sich angeblich gar nicht viel ändert?
Das erkläre ich mir so, dass zum Beispiel durch solche Anträge die Verunsicherung in den Städten und Gemeinden wächst, weil nicht deutlich wird, welche Bereiche betroffen sind und welche nicht.
So weit die Kurzintervention und die Antwort darauf. Vielen Dank, Frau Kollegin Warden. – Als nächste Rednerin spricht für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Dr. Bunse.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren und jeder, der hier zuhört! Fakt ist – da hat Frau Warden recht –: Es gibt seit 2008 die Möglichkeit, Schulsozialarbeiterinnen und
Schulsozialarbeiter an Schulen einzustellen – allerdings unter Anrechnung auf einen Teil einer Lehrerstelle. Das tut manchen Schulen weh.
Im Zuge der Verhandlungen über das Bildungs- und Teilhabepaket – auch das ist richtig – ermöglichte der Bund den Kommunen eine zeitlich begrenzte Finanzierung der Schulsozialarbeit. Eine zweite Möglichkeit war sozusagen geschaffen, aber nicht, wie gerade behauptet, ein Gesetz. Von Anfang an war ausdrücklich klar:
Die Schulsozialarbeit aus diesem Topf würde zeitlich befristet sein. Es war eine politische Absicht kundgetan, aber keine Gesetzgebung geschaffen. Die Wirkung war, wie wir alle wissen, gewaltig, und wohl keine Schule will zukünftig auf die Mitwirkung der Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter verzichten.
Dennoch steht weiterhin die Frage im Raum, wie Schulsozialarbeit zu etikettieren ist. Dieser Frage werden wir uns stellen müssen. Ist sie eine Erfüllung des Bildungsauftrags des Landes oder als nicht konnexitätsrelevante Dienstleistung ganz in der Befugnis der Kommunen einzuordnen, oder ist sie eine Leistung des Bundes, zu der dieser jedoch in keiner Weise rechtlich verpflichtet ist?
Ungeachtet dieser schwierigen Gemengelage bestand und besteht bei allen Akteuren Einigkeit darüber, dass diese zusätzliche Möglichkeit der Beschäftigung von Schulsozialarbeiterinnen und
Schulsozialarbeitern dringend notwendig ist und sein wird, um Schulen zu entlasten bzw. Kindern bessere Bildungschancen zu eröffnen.
Schon unser Antrag Drucksache 16/5762 wurde erwartungsgemäß mit der freundlichen Begründung abgelehnt, dass Schulsozialarbeit nicht im Sinne einer bildungsfördernden Maßnahme zu verstehen ist und damit nicht in den Aufgabenbereich des Landes fällt. Diese Begründung ist sehr einfach und für uns doch nicht überzeugend.
Wir als Opposition sehen die prekäre Haushaltslage des Landes und die Landesregierung in der Verpflichtung, die Schulden abzubauen. So haben wir den sehr konstruktiven Vorschlag eingebracht, die Schulsozialarbeit aus einem Anteil der ab 2015 eingesparten Mittel durch die wegfallende Finanzierung des BAföG zu ermöglichen. Bekanntlich wird der Bund – da ist er in der Pflicht – die Finanzierung zu 100 % übernehmen und das Land ab 2015 jährlich um 279 Millionen € entlasten. Bleibt abzuwarten, wie dieser Vorschlag aufgenommen wird, der Ihnen als Entschließungsantrag vorliegt.
Sie, sehr verehrte Piratinnen und Piraten, stellen heute in Ihrem Antrag fest: Schulsozialarbeit muss bleiben, und zwar dauerhaft. – Da sind wir uns einig. Diese Idee ist auch nicht besonders neu. Ihre Einschätzung allerdings, dass die Finanzierung auch aus Sicht der Schulsozialarbeiterinnen und
Schulsozialarbeiter egal ist, teilen wir eben nicht, weil wir uns in der Verantwortung sehen, hier Schulden abzubauen. In Ihrem Antrag zeigen Sie unseren Weg auf, um dann Ihre Forderungen zu stellen, ohne einen Deckungsvorschlag hinzuzufügen.
Wir sollten jetzt eigentlich gemeinsam unseren Vorschlag diskutieren, bevor wir ein neues Tierchen durchs Dorf treiben. Das hilft den Schülerinnen und Schülern. Daher werden wir uns Ihrem Antrag aus formalen Gründen nicht anschließen können, obwohl er inhaltlich eine Herzensangelegenheit ist. – Danke.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Grochowiak
Schulsozialarbeit ist in diesem Hause bzw. in diesem Saal schon sehr viel gesprochen worden. Auch ich habe hierzu schon mehrfach gesprochen. Dieses Thema ist nicht das erste Mal auf der Tagesordnung. Ich werde das, was ich gesagt habe und was andere zu diesem Thema hier gesagt haben, nicht noch einmal wiederholen.
Ich möchte aber noch einmal zwei Fakten in Erinnerung rufen: Einmal ist Fakt, dass in unserem Land die Schulsozialarbeit originär Aufgabe der Kommunen ist. Es ist auch Fakt, dass der Bund für die Sicherung des Existenzminimums von Kindern und Jugendlichen in prekären Lebenssituationen verantwortlich ist. Daran hat sich bis zum heutigen Tage nichts verändert.
Zur Erinnerung: Im Februar 2010 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass nicht nur die physische Existenz – das heißt Essen, Trinken und Schlafen – gesichert sein muss, sondern auch ein Mindestmaß an soziokultureller Teilhabe gewährt werden muss. Die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung wurde aufgefordert, die Regelsätze für Kinder und Jugendliche im SGB II – da geht es um den Leistungsbezug für diejenigen, deren Eltern Hartz IV empfangen – entsprechend auszurichten.
Dazu ist zu sagen, dass wir Grüne uns schon seit Jahren für ein System der Kindergrundsicherung einsetzen, bei dem jedes Kind unabhängig vom Einkommen der Eltern die gleiche finanzielle Unterstützung vom Staat erhält. Die Finanzierung wäre einmal über das Abschmelzen des Ehegattensplittings möglich. Das Ehegattensplitting fördert besonders hohe Einkommen bzw. starke Einkommensunterschiede, und es wird unabhängig davon gewährt,