Protocol of the Session on October 1, 2014

Was ist passiert? Der Landesrechnungshof hat moniert, dass nach der aktuellen Verwaltungspraxis der Stellenbedarf bei Schulen für Kranke teilweise alle Schülerinnen und Schüler auch aus anderen Bundesländern erfasst, die in NRW beschult werden. Das sei aber nicht richtig; denn – so der Landesrechnungshof – nach Nr. 2 des Runderlasses „Schule für Kranke – Ermittlung der Schülerzahlen zur Berechnung von Lehrerstellen“ vom 20. Januar 2004 komme es darauf an, dass eine Schülerin oder ein Schüler in NRW schulpflichtig ist.

Schulpflichtig ist nach dem Schulgesetz eben nur, wer in NRW seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Ausbildungsstätte oder eine Arbeitsstätte hat. Aber der Aufenthalt in einem Krankenhaus in Nordrhein-Westfalen als Patient begründet eben keinen gewöhnlichen Aufenthalt. Das ist die Ausgangssituation.

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, mit dieser Situation umzugehen. Entweder reitet man auf dieser Welle der Panik mit, schreit Zeter und Mordio und unterstellt der Landesregierung, sie wolle Kinder und Jugendliche aus anderen Bundesländern in den Schulen für Kranke vom Unterricht ausschließen, oder man geht die Sache einfach etwas unaufgeregter und pragmatischer an und sucht nach Lösungsvorschlägen. Ein solcher deutet sich im Entschließungsantrag der Kolleginnen und Kollegen der re

gierungstragenden Fraktionen an. Schließlich kann man auch einfach den Erlass ändern.

Entkoppelt man nämlich die Berechnungsmethode von der Schulpflicht als solcher oder fügt beispielsweise einen Ausnahmepassus für eben solche Fälle wie Schulen für Kranke ein, dann sollte das Thema schnell vom Tisch sein. Hoffentlich möchte niemand hier im Haus – auch nicht die Landesregierung – Kinder, die an einer schweren Krankheit leiden und nur in speziellen Kliniken in Nordrhein-Westfalen behandelt werden können, zukünftig von der Beschulung an eben diesen Kliniken ausschließen.

Schulen für Kranke sind eine großartige Sache, und wenn es sie nicht gäbe, dann müsste man sie erfinden. Lassen Sie uns also bitte unaufgeregt einen Weg finden, um allen Kindern, die es mit ihrer Krankheit wirklich schon schwer genug haben, auch eine entsprechende Beschulung zu ermöglichen, und zwar egal, aus welchem Bundesland sie kommen.

Und noch eine Bitte: Bitte lassen Sie uns nicht über irgendwelche Länderausgleichszahlungen für Schülerinnen und Schüler reden, die aus welchen Gründen auch immer in einem anderen Bundesland als ihrem Heimatbundesland beschult werden.

In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen Abruszat hat die Landesregierung mitgeteilt, der bislang durch die KMK-Vereinbarung „Gastschulbeiträge für Berufsschüler“ vom 14./15. Mai 1964 geübte gegenseitige Verzicht auf Ausgleichszahlungen im Fall von Berufsschülern beruhe darauf, dass davon ausgegangen werden könne, dass sich die Pendlerzahlen regelmäßig ausgleichen.

Lassen Sie uns bitte davon ausgehen, dass das im Fall der Schulen für Kranke auch so ist, obwohl ich weiß, dass es bei den Schulen wahrscheinlich nicht ganz hinkommt, es sei denn, man nimmt zum Beispiel große Kurorte hinzu. Lassen Sie uns bitte kein großes Bürokratiemonster erschaffen, das höchstwahrscheinlich alle Einnahmen sofort wieder auffressen würde. Und lassen Sie uns auch nicht vergessen, dass wir gerade bei den Schulen für Kranke über insgesamt wirklich niedrige Fallzahlen reden. Diese Fallzahlen rechtfertigen den bürokratischen Aufwand nicht im Mindesten.

Grundsätzlich verstehen wir natürlich den Wunsch der CDU, aus der Opposition heraus fehlerhaftes Regierungsverhalten zu kritisieren und Fehler wie diesen aufzuzeigen. Dafür gibt es sicherlich auch viele passende Anlässe. Die aktuelle Situation betreffend Schulen für Kranke ist dies jedoch offensichtlich nicht. Das hätte sich auch mit einer Nachfrage oder einem Bericht im Ausschuss klären lassen. Daher lehnen wir den Antrag der CDU ab und werden dem Entschließungsantrag der regierungstragenden Fraktionen zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN und Sigrid Beer [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege Marsching. – Für die Landesregierung spricht nun Frau Ministerin Löhrmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Marsching, ich bin Ihnen sehr dankbar für diesen Beitrag. Denn ich kann Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, schon am Anfang meiner Rede mitteilen, dass es bei der Beschulung der Kinder in allen Schulen für Kranke kein Problem gegeben hat. Es hat kein Problem gegeben! Schließlich löst ein Bericht des Landesrechnungshofs nicht aus, dass Lehrerstellen anders berechnet werden. Das möchte ich hier noch einmal ausdrücklich feststellen.

Gleichwohl müssen wir als Regierung Hinweise des Landesrechnungshofs ernst nehmen. Und wenn ein Vollzugs- oder Koordinierungsproblem auftaucht, dann müssen wir das lösen.

(Vereinzelt Beifall von der SPD und den PIRATEN)

Ich möchte nun deutlich machen, in welcher Weise wir das getan haben.

Sehr geehrte Frau Birkhahn, der Abwägungsprozess, den Sie heute hier mit großer Geste vom Parlament verlangen, hat in der Regierung stattgefunden, und die Regierung hat sich im Sinne aller Kinder, die in den NRW-Schulen für Kranke sind, dazu entschlossen, positiv zu entscheiden. Das ist auch aus den bisherigen Verlautbarungen von mir als Ministerin sowie der Bezirksregierung zu diesem Thema deutlich geworden. Deswegen hat mich Ihr Antrag schon etwas irritiert.

Ich sage es in aller Klarheit: In NRW werden kranke Schülerinnen und Schüler derzeit und zukünftig beschult. Es bedurfte keines Antrags, und es bedarf im Grunde auch keiner Beschlussfassung; denn ja, wir sind uns erfreulich einig, Frau Gebauer. Das ist unzweideutig formuliert worden.

Meine Damen und Herren, es geht bei der derzeitigen fachlichen Debatte über die Schulen für Kranke im Kern nicht um die Fragestellung, ob Schülerinnen und Schüler aus anderen Bundesländern in den nordrhein-westfälischen Schulen für Kranke aufgenommen werden dürfen, wie es der Antrag der CDU formuliert und wie es zum Teil auch in der Öffentlichkeit verkürzt dargestellt wird. Vielmehr ging es um die Fragestellung, ob und wie diese Schülerinnen und Schüler bei der Berechnung der Lehrerstellen für die Schulen für Kranke erfasst werden. Und das ist etwas komplizierter, als es üblicherweise der Fall ist. Denn zum Teil sind die Schülerinnen und Schüler natürlich nur temporär in den Schulen. Deswegen kann man dort auch nicht aufgrund von Prognosen beschulen, sondern man kann es erst im Nachhinein sagen, wenn es umfassend erfasst worden ist.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal ausdrücklich feststellen: Eine Anordnung des Schulministeriums, keine Kinder und Jugendlichen aus anderen Ländern aufzunehmen, gibt es nicht. Zutreffend ist vielmehr, dass der Rechnungshof in einer Prüfmitteilung – noch nicht einmal in einem Bericht – kritisch angemerkt hat, dass die derzeitige Verwaltungspraxis der Schulen für Kranke, auch Schülerinnen und Schüler aus anderen Ländern in Nordrhein-Westfalen stellenrelevant zu erfassen, nicht im Einklang mit den geltenden Erlassregelungen steht.

Dieser Erlass stammt aus dem Jahr 2004 und hat insofern mit dem Regierungshandeln dieser Regierung, die bekanntlich erst seit 2010 im Amt ist, nichts zu tun. Es ist nirgendwo ein Schaden entstanden, und es ist auch nirgendwo irgendetwas gekürzt worden.

Frau Ministerin Löhrmann, Frau Kollegin Birkhahn hat den Wunsch nach einer Zwischenfrage geäußert.

Herzlichen Dank, Frau Ministerin, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen. Ich mag nachvollziehen, dass Sie diese Bemühungen im Ministerium angestellt haben. Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie noch einmal den zeitlichen Rahmen nennen könnten, wann diese Entscheidungen getroffen worden sind. Sie wissen selbst, dass die Bezirksregierung Detmold noch vor den Sommerferien signalisiert hat, dass eine Lösung aussteht, und dass diese von Ihnen auch eingefordert worden ist.

Wir sprechen über eine Erlasslage. Das ist richtig. Aber wir haben auch nichts anderes gesagt. Wir wissen auf der anderen Seite, dass die Mittelbehörde signalisiert hat, dass bei den Berechnungen andere Grundlagen gelten werden. Diesbezüglich haben Sie uns eine Lösung bzw. Klärung zugesagt.

(Ministerin Sylvia Löhrmann: Genau!)

Wann ist es dazu gekommen? Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie uns das verdeutlichen könnten.

Wenn Sie mich zunächst zu Ende hätten ausführen lassen, hätte ich genau das noch getan. Am besten ist es doch immer, die Dinge in der chronologischen Folge ihrer Entstehung darzustellen.

Nach der bisherigen Erlasslage sollte für die Erfassung entscheidend sein, dass die Kinder schulpflichtig sind. Dies ist in NRW an den Wohnsitz des Kindes im Land gebunden. Die Erfassung von Kin

dern aus anderen Bundesländern steht also nicht im Einklang mit der bisherigen Erlasslage. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Problems habe ich für die gesamte Landesregierung – wir haben das direkt rückkoppeln können, weil wir in Bielefeld anlässlich des NRW-Tages zusammengesessen haben – angekündigt, dass wir die Erlasslage im Interesse der Schülerinnen und Schüler prüfen und entsprechend anpassen werden und dass an der bisherigen Verwaltungspraxis, die Schülerinnen und Schülerin auch aus anderen Ländern in nordrhein-westfälischen Schulen für Kranke stellenrelevant zu erfassen, festgehalten werden soll.

Jetzt kommt der Punkt. Sie haben gefragt: Warum ist das denn noch nicht passiert? – Sie werden sich an die letzte Schulausschusssitzung erinnern. Die Veränderung des entsprechenden Erlasses kann im Kontext anderer Änderungen nach der jetzt erfolgten Neufassung der AO-SF nunmehr zeitnah erfolgen. Vielleicht erinnern Sie sich, dass die Abstimmung über die AO-SO erst ganz kurzfristig stattgefunden hat, nämlich vor einer Woche. Deswegen können wir jetzt zeitnah so verfahren.

Dass ich dieses Vorgehen nun auch auf einen Beschluss des Parlaments stützen kann, freut mich. Ich sehe mich bestätigt in dem pragmatischen, unbürokratischen Handeln der Landesregierung. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir nun bei diesem Tagesordnungspunkt zum Beschluss.

Die Fraktion der CDU, die den Antrag gestellt hat, hat direkte Abstimmung beantragt. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/6859 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CDU-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die Piraten. Wer enthält sich? – Das ist die FDP-Fraktion. Damit ist der Antrag Drucksache 16/6959 der CDUFraktion mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/6930. Wer möchte diesem Antrag zustimmen? – Das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die Piraten und die FDP. Wer stimmt dagegen? – Die CDU-Fraktion.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Wer möchte sich enthalten? – Niemand. Dann ist der Entschließungsantrag Drucksache 16/6930 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis angenommen worden.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

11 Mehrwegquote stabilisieren und erhöhen

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/6852 – Neudruck

Ich eröffne die Aussprache. Für die antragstellende Fraktion der SPD hat Herr Kollege Krick das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir in den Supermarkt oder den Getränkefachmarkt gehen, sehen wir eine Vielzahl von Getränkeflaschen vor uns. So weit, so einfach. Doch im nächsten Schritt wird es dann unübersichtlich: Ist es eine Mehrweg- oder eine Einwegflasche, die wir da in der Hand halten? – Selbst gut informierte Verbraucher verlieren dabei schnell den Überblick.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat in einer Untersuchung Verbraucherinnen und Verbraucher aufgefordert, eine möglichst ökologische Verpackung auszusuchen. Das Ergebnis: Die Mehrzahl glaubte, sie kaufte eine umweltfreundliche Mehrwegfalsche, wenn sie Pfand dafür bezahlen musste. Eine andere Untersuchung aus dem Jahr 2010 belegt dieses Ergebnis: Rund 50 % der Verbraucher gingen davon aus, dass Pfandflaschen zugleich immer Mehrwegflaschen sind.

Dem ist aber nicht so. Mineralwasser wird heute mit über 70 % in Einwegflaschen aus PET verkauft, während jeweils nur rund 15 % in Glasflaschen oder in Mehrwegflaschen aus PET über die Ladentheken gehen. Im Alltag hat es also die ökologisch sinnvollere Mehrwegverpackung schwer. Einwegflaschen dominieren ganz eindeutig den Markt und verdrängen immer mehr die umweltfreundlichen Mehrwegflaschen.

Diese eindeutige Tendenz zur Einwegflasche liegt auch daran, dass sich die großen Discounter dem Mehrwegsystem mittlerweile nahezu völlig verweigern und die Verbraucher oft über Billigpreise, zum Beispiel beim Mineralwasser, ködern. Das baut Druck auf die Hersteller und Abfüller auf und führt zu einer Gefährdung des Mehrwegsystems. Diese Entwicklung muss gestoppt werden. Denn eine hohe Mehrwegquote bei Getränken ist aus ökologischen und aus ökonomischen Gründen sinnvoll.

Der Schutz der natürlichen Umwelt und die Erhaltung guter Umweltstandards schaffen und sichern auch hier Arbeitsplätze. Deshalb ist das Mehrwegsystem ein nahezu idealtypisches Beispiel für den Dreiklang aus Ökologie, Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit.

Die ökologischen Vorteile sind dabei eindeutig: Mehrweg ist ressourcenschonend. Denn durch das Wiederbefüllen der Mehrwegflaschen wird die Neu

produktion von Flaschen vermieden und dadurch der Rohstoffverbrauch gesenkt. Mehrweg ist aber auch klimaschonend. Denn Einwegflaschen verursachen weit höhere Emissionen als Mehrwegflaschen.

Diese positive Bilanz des Mehrwegsystems resultiert aus der häufigen Wiederverwendung von Mehrwegflaschen. Bei PET-Mehrwegflaschen sind es im Durchschnitt rund 25 Wiederbefüllungen, bei Glasflaschen sogar bis zu 50 Wiederbefüllungen. Das hat natürlich Vorteile gegenüber einer nur einmal verwendeten Flasche. Hinzu kommt, dass gerade bei Mehrwegsystemen fast immer kürzere Transportwege vom Produzenten zum Verbraucher vorliegen.

Zu diesen ökologischen Vorteilen kommen auch die ökonomischen Vorteile. Mehrweg ist aktive Mittelstandsförderung. Denn Mehrweg ist das System der regionalen Brauereien, der regionalen Mineralbrunnen und der Saftkeltereien. Mehrweg schafft dadurch regionale Wertschöpfung und Produktvielfalt.