wie immer, wenn im eigenen Zuständigkeitsbereich Probleme auftauchen. Minister Schneider fordert Hilfe vom Bund und begründet dies damit, dass NRW wie kein anderes Bundesland in den letzten Jahren Strukturbrüche zu verkraften gehabt hätte.
Ich sage Ihnen Folgendes: Dieses Land muss eine Landesregierung verkraften, die konzeptionslos ist und dabei zusieht, wie Nordrhein-Westfalen in wichtigen Bereichen zurückfällt.
Dann sind wir sehr schnell bei der Debatte von heute Vormittag, in der Armin Laschet auf die McKinsey-Studie „NRW 2020“ hingewiesen hat. Demnach hat NRW allein zwischen 2000 und 2012 eine Wachstumslücke von 8 Prozentpunkten auf den Freistaat Bayern. Ein Schließen dieser Lücke würde 3,2 Milliarden € Steuermehreinnahmen generieren. Aber nicht nur das: McKinsey hat berechnet, dass wir bei gleichem Wachstum wie Bayern heute 300.000 sozialversicherungspflichtige Beschäfti
Meine Damen und Herren, wir unterstützen den Antrag der FDP, weil er mit der Forderung nach Teilqualifizierung, besserer Betreuung, Jobcoaches und dem Work-First-Ansatz wichtige Anregungen enthält.
Hier ist die Landesregierung in der Pflicht. Es geht um schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, um den Übergang von der Schule in den Beruf, um soziale Integration und Prävention und die Bekämpfung von Sucht. Hier gibt es genügend An
sätze, tätig zu werden. Deshalb sind die Forderungen nach einem massiven Ausbau eines sozialen Arbeitsmarktes an dieser Stelle nicht zielführend.
Wir haben noch längst nicht alles getan, um die Situation zu verbessern. Ich bin nicht bereit, an dieser Stelle klein beizugeben, um Menschen für den normalen Arbeitsmarkt abzuschreiben und sie zu Zehntausenden in Programme zu schicken,
ganz abgesehen von den immensen Kosten, die ein solches Programm, wie Sie sich das vorstellen, mit sich bringen würde.
Meine Damen und Herren, ich will noch einen Satz zur Kritik an den Kürzungen der Vorgängerregierung sagen, der sogenannten Instrumentenreform. Ziel war es, Mittel des Bundes effektiver und zielgenauer einzusetzen, um Langzeitarbeitslose wieder in Beschäftigung zu bringen. Pro Kopf sind die Bundesmittel gleich geblieben wie vor der Wirtschaftskrise. Wir brauchen nicht mehr Programme, sondern wir brauchen konzeptionelle Lösungen, um die Ursachen von Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.
Deshalb kann sich Nordrhein-Westfalen diese Tatenlosigkeit nicht mehr leisten. Die Arbeitsmarktzahlen müssen ein Weckruf für Sie sein, die Politik in diesem Land zu ändern. Dazu fordern wir Sie an dieser Stelle auf.
Auf die Beratungen im Ausschuss in der gebotenen inhaltlichen Tiefe freuen wir uns selbstverständlich auch. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kerkhoff. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Maaßen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es stimmt, die Zahl der SGB-II-Arbeitslosen in NRW befindet sich nach wie vor unverändert auf einem hohen Niveau. Wir liegen über dem Bundesdurchschnitt. Ja, es ist richtig, dass Qualifizierung ein Schlüssel zur Überwindung von Arbeitslosigkeit ist. Und ja, wir brauchen mehr sozialorientierte Unternehmen, die öffentlich geförderte Arbeitsplätze anbieten. Dies ist aber auch schon alles an Übereinstimmung mit dem FDP-Antrag.
Die FDP will mehr Qualifizierung. – Ich muss Ihnen sagen, Herr Alda, da tun mir aber meine Ohren weh. Denn es war die FDP, die während ihrer Regierungsbeteiligung die Mittel der Jobcenter für die Eingliederungsmaßnahmen massiv zusammengestrichen hat. Die Mittel, Herr Kerkhoff, sind nicht
Die Folge ist weniger Qualifizierung, weniger Weiterbildung und die Einschränkung öffentlich geförderter Beschäftigung.
Die Betrachtung des Arbeitsmarkts und der Situation langzeitarbeitsloser Menschen greift im FDPAntrag zu kurz. Der deutsche Arbeitsmarkt ist ein Stück weit erstarrt, teilweise von Angst und prekärer Beschäftigung geprägt. Die Angst der Beschäftigten vor Arbeitslosigkeit ist weiterhin da. Um ihren Arbeitsplatz zu erhalten, sind sie zu größeren Opfern bereit. Die Bereitschaft, Arbeitnehmerrechte wahrzunehmen, verringert sich. Niedrige Einstiegslöhne und Befristungen machen Arbeitsgeberwechsel unattraktiv. Nicht beachtet werden auch die Besonderheit des Arbeitsmarkts in NRW und die spezifischen Problemlagen der langzeitarbeitslosen Menschen.
Die vergleichsweise ungünstige Entwicklung der Fallzahlen in Nordrhein-Westfalen ist im Wesentlichen das Ergebnis zweier Faktoren: einer geringeren Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarkts für Arbeitssuchende aus dem SGB II sowie der spezifischen Zusammensetzung der Gruppe der Leistungsberechtigten.
In Nordrhein-Westfalen sind Personengruppen mit einem überdurchschnittlich hohen Risiko zum Langzeitleistungsbezug im SGB II überrepräsentiert. Das betrifft etwa große Bedarfsgemeinschaften mit fünf oder mehr Personen, Ausländerinnen und vor allem Arbeitslose ohne Berufsausbildung.
Hinzu kommt eine geringere Arbeitsmarktdynamik in NRW. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen ist lediglich um 1 % gestiegen, im Bund jedoch um 1,3 %.
Lassen Sie mich zum vorgeschlagenen Work-FirstAnsatz kommen. Dies praktizieren die Jobcenter seit Jahren, und das hat aus unserer Sicht zu einer Konzentration auf arbeitsmarktnahe Menschen geführt. Einhergehend mit den massiven Mittelkürzungen hat sich dadurch die Gruppe der Langzeitarbeitslosen mehr und mehr verfestigt.
Zum Schluss möchte ich zur fachlichen Unkenntnis und den schrägen Verknüpfungen im FDP-Antrag kommen. Entgegen der Wahrnehmung der FDP ist beim sozialen Arbeitsmarkt die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt das Endziel. Und es wird zudem individuell betreut und qualifiziert. Arbeitslosenzentren und Erwerbslosenberatungsstellen haben aber nicht die Aufgabe, zu qualifizieren, sondern zu beraten und zu unterstützen. Die Gesellschaften, die sich die Qualifizierung zur Aufgabe gemacht haben, die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften, gehen leider wegen der Mittelkürzungen dank Ihrer Mithilfe reihenweise pleite.
Hier einen Zusammenhang zu mehr Arbeitsplätzen für Langzeitarbeitslose herzustellen, bleibt allein der Fachlichkeit der FDP vorbehalten.
Die Boston Consulting Group hat der FDP angeraten, lösungsorientiert, optimistisch, mutig und empathisch zu sein. Meine Damen und Herren, dieser Weg der FDP wird kein leichter sein. Dieser Weg ist nach diesem Antrag steinig und schwer. Denn nicht mit vielen werdet ihr euch einig sein, doch dieses Leben bietet so viel mehr. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer hier im Saal und natürlich – wie immer – im Stream! Lieber Uli Alda, erst einmal vielen Dank für den Antrag. Man ist von der FDP nicht immer Anträge gewohnt, die die Perspektive von Arbeitssuchenden oder deren Berücksichtigung so in den Mittelpunkt stellen. Ich finde es jedoch gut, dass ihr es diesmal macht.
Man muss das einmal positiv sehen. Man kann eine Geisteswandlung vollziehen, die dann auch zu begrüßen ist. Das möchte ich ausdrücklich tun.
Es wird im Antrag ehrlich eingestanden, dass es vonseiten der Politik bisher nicht gelungen ist, verfestigte Arbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen, weder von der Bundes- noch von der Landesebene und egal, unter welchem Farbenspiel. Diese verfestigte Arbeitslosigkeit heißt nun einmal so, weil die Menschen, die es betrifft, seit Jahren und teilweise Jahrzehnten auf Jobsuche sind.
Egal welches System – ob Hartz IV oder vor Hartz IV –, es gibt Menschen, die sind eben nicht durch irgendein System dazu qualifiziert worden, am ersten Arbeitsmarkt einen Job zu finden.
Ob der Work-First-Ansatz da der richtige ist, wage ich einmal zu bezweifeln. Kollegin Maaßen hat gerade schon darauf hingewiesen, dass die Jobcenter schon länger damit arbeiten. Der Erfolg ist – ich sage es einmal vorsichtig – nicht immer durchschlagend.
Wir müssen verstärkt dazu kommen, individuell zu fördern und das Ziel der Vermittlung in den sogenannten ersten Arbeitsmarkt tatsächlich zu verfolgen. In dem einem oder anderen Jobcenter und auch – vorsichtig formuliert – in der Weiterbildungsindustrie gibt es vielfach immer noch das Problem, dass Menschen für drei oder sechs Monate in Lehrgänge geschickt werden, aber hinterher dennoch keinen Anschluss an den ersten Arbeitsmarkt haben.
Da wird auf Zahlen geschaut, da heißt es dann: Okay, im Bereich der Metallverarbeitung fehlen Facharbeiter, lasst uns dafür Leute ausbilden. Dann werden die Menschen am Standort A in dieser Richtung ausgebildet – gerne auch modulweise; das ist übrigens ein guter Punkt in dem Antrag, das möchte ich noch unterstreichen –, gleichwohl gelingt es hinterher nicht, die Menschen, die aus diesen Maßnahmen kommen, in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Das müssen wir wirklich ändern.
Von daher sehe ich den Antrag der FDP als weiteren Anstoß, den Stein ins Rollen zu bringen. Wir müssen flexibler werden. In diesem Zusammenhang spricht die FDP einen wichtigen Punkt an: Wir dürfen das Ganze nicht mehr nur mit gGmbHs betreiben, sondern wir müssen es öffnen für die ganz normalen Unternehmer. Auch der ganz normale Unternehmer muss in die Pflicht genommen werden und sein soziales Scherflein dazu beitragen.
Es gibt – Kollegin Jansen sagte es gerade – Menschen, bei denen das extrem schwer sein wird und solche, bei denen es vielleicht auch nicht funktionieren wird, aber ebenso gibt es Menschen, bei denen es funktionieren kann. Und es gibt auch Arbeitgeber, die das machen möchten. Hier müssen wir auf beiden Seiten helfen, sowohl dem Arbeitnehmer wie auch dem potenziellen Arbeitgeber.
Von daher freue ich mich über jeden Antrag, der diesem Ziel auch nur ein bisschen näherkommt. Deshalb möchte ich diesem Antrag gerne – auch mit all den Punkten, die ich eventuell etwas anders sehe – einfach nur das Positive abgewinnen, nämlich dass wir uns auf den Weg machen können. Das wäre ein schönes Zeichen; das können wir gerne auch gemeinschaftlich machen.
Ich möchte ausdrücklich das Gemeinsame unterstreichen. In den knapp zweieinhalb Jahren habe ich im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales bis jetzt von keinem Fachpolitiker, von keinem der Kollegen in den Fraktionen irgendetwas anderes gehört, als dass er den Menschen helfen möchte.