Protocol of the Session on July 3, 2014

setzes Nordrhein-Westfalen und des Telemedienzuständigkeitsgesetzes – 14. Rundfunkänderungsgesetz –

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/4950

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien Drucksache 16/6137

dritte Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Vogt das Wort. Bitte, Herr Kollege.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben den Gesetzentwurf gestern ausführlich und sehr intensiv diskutiert. Beim Landesmediengesetz geht es um drei Punkte: die Medienvielfalt zu fördern, Partizipation zu ermöglichen und Transparenz zu stärken. Viele der Sachverständigen haben eine Annahme des Gesetzes empfohlen, haben das Gesetz positiv bewertet. Wir werben um Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Vogt. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Prof. Sternberg.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir haben gestern mit der Klage aufgehört, dass wir 28 Seiten mit Änderungen als Tischvorlage bekommen hatten. Kollege Keymis meinte, man könne doch wohl schnell lesen. Ich gestehe, dass ich das nicht kann, zumal der größte Teil des Änderungsantragstextes eine einfache Wiederholung des Gesetzestextes ist. Zum Beispiel hat sich eine Aufzählungsnummer verändert, was die ganze Seite 6 betrifft. Vielleicht wäre es lesefreundlicher gewesen, die Änderungen auf irgendeine Weise hervorzuheben oder eine synoptische Darstellung zu machen. Aber so sind die Dinge eben versteckt.

Die etwas plumpe Methode, mit einer nur sehr schwer begründbaren Qualifikationsvoraussetzung einen offenbar von der Landesregierung nicht geliebten Direktor der LfM loszuwerden, hat die Pres

se heute schon kommentiert. Das ist in Nr. 22 versteckt.

Es finden sich aber noch weitere Erstaunlichkeiten; das ist fast schon heimtückisch.

Da ist zum Beispiel die Einfügung in § 33 Abs. 3: eine weitere Öffnung der Beteiligung von bundesweit agierenden Rundfunkveranstaltern über die 15-%-Anteile hinaus – mit der Begründung, es handele sich um eine graduell geringere Suggestivkraft des Hörfunks gegenüber dem Fernsehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das das Ergebnis einer Fraktionsdiskussion? Oder hat der Staatssekretär das in letzter Minute hineingeschrieben, um welcher Gesellschaft oder Anstalt einen Gefallen zu tun?

(Beifall von der CDU)

Mit Nr. 9 soll die Wahrnehmbarkeit der Bürgermedien im lokalen Rundfunk verbessert werden. Es handelt sich um die Vorverlegung auf 20 Uhr. Dort steht aber kein Wort über die Entwicklung wirklich zeitgemäßer Bürgermedienformen über die Frage starrer Sendezeiten hinaus. Das ist etwas, was den heutigen Informationsbedürfnissen sehr viel mehr entspricht; denn die Menschen interessiert kaum mehr, wann etwas gesendet wird, weil sie sich Informationen zu jeder Zeit auf Plattformen abrufen. Man kann mit der Zeitangabe vielleicht leben, aber ohne Frage wird die Rentabilität des lokalen Rundfunks damit nicht gestärkt.

In Nr. 10 ist Folgendes versteckt: Auf Bitten des Verbandes der Betriebsgesellschaften im Lokalfunk wurde im Regierungsentwurf die Möglichkeit der Beteiligung von Zeitungsverlagen an Betriebsgesellschaften von derzeit 75 % auf 100 % hochgesetzt. Das hatte folgenden Hintergrund: Kommunale Gesellschafter sind in der Regel mit 25 % an Betriebsgesellschaften beteiligt. Sie sind heute aber aufgrund der schwierigen Haushaltssituation oft nicht in der Lage, Verluste von lokalen Sendern – zum Beispiel im Ruhrgebiet – mitzutragen. Das führt dazu, dass die Verlustanteile von den Verlagen mit übernommen werden müssen, obwohl ihre Kapitalanteile gesetzlich gedeckelt sind. Die ungleichen Kapitalverhältnisse ergeben dann komplizierte Konstruktionen, die den Einfluss der Kommunen faktisch verwässern.

Die Änderung in § 59 sollte es – übrigens ausweislich der Gesetzesbegründung – den Kommunen ermöglichen, ihren Anteil ganz oder teilweise an lokale Verlage zu veräußern. Das war eine vernünftige, transparente und ordentliche Lösung. Jetzt wird in Nr. 10 des Änderungsantrages diese sachgerechte Lösung rückabgewickelt. Damit bleibt es bei der unbefriedigenden Lösung insbesondere für die Kommunen. Eine solche durchaus wichtige Regelung in einem solchen Änderungsantrag nahezu zu verstecken und ohne transparente Diskussion und Abwägung durchzuziehen, ist bedauerlich. Das

lässt nämlich keinen Raum mehr, um Argumente wirklich auszutauschen.

(Beifall von der CDU und den PIRATEN)

In Nr. 11 findet sich übrigens ein Hammer. Wollen Sie wirklich die Ausländer aus den Veranstaltergemeinschaften rauswerfen?

(Zuruf von der CDU: Unglaublich!)

Angeblich geht es bei Nr. 11 um Menschen mit Behinderungen, die jetzt auch in Veranstaltergemeinschaften vertreten sein sollen. Das ist völlig richtig. Dann heißt es aber – ganz harmlos –: „In Absatz 3 werden die Wörter ‚ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger‘ durch die Wörter ‚Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund‘ …ersetzt.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, Menschen mit Migrationshintergrund sind nicht automatisch Ausländer. Das sind zwei verschiedene Gruppen.

(Beifall von der CDU)

Das heißt, nach Ihrem neuen Gesetzestext hätten Ausländer und ihre Vertretungen kein Recht mehr auf einen Sitz in der Veranstaltergemeinschaft. Wollen Sie das wirklich?

Sie merken: Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.

(Beifall von der CDU)

Nr. 13 greift die Netzneutralität auf. Das ist eine alte Forderung aus allen Fraktionen. Das ist richtig so. In Nr. 13 steht aber auch der Text zu der problematischen Journalismusstiftung aus Rundfunkgebühren. Über die verfassungsrechtlichen Bedenken dazu haben wir gestern schon gesprochen. Ich rechne mit Klagen gegen die Gebührenbescheide zunächst vor den Verwaltungsgerichten, aber auch Verfahren vor dem Landes- und Bundesverfassungsgericht sind nicht ausgeschlossen.

Schön ist der Flüchtigkeitsfehler auf der letzten Seite. In Nr. 26 heißt es, die Amtszeit der Medienkommission werde bis zum 1. März 2015 verlängert. Drei Zeilen weiter steht: „Die Neukonstituierung der neuen Medienkommission erfolgt nach der Sommerpause 2014...“ Aber so genau sollen wir Parlamentarier solch wichtige Gesetzestexte ja offenbar nicht nehmen.

Sie haben dem Rücküberweisungsantrag gestern nicht zugestimmt. Demokratie ist das nicht. – Vielen Dank und einen schönen Abend.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Prof. Sternberg. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Keymis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Prof. Sternberg, es wurden 25 und nicht 28 Seiten vorgelegt. Sie standen Ihnen ab Dienstag, 13 Uhr zur Verfügung. Die Klagen, die Sie da vorbringen, sind aus meiner Sicht nicht berechtigt. Sie sprechen ja nicht als jemand, der sozusagen nicht Bescheid weiß, sondern als jemand, der sich mit den Dingen fachlich intensiv befasst. Insofern: Sie hatten Gelegenheit, das ausreichend zu studieren. Sie haben das jetzt ja auch nachgeholt und ein paar Punkte herausgegriffen.

Aus meiner Sicht greifen die aber alle nicht das auf, was dieses Gesetz insgesamt leistet. Ich glaube, dass wir uns gut darauf verlassen können, dass das, was wir hier gemeinsam auf den Weg bringen wollen – dankenswerterweise mit Unterstützung der Fraktion der Piraten –, jetzt nach der dritten Lesung auch das Licht der Welt erblickt.

Ich will noch einmal auf Folgendes hinweisen: Sie sprechen immer von den vielen Klagen zum Rundfunkbeitrag. Ich nenne Ihnen die Zahlen noch mal. Rund 400 Klagen sind gerichtlich anhängig, und rund 40 Millionen Leute zahlen Rundfunkbeiträge. Das möchte Ihnen beweisen, dass das nicht das Feld ist, auf dem jedenfalls im Moment ein Kampf zu gewinnen wäre. Das entspricht in etwa auch der Einschätzung, die ich insgesamt der Kritik gegenüber habe, die Sie hier äußern.

Wir haben uns für dieses Gesetz entschieden. Sie haben eine dritte Lesung beantragt. Die Kritikpunkte haben Sie noch mal wiederholt. Es ist nichts Neues dazugekommen. Ehrlicherweise muss man sagen: Es gibt auch keinen konstruktiven Vorschlag, wie man Dinge aus Ihrer Sicht hätte völlig anders gestalten können.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Dazu haben wir die ganzen Monate über nichts gehört. Das macht für uns die Debatte an der Stelle – leider! – im Grunde wieder so einfach.

Ich bitte um Zustimmung und freue mich auf neue Gesetzesvorhaben im Medienbereich.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Keymis. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Nückel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Keymis, jetzt tun Sie nicht so, als hätten Sie Vorschläge, wenn Sie von der Union gemacht worden wären, noch eingearbeitet. Wir haben Vorschläge gemacht. Sie haben sie ignoriert – ebenso wie die vielfältige Kritik, die gestern zu dem Gesetz geäußert wurde. Sie haben die einfach ignoriert.

Das ist an Kaltschnäuzigkeit im Grunde gar nicht zu überbieten.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] – Zuruf von Matthi Bolte [GRÜNE])

Ja, natürlich. Man merkt das auch an Ihnen, Herr Bolte. Ich will Ihnen jetzt nicht Ihre mangelnden beruflichen Erfahrungen vorwerfen. Aber bei dem, was Sie hier vorlegen, schimmert schon der Drang durch,

(Stefan Zimkeit [SPD]: So können nur Leute reden, die keine inhaltlichen Argumente ha- ben!)

dass Sie einfach nur Kontrollmöglichkeiten haben wollen, weil Sie gar keine Visionen für die Medienlandschaft entwickeln können.

(Beifall von der FDP)

Es wird zwar immer von Transparenz und Partizipation geredet, aber ich glaube, dass einzige, was Sie damit meinen, ist die eigene Partizipation. Das Ergebnis sind Regulierungswut im Detail, Gängelung, staatliches Obrigkeitsdenken und auch noch Oberflächlichkeit. Die Punkte hat Prof. Sternberg ja gerade schon genannt.

(Zuruf Stefan Zimkeit [SPD])

Das ist auch der Grund, warum Sie in einer Nachtund-Nebel-Aktion erhebliche Änderungen hinter verschlossenen Türen ausgekungelt haben. Und wir sollen jetzt über ein Gesetz abstimmen, das durch ebendiese einschneidenden Änderungen einen völlig anderen Charakter angenommen hat und über das in dieser Form gar nicht gesprochen werden konnte. Insofern kann man Ihnen die Fehler, die Sie da jetzt eingearbeitet haben, fast schon gönnen.

Sie wollten keine Diskussion. Sie wollten im Ausschuss nicht reden. Sie hätten noch in den letzten Stunden die Chance gehabt, zu einer Diskussion zu kommen. Die Piraten immerhin hätten sich dem ja nicht verschlossen. Sie hätten eine Chance gehabt für eine breite Diskussion. Aber Sie wollen ein HauRuck-Verfahren. Das ist systematisch geplant, um Strippenzieher von SPD und Grünen im Hintergrund installieren zu können.