Wir müssen also die Evaluierung abwarten. Anschließend können wir seriös die Senkung des Rundfunkbeitrags und die Entlastung von Bürgern und Gruppen unter Berücksichtigung der sonstigen heute schon mehrfach angesprochenen Zielstellungen in Angriff nehmen.
Frau Ministerin, wenn Sie noch einen Augenblick hier bleiben würden! Es gibt den Wunsch des Herrn Abgeordneten Nückel nach einer Kurzintervention. Ich erteile ihm hiermit das Wort.
Vielen Dank. – Ich glaube, Sie verwechseln etwas. Sie formulieren jetzt schon Wünsche, beispielsweise das Korrigieren der Unwuchten, die es bei der jetzigen Finanzierungssystematik gleichwohl gibt, die die FDP, bevor das in NRW beschlossen wurde, kritisiert hat und deren Folgen, die jetzt eintreffen, sie schon vorher skizziert hat.
Ich glaube, Sie verstecken sich hinter einem möglichen Evaluierungsergebnis und wollen sozusagen die Wünsche, die daraus entstehen werden, aber auch weiter gehende Wünsche, die eigentlich erst für die nächste Gebührenperiode ab 2017 eingepreist werden können, mit dem Polster finanzieren, das in der jetzigen Gebührenperiode eingenommen wird.
Das halte ich für äußerst unehrlich. Dieses Polster soll offenbar nur helfen, um den Anstieg des Rundfunkbeitrags 2017, von dem Sie ja alle ausgehen, weil wohl noch sehr viele Wünsche kommen werden, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk alles machen soll, zu glätten und keine unbequeme Diskussion über die dann existierenden Rundfunkgebühren zu bekommen. – Danke.
Lieber Herr Nückel, in der Tat müssen wir auch die zeitliche Perspektive ins Auge fassen, wann welche Maßnahmen ergriffen werden können. Dazu gehören Maßnahmen, die die Optimierung des Angebots, zum Beispiel die angesprochene Barrierefreiheit, betreffen. Dazu gehören Maßnahmen, die die zunehmende Werbefreiheit betreffen. Dazu gehören Maßnahmen, die den Finanzausgleich zwischen den Rundfunkanstalten betreffen.
Dazu können Maßnahmen gehören, die die Entlastung von bestimmten Gruppen von Beitragszahlern betreffen. Aber das können wir heute nicht seriös sagen. Ich sage heute nicht: „Es ist schon sicher, dass diese oder jene Gruppe in einer bestimmten Höhe heute oder morgen entlastet wird“, sondern das muss die Evaluierung ergeben.
Wenn wir heute schon, ohne dass die Evaluierung vorliegt, Beschlüsse fassen, die langfristig wirken, dann können wir in der nächsten Stufe nicht entsprechende Entlastungen herbeiführen. Deswegen sollten wir seriöserweise die Evaluierung abwarten und dann zu Entscheidungen kommen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Schluss der Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der FDP hat direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/5035. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag Drucksache 16/5035 mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Stimmenthaltung der CDU und der Piraten sowie bei Zustimmung der FDP-Fraktion abgelehnt.
Kulturerbe gemeinsam bewahren! – Status Quo ermitteln, Zukunftsvision entwickeln, Kräfte von Bund, Ländern und Kommunen bündeln
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der Piraten dem Herrn Kollegen Lamla das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier auf der Tribüne und zu Hause! Das Land Nordrhein-Westfalen besitzt eine reiche Kulturlandschaft, die es zu fördern und zu erhalten gilt. Bibliotheken, Museen, Archive, Dokumentationszentren – viele dieser Institutionen sammeln und bewahren wichtiges und unwiederbringliches Kulturgut und machen dies der Öffentlichkeit, aber auch der wissenschaftlichen Forschung zugänglich.
Bund, Länder und Kommunen tragen die gemeinsame Verantwortung für den Fortbestand und den Ausbau des reichen kulturellen Erbes auch in NRW. Die Landesregierung hat in den letzten Jahren begonnen, sich dieser Verantwortung zu stellen, indem sie beispielsweise die Landesinitiative Sub
stanzerhalt und das Landesprojekt „Digitales Archiv NRW“ ins Leben gerufen hat. Diese Projekte können einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des analogen und des digitalen Kulturerbes leisten und werden von uns Piraten deshalb nicht infrage gestellt.
Wir haben bereits in den letzten Monaten mit einigen Nachfragen im Ausschuss und einigen Kleinen Anfragen darauf hingewirkt, diesen Themenkomplex stärker in den Blick zu nehmen. Die Antworten und die Berichte der Landesregierung auf unsere Initiativen waren dabei mal mehr und mal weniger aussagekräftig.
Für den sehr aufschlussreichen Bericht des Präsidenten des Landesarchivs im Dezember im Ausschuss möchte ich mich bedanken, er war wirklich sehr erhellend. Der Bericht untermauert jedoch den Eindruck, der sich bei uns in den vergangenen Monaten verfestigt hat: Es wurden zwar viele vernünftige Initiativen gestartet, aber die wenigsten scheinen sich wirklich der Dimension bewusst zu sein, die bei dieser Thematik auf uns zukommt.
Ich habe schon in den vergangenen Haushaltsberatungen gesagt: Ich habe den Eindruck, dass bei Weitem nicht genug Mittel für den Bereich der Digitalisierung von Kulturgut und dessen Erhaltung in die Hand genommen werden. Da stimme ich ausdrücklich dem Kollegen Keymis zu, der – wie im Ausschussprotokoll vom Dezember zu lesen ist – gesagt hat, man müsse angesichts der Fülle der Aufgaben überlegen, wie die Personalausstattung der zuständigen Institutionen auszusehen habe, der auch anmerkte, es seien schon genug Millionen „verballert“ worden, die jetzt für die konkrete Arbeit fehlten.
Auch Herr Kollege Bialas sprach in dem Zusammenhang von der Notwendigkeit, sicher, verlässlich und nachhaltig planen zu können. Herr Prof. Dr. Dr. Sternberg bedankte sich bei den Piraten dafür, dass sie das Thema nochmals in den Ausschuss gebracht hätten. Ich freue mich ganz ehrlich darüber, weil ich glaube, dass wir da wirklich nah beieinander sind. Ich habe auch ein sehr gutes Gefühl, dass wir gemeinsam einen Beitrag zum Erhalt unseres kulturellen Erbes in NRW leisten können.
Meine Damen und Herren, in den Verwaltungen des Landes und der Kommunen entstehen stündlich neue Unterlagen, auch heute, die zumindest teilweise als archivwürdig gelten und unser kulturelles Erbe sind. Museen, Archive und Bibliotheken digitalisieren täglich in großen Mengen Unterlagen, um sie der Bevölkerung unkompliziert online und barrierefrei zugänglich zu machen. Bibliotheken nehmen immer neue analoge und digitale Publikationen in ihren Bestand auf. Der Bestand an analogen und digitalen Kulturgütern wächst unaufhaltsam.
Diese Kulturgüter müssen wir erhalten und gemäß den rechtlichen Rahmenbedingungen auch der Öffentlichkeit zugänglich machen. Um das aber tun zu
können, müssen wir zumindest einen groben Überblick darüber haben, welche Menge vorliegt. Welche Mengen analogen Kulturgutes gibt es bereits? Welche Mengen liegen digital vor? Über welche Mengen reden wir, wenn wir für die kommenden zehn, 20, 50 Jahre planen wollen? Wie viel kommt neu hinzu? Wie entwickelt sich das? Welche analogen Unterlagen sollte man zusätzlich digitalisieren, um sie zum Beispiel auf Onlineplattformen zu präsentieren und zugänglich zu machen?
Wir machen mit diesem Antrag einen Aufschlag, um diese Fragen in den kommenden Monaten zu beantworten. Wir sollten dazu eine Expertenanhörung durchführen, um gemeinsam zu beraten und zu erfahren, welche Maßnahmen wir hier im Landtag und bei der Landesregierung ergreifen müssen, um allen Institutionen, die unser Kulturerbe bewahren, echte Planungssicherheit zu gewährleisten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Lamla, Sie haben das mit so viel Energie gerade hier vorgetragen, dass ich beinahe meinen Einsatz verpasst hätte.
Sie haben das gerade mit so viel Energie vorgetragen, dass ich beinahe meinen Einsatz verpasst hätte.
Danke für diesen Antrag, in dessen Mittelpunkt der Wunsch steht, das kulturelle Erbe unseres Bundeslandes für die Zukunft zu bewahren.
Dieser Wunsch, meine Damen und Herren, ist natürlich nicht neu. Und so gibt es bereits zahlreiche Instrumente, mit denen der Gesetzgeber dafür gesorgt hat, dass Schriftstücke und Bücher, Zeitungsausschnitte und Notenblätter, Urkunden und andere wichtige stumme Zeitzeugen erhalten bleiben.
Für das analoge Kulturgut gibt es in NordrheinWestfalen einen langjährig angelegten Bestandserhaltungsplan, der vor allem ein Massenentsäuerungsprogramm für kommunales Archivgut umfasst, aber auch zahlreiche andere Maßnahmen für Werke der bildenden Kunst, Filme, alte Buchbestände. Dieses Programm ist langjährig finanziert.
beim digitalen Klonen, den Verfall. Wir sparen Platz bei dessen Lagerung und schaffen es zudem, unser kulturelles Erbe – wir haben es gerade gehört – einem breiteren Publikum zu erschließen. Denn das, was ich auf den Servern habe, kann ich im Netz veröffentlichen. Das ist eine der größten Chancen dieser Digitalisierung.
Der Berliner Appell, auf dessen Grundlage die Piraten heute ihren Antrag stellen, den wir noch im zuständigen Ausschuss grundlegend beraten, thematisiert vor allen Dingen die Herausforderungen der zunehmenden Digitalisierung. Denn so einfach es klingt, Dinge zu fotografieren oder zu scannen, um sie auf die Festplatten zu bannen, so kompliziert ist die dauerhafte Sicherung.
„Obsoleszenz“ nennen die Fachleute beispielsweise das Phänomen, wenn Hard- und Software mit den Jahren nicht mehr nutzbar sind und damit auch die Daten nicht mehr auszulesen sind. Hinzu kommt das Problem, dass die Lebenszeit von Speichermedien immer kürzer wird. Bücher tragen ihre Informationen mehrere hundert Jahre, eine DVD nur rund 30 Jahre, eine Festplatte bei Benutzung vielleicht gerade einmal fünf Jahre.
Mit solchen und ähnlichen Fragestellungen hat sich das Pilotprojekt „Digitales Archiv NRW“ in den vergangenen Jahren befasst – dies übrigens im internationalen Austausch, sodass mittlerweile auch europäische Lösungen vorliegen. Das ist in diesem Bereich ziemlich wichtig.
Der Berliner Appell stammt im Wesentlichen von Facheinrichtungen und deren Interessenvertretern. Diese profunden Kenner haben zwölf Punkte benannt, die wir bei näherem Hinsehen in NRW bereits alle fest in den Blick genommen haben und angegangen sind.
Wir sind uns über die Gefahr eines Verlustes bewusst, weil digitale Inhalte äußerst fragil sind, keine Frage. Deshalb kann man nicht einfach so nebenbei digitales wie analoges Kulturgut bewahren. Man muss es als Daueraufgabe begreifen. Das tun wir, und das tun auf nationaler Ebene beispielsweise auch die Nationalbibliotheken in Leipzig und Frankfurt am Main. Wir selbst haben mit dem Pflichtexemplargesetz erst kürzlich und mit dem Archivgesetz auch die digitale Speicherung geregelt. Zunehmend geht es um die Archivierung von Kulturgütern, die bereits in digitaler Form schon vorliegen. „Born digital“ nennt man diese, und das Internet ist voll davon.
Darum scheint mir auch vor dem Hintergrund von Punkt 6 des Appells, dem öffentlichen Diskurs, die Frage wichtig zu sein, welche Auswahlkriterien wir für die digitale Langzeitarchivierung anlegen. Denn das Datenvolumen alleine im Internet verdoppelt sich alle zwei Jahre. Das alles zu archivieren, noch dazu in redundanten Systemen, die aufgrund der physikalischen Beschaffenheit von Datenträgern –
Auch wenn die Speichermöglichkeiten parallel zum wachsenden Internetaufkommen Schritt zu halten versuchen, brauchen wir eine klare Festlegung, was wir bewahren wollen und was wir letztlich bewahren können.
Ansonsten geht es uns wie dem König aus der Legende. Dem wurde ein Schachspiel geschenkt. Aus Dank sagte er dem weisen Mann, der ihm das geschenkt hatte: Du hast einen Wunsch frei. Und – Überraschung! – der weise Mann wünschte sich nicht Gold oder Edelsteine, sondern nur Weizenkörner. Genauer gesagt, verlangte er ein Weizenkorn auf dem ersten Schachfeld, zwei auf dem zweiten, vier auf dem dritten, acht auf dem vierten usw. – immer das Doppelte auf jedem weiteren Schachfeld. Der König, relativ großzügig, sagte: Alles klar, das machen wir. Er ließ die geforderte Weizenmenge ausrechnen, und es kamen über 18 Trillionen Weizenkörner zusammen, mehr als auf dieser Welt an Ernte zu schaffen ist.