Nein, nein, ich habe vollstes Verständnis dafür. Der muss ja jetzt Ihre Partei retten; da hat er keine Zeit dafür. Ich nehme es ihm überhaupt nicht übel. Ich wollte nur anmerken: Mit solch unterschiedlichen Messlatten werden Sie die 5 % nicht mehr erreichen.
Ich bin auch gar nicht kompetent in liberalistischen Angelegenheiten. Das muss ich Ihnen wirklich sagen.
Meine Damen und Herren, worum geht es? Der Konzern Outokumpu hat die Nirosta übernommen. Das war für die Belegschaft durchaus ein Lichtblick. Die Betriebsräte waren nicht der Auffassung, dass diese Operation unsinnig sei. Nein, sie haben sich Perspektiven von diesem Einstieg von Outokumpu in ihr Unternehmen versprochen.
Man hat einen Tarifvertrag abgeschlossen, in dem die Modalitäten für die Zukunft in diesem Unternehmen sehr dezidiert und differenziert geregelt worden sind. Natürlich haben sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genauso wie die politisch Verantwortlichen in Bochum und anderswo auf diesen Tarifvertrag verlassen. Tarifverträge sind Verträge und müssen eingehalten werden.
Und nun teilt der Outokumpu-Konzern – nachdem er vorher noch in einem Mitarbeiterbrief darauf hingewiesen hat, dass das Unternehmen eine langfristige Perspektive habe – einseitig mit, dass Bochum geschlossen werden soll. Dies geht nicht! Dies entspricht nicht unserer Industriekultur in NordrheinWestfalen! Deshalb müssen wir diesen Vorgang auch skandalisieren!
Ich sage dies sehr bewusst. Nordrhein-Westfalen ist industriell nicht trotz der Mitbestimmung und trotz des Tarifvertragssystems vorangekommen, sondern wegen der Mitbestimmung und wegen des Tarifvertragssystems.
Wir wollen deshalb Vertragstreue und soziale Partnerschaft beibehalten. Das sind ja keine Sahnehäubchen, die dann zum Tragen kommen, wenn alles stimmt. Nein, Verträge müssen auch in vermeintlich schlechten Zeiten gelten; dafür sind sie ja da.
Im Übrigen: Wenn ein Vertragspartner einen Vertrag – und dies gilt auch für Tarifverträge – nicht einhalten kann, dann muss er sich mit seinem Partner zusammensetzen und mit ihm über seine Probleme reden. Dies ist unterblieben. Man hat par ordre du mufti erklärt: Wir können Einzelheiten dieses Vertrages nicht mehr einhalten. Wo kommen wir denn da hin, wenn dieses Vorgehen um sich greifen würde?
Meine Damen und Herren, ich kann nur darauf hinweisen, dass es nicht nur um die 450 unmittelbar Beschäftigten in Bochum geht. In Bochum gibt es eine Warmbreitbandstraße, die zu einem beträchtli
chen Teil die Vormaterialien von ebendem Stahlwerk bekommt, das dort jetzt zur Disposition gestellt worden ist. Ein anderes Beispiel: Aus Bochum kommen auch beträchtliche Größen des Vormaterials für die VDM, einem außerordentlich leistungsfähigen Unternehmen mit sechs Standorten im Sauerland.
Hier geht es also um die Erhaltung von Wertschöpfungsketten. Multiplizieren wir also durchaus 450 mit vier, um auf die realistische Größenordnung der Arbeitsplätze zu kommen, die dort gefährdet sind.
Wir brauchen Stahl, um in den zentralen industriellen Fertigungsbereichen – Fahrzeugbau, Maschinenbau und andere – auch zukünftig bestehen zu können. Deshalb ist dieses Werk in Bochum so wichtig. Deshalb ist dieses Werk generell auch für den Standort Bochum so wichtig.
Ich möchte an dieser Stelle nochmals an die Verantwortlichen von Outokumpu appellieren: Kehren Sie zur Vertragstreue zurück! Dieser Appell geht nach Helsinki, und nicht in erster Linie nach Bochum.
Zur Wirtschaftlichkeit. Mir ist in mehreren Gesprächen verdeutlicht worden: Bochum ist der wirtschaftlich beste Standort in dieser Unternehmensgruppe. Allerdings ist Bochum auch der Standort, der mit den wenigsten Kosten stillzulegen ist. Diese Logik ist nicht meine.
Wir können nicht rentable Arbeitsplätze abbauen, weil ihre Stilllegung billiger ist als die Stilllegung von Arbeitsplätzen anderswo. Ich glaube, hier hat dieser Konzern noch nachzuarbeiten und neu zu denken.
Eine Bemerkung sei mir noch gestattet: Im FDPAntrag steht, dass eine Vermittlung zwischen Outokumpu und IG Metall notwendig sei.
Meine Damen und Herren, was wollen Sie denn da vermitteln? Sagen Sie doch eindeutig: Die IG Metall ist vertragstreu, die anderen nicht. – Da muss man auch mal Position beziehen!
Im Übrigen: Zur erfolgreichen Vermittlung gehört auch eine gewisse Stärke. Ich sehe die hier nicht gegeben.
Meine Damen und Herren, ich bin dankbar dafür, dass in unterschiedlichen Facetten, aber insgesamt doch übereinstimmend alle Fraktionen dieses Landtages deutlich gemacht haben, dass sie an der Seite der Nirosta stehen, dass sie an der Seite der Beschäftigten stehen – aus wirtschaftlicher Vernunft, aber auch aus sozialpolitischer Verantwortung.
Wir wünschen uns Unternehmen, die hoch profitabel sind, weil nur über diesen Weg Arbeitsplätze gesichert werden können. Im Übrigen gibt es auch erst über diesen Weg etwas zu verteilen, was wir alle wollen.
Wir wollen aber zivilisierte Verhältnisse von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, wie sie in diesem Land seit Jahrzehnten vorhanden waren und sind. Dies muss so bleiben. Deshalb kämpfen wir weiter gemeinsam mit denjenigen, die in der ersten Reihe in diesem Unternehmen Verantwortung haben. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Landesregierung ihre Redezeit um 4:29 Minuten überzogen hat.
Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann sind wir am Schluss der Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung, erstens über den Eilantrag Drucksache 16/4212. Dieser Eilantrag ist direkt abzustimmen. Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den Inhalt des Eilantrags Drucksache 16/4212 der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? –
Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion der Piraten gegen die Stimmen der CDU-Fraktion und der FDPFraktion angenommen. Der fraktionslose Kollege Stein hat sich der Stimme enthalten.
Wir kommen zweitens zur Abstimmung, nämlich über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/4228. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Piraten abgelehnt. Die Fraktion der CDU und der fraktionslose Abgeordnete Stein haben sich der Stimme enthalten.
Wir kommen drittens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/4229. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Piraten bei Zustimmung der CDU-Fraktion und bei Enthaltung
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