Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine recht überschaubare Anzahl von Abgeordneten im Saal.
Als mir der Gesetzentwurf der Piraten in der letzten Woche in die Hände gefallen ist, habe ich zunächst gedacht: Was soll das denn? Haben wir in diesen Tagen eigentlich nichts Wichtigeres zu bedenken als dieses Thema? Nehmen Sie es mir nicht übel: Ich habe bei dem Wort „Exoten“ erst gedacht, es ginge um Sie selbst – also nicht um Sie persönlich.
(Beifall von der CDU – Heiterkeit von der FDP – Widerspruch von den PIRATEN – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Es kann nur besser werden!)
Die Inhalte Ihrer Gesetzentwürfe sind in der Tat – Herr Börner hat darauf hingewiesen – etwas widersprüchlich. Gestern noch hatten Sie in einem Gesetzentwurf gefordert, die Rasseliste der gefährlichen Hunde streichen. Heute wollen Sie von der Sache her eigentlich das Gegenteil.
Bleiben Sie ruhig, Herr Rohwedder. – Trotz Ihrer widersprüchlichen Gesetzentwürfe stimme ich Ihnen in vielen Punkten eigentlich grundsätzlich zu. Ich frage mich tatsächlich auch – entschuldigen Sie den despektierlichen Ausdruck –: Wieso muss sich jemand solche Viecher halten? Ich bin vor Jahren schon einmal in einschlägigen Internetforen massiv für diese Aussage angegriffen worden.
Es gibt allerdings gerade in den letzten Monaten und Wochen Vorfälle, bei denen man schon ins Nachdenken kommt. Sie haben das Beispiel Schnappschildkröte genannt, derentwegen ein ganzer See leergepumpt werden musste. Hat man die jetzt eigentlich gefunden?
Sie treibt also noch ihr Unwesen. – Ich erinnere mich, dass zu schwarz-grüner Regierungszeit eine winzige Giftschlange in einem Mehrfamilienhaus gesucht wurde. Irgendwann hat man sie tot in einer Fußbodenritze gefunden.
(Minister Johannes Remmel: Schwarz-Gelb war das! – Henning Höne [FDP]: Freudsche Fehlleistung bei der Union!)
(Beifall von der CDU – Minister Johannes Remmel: Für Schwarz ist es ja egal! – Heiter- keit von Minister Johannes Remmel und Mi- nisterin Svenja Schulze)
Wir diskutieren diesen Antrag demnächst im Ausschuss. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich in einigen Punkten mit meiner Fraktion sicherlich gewisse Übereinstimmungen finde. Man kann auch nicht einsehen, dass letztlich die Allgemeinheit dafür eintreten muss, wenn sich jemand exotische Tiere hält.
Es ist seit Jahren die Tendenz zur Haltung von exotischen und zum Teil auch gefährlichen Tieren durch Privatpersonen festzustellen; darum geht es ja. Es geht nicht um die gewerbliche Tierhaltung; so habe ich Sie auch verstanden. Dort müssen wir sicherlich versuchen, Regelungen zu finden.
Ich habe allerdings Probleme damit, das gleich in einen Gesetzentwurf zu kleiden und es auf eine solch hohe Stufe zu stellen, weil – Sie haben es angeführt – sich die Vorfälle eigentlich in recht engen Grenzen halten. Schon jetzt kann die Ordnungsbehörde einschreiten und Bußgelder bis 1.000 € verhängen. Das scheint mir übrigens zu niedrig zu sein. Man weiß zudem auch, dass diese Tiere oft in Haushalten gehalten werden, bei denen man nachher nicht an das Geld kommt, weil sie nicht in der Lage sind, das Bußgeld zu zahlen. Von daher gibt es dort sicherlich Nachbesserungsbedarf.
Eine bestimmte Regelung durchzusetzen, ist bei Privatpersonen nicht so einfach. Sie können nicht einfach irgendwo an der Tür klingeln und sagen: Ich möchte bei Ihnen nachschauen, ob Sie eine Python oder einen Alligator im Swimmingpool halten. So einfach wird es nicht sein. Deshalb müssten wir versuchen, mit vernünftigen Regelungen diesem Problem beizukommen.
Sie haben das aufgezählt. Es gibt in einigen Bundesländern klare Gesetzesregelungen. Sie haben fast wortgleich die Regelung aus dem Land Berlin abgeschrieben.
Darüber werden wir uns im Ausschuss unterhalten müssen. Ich bin sicher, dass wir über verschärfte Regeln nachdenken müssen. Wir halten allerdings einen Gesetzentwurf für überhöht. Trotzdem freue ich mich auf eine intensive und fröhliche Auseinandersetzung im Ausschuss. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Ortgies. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Kollege Abel.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die private Haltung von Wildtieren nimmt in Deutschland stark zu. Aktu
Die Beliebtheit von exotischen Tieren, die für Menschen aufgrund ihrer physischen Beschaffenheit gefährlich werden könnten, steigt. Insbesondere die Einfuhrzahlen von Reptilien nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen steigen kontinuierlich. Wir reden von jährlichen Importzahlen, die in den Zehntausenden liegen. Leider müssen wir auch von einer nicht zu unterschätzenden Dunkelziffer ausgehen.
Im Gegensatz zu den klassischen domestizierten Heimarten wie Hund, Katze oder Wellensittich handelt es sich bei den Wildtieren meistens um Arten, die äußerst spezifische Ansprüche an die Haltung haben, zum Beispiel Wüsten- oder Regenwaldbewohner. Haltungsfehler sind bei solch anspruchsvollen Tieren besonders häufig zu erwarten, woraus sich natürlich ein erhebliches Tierschutzproblem ergibt. Dazu gehört auch die Überforderung der Halter und Halterinnen, wenn es um Arten geht, die besonders schnell wachsen oder die gefährlich werden. Außerdem häufen sich Medienberichte – die Kollegin Brand hat einige Beispiele genannt – wie die zu der Klapperschlange in Köln oder der Schlange in Mülheim an der Ruhr.
Auch bei meinen Besuchen in Tierheimen wurde ich immer wieder darauf angesprochen, dass die Unterbringung von beschlagnahmten Tieren ein riesiges Problem ist. Auch in Gesprächen mit den Vertretern der Zoos in Nordrhein-Westfalen kam immer wieder zur Sprache, dass Polizei und Ordnungsämter gar nicht wissen, wohin mit diesen Tieren. Aus ihrer Verzweiflung rufen sie bei Zoos an. Die haben leider oft auch nicht die notwendigen Kapazitäten.
Für die Unterbringung dieser Tiere – das wurde vorhin ebenfalls angesprochen – haften die Halterinnen und Halter. Wenn diese nicht zahlen können, haftet die Allgemeinheit.
Ein Großteil des Wildtierhandels verläuft völlig unkontrolliert, wenn es sich zum Beispiel um ungeschützte Arten handelt. Das Spektrum reicht von afrikanischen Flughunden über Chamäleons aus Madagaskar und Frösche aus Südamerika bis hin zu beliebten Korallenfischen. Hierbei stammt ein erheblicher Teil aus der Natur, die sogenannten Wildfänge. Das zieht große Probleme nach sich, wenn Sie bedenken, dass wir im Bundesnaturschutzgesetz beispielsweise ein Verbot haben, Tiere aus ihrer Umgebung zu entnehmen, wir aber genau wissen, dass die importierten Tiere am anderen Ende der Welt aus ihren natürlichen Lebensräumen entnommen werden.
Außerdem verlagern sich die Handelswege. Wir reden nicht mehr von professionellen Zoohandlungen, sondern vor allen Dingen über Annoncen in Fachzeitschriften und auch den Handel über das Internet. Da fehlt meistens eine professionelle Beratung.
In den letzten Jahren warnen Wissenschaftler wie zum Beispiel das renommierte Robert-Koch-Institut zunehmend vor den Folgen dieses weitgehend ungeregelten Wildtierhandels einerseits für die Wildbestände in den Herkunftsländern, aber auch für unsere Ökosysteme – Stichwort: invasive Arten – sowie mit Blick auf Gesundheitsrisiken für die Halter, Stichwort: Zoonosen.
Eben hat die Kollegin Brand auch darauf hingewiesen, dass es erhebliche Gefahren für Leib und Leben gibt. Bei Bissen von Schlangen ist beispielsweise nicht gewährleistet, dass Antitoxine in den Krankenhäusern vorhanden sind. Es wäre beispielsweise ein gutes Argument für eine Positivliste, dass man gewisse Antitoxine dann direkt vorrätig haben kann.
Da wir um die Gefahren und um die Probleme wissen, haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, eine entsprechende Regelung einzuführen. Die Grundidee greifen Sie in Ihrem Gesetzentwurf auf. Ihr Gesetzentwurf hat eine Seite und verweist auf das Land Berlin. Unklar bleibt, welche Regelung Sie meinen. Sie wissen, dass es dort jüngst eine Verschärfung gab. Ich finde, wir sollten uns die Zeit nehmen, um ausdifferenzierte Lösungen zu finden.
Ich will zum Schluss eine Frage ansprechen, die Herr Kollege Börner in seiner Rede angerissen hat, nämlich: Mit welcher Begründung wollen wir die Hobbyhaltung von wilden Tieren erlauben? Ich rede nicht von Zoos, sondern ich rede von der privaten Haltung. Es muss gerechtfertigt werden, ein Tier aus der Natur zu nehmen und zu halten. Bei der privaten Haltung fehlt meines Erachtens oft die ethische Begründung. Wir sollten sehr genau diskutieren, unter welchen Bedingungen wir das erlauben.
Das Land wird das nicht lösen können, aber das sollten wir mitdiskutieren. Ihr Antrag steht zur Überweisung an. Wir sollten im Ausschuss sehr sachlich, gemeinschaftlich und über die Fraktionen hinaus eine Lösung suchen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich ist sicherlich richtig – das unterstützt die FDPFraktion ausdrücklich –, dass es bei der bestehenden Regelungslücke – die Vorredner haben das angesprochen – einen Rahmen geben muss, der dazu führt, dass die Menschen und insbesondere die Halter auf der einen Seite vor Gefahren geschützt wer
den. Auf der anderen Seite ist genauso wichtig, dass die Tiere geschützt werden, indem eine artgerechte Haltung sichergestellt wird.
Wir sehen, dass schon deshalb Handlungsbedarf besteht, weil wir überhaupt nicht wissen – Frau Kollegin Brand, Sie haben das eben schon angesprochen –, wie viele und welche exotischen Tierarten es hier überhaupt gibt. Die Probleme, die daraus erwachsen, sind auch schon anhand einzelner Fälle angesprochen worden, nämlich die Fragen, von wo ein Antiserum eingeflogen werden muss oder was beim Nichtauffinden dieser Tiere geschieht; da mussten entweder Seen leergepumpt oder ganze Häuser von innen entkernt werden. All diese Punkte weisen ganz klar darauf hin: Hier ist ein Regelungsbedarf entstanden. Darum muss diese Lücke geschlossen werden.
Ich glaube – das ist auch schon angeklungen –, es macht Sinn, sich die entsprechende Zeit zu nehmen und sich – wie von Herrn Kollegen Börner eben angeregt – möglicherweise in einem größeren Kontext das Ganze auch mit Blick auf die gewerbliche Haltung noch einmal anzuschauen. Ich glaube auch, dass es sich lohnt, auf weitere Details zu gucken.
Ich nenne das Beispiel Bußgeld. Ob man bei Verstößen direkt von einer Höhe bis zu 50.000 € ausgehen muss, das ist für mich eine Frage der Verhältnismäßigkeit.
Wichtig ist hingegen der Hinweis auf die Notwendigkeit eines ausreichenden Versicherungsschutzes. Dieser ist sicherlich begrüßenswert, weil bei den letzten größeren Einsätzen leider oft die öffentliche Hand auf den Kosten von zum Teil mehreren Zehntausend Euro sitzengeblieben ist.
Der Handlungsbedarf ist unbestritten. Wir sollten uns darüber im Ausschuss noch einmal genauer unterhalten. Das werden wir auch tun. Der Überweisung stimmen wir zu. Wir freuen uns auf die weiteren Beratungen.