Dazu ist es aus Sicht der CDU-Fraktion unerlässlich, ein wirtschaftliches Grundwissen zu haben; denn nur wenn ich über Rahmenbedingungen, über Grundkenntnisse verfüge, kann ich diese Entscheidungen auch verantwortungsvoll treffen. Wenn man diese Grundlagen nicht hat, gerät man gerade als junger Mensch häufig in Fallen. Die Vergangenheit hat deutlich gezeigt, wie problematisch das werden kann.
Wir hatten eine ganze Schülergeneration, die sich aufgrund von Mobilfunkverträgen verschuldet hat und die hinterher nicht mehr wusste, wie sie aus diesen Verträgen herauskommen soll. Aber auch Zahlungsformen bereiten Schwierigkeiten. So kann man beispielsweise den Ratenkauf nennen, der häufig junge Menschen dazu verleitet, finanzielle Entscheidungen zu treffen, die eigentlich gar nicht im Rahmen ihrer Möglichkeiten liegen.
Frühzeitig solche Gefahren aufzuzeigen und auch Möglichkeiten des Handelns den jungen Menschen an die Hand zu geben, ist aus unserer Sicht sehr wichtig. Wir freuen uns daher, genauso wie die FDP-Fraktion, dass das Fach Wirtschaft an den Realschulen einen so guten Anklang gefunden hat.
Es gibt aber auch noch einen weiteren Punkt, der besonders wichtig für das Fach Wirtschaft ist. Viele junge Menschen, die die Realschule verlassen, nehmen hinterher eine kaufmännische Ausbildung auf. Im Rahmen dieser kaufmännischen Ausbildung werden sie dann zum ersten Mal tatsächlich mit den Inhalten dieses Faches konfrontiert: Ich weiß nicht, ob hier jeder im Raum weiß, dass eben all diese verschiedenen Aspekte dazuzählen: Volkswirt
schaftslehre, teilweise spezielle Betriebswirtschaftslehre. Die jungen Menschen, die noch nie etwas davon gehört haben, gehen teilweise in Berufe, um dann nach zwei, drei, vier oder fünf Monaten festzustellen, dass diese kaufmännischen Inhalte gar keine Dinge sind, die ihnen liegen und mit denen sie später auch ihr Leben gestalten möchten. Gerade die Realschule mit ihrem besonderen Profil der Berufsvorbereitung hat ja eine wichtige Aufgabe, den jungen Menschen auch schon frühzeitig aufzuzeigen, wo ihre Interessen und Schwerpunkte liegen. So kommt es später nicht zu den entsprechenden Enttäuschungen.
Wichtig wäre uns aber auch, dass es dann, wenn dieses Fach dauerhaft etabliert wird, eine Abstimmung mit den anderen Schulformen gibt; denn wir haben bei uns am Berufsschulkolleg beispielsweise die Höhere Handelsschule, die sich zwei Jahre lang sehr intensiv mit allen Fächern aus dem Bereich der Wirtschaft beschäftigt, oder – ebenfalls am Berufskolleg – das Wirtschaftsgymnasium, das in drei Jahren zum Abitur führt und wo eben alle Inhalte, auch die Inhalte der allgemeinbildenden Fächer, klar wirtschaftlich ausgerichtet sind.
Von daher müsste man schauen, wenn man einen Lehrplan entwickelt, wie man diesen in Kombination mit unseren anderen Schulformen gestalten kann, damit man Überschneidungen vermeidet oder teilweise bei Dingen, die bei einigen Schülern als Grundlage da sind und bei anderen Schülern nicht, nicht in eine solche Falle gerät, um dann hinterher festzustellen, dass die einen Schüler sich im Unterricht langweilen, während die anderen völlig überfordert sind, weil sie eben nicht die Möglichkeit hatten, in diesem Fach schon jahrelang unterrichtet worden zu sein.
Abschließend kann ich sagen: Aus den genannten Gründen begrüßen wir sehr den Antrag der FDPFraktion. Wir freuen uns, dass dieser Modellversuch so erfolgreich gelaufen ist, und wir hoffen darauf – auch im Sinne von Prävention –, dass den jungen Menschen, wenn sie dann wirtschaftliche Grundkenntnisse haben, viele Dinge, die ihnen heute passieren, später in ihrem Leben nicht mehr passieren werden. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Vogt. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Beer.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Gebauer – meine Kollegin Spanier-Oppermann hat es schon einmal gesagt –, das ist ein Antrag zum verfehlten Zeitpunkt. Zurzeit läuft nämlich der Modellversuch noch, und ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass bei Übernahme der rot-grünen Regierung eben dieser Modellversuch weiterlaufen konnte, dass er sogar verlängert worden ist. Das ist ein etwas anderes Umgehen mit Initiativen gewesen, als wir das zum Beispiel mit dem naturwissenschaftlichen integrierten Unterricht unter Schwarz-Gelb erlebt haben, der bei der damaligen Regierungsübernahme von Schwarz-Gelb einfach so aus der Landschaft gefegt wurde. Nun läuft dieser Modellversuch ein Jahr länger. Und ich bitte sehr darum, dass wir zuerst einmal den Bericht abwarten und ihn dann miteinander im Ausschuss diskutieren.
den Bereichen Gesundheit, Verbraucherbildung und Nachhaltigkeit vereinbart, um soziale und ökologische und ökonomische Dimensionen des Lernens auch in der Schule zu diskutieren. Packen Sie Ihren Antrag doch mit dazu, damit wir das gemeinsam besprechen können. Dann können wir den Fragen, die ich gleich formulieren werde, gemeinsam nachgehen.
Ich kenne diese Diskussion um ein eigenständiges Fach Wirtschaft schon seit Jahren. Das ist gar nicht neu. Herr Kaminski geht damit wohl schon 15 Jahre durch die Landschaft. Ich finde es ganz interessant, dass die Wirtschaftsdidaktiker und Wirtschaftswissenschaftlerinnen insgesamt ihre Lehrstühle damit ganz gern noch weiter aufbauen wollen. Das hat durchaus ein Eigeninteresse. Die Argumentationslinien sind immer die gleichen, die füttern sich gegenseitig an. Das würde ich gerne mal hinterfragen; denn die Konzepte sind nicht viel anders geworden. Dass der Ansatz, Dinge rein nach Rationalitäts- und Effizienzgesichtspunkten zu untersuchen, noch State of the Art ist, möchte ich ganz klar infrage stellen.
Ich möchte auch die Praxis infrage stellen, die in den Realschulen nach den Rückmeldungen, die ich erhalten habe, gang und gäbe ist. Danach nämlich geht das Fach Wirtschaft zulasten der politischen Bildung, vorrangig der Ergänzungsstunden. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Das geht überhaupt nicht.
Wir haben unter Schwarz-Gelb ja erlebt, dass das Thema „Politikunterricht“ einen sehr starken wirtschaftslastigen Einschlag bekommen hat. Und wir haben hier im Landtag auch schon gemeinsam festgestellt, dass wir politische Bildung stärken müssen und nicht schwächen dürfen. Da müssen wir, glaube ich, noch mal sehr genau hingucken. Insgesamt nimmt es Stundenanteile aus dem sozialwissenschaftlichen und dem gesellschaftswissenschaftlichen Unterricht heraus, und das mit einem sehr einseitigen Blick auf Gesellschaft. Wir müssen darüber reden, ob dies miteinander verträglich ist.
Ich betone: Ja, ökonomische Bildung und ökonomische Kompetenzen sind ganz wichtig, aber sie müssen sozialwissenschaftlich in einen gesellschaftlichen Diskurs eingebettet werden,
Das zeigt sich leider auch bei den Papieren, die die Lehrstühle zur Unterstützung dieses Modellvorhabens vorgestellt haben. Gleiches gilt für das, was
Wir müssen uns auch verantwortlich Gedanken darüber machen, ob wir eine weitere Atomisierung der Sekundarstufe I mit immer mehr Fächern wollen. Warum soll es dann gerade das Fach Wirtschaft sein, warum nicht das Fach Gesundheit, warum nicht ein eigenständiges Fach Verbraucherbildung? Das ist miteinander zu diskutieren. Da gibt es keine höhere Wertigkeit des Fachs Wirtschaft innerhalb der Sekundarstufe I.
Man kann es multiperspektivisch anders anlegen und die Grundkompetenzen fördern. Herr Brockes, wir wollen eben kein FDP-Fach. Das können wir mit diesem Wirtschaftsverständnis nicht gebrauchen. Es muss breiter aufgestellt sein.
Von daher sind viele Fragen an die Konstruktion, an die Rückmeldungen und an das Curriculum zu stellen, das zugrunde gelegen hat. Auch die einschlägigen Eigeninteressen aus dem Bereich Wirtschaft bzw. Wirtschaftswissenschaften sind zu prüfen. Welche Interessen bestehen bei der Beförderung dieses Fachs? Wenn damit allein das Bild der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft transportiert würde, würde mir das nicht ausreichen.
Aber das würde ich ganz gerne noch untersuchen. Deswegen hätte dieser Antrag einen guten Platz im Rahmen einer Anhörung. Dann können wir das miteinander diskutieren. Ich bin ganz gespannt auf den Bericht und die Auswertung. Diese möchte ich dann gerne sehr genau untersuchen. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen als Lehrerin an einem Berufskolleg mit allen Wirtschaftsfächern darf ich sagen, dass ich den vorliegenden Antrag der FDP durchaus mit freudiger Überraschung zur Kenntnis nehme. Bereits dem einleitenden Satz kann ich zustimmen, was bei Anträgen der Kolleginnen und Kollegen der FDP nicht so oft vorkommt.
„Untersuchungen belegen immer wieder, dass die ökonomischen Kenntnisse von Schülerinnen und Schülern oftmals sehr begrenzt sind.“
Ich darf ergänzen: Nicht nur aus Untersuchungen, sondern auch aus eigener Erfahrung kann ich diesen Satz bestätigen.
Schülerinnen wechseln mit ca. 16 Jahren ans Berufskolleg und bringen – übrigens egal, von welcher Schulform sie kommen – erschreckend wenige Grundlagenkenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhänge mit.
Dabei geht es oft um Wirtschaftsvorgänge, die Schülerinnen unmittelbar betreffen, also der einfachsten Art: Darf ich mit 17 Jahren einen MP3Player kaufen? Was mache ich, wenn dieses Gerät nach sechs Wochen nicht mehr funktioniert, welche Rechte habe ich dann? – Das fängt beim Girokonto an, führt über Handyverträge bis hin zum Kauf des ersten eigenen Autos.
In vielen Bereichen sind junge Menschen nicht darauf vorbereitet, verantwortliches wirtschaftliches Handeln zu zeigen. Wie Sie schon erwähnt haben, sind die finanziellen Folgen oftmals sehr unangenehm.
Diese mangelnde ökonomische Bildung vieler junger Menschen hat aber oft nicht nur desaströse Folgen für ihre persönliche finanzielle Situation, sie hat auch gravierende politische Auswirkungen. Wie soll ein junger Mensch, der schon im privaten Umfeld Probleme mit dem Bereich Wirtschaft hat, als Bürger ein solch komplexes System wie unser Wirtschaftssystem verstehen oder gar kritisch hinterfragen können? Wie soll er als Wähler wirtschaftspolitisch denken und handeln können? Wie soll er als Käufer auch nur ansatzweise die von ihm so oft geforderte global verantwortliche und ethische Kaufentscheidung treffen, und sei es nur bei vergleichsweise einfachen Entscheidungen wie dem Kauf des Frühstückseies oder der Jeans?
Dies gilt natürlich nicht nur für junge Menschen. Auch Erwachsene verstehen die Komplexität wirtschaftlicher Zusammenhänge oft nicht. Wir Politikerinnen und Politiker sollten uns selbst hinterfragen, ob wir immer in der Lage sind, komplexe wirtschafts- und finanzpolitische Zusammenhänge
nachzuvollziehen. – Es gab von der ARD im Rahmen der Abstimmung über den Eurorettungsfonds dazu eine ziemlich erschreckende Analyse.
Wie bei so vielen anderen Problemen in unserer Gesellschaft ist das Schlimme auch hier, dass die Tatsache, dass diese Missstände bekannt sind, bisher eigentlich keine große Veränderung erbracht hat.
Daraus ergibt sich eine sehr unschöne Folgeproblematik: Zwar gibt es durchaus gute und verlässliche Unterrichtsmaterialien, oft aber erschließen sich diese nur den Lehrerinnen, die sich bereits in ihrer
Ausbildung mit dem Fach Wirtschaft befasst haben. Alle anderen, die versuchen, im Rahmen des Unterrichts in anderen Fächern ihren Schülern diesbezüglich Wissen zu vermitteln, sind oft einer Flut von Materialien ausgeliefert, die ihnen vonseiten interessierter Lobbyverbände angeboten werden und die oft zwar didaktisch gut aufgebreitet, aus unserer Sicht aber inhaltlich fragwürdig sind.
All dies sind gute Gründe dafür, ein Fach Wirtschaft mit einem entsprechenden Kernlehrplan einzuführen.
So richtig wir das finden, würden wir uns allerdings wünschen, dass erst die Evaluation zu dem noch laufenden Modellversuch erfolgt. Es wäre vielleicht möglich, eine Zwischenevaluation zu fordern, sodass diese Ergebnisse mit in die Umsetzung eines Faches Wirtschaft einfließen könnten.