Protocol of the Session on June 19, 2013

Ich verweise beispielsweise auf die Stellungnahme des Verbandes „Juristische Gesellschaft für Tierrechte“. Ebenso kann man darauf verweisen, dass das Bundesland Bremen dieses Verbandsklagerecht bereits eingeführt hat. Man könnte auch noch

erwähnen, dass im Saarland, wo es einmal eine Koalition unter Ihrer und unserer Beteiligung gab, bereits ein Verfahren begonnen wurde, um dieses Verbandsklagerecht einzuführen.

Wir gehen davon aus, es gehört selbstverständlich zum Staatsziel Tierschutz, dass Entscheidungen, die zulasten der Tiere getroffen werden, auch gerichtlich überprüft werden können. Andersherum ist das schon der Fall. Es geht darum, dieses Ungleichgewicht zu korrigieren. Insofern gehen wir davon aus, dass es verfassungskonform ist. Das belegen auch entsprechende Stellungnahmen, die verfügbar sind und die in der Anhörung hinreichend beleuchtet wurden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Abel. – Das waren die Kurzintervention und die Antwort darauf, übrigens jeweils ziemlich genau in 90 Sekunden. Vielen Dank.

Als nächster Redner spricht Herr Kollege Busen für die FDP-Fraktion.

Danke. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hochachtung, dass Sie sich trauen, dieses Machwerk heute in unveränderter Form zur zweiten Lesung vorzulegen!

Herr Börner, „Tierschutz – FDP“, wie es bei Ihnen unterschwellig zum Ausdruck kommt – das trifft auch auf Herrn Abel zu –: Wir sind eine Tierschutzpartei. Wir haben daran mitgewirkt

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

hören Sie gut zu –, dass der Tierschutz in die Landesverfassung aufgenommen wurde.

(Beifall von der FDP)

Aber Ihr Gesetzentwurf hilft dem Tierschutz kein bisschen. Das hat auch die vernichtende Kritik in der Anhörung gezeigt. Ich hätte erwartet, dass Sie den Gesetzentwurf danach zurückziehen. Die kommunalen Spitzenverbände haben ausdrücklich erklärt, dass das Gesetz dem Tierschutz mehr schaden als nützen wird, und ganz nebenbei darauf hingewiesen, dass Sie für das Verbandsklagerecht gar keine Gesetzgebungskompetenz haben. Wenn Sie den Vertretern der Kommunen in NordrheinWestfalen wirklich zuhören würden – was Sie immer gerne betonen –, müssten Sie den Gesetzentwurf jetzt zurückziehen.

Die Amtstierärzte, mit einer fundierten Ausbildung für diese Aufgaben, sehen keine Notwendigkeit für dieses Verbandsklagerecht und keinen Gewinn für den Tierschutz. Die Tierärztekammern halten den Gesetzentwurf ebenso in der Sache nicht für notwendig, in der Ausgestaltung für überzogen und dem Tierschutz in NRW nicht dienlich. Der Landes

verband der Tierärztinnen und Tierärzte im öffentlichen Dienst – Ihre eigenen Leute – befürchtet, in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt zu werden und sieht den Tierschutz dadurch ebenfalls nicht verbessert, eher sogar verschlechtert.

Auch die Arzneimittelhersteller sehen bei der ohnehin langen Forschungszeit bei Medikamenten weitere Verzögerungen durch juristische Unsicherheiten und Gerichtsverfahren. Das ist einfach nicht akzeptabel. Die Bürgerinnen und Bürger in NordrheinWestfalen sind dringend auf neue Forschungsergebnisse für lebensrettende Medikamente angewiesen.

Die Landwirtschaftskammer fürchtet eine erhebliche Verunsicherung der Kreditinstitute bei der Finanzierung von Bauprojekten; sie haben Angst vor mutwilligen Klagen. Ich habe auch ein Zitat vom 17. Deutschen Verwaltungsgerichtstag in Münster gefunden:

„Wichtig ist es, Ordnung in den bisherigen Wildwuchs der Verbandsklagen zu bringen und Grund und Grenzen der Verbandsklagen wissenschaftlich zu systematisieren.“

Wissen Sie, wer das gesagt hat? – Ihr Herr Minister Kutschaty.

(Beifall von der SPD)

Er hat es erkannt: Das Verbandsklagerecht ist Wildwuchs. Leider trägt er mit dieser Landesregierung dazu bei, diesen Wildwuchs zu fördern, anstatt ihm Einhalt zu gebieten.

Noch gar nicht erwähnt habe ich den Aspekt des Datenschutzes. Sie wollen mit dem Verbandsklagerecht zulassen, dass persönliche Daten und Betriebsgeheimnisse völlig unkontrolliert auf dem Tisch der Orts- und Kreisgruppen von Tierschutzverbänden und Tierrechtlern landen.

Wer überwacht denn den Umgang der Verbände mit diesen sensiblen Daten? Was ist denn mit radikalen Tierrechtsorganisationen, wie PETA, einer sektenartigen Organisation mit fanatisch agierenden Aktivisten, die sich nicht scheuen, sogar auf Straftatbestände zurückzugreifen, um ihre Ziele durchzusetzen? – Diese Aussage ist übrigens nicht von mir; sie wurde vom OLG Hamburg als zulässige Aussage über PETA festgestellt.

Herr Minister Remmel, Sie weigern sich bis heute, zu bekennen, ob PETA in den Genuss des Verbandsklagerechts kommen wird oder nicht. Herr Minister, Sie haben heute die Möglichkeit, diese Frage im Plenum zu beantworten.

(Beifall von der FDP)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Abel?

Das ist nett von Ihnen. – Bitte schön, Herr Abel.

Vielen Dank, Herr Kollege Busen. – Ich wollte Sie fragen, ob Sie zur Kenntnis nehmen, dass der Gesetzentwurf unter § 3 klare Voraussetzungen für die Anerkennung regelt, unter anderem Kriterien dafür, was rechtsfähige Vereine sind, die sich vom Ministerium anerkennen lassen wollen. Dazu zählen eine mindestens 5jährige …

(Karlheinz Busen [FDP]: Herr Kollege Abel, ich kann die Frage hier akustisch nicht ver- stehen!)

Dann rede ich etwas lauter. Es geht um § 3 des Gesetzentwurfs. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass in dem Gesetzentwurf sehr klar geregelt ist, welche Verbände sich durch das Ministerium anerkennen lassen können und welche nicht?

Ja, das ist mir bekannt. Aber trotzdem möchte ich vom Minister gerne hören, ob er dazu steht oder nicht dazu steht.

(Beifall von der FDP)

Die Auswüchse, die das Verbandsklagerecht bei anderen Naturschutzverbänden wie dem NABU erzeugt, haben wir im Haus bereits diskutiert. Das Beispiel „Mäuse für den Milan“ brauche ich nicht zu wiederholen. Hier höhlt das Verbandsklagerecht den Rechtsstaat massiv aus.

Sie, sehr geehrte Kollegen von SPD und Grünen, können doch nicht ernsthaft so ein Gesetz hier durchwinken. Die Anhörung ist die Beteiligung der Bürger, die Sie immer einfordern. Die Bürger sagen Ihnen: Das Gesetz ist schlecht. Das Gesetz bringt nichts. Es kostet. Es führt zu Rechtsunsicherheiten, zu Investitionsstopps und gefährdet den Datenschutz am hiesigen Standort.

Was machen Sie? – Sie wischen den Bürgerwillen einfach beiseite. Das ist keine Politik für die Gesellschaft. Stoppen Sie diesen unsäglichen Gesetzentwurf! – Danke.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Busen. – Nun spricht für die Piratenfraktion Frau Kollegin Brand.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Jetzt ist ja zu dem Thema „Verbandsklagerecht“ wirklich schon alles gesagt, mehrfach gesagt. Die Pro- und Kontraargumente sind teilweise wortgleich wiederholt worden, ob wir im Ausschuss saßen, ob wir in der Anhörung saßen,

sodass ich mich im letzten Ausschuss an der Debatte gar nicht mehr beteiligt habe, weil ich gedacht habe, nun ist gut.

Leider bleiben die Fronten aufseiten der CDU und der FDP verhärtet. Das ist schade. Ich frage mich, in welcher Anhörung Sie waren. In der Anhörung gab es reichlich Argumente, die für dieses Verbandsklagerecht sprechen.

(Beifall von den PIRATEN und der SPD)

Dementsprechend kann ich nicht nachvollziehen, wie Sie da argumentieren.

Herr Hovenjürgen, Sie sagen, wenn Herr Minister Remmel das Verbandsklagerecht will, dann traut er den eigenen Veterinären nicht.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Wozu brauchen wir denn dann die ganzen Tierschutzvereine und Organisationen, wenn alles so super ist? Die können wir alle abschaffen. Die brauchen wir nicht. Es läuft doch alles super.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Ja, ja.

Eine ähnliche Debatte ist vor ein paar Jahren geführt worden, als es um das Verbandsklagerecht für die Umweltverbände ging. Da hieß es auch: Weltuntergang, die Chemie, die Pharmaindustrie wird uns verlassen. Die werden ins Ausland gehen. Dort wird mit den Tieren noch viel schlimmer umgegangen. Genau die gleichen Argumente bezüglich Umwelt gab es damals auch schon. Was ist passiert? – Nichts ist passiert. Es ist alles wunderbar weitergelaufen.

Und – das ist ja gerade auch schon gesagt worden –: Es gibt ein Entgegenkommen gegenüber der Industrie, gegenüber der Forschung. Das ist die Feststellungsklage. Das ist etwas, was uns nicht weit genug geht. Dementsprechend haben wir einen Änderungsantrag gestellt. Schade. Aber da ist auch das Entgegenkommen gegenüber der Forschung gegeben.

Man muss sich eigentlich fragen: Wenn Sie so eine Angst haben vor vehementen Klagewellen, wie geht es denn dann in Ihren Industrien und bei Ihnen in den Ställen zu? Wie schrecklich werden denn die Tiere da gehalten, wenn Sie das befürchten? Das muss man sich mal fragen.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Busen?