Protocol of the Session on February 28, 2013

Aber, meine Damen und Herren, ich glaube, von so viel Gemeinschaft sind wir jedenfalls nach den Reden, die ich bisher hier und heute im Landtag gehört habe, noch weit entfernt. Gleichwohl sind die Her

ausforderungen, die wir haben, parteiübergreifend anerkannt und groß.

Denn die Brücken in Deutschland bröseln. Die Schlaglöcher werden tiefer. Die vorhandene Infrastruktur ist an ihrer physikalischen Grenze angekommen. Noch haben wir in Nordrhein-Westfalen eine gute Infrastruktur. Das muss man bei der Gelegenheit einmal sagen.

Aber Fakt ist, dass alleine 375 Brücken des Bundes hinsichtlich ihres baulichen Zustandes als kritisch beurteilt werden, jedenfalls nach der Bundesanstalt für Straßenwesen, die das 2009 einmal aufgelistet hat. Die meisten Brücken und Straßen sind enormen Belastungen ausgesetzt, für die sie einfach nicht gebaut sind.

Meine Damen und Herren, die Beeinträchtigungen, die durch den Zerfall unserer Infrastruktur für die Mobilität unserer Bürgerinnen und Bürger entstehen, sind erheblich, und zwar in wirtschaftlicher, in ökologischer und auch in ökonomischer Hinsicht. Wir haben es in Leverkusen und Köln schon erlebt, wo wir zwei gravierende Fälle haben, die gelöst werden müssen. Deshalb sind wir auch parteiübergreifend in der Diskussion, wie wir zu einer dauerhaften und soliden Finanzierung unserer Infrastruktur kommen können.

Die Diskussion, die wir in der letzten Woche mit Dr. Daehre im Verkehrsausschuss begonnen haben, der uns den Kommissionsbericht zur Zukunft der Infrastrukturfinanzierung vorgestellt hat, hat drei Erkenntnisse deutlich gemacht:

Erstens. Unsere Infrastruktur ist chronisch unterfinanziert.

Zweitens. Der Bund muss die Finanzierung dauerhaft gewährleisten und eine zweckentsprechende Verwendung sicherstellen.

Drittens. Wir brauchen zusätzliche nutzerfinanzierte Mittel, die verursachergerecht erhoben werden.

Meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass wir uns in diesem Zusammenhang für eine Ausweitung der Lkw-Maut einsetzen. Denn schließlich belasten die Lastkraftwagen die Straßen um ein Vielfaches mehr als Pkw. Sie müssen deshalb für die stärkere Inanspruchnahme auch stärker herangezogen werden.

Wir werden aber auch weiterhin – davon werden Sie uns nicht abhalten, Herr Schemmer – einfordern, dass unser Land entsprechend seiner verkehrlichen und wirtschaftlichen Bedeutung bei der Vergabe von Finanzmitteln und bei der Berücksichtigung von Projekten berücksichtigt wird. Wir nehmen die Benachteiligung des Landes NordrheinWestfalen nicht länger hin.

Dies alles hat auch etwas mit dem Haushalt des Landes zu tun, insbesondere der Unterfinanzierung des ÖPNV und auch der Straßen und Wege. Die

sogenannten Entflechtungs- und Regionalisie

rungsmittel müssen dauerhaft gesichert und in Nordrhein-Westfalen besser verteilt werden. Das Land Nordrhein-Westfalen leistet im Rahmen seiner eigenen finanziellen Handlungsmöglichkeiten auch eigene Beiträge. Das wollen Sie nicht hören, Herr Schemmer. Sie unterhalten sich freundlich mit Ihren Kollegen. Aber Sie würden besser mal zur Kenntnis nehmen, dass das Land auch für den ÖPNV natürlich Geld leistet,

(Beifall von der SPD)

und zwar genau da, wo Sie streichen wollen. Zum Beispiel das Sozialticket: 30 Millionen € ist auch viel Geld. Das nehmen Sie anscheinend nicht zur Kenntnis, sondern sie wollen es streichen. Das ist aus unserer Sicht auch keine Lösung.

Es bleibt auch im Landesstraßenbau bei dem Grundsatz des Erhalts von Neubau. Für uns stehen die Sicherung und der Erhalt des vorhandenen Straßennetzes im Vordergrund unserer Politik. 80 Millionen € für ein 12.000 km langes Straßennetz sind auch Geld. Das ist eine erhebliche Leistung, die wir hier bringen. Kein Cent und kein Euro werden hier gekürzt. Wir gehen in den Landesstraßenneubau mit 44 Millionen €. Das ist schmerzhaft, aber es ist kein Stillstand, den wir erzeugen, sondern wir setzen klare Prioritäten. Wir hinterlassen Ihnen, Herr Schemmer, keine Bauruinen, die Sie gemeinsam mit dem Bund der Steuerzahler und Ihren Parteifreunden besichtigen. Den Gefallen werden wir Ihnen nicht tun. Wir konzentrieren uns auf das Machbare und werden gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern weiterhin ehrlich sein.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Es ist kaum zu ertragen, wie schizophren Sie sich hier darstellen. Auf der einen Seite wollen Sie, dass wir weiter investieren, auf der anderen Seite klagen Sie beim Verfassungsgerichtshof gegen die Verschuldung. Man muss sich schon in einem intellektuellen Wachkoma befinden, um das so zu sehen, wie Sie das tun.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir tragen jedenfalls auch schmerzhafte Einsparungen mit. Wir sind angesichts der Schuldenbremse gezwungen, hier aktiv zu werden. Es ist die Kunst gefragt, mit weniger Mitteln mehr zu bewirken. Wir stellen uns dieser Herausforderung. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Breuer. – Nun spricht Herr Ellerbrock für die FDPFraktion. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollegin Schneckenburger, Sie hatten eben gesagt, Sie könnten nicht wahrnehmen,

dass Schwarz-Gelb im Baubereich eine höhere Leistungsfähigkeit und Effizienz hatte als Sie. Das zeigt für mich, dass Ihre subjektive Wahrnehmung der Realität doch deutlich hinter meiner objektiven Darstellung der Realität zurückbleibt.

(Beifall von der FDP und der CDU – Lachen von der SPD)

Das wollen wir einmal so festhalten.

(Jochen Ott [SPD]: Wie geil ist das denn?)

Kollege Groschek, Sie haben etwas Positives gesagt, indem Sie sagten, wir haben einen gemeinsamen Weg vor. Wir haben ein Kooperationsangebot gemacht. Wenn Sie dabei noch deutlicher sagen würden, dass es Ihnen in besonderem Maße darauf ankommt, privates Kapital für öffentliche Aufgaben verfügbar zu machen und wir das hier nicht diskriminieren dürfen, dann ist das sicherlich eine Aussage, die uns durchaus das weitere Begleiten Ihrer Politik erleichtert.

Meine Damen und Herren, zum Verkehrshaushalt. Herr Breuer hat eben gesagt, der Bereich Verkehr ist unterfinanziert. Das stimmt. Wir müssen deutlich machen: Über Jahrzehnte in unterschiedlicher Farbgestaltung hat der Bund Mineralölsteuer, Kraftfahrzeugsteuer für andere Aufgaben zweckentfremdet. Das müssen wir festhalten.

(Oliver Bayer [PIRATEN]: Stimmt!)

Zweitens. Die Forderung, dass für das marode Infrastrukturnetz, das wir als Transitland haben, dringend gehandelt werden muss, eint uns, glaube ich, auch. Wer jedoch Forderungen nach Berlin stellt, muss den Eigenanteil, letztendlich eine Vorbildfunktion wahrnehmen. Dem wird die Mittelverteilung, die Sie hier vornehmen, natürlich nicht gerecht.

Kollege Schemmer hat doch recht, wenn er sagt, dass da eine Falschdeklaration – ich wollte jetzt nicht Rosstäuscher sagen – erfolgt. Erhalt vor Neubau! Die Neubaumittel werden in erheblichem Umfang gestrichen. Die Erhaltmittel werden konstant gehalten.

(Gordan Dudas [SPD]: Da sagt der Bund et- was anderes!)

Oder wie hat mein Kollege Brockes ausgerechnet? Mit 110.000 € mehr – das sind gerade mal 0,65 % der vorgenommenen Kürzungen! Wer das als eine Falschdeklaration darstellt und versucht, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken: „Jawohl, wir nehmen Neubaumittel heraus, und die bringen wir in den Erhalt“, dann stimmt das was nicht. Das macht es in der Diskussion mit Berlin auch schwierig, dort finanzielle Forderungen abzurufen. Denn dort wird man sagen: Dann investiert erst einmal mit euren eigenen Möglichkeiten. Was in den letzten Jahren war, schreibt es zumindest fort und kümmert euch um eure eigene Infrastruktur. Punktum.

Ich glaube, wir sind gut beraten, dass sich in dieser Situation – Herr Schemmer, das ist sicherlich auch Ihre Meinung – die Regierung auf uns zubewegen sollte. Denn die Forderungen müssen wir gemeinsam stellen.

(Jochen Ott [SPD]: Herr Ellerbrock, Sie viel- leicht! Nicht Herr Schemmer!)

Sonst kommen wir gar nicht zu Potte.

Kollege, was hatten Sie? – Der Kollege hatte eine Wortmeldung verbal dargestellt.

(Allgemeine Heiterkeit)

Der Kollege muss noch lernen, dass die Wortmeldung nicht durch Zwischenbrüllen, sondern durch das Drücken des roten Knopfes angemeldet wird. Eigentlich müsste es ihm leichtfallen, diesen Knopf zu drücken.

(Beifall von der FDP – Jochen Ott [SPD]: Reinbrüllen macht mehr Spaß!)

Hier müssten wir natürlich auch eins sagen: Warum werden wir denn schlechter vom Bund behandelt als andere Länder? Uns fuchst das auch. Aber wenn wir die Planungen überall zurückfahren und die Baureife nicht nachweisen können, wird das schwierig.

(Beifall von der FDP – Jochen Ott [SPD]: Propaganda! Das stimmt doch gar nicht!)

Kollege Schemmer, ich sage noch einmal – wir hatten uns ja darüber unterhalten –: Wir müssen bei allen sachlichen Differenzen, die wir haben, gegenüber Berlin gemeinsame Wege finden, mit einer Stimme zu sprechen. Wer uns beide kennt: Der Konsens ist dem Kollegen Schemmer und mir schon genetisch in die Wiege gelegt worden.

(Lachen von der SPD)

Ich verstehe das Lachennicht. Sie können gerne Frau Kollegin Schneckenburger fragen, ob ich konsensorientiert bin oder nicht. Oder fragen Sie Frau Voigt-Küppers!

(Dennis Maelzer [SPD]: Sie schon, aber Herr Schemmer doch nicht!)

Kollege Schemmer ist in manchen Aussagen etwas überpointiert, aber in der Zielrichtung haben wir überhaupt keine Probleme. Ich habe auch manchmal meine Schwierigkeiten, gebe ich zu. Aber in der Zielrichtung sind wir uns einig. Ich glaube, Kollege Schemmer wird mit am Gipfel stehen und sagen: Herr Groschek, wissen Sie noch damals in Ihrer kurzfristigen Regierungszeit: Sie sind einen Weg gegangen, den wir woanders mitgegangen sind. – Schönen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Ellerbrock. Zeitlich eine Punktlandung. – Als Nächster spricht für die grüne Fraktion Herr Beu.

Meine Damen und Herren! Wenn ich richtig mitgehört und mitgezählt habe, ist es der zehnte Einzelplan, den wir gestern und heute beraten. Und es ist das zehnte Mal, dass ich von Vertretern der Opposition sowohl der CDU als auch der FDP gehört habe, dass hier viel zu viel gespart würde, viel zu wenig Geld ausgegeben würde. Das ist genau an dem Punkt hier wieder gesagt worden nach dem Motto, wir würden viel zu wenig Geld für den Straßenbau ausgeben.