Wir Liberalen haben ein umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis. Es setzt sich aus drei Komponenten zusammen. Da, meine Damen und Herren von den Grünen, ist eben doch der Unterschied zwischen uns zu sehen. Sie verengen das in Ihrem Antrag leider rein auf die ökologische Nachhaltigkeit. Das wird aus unserer Sicht der Bedeutung der Branche aber nicht gerecht. Zur Nachhaltigkeit gehört mehr, nämlich gleichberechtigt auch die ökonomische und die soziale Nachhaltigkeit auf der Basis unserer sozialen Marktwirtschaft. Hierauf hatten wir auch bereits im Vorfeld hingewiesen.
Deshalb wollen wir dies auch – so wie es der Kollege der CDU formuliert hat – gemeinsam in der Enquete aufgreifen.
Meine Damen und Herren, zum Beispiel setzt sich die Chemieindustrie in Nordrhein-Westfalen bereits aus eigenem Antrieb seit vielen Jahren für eine Verbesserung der Energie- und Ressourceneffizienz ein. Sie hat es als energieintensive Industrie bereits geschafft, Wirtschaftswachstum und CO2Ausstoß zu entkoppeln. Meine Damen und Herren, von 1999 bis 2009 wurde der Ausstoß von Treibhausgasen um 48 % gesenkt, während die Produktion gleichzeitig um 42 % gestiegen ist.
Ich komme zum Schluss. – Unsere Aufgabe muss es sein, das Ganze in den Blick zu nehmen und dazu beizutragen, die Zukunftsfähigkeit der Chemie hier in Nordrhein-Westfalen zu sichern. Damit sie auch zukünftig international wettbewerbsfähig ist, sollten wir einen Weg erarbeiten, wie die Politik verlässliche Rahmenbedingungen bieten kann. Wir sollten also nicht zu kurz springen bei dieser Enquete. Die Chancen und Herausforderungen für den Standort Nordrhein-Westfalen sollten wir umfassend betrachten. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Zuschauer, natürlich auch vor allem zu Hause! Es geht hier um die Einrichtung einer Enquetekommission, die dafür sorgt, dass sich alle Fraktionen für einen längeren Zeitraum einem bestimmten sehr komplexen Thema widmen können. Dafür werden zusätzliche finanzielle und zeitliche Ressourcen bereitgestellt.
Konkret geht es hier um die Zukunft der chemischen Industrie in Nordrhein-Westfalen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Also es geht um eine Querschnittsbranche, von der fast alle anderen Branchen des sekundären Sektors abhängen, nicht nur in NRW. Die chemische Industrie ist ein stabiler Innovationskristallisationspunkt für NRW und seine Wirtschaft. Über eine sehr lange Zeit hat er andere Krisen solide überdauert, wie Herr Markert bereits anmerkte.
Ob nun Nanotechnologie oder Biomimetik, die chemische Industrie ist oft Ausgangspunkt dessen, was wir gern mit Ehrfurcht als Schlüsseltechnologie oder Basisinnovation bezeichnen.
Dass wir in Nordrhein-Westfalen gleich mehrere Agglomerationen rund um Großunternehmen und ihre Spin-offs haben, bietet uns Chancen für mehr und schafft Verantwortung. Denn so sehr ich die chemische Industrie auch herzlich lobe, so muss ich sie auch scharf kritisieren. Sie bringt nicht nur Lösungen für unsere Probleme, sondern sie schafft auch durch Lösungen und andere chemische Produkte wieder neue Probleme.
Besonders deutlich wird dies immer wieder bei den chlororganischen Produkten. Zwar werden DDT, FCKW und PVC nicht mehr oder deutlich seltener verwendet, und Herstellungsprozesse sind weniger gefährlich geworden, doch Altlasten bedrohen uns bis heute. Ich verweise nur auf die hohe PCBBelastung, die aktuell in vielen öffentlichen Gebäuden wie Hochschulen und Schulen festgestellt wird. Solche Katastrophen darf man nicht als Relikt der Vergangenheit abtun. Da hilft wachsam bleiben.
Ein weiteres Problem der chemischen Industrie bietet gleichzeitig eine Reihe großer Chancen, sofern frühzeitig Alternativen aufgegriffen werden. Fossile Rohstoffe sind nicht ubiquitär. Das werden wir immer stärker auch in der chemischen Industrie merken, nicht nur am Preis der Ressourcen. Hinzu kommt der Wunsch zur CO2-Reduzierung. Herr Schmeltzer bemerkte es. Langfristig planen ist da entscheidend.
Die chemische Industrie konkurriert hierbei mit der Energiewirtschaft. Die Energiewende in unterschiedlicher Ausprägung ist immer auch eine Roh
Wie verhalten sich Energiewende und Entwicklung der chemischen Industrie zueinander? Gute Frage. Der Antrag stellt die Dekarbonisierung und die Fragen dazu in den Mittelpunkt der Enquete. Der Ergebnisfindung wird jedoch nicht viel Raum gegeben. In ganz bestimmter Weise sollen Nachhaltigkeitsaspekte beleuchtet werden. Mir ist da der Blick etwas zu eng und auch die Lösung etwas zu vordefiniert. Eine Enquetekommission ist keine PR-Veranstaltung für bestimmte Technologien oder Anbieter.
Der Antrag setzt auch darauf, dass Wissenschaft und Forschung spezielle Wege gehen sollen. Freie Wissenschaft und bahnbrechende Innovationen erreicht man jedoch nicht durch deutliche Wegweiser, sondern durch den Mut, viele Pfade zu versuchen. Bei der Entwicklung neuer Technologien und deren Anwendung werden neue Wege beschritten, die die Folgeentwicklung mitbestimmen. Das Betreten
gänzlich neuer Pfade führt zu Entwicklungsfeldern, die ansonsten nicht hätten beschritten werden können.
Wenn wir das Ziel und die Richtung vorgeben, behindern wir womöglich Innovationen. Suboptimale Wege können nur mit hohem Aufwand verlassen werden. Das betrifft die Entwicklung der chemischen Industrie in NRW genauso wie die Arbeit in der Enquetekommission, eine Arbeit, die sehr fruchtbar sein kann, die aber nur funktioniert, wenn man alle Akteure einbindet. Das sind gerade bei diesem Thema sehr viele. Die Unternehmen, klein wie groß, sind in dem Fall Partner, nicht Gegner oder Problem. Die Beteiligung sollte breit, die Informationsgerechtigkeit gegeben sein. Wir appellieren daher an Sie alle, eine größtmögliche Öffentlichkeit bei der Enquetekommission herzustellen.
Die Enquetekommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ des Bundestages hatte am 5. November 2012 eine Sitzung zum Thema „Nachhaltiges Wirtschaften am Beispiel der Chemiebranche“, also zu hundert Prozent unser Thema. Diese öffentliche Anhörung wurde aufgezeichnet, und es ist möglich, sie sich im Nachhinein anzuschauen, sich umfassend zu informieren. Das ist wunderbar, denn sie bietet eine gute Grundlage, um sich anschließend direkt in die Arbeit der hier beantragten Enquetekommission zu stürzen. Das möchten wir gerne tun. – Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Bayer. – Nun spricht für die Landesregierung in Vertretung des Wirtschaftsministers, Herrn Duin, Frau Wissenschaftsministerin Schulze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie alle wissen, die Landesregierung schöpft alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel aus, um einer absehbaren Ressourcen- und Rohstoffverknappung zu begegnen, um die Folgen des Klimawandels zu mindern und um die hohen Umweltstandards im Land zu halten; denn sie nutzen den Menschen.
Bei allen ökologischen Herausforderungen treten wir aber gleichzeitig dafür ein, dass erstens Unternehmen in Nordrhein-Westfalen Rahmenbedingungen vorfinden, mit denen sie auch im internationalen Wettbewerb erfolgreich bestehen können, und dass zweitens langfristig gute und sichere Arbeitsplätze für die Menschen in diesem Land auch und ganz besonders in der Industrie erhalten bleiben und neu geschaffen werden. Kurz: Wir setzen auf eine Strategie der Nachhaltigkeit in drei Dimensionen, nämlich in der sozialen, in der ökologischen und in der ökonomischen Dimension. Wirtschaft ist langfristig nur dann erfolgreich, wenn die richtigen ökologischen, sozialen und ökonomischen Akzente für die Zukunft gesetzt werden.
Unter diesen Maßgaben wollen wir die Weichen für einen ökologischen Strukturwandel stellen, bei dem den Menschen gleichzeitig ein gutes Einkommen und ein Leben in Wohlstand ermöglicht werden. Um den Weg dieser Nachhaltigkeit auf eine solide Basis zu stellen, kommt der chemischen Industrie eine Schlüsselposition zu. Sie ist zentraler Marktlieferant für zahlreiche Branchen. So wirken Innovationen in der Chemie in viele andere Sektoren hinein. Die Chemie hat damit die Chance, Motor der Erneuerung für die gesamte Industrie zu sein.
Nordrhein-Westfalen als Chemieregion Nummer eins in Deutschland und in Europa kommt dabei eine ganz besondere Verantwortung zu. In der Chemie in Nordrhein-Westfalen erfolgreich durchgesetzte Maßnahmen und Handlungsstrategien haben ein großes Gewicht, sogar im globalen Maßstab. Wir wissen, die Chemie hat in der Vergangenheit schon viel für eine ressourcenschonende Erneuerung ihrer Produktion geleistet. Die Chemie hat es geschafft, ihren Energieverbrauch vom Produktionswachstum abzukoppeln. Während die chemische Produktion seit Beginn der 90er-Jahre um 58 % gestiegen ist, konnten die Unternehmen den Energieeinsatz um 20 % senken. Die Kohlenstoffdioxidemissionen reduzierten sich im gleichen Zeitraum sogar um 48 %.
In beachtenswerter Weise hat die Chemie diesen respektablen ökologischen Erfolg erzielt, während sie gleichzeitig nach wie vor auf einer ökonomisch hervorragenden Position im internationalen Wettbewerb steht. Das mag auch daran liegen, dass sich an vielen Stellen ökonomischer Erfolg und ökologisches Engagement wechselseitig befruchten. So betont die Industrie immer wieder selbst, es liege in ihrem ureigenen ökonomischen Interesse, alles
Um nur einen Aspekt zu nennen: Weltweit immer knapper verfügbare Rohstoffe verschaffen bei steigenden Energiepreisen alternativen und effizienten Produktionsformen immer größere Wettbewerbsvorteile. Die nordrhein-westfälische chemische Industrie ist in dieser Hinsicht globaler Vorreiter. Es gilt, die momentan gute Position der nordrhein
westfälischen chemischen Industrie zu stärken, weiter auszubauen und dabei auch den eingeschlagenen Weg der ökologischen Erneuerung zu unterstützen. Deswegen ist der von den Grünen vorgeschlagene Weg der Enquetekommission zur Zukunft der chemischen Industrie ein guter Weg.
Das Arbeitsvorhaben der Kommission ist sehr ambitioniert, aber darüber können wir ganz sicher einen Weg finden, um das Thema der industriellen Erneuerung auf ein breites gesellschaftliches Fundament zu stellen. Denn es ist ein weiteres Ziel der Landesregierung, die Akzeptanz der Industrie in NordrheinWestfalen zu stärken.
Wenn wir die Debatte um die Rolle der chemischen Industrie für eine nachhaltige Wirtschaft mit der Enquetekommission weiter vorantreiben und auf eine möglichst breite Basis stellen, stärkt das auch die Akzeptanz der Chemie in der Bevölkerung. So hat die Kommission neben der Erarbeitung der fachlichen Ergebnisse die Chance, einen weiteren wichtigen Aspekt für die Zukunft zu stärken und bei den Menschen zu verankern. Wir müssen die chemische Industrie als Teil der Lösung unserer zukünftigen Herausforderungen betrachten und nicht als Verursacher unserer Schwierigkeiten.
Unter diesen Maßgaben unterstützt die Landesregierung den Antrag der Grünen auf Einrichtung der vorgeschlagenen Enquetekommission. – Herzlichen Dank.
Damit sind wir am Ende der Beratung zu dem Antrag Drucksache 16/1630 – Neudruck – und kommen zur Abstimmung. Es ist direkte Abstimmung beantragt worden. Wer stimmt dem Antrag so zu? – Die Piratenfraktion, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP. Stimmt jemand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.
Die Fraktionen und die vorgesehenen Rednerinnen und Redner haben sich darauf verständigt, die Ausführungen zu Protokoll zu geben. (Siehe Anla- ge 1)
Damit kommen wir direkt zur Abstimmung. Der Rechtsausschuss empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/1644, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1182 unverändert anzunehmen. Wer stimmt dem zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist es einstimmig so beschlossen.