Protocol of the Session on April 5, 2017

tigungsverhältnis. Indem der Abfragebereich eingeschränkt wird, entfallen daher mit einem Federstrich rd. 1.000 befristet beschäftigte Arbeitnehmer im Geschäftsbereich des Wissenschaftsministeriums aus dem Vergleich. Zum 30.06.2010 waren laut Vorlage des Finanzministers vom 10. September 2015 512 befristet beschäftigte Arbeitnehmer im Geschäftsbereich des Wissenschaftsministeriums tätig.

Unabhängig davon sind Daten wegen der unterschiedlichen Stichtage (30.06. zum 31.12.) nicht vergleichbar, da Einstellungstermine nicht gleichmäßig berücksichtigt werden.

Dies alles zeigt, wie unseriös und irreführend ein solcher Vergleich der Zahlen vom 30.06. 2010 mit denen zum 31.12.2016 wäre. Sollte man dennoch aus politischen Motiven die beiden Stichtage vergleichen, um einen möglichst hohen Rückgang darzustellen, ergibt sich ein rechnerischer Rückgang von 14,1 Prozent, dies entspricht der Angabe des Finanzministers in seiner Vorlage vom 7. März 2017 von „mehr als 14 Prozent“.

Von welchen genauen Grundlagen ist der Finanzminister bei seiner Berechnung zum Rückgang der befristeten Beschäftigungsverhältnisse beim Land von „mehr als 14 Prozent“ ausweislich der Vorlage 16/4828 ausgegangen?

Ich bitte Herrn Minister Walter-Borjans, diese Fragen für die Landesregierung zu beantworten. – Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Herr Optendrenk, Herr Lohn, Sie haben danach gefragt, wie ich seinerzeit in meiner Antwort im Haushalts- und Finanzausschuss – wir haben auch hier im Plenum darüber gesprochen – zum Abbau der befristeten Beschäftigungsverhältnisse in einer Größenordnung von gut 14 % gekommen bin.

Wir haben damals über zwei Zahlen geredet, auch gestritten. Die eine bezog sich auf die Frage, wie viel Prozent der Beschäftigungsverhältnisse im Land insgesamt befristet sind. In diesem Punkt bleibe ich definitiv dabei, dass man nicht von vornherein die Beschäftigungsverhältnisse, die per se unbefristet sind, nämlich die Beamten, aus der Rechnung herausnimmt. Der große Teil der Beschäftigungsverhältnisse im Land unterliegt keiner Befristung. Die zusätzlichen Tarifbeschäftigten zählen zu dieser Gesamtheit dazu. Deswegen gibt es daran auch nichts zu ändern. Nur deutlich unter 5 % der Beschäftigungsverhältnisse des Landes Nordrhein-Westfalen sind befristet.

Die zweite Frage bezog sich darauf, wie die -14 % gegenüber dem Regierungsantritt 2010 zustande gekommen sind. Diese Berechnung habe ich seinerzeit auch in den schriftlichen Vorlagen dargelegt. Es geht hier also mitnichten um irgendeine Form von Intransparenz oder falscher Darstellung, sondern darum, dass bestimmte Daten schlicht und ergreifend in einer absolut vergleichbaren Form nicht vorlagen. Mangels anderer Möglichkeiten mussten die Zahlen zum Stichtag 30.06.2010 laut IT.NRW mit den von der Landesregierung erhobenen Zahlen zum Stichtag 31.12.2016 verglichen werden.

Ich habe damals in der Vorlage an den Haushalts- und Finanzausschuss ausgeführt, dass dieser Vergleich zweier Bereinigungen bedarf. Die erste Bereinigung, die notwendig ist, um zu eine genauen Vergleichszahl zu kommen, ist die um die Angaben für Landtag und Landesrechnungshof. Diese ist auch vorgenommen worden.

Die zweite Bereinigung ist eine Bereinigung um das nicht haushaltsfinanzierte Personal der Kunst- und Musikhochschulen. Diese zweite Bereinigung ist nicht bezifferbar, da aus den von IT.NRW erhobenen Daten das haushaltsfinanzierte Personal der Kunst- und Musikhochschulen nicht herausgefiltert werden kann. Deswegen konnte sie zahlenmäßig nicht dargestellt werden; ich habe darauf ausdrücklich hingewiesen.

Ich habe Ihnen aber eine Alternativberechnung mitgebracht, weil ich den Einwand verstehen kann und im Haus auch nachgefragt habe, ob es denn eine Möglichkeit gibt, diesen verzerrenden Effekt, der die Zahl möglicherweise als zu hoch ausweist, nachzuvollziehen und zu schauen, wie es denn aussieht, wenn man es so weit wie möglich bereinigt.

Ich glaube, dass das Ergebnis, das dabei herauskommt, noch einmal deutlich macht, dass die Größenordnung absolut richtig ist. Wir haben jetzt Zahlen von IT.NRW zum Stichtag 30.06.2015; hier ist die Einschränkung zu machen, dass es neuere Zahlen von IT.NRW nicht gibt.

Insofern haben wir die aktuellste Zahl vom 30.06.2015 mit der Zahl vom 30.06.2010 – also beide Male zum 30.06. – verglichen. Wenn man diese Zahl nimmt, dann hatten wir am 30.06.2010 Zeitverträge in der Größenordnung von 14.863; fünf Jahre später waren es 12.893. Das wäre ein Rückgang von 13,3 %. Die Tendenz, die Größenordnung wird also auch durch diese Zahlen, die sich allerdings auf fünf Jahre beziehen, in etwa bestätigt.

Die unterschiedlichen Stichtage wären nach unserer Auffassung kein Problem gewesen, weil hier nicht von ungleichmäßigen Berücksichtigungen von Einstellungsterminen ausgegangen werden kann; denn die Einstellungstermine gelten im Wesentlichen für Beamte. Insofern macht das hier zwischen dem

30.06. und dem 31.12. keinen allzu großen Unterschied.

Tatsache ist also: Wenn wir das, was uns jetzt vorliegt und bereinigt ist, zugrunde legen, dann bleibt es dabei: Die Landesregierung hat auch in diesem Bereich die Stellen deutlich abgebaut. Ich kann für meinen Bereich noch einmal unterstreichen, dass wir mit dem Instrument der Befristung sehr zurückhaltend umgegangen sind und dass die Zielsetzung definitiv darin besteht, keine Befristungen auszusprechen. Deswegen sage ich noch einmal für das Finanzministerium – daran wollten Sie die Diskussion hochziehen –: Die 50 befristeten Stellen sind definitiv weder sachgrundlos befristet noch im Ziel befristet. Gerade deshalb sind sie gemeinsam mit den Gewerkschaften einvernehmlich als Pilotversuch auf den Weg gebracht worden.

In anderen Bereichen gilt das Gleiche. Wir wollen alle Möglichkeiten nutzen, die Befristungen herunterzufahren. Insofern ist es ganz interessant, an dieser Stelle zu sehen: In der ganzen Debatte wird nicht einmal die Position deutlich, die Sie einnehmen – ob Sie für oder gegen Befristungen sind und wie Sie sich im Einzelnen dazu stellen –, sondern es geht hier nur um die Frage der Glaubwürdigkeit, die Sie gerne ankratzen möchten, weil der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei und die Ministerpräsidentin dieses Landes deutlich gemacht haben, dass wir auf Befristungen verzichten wollen. Sie aber möchten das an diesen Zahlen widerlegen.

Ich sage Ihnen noch mal: Die Zahlen sind deutlich zurückgegangen, und das Ziel, die Befristungen. wo eben möglich. so weit wie möglich auszuschließen, bleibt bestehen.

Vielen Dank, Herr Minister. – Zu einer Frage hat sich Herr Dr. Optendrenk gemeldet.

Herzlichen Dank zunächst. – Herr Minister, Sie haben jetzt sehr ausführlich dargelegt, welche Bereinigungseffekte Sie in Ihren Vorlagen auch bezogen auf das jeweilige Stichdatum 30.06. vorgenommen haben. Könnten Sie uns genau darstellen, in welchen Arbeitnehmerbereichen in der Landesverwaltung es vorgegebene feste Einstellungstermine in dem Zeitraum zwischen 30.06. und 31.12. gibt?

Vielen Dank, Herr Dr. Optendrenk. – Herr Minister, bitte schön.

Diese kann ich Ihnen jetzt aufgrund der Unterlagen, die mir hier vorliegen, so nicht mitteilen. Diese müssten wir

im Wege einer Abfrage ermitteln und würden sie Ihnen dann vorlegen.

Danke schön. – Herr Kollege Witzel zu einer Frage.

Vielen Dank, Herr Präsident, für die Gelegenheit einer Nachfrage. – Herr Finanzminister Dr. Walter-Borjans, Sie haben gerade gesagt, im Kontext dieser Fragestellung der CDU stehe das Thema „Glaubwürdigkeit“. Das animiert mich zu meiner Nachfrage.

Sie wissen aus zurückliegenden Plenardebatten, dass wir als FDP-Landtagsfraktion durchaus Verständnis für bestimmte Konstellationen von Befristungen haben; das haben wir auch deutlich gemacht.

Meine Frage an Sie: Wenn Sie sich den Hochschulbereich anschauen, der gerade für viele junge Menschen der Berufseinstieg ist – auch schon studienbegleitend –, und die Stellen ja, weil sie nicht als Planstellen im Landeshaushalt ausgewiesen sind, sondern aus im Regelfall globalen Mitteln des Wissenschaftsbereichs finanziert werden, zu einem sehr hohen Anteil befristet sind – nicht nur für den Sachgrund der Fertigstellung einer Promotion, sondern auch für diejenigen, die sich ihr Studium nebenher am Lehrstuhl verdienen –: Über welche Dimensionen reden wir da und wie bewerten Sie das?

Danke schön. Herr Minister bitte schön.

Sie sprechen jetzt einen ganz bestimmten Bereich an, und zwar nicht bloß den der Hochschulen, sondern insgesamt. Wenn es um nicht besetzte Stellen oder Stelleneinrichtungen oder um befristete Stellen geht, besteht in der Wirtschaft die Möglichkeit, eine Stelle zu schaffen und sie unbefristet zu besetzen.

Bei uns hingegen besteht die Möglichkeit im Regelfall nur dadurch, dass man sie im Haushalt einrichtet. Das heißt, wenn Sie im Vorlauf schon etwas ermöglichen wollen, besteht da eine andere Form der Notwendigkeit, eine Vorabbefristung als früheren Einstieg zu ermöglichen. Bei den Hochschulen ist es so, dass die Landesregierung natürlich nicht in jedem Bereich darauf durchgreifen kann. Das beträfe letztlich eine gesetzliche Regelung über die Möglichkeit von Befristungen.

Ich kann dazu nur sagen: Genau wie in allen anderen Bereichen gilt das Grundprinzip, dass in der Vergangenheit in den verschiedensten Bereichen mit Befristungen auch schon eine Menge an Schindluder getrieben worden ist. Das führte dazu, dass Menschen

keine persönliche Planung in Angriff nehmen konnten. Überall dort, wo das der Fall ist, muss diese Befristung beendet werden. Das haben wir im Bereich der Justiz in einer ganzen Reihe von Fällen gemacht.

Im Falle der gesetzlichen Umsetzung wird es immer wieder Einzelfälle geben, bei denen es sowohl in der Wirtschaft wie auch im öffentlichen Bereich besondere Härten geben kann. Das ändert nichts an dem Grundsatz, dass in einem ganz überwiegenden Maße befristete Stellen nicht geeignet sind, um jemanden eine Lebensperspektive zu geben.

Vielen Dank, Ich meinte eigentlich Freifrau von Boeselager, aber das ist egal. Es ist ja der Kollege Lohn, der sich gemeldet hat.

(Werner Lohn [CDU]: Das haben Sie gut er- kannt!)

Herr Kollege Lohn, bitte schön.

Vielen Dank Herr Präsident. Herr Minister, ich habe am Anfang eine politische Frage an Sie, weniger eine nach konkreten Zahlen oder Fakten. Befristete Beschäftigungsverhältnisse sind ja bekanntlich auch sachgrundlos möglich. Sind sachgrundlose Befristungen nach Auffassung der Landesregierung ein großes Übel für die Gesellschaft?

Grundsätzlich ja, aber der Punkt ist ja der – das habe ich eben auch angesprochen –: Wenn ein Gesetz dazu formuliert wird, dann muss man das immer auch im Kontext betrachten. Auch ich kenne die Fälle, in denen eine gewisse Flexibilität beispielsweise dadurch erzeugt worden ist, dass man für eine Schwangerschaftsvertretung eben nicht alleine den Sachgrund dieser einzelnen Vertretung gewählt hat, sondern eine Möglichkeit sah, jemanden, der dafür zur Verfügung stand, an verschiedenen Stellen einzusetzen.

Das habe ich auch mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Kabinett besprochen. Wenn man eine gesetzliche Regelung formuliert, wird man schauen müssen, wo die Bereiche liegen, in denen es möglicherweise nicht das gesellschaftliche Übel bedeutet. Wenn das in vielen Bereichen dafür genutzt worden ist, sich über die Befristung davon zurückzuziehen und keine dauerhafte Beschäftigung anzubieten, ist das ein Punkt, bei dem ich sagen würde: Nein, das muss man abstellen oder reduzieren. – Und das ist die Aussage, die von uns allen dazu gemacht worden ist.

Danke schön. Es gibt eine zweite Frage des Kollegen Lohn.

Vielen Dank. Herr Minister, wenn nach Ihren Ausführungen sachgrundlose Beschäftigungen grundsätzlich ein großes Übel für die Gesellschaft sind, dann können Sie uns sicherlich mitteilen, wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in 2016 in jedem Ressort sachgrundlos beschäftigt waren.

Ich habe das, soweit es mir möglich war, alles schon mal mitgeteilt. Ich habe jetzt hier keine Aufstellung nach den einzelnen Ressorts.

Ich sage Ihnen auch noch mal: Wir sind von einem Ist-Bestand ausgegangen, den wir bis jetzt weitgehend, oder zumindest zu einem großen Teil, reduziert haben. Wenn sich auch viele für das Ziel ausgesprochen haben, die sachgrundlose Beschäftigung wo immer möglich und wo sie nicht genau begründet ist, abzuschaffen, führt das aber nicht dazu, dass sie jetzt auch schon abgeschafft ist.

Insofern können wir gerne darüber reden. Wir können auch gerne noch mal die Zahlen zusammenstellen. Sie widerlegen nur nicht die Zielsetzung, die wir für die Zukunft ausgesprochen haben.

Danke schön. Zu einer zweiten Frage hat sich Herr Dr. Optendrenk gemeldet.

Ja. Herr Minister, wenn das ein so großes Übel ist und Sie eben noch mal bestätigt haben, dass sachgrundlos befristet wird, dann stellt sich eine Reihe von Fragen. Sie haben uns in einer Anlage zu einer Vorlage am 7. März die stichtagsbezogenen Zahlen zum 31.12.2015 vorgelegt. Da ist allerdings absehbar, dass im Verhältnis zum 31.12.2016 nach Ihren eigenen Angaben 1.650 Stellen zusätzlich befristet worden sind. Können Sie uns erklären, wie das zu Ihren Aussagen bisher passt?

Ja, das kann ich Ihnen erklären. Das sind im Wesentlichen Stellen gewesen, die im Zusammenhang mit den Herausforderungen, die in den letzten ein, zwei Jahren zu Nachtragshaushalten und zu zusätzlichen Stellenbewilligungen geführt haben, verbunden wurden, und zwar schon in Übereinstimmung mit Ihnen, in Form von kw-Stellen.

Das kann ich Ihnen persönlich aus Sicht des Finanzministeriums immer wieder sagen: Sie können auch

eine kw-Stelle unbefristet besetzen. Das ist von einzelnen Behörden teilweise offenbar so nicht umgesetzt worden, sondern das ist verbunden worden damit, dass man die Zusage des Finanzministeriums einholt, wenn deutlich wird, dass dieser Bedarf bestehen bleibt. Dann können natürlich auch die kwVermerke geändert oder aufgehoben werden. Das ist das eine.

Zum anderen – das hat zum Beispiel auch der Innenminister für den Bereich der Polizei schriftlich mitgeteilt – bestand das Ziel darin, mit der nächsten Haushaltsaufstellung daraus unbefristete Stellen zu machen.

Der Grund, warum zwischen 2015 und 2016 die Zahl nach oben gegangen ist, hat seinen Ursprung jedenfalls darin, dass wir damals in einer größeren Zahl kw-Stellen ausgebracht haben.