Protocol of the Session on March 15, 2017

Schleierfahndung: Schaffen Sie endlich die gesetzliche Grundlage für die Schleierfahndung in Nordrhein-Westfalen, die den Fahndungsdruck auch auf die islamistische Szene erhöhen würde!

Telefonüberwachung: Ändern Sie das nordrheinwestfälische Polizeirecht, damit die Telefonüberwachung sowie die Überwachung und Analyse von Konto- und Bankdaten von Gefährdern endlich möglich sind. Fast alle anderen Bundesländer haben diese Möglichkeit bereits.

Strafverfolgung bei Identitätsverschleierung: Sorgen Sie dafür, dass die Ausländerbehörden in NordrheinWestfalen Identitätsverschleierung und die Benutzung von Mehrfachidentitäten konsequent zur Anzeige bringen und Staatsanwaltschaften die Verfahren mit allem Nachdruck verfolgen!

(Beifall von Ilka von Boeselager [CDU])

Sie allein sind für Ihre Bilanz nach sieben Jahren verantwortlich. Sie haben es in der Hand, noch vor den Wahlen diese Maßnahmen anzustoßen. Machen Sie Nordrhein-Westfalen endlich ein Stück weit sicherer und stimmen Sie unserem Antrag zu! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Golland. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Stotko.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dem – wohlgemerkt – „Eilantrag“ der CDU habe ich persönlich den Eindruck von „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Mir ist nicht ganz klar, was überhaupt die Verbindung zwischen Ihrem Antrag und dem Vorfall vom Wochenende in Essen sein soll. Auch das erschließt sich mir nicht.

Das macht aber klar: Sie wollen den Eindruck erwecken, die von Ihnen in dem Antrag gewünschten Maßnahmen hätten irgendetwas mit dem Vorfall in Essen zu tun, was allerdings noch mehr verwundert, weil ja gerade der Vorfall in Essen verhindert wurde, ohne dass die von Ihnen geforderten Maßnahmen Gegenstand sind.

(Beifall von der SPD – Beifall von Marc Lürbke [FDP])

So ganz klar ist mir das nicht. Darauf komme ich gerne gleich noch einmal zurück.

Greifen wir die vier Punkte, die in Ihrem Antrag stehen, Herr Kollege Golland, auf. Zu dem Thema „Schleierfahndung“ haben wir eine Anhörung durchgeführt. Herr Gusy hat gesagt, dass NRW keine schleierfahndungsfreie Zone sei und es dafür keinen Bedarf in Nordrhein-Westfalen gebe. Sie können das noch hundertmal aufwärmen, das hat sich nicht geändert.

Sie wollen die Videobeobachtung stärken. Das haben wir gerade erst mit der Ausweitung auf die Polizeibehörden, die das beantragt haben, getan. Auch dort besteht kein Bedarf. Telefonüberwachung und Kontoanalysen sind schon heute möglich – nicht nur für den Verfassungsschutz. Und bei der Wohnraumüberwachung habe ich den Eindruck, Herr Kollege Golland, dass die CDU an der Evaluierung ein bisschen vorbeigeschlittert ist. Die Wohnraumüberwachung hat in Nordrhein-Westfalen zum Zeitpunkt ihrer Wirkung nicht ein einziges Mal zu einem Anwendungsfall geführt. Das ist doch der Grund gewesen, warum wir sie gestrichen haben. Wir evaluieren Gesetze und stellen fest, dass eine Eingriffsmöglichkeit besteht, die von der Polizei überhaupt nicht genutzt wird. Warum wir die weiterhin behalten sollen, erklärt sich mir zumindest nicht.

In ihrem Antrag steht auch noch das Thema „Onlinedatenerhebung“. Darauf sind Sie in Ihrer Rede nicht eingegangen, weil Sie vermutlich selbst nicht wissen, was das sein soll. Wir zumindest wissen es auch nicht. Dann haben Sie gerade die Fußfessel angesprochen. Die steht aber gar nicht in Ihrem Antrag. Ich wüsste gar nicht, warum sie heute Gegenstand der Beschlussfassung sein sollte. Auch das Thema

„Identitätsverschleierung“ steht nicht in dem Antrag der CDU.

Das ist das Grundproblem Ihres Antrags: Sie haben keine Formulierung, keinen Gesetzestext, keine Konkretisierung zu der Frage, was passieren soll, sondern stattdessen findet ein allgemeines Aneinanderreihen irgendwelcher Forderungen statt, von denen Sie behaupten, sie hätten etwas mit den Vorfällen in Essen von Samstag zu tun. Das macht uns die Abstimmung über Ihren Antrag leicht.

Ich will Ihnen sagen, was ich eigentlich von Ihnen, der CDU, erwartet hätte. Das betrifft nicht nur den Kollegen Golland. Es wird kein Dank an die Ermittlungsbehörden für die Verhinderung eines möglichen Anschlags in Essen gerichtet – nicht einmal ein Dankeswort, egal welche Behörden davon betroffen sind.

(Beifall von der SPD – Beifall von Marc Lürbke [FDP])

Das finde ich schon peinlich genug. Zweitens wird kein Dank an die eingesetzten Kräfte, die zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch an ein freies Wochenende glaubten und am Samstag die Sicherheit der Menschen in Essen und in Nordrhein-Westfalen gewährleistet haben, gerichtet, und auch kein Dank – das wundert mich bei Ihnen natürlich nicht – wegen des äußerst besonnenen und professionellen Vorgehens des Innenministeriums.

Ich will Ihnen insgesamt sagen: Genau der Vorfall von Samstag wäre eine gute Gelegenheit, allen beteiligten Behörden ausdrücklich zu danken. Wir als SPD-Fraktion tun das hier ausdrücklich.

(Beifall von der SPD)

Das alles tun Sie nur, weil wir uns zwei Monate vor einer Landtagswahl befinden und Sie grundsätzlich nur eine andere Sau durchs Dorf treiben wollen, um Pfeile auf den Innenminister abzuschießen. Wir machen das nicht mit. Herr Innenminister, nehmen Sie bitte den Dank der SPD-Fraktion für die eingesetzten Kräfte und die beteiligten Ermittlungsbehörden entgegen, und nehmen Sie ebenfalls mit, dass wir diesen Antrag ohne Probleme ablehnen werden. – Besten Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Stotko. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Düker.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Herr Golland, es ist richtig, dass Sie heute einmal mehr die Gefahrenlage im Essener Einkaufszentrum instrumentalisieren, um zum wiederholten Male Ihre Schublade mit den ewig

bestehenden Vorschlägen zu leeren. Diese Vorschläge haben erstens überhaupt gar nichts mit diesem Anlass zu tun und stellen zweitens aus unserer Sicht sicherheitspolitische Symbolpolitik dar.

(Zuruf von Gregor Golland [CDU])

Lieber Herr Golland, eine seriöse, wirksame Sicherheitspolitik ist mehr, als nur fünf Stichworte in der Schublade zu haben, die alle vier Wochen wieder in der Vorlage auftauchen und die man dann in Form von ein paar Bulletpoints in solch einen Antrag schreibt.

(Gregor Golland [CDU]: Irgendwann kommt das!)

Seriöse Sicherheitspolitik ist schon ein bisschen mehr. Ich werde Ihnen noch einmal anhand Ihrer Vorschläge erläutern, dass das wirklich nicht tauglich ist.

Erstens: Telefonüberwachung im Bereich der Gefahrenabwehr. Das Verfassungsrecht setzt hier einen sehr engen Rahmen. Dazu gibt es – das wissen Sie auch; vielleicht wissen Sie es auch nicht – eine sehr enge Rechtsprechung. Sie ist so eng, dass wir uns bei einer präventiven TKÜ eigentlich auch schon im Bereich der Strafprozessordnung befinden und daher letztlich dieser Bereich so eng ist, dass es kaum Anwendungsfälle dafür gibt. Ich mache es kurz, denn in der Redezeit ist das nicht ausführlich darzustellen.

Zweitens: Videoüberwachung stärken. Sie reden von Videobeobachtung, aber zu Fahndungs- und Ermittlungszwecken. Das hat nun mit Gefahrenabwehr im Polizeirecht überhaupt nichts zu tun. Wir haben mit § 15 a eine Regelung über einen sinnvollen Einsatz von Videobeobachtung zur konkreten Gefahrenabwehr und nicht zur Strafverfolgung. Dies liegt in der Zuständigkeit des Bundes. Es besteht damit eine abschließende, gute Regelung, die auch funktioniert.

Drittens: Schleierfahndung. Lieber Thommy Stotko, leider hatte ich mir auch das Zitat „Und täglich grüßt das Murmeltier“ aufgeschrieben. Was anderes kann einem dazu aber auch nicht einfallen, denn es kommt zum wiederholten Male. Wir haben im Ausschuss dazu eine Anhörung durchgeführt, in der ganz klar herausgestellt wurde, dass mit unserer Struktur „MOTIV – Mobile Täter im Visier“ – das kennen Sie auch – für anlassbezogene Schwerpunktkontrollen eine Rechtsgrundlage besteht. Das LKA koordiniert das.

Was Sie über diese anlassbezogenen Schwerpunktkontrollen hinaus mit „Schleierfahndung“ eigentlich meinen und wo konkret der Bedarf ist, haben Sie auch heute wieder nicht ausgeführt. Das können Sie auch gar nicht ausführen; denn für den wirkungsvollen und zielgerichteten Ressourceneinsatz haben wir bereits eine Rechtsgrundlage.

Die Stärkung des Verfassungsschutzes und die Aufnahme des Lauschangriffs in das Verfassungsschutzgesetz – das auch schon ein uralter Hut. Warum ist das denn 2013 aus dem Gesetz gestrichen worden? – Weil es keine Anwendungsfälle gibt. Warum aber sollen wir etwas in das Gesetz aufnehmen, wofür es schlicht keine Anwendungsfälle gibt?

Warum gibt es denn keine Anwendungsfälle? – Zum Thema „Lauschangriff“ gibt es eine Verfassungsrechtsprechung, die zu Recht sehr hohe Hürden für eine akustische Wohnraumüberwachung schafft. Diese Hürden sind aber so hoch, dass wir, was die bevorstehende Gefahr angeht, dann eigentlich schon im Bereich der polizeilichen Gefahrenabwehr bzw. bei der Strafverfolgung sind. Gerade im Terrorismusbereich kennen wir die vorbereitenden Maßnahmen von terroristischen Aktivitäten sehr weit im Vorfeld. Da ist man dann ganz schnell im Bereich des Polizeirechts bzw. der Strafverfolgung.

Auch das sind Blasen – Vorschläge, die völlig ins Leere laufen. Sie sollten endlich damit aufhören, solche verstaubten Anträge zu stellen und reine Symbolpolitik zu betreiben. Herr Golland, ich sage es noch einmal, auch wenn wir am Ende der Legislaturperiode sind: Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich kann zwar nicht sagen: „Kehren Sie zu einer seriösen Sicherheitspolitik zurück“,

(Zuruf von Gregor Golland [CDU])

denn da waren Sie ja noch nie, aber ich kann ja hoffen, dass Sie irgendwann vielleicht mal hinfinden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das würde der Debatte hier echt guttun.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Lürbke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Golland, ich muss mich meiner Vorrednerin anschließen. Als ich den Antrag zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich auch: Das hatten wir doch schon mal. – Wieder einmal werden Forderungen aus alten Anträgen zusammengeschrieben, neu zusammengewürfelt und dabei im Grunde längst diskutierte Ideen recycelt. So viel Sinn für Recycling legen noch nicht einmal die Grünen an den Tag, Herr Golland.

Aber nicht nur das. Ich bin da auch beim Kollegen Stotko. Die Terrorwarnung in Essen als Aufhänger für diesen Eilantrag zu nehmen, ist nun wirklich gar nicht gut gewählt; denn die Sicherheitsbehörden haben ja gerade einen möglicherweise drohenden Anschlag vereitelt. Deswegen möchte ich mich dem

Dank an die Behörden anschließen. Unseren Sicherheitsbehörden muss der Dank des Parlaments gelten, anstatt dass mit einem solchen Antrag womöglich noch eine Angstkampagne aufgebaut wird,

(Frank Herrmann [PIRATEN]: Richtig erkannt! Darum geht es!)

um daraufhin wieder alte Forderungen aus der Schublade zu ziehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich komme mal zum Inhalt. Die CDU schreibt im Feststellungsteil – den Satz habe ich mir herausgeschrieben, denn den fand ich gut –:

„Wir müssen unsere Sicherheitsbehörden jedoch personell, organisatorisch und rechtlich so ausstatten, dass sie für den bestmöglichen Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger sorgen können.“

Da bin ich so weit dabei. Im Folgenden jedoch machen Sie es sich mit den Forderungen im Beschlussteil auf jeden Fall viel zu einfach.