Protocol of the Session on February 16, 2017

Vielen Dank, Herr Kollege Höne. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Sommer.

Einen wunderschönen Tag zusammen! Zuerst auch von mir, Herr Präsident: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag und danke, dass Sie Ihre wertvolle Zeit auch an Ihrem Ehrentag hier opfern. Das gehört dazu.

(Michael Hübner [SPD]: Quasi ein Ehrenamt!)

Was ihn ehrt, genau. Das passt alles zusammen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer und Zuschauerinnen auf der Tribüne und im Livestream! Konnexität über alle Ebenen fände ich total toll. Ich komme mir vor, als würde ich in einer Echokammer stehen und mich selber hören. Das fände ich eine richtig tolle Geschichte.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Erschrecken Sie aber nicht!)

Das predige ich hier seit vier Jahren, seitdem ich dem Kommunalausschuss angehören darf, bei jeder Rede zu dem Thema.

Das fände ich richtig klasse. Dann darf man aber nicht nur einer Ebene sagen: Ihr müsst Konnexität leben. Dann müssen wir über alle staatlichen Ebenen gehen. Dann heißt das nicht nur „Bund“, sondern auch „Land“, und die Kommunen müssten wir eigentlich direkt mit bedenken und auf keinen Fall außen vor lassen, wie das hier ein bisschen den Eindruck hat.

Kollege Höne hat auf das gestern beratene Unterhaltsvorschussgesetz Bezug genommen. Wir haben da anscheinend eine sehr ähnlich gelagerte Argumentation, das finde ich gut an der Stelle.

Weitere Beispiele sind genannt worden, etwa das Inklusionsgesetz. Ich möchte auch anregen, darüber nachzudenken, sich das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung dazu anzuschauen. Da sollen Ausschussvorsitzende mehr Geld bekommen, auch Vertreter in kommunalen Gremien. Das war total schön gedacht von Landesebene, ist beschlossen worden, wird von der Landesebene aber nicht mit Geld unterfüttert. Das hat zur Folge, dass die Kommunen jetzt alle sagen: Wir setzen das nicht um und lehnen das auf kommunaler Ebene komplett ab, weil das Geld nicht da ist.

Hier wird von jemandem – SPD und Grüne – Konnexität gefordert, aber selber zu null gelebt. Das kann es nicht sein. Da müssen wir uns schon ehrlich machen.

In der Debatte genannt wurde auch: Das Ganze hätte die Auswirkung einer kompletten Föderalismusreform. Bis jetzt ist es so, dass Konnexitätsregeln erst für die Aufgaben nach 2006 gelten für das, was neu vergeben wird oder was umfangreiche Aufgabenänderungen beinhalten würde. Das passiert so gut wie nie. Das ist nicht gut. Darüber gerät man höchstens in Streit.

Sinnvoll wäre es, auch für die Aufgabenverteilung von vor 2006 Konnexitätsregeln anzuwenden. Aber auch das habe ich hier schon mehrfach gesagt, und es ist eben unterstrichen worden auch vom Kollegen Höne, was die Sozialkosten angeht: Die Kommunen können ihre Sozialkosten so gut wie nicht steuern.

Ich nehme jetzt mal nicht meine Heimatstadt, sondern die Heimatstadt der Kollegin Brand. Wenn in Bochum ein Arbeitgeber wie Opel dichtmacht, den die Stadt Bochum sicherlich jahrzehntelang gepampert hat, wie es nicht besser geht – da sind Stadt, Gemeinde, Gesellschaft entgegengekommen über Jahrzehnte, viel mehr konnte man sich als Arbeitgeber gar nicht wünschen, und trotzdem machen die dicht –, dann frage ich mich: Welche Einflussmöglichkeiten schreiben wir da den Kommunen zu, dass sie hinterher an den Sozialkosten quasi selber schuld sind? Diese Einflussmöglichkeiten gibt es de facto nicht.

Hier zu sagen, Sozialkosten müssen wir von der ganzen Konnexitätsgeschichte ausnehmen, ist unehrlich. Das ist nun einmal für die Kommunen nicht nur der größte Posten, sondern auch der am schnellsten wachsende Posten.

Wenn wir hier Konnexität leben wollen – und das dem Antrag gerecht machen wollen –, dann müssten wir diese Sozialkosten einbeziehen. Das tun Sie in

dem Antrag nicht. Dementsprechend ist das ein reiner Showantrag. Daher empfehle ich meiner Fraktion, diesen Showantrag abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN, Henning Höne [FDP] und Dietmar Brockes [FDP])

Vielen Dank, Herr Kollege Sommer. – Nun spricht der fraktionslose Abgeordnete Schulz.

Vielen Dank. – Herr Präsident, alles Gute zum neuen Lebensjahr! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und daheim! Ein Antrag, der quasi fordert, der Bund soll alles übernehmen, was er den Ländern respektive den Kommunen vermittels der Länder an Aufgaben zuweist, dazu kann ich nur sagen: Diligentia quam in suis – Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten.

Richtung Rot-Grün: Nichtraucherschutz, Thema Inklusion, und das Highlight gestern unter anderem, die Hygieneampel. Ich weiß, da ist noch nicht alles, was die Kostenfrage angeht, gesagt. Es wird sicherlich auch noch einen runden Tisch geben oder ein Arbeitskreis soll eingerichtet werden. Die Probephase soll überwunden werden mit 1,7 Millionen €, die in der Kostenabschätzung enthalten sind. Wie die Kommunen das Geld allerdings bekommen, ist da noch nicht gesagt.

Wenn ich an eine Meldung von gestern Morgen im Radio denke, sagt die Stadt Mülheim, Wahlkreis der Ministerpräsidentin: Na ja, auch in der Testphase müssen wir in der Stadt schon einmal eine Stelle mehr schaffen. Dann müssten wir einmal durch alle Gemeinden in Nordrhein-Westfalen gehen und gucken, was die Hygieneampel kostet. Es sollte hier tatsächlich einmal darüber nachgedacht werden, ob und inwieweit das Land Nordrhein-Westfalen bei solcher Gesetzeslage, die sie hier verabschiedet, die Kommunen entsprechend unterstützt. Dazu ist bisher nichts gesagt worden.

Der Landkreistag Nordrhein-Westfalen fordert seit Jahren Reformen der Finanzierung der Kommunen. Die Antwort der Landesregierung: Symptome werden behandelt, Ursachen werden nicht bekämpft. – Der Stärkungspakt wurde hier erwähnt. Ich denke noch an die Abundanzumlage – schreckliche Dinge.

Besser wäre die schrittweise Anhebung des Verbundsatzes gewesen. Das ist eine Forderung zum Beispiel von mir, erhoben über die Piratenfraktion schon seit Jahren. Aber auch der Städte- und Gemeindebund fordert dies seit Jahren, auch der Landkreistag fordert das seit Jahren. Also, wie gesagt: Schrittweise Anhebung des Verbundsatzes im kommunalen Finanzausgleich oder Rückführung der Auf

gabenlast und Aufhören damit, immer wieder Versuche zu begehen, das Konnexitätsprinzip nach der Landesverfassung zu unterlaufen.

Der Kollege Wolf stellte sich hierher und sagt: Mensch, alles super, nur noch neun Kommunen im Nothaushalt. – Dann, lieber Kollege Wolf, dann, liebe SPD, liebe Grünen, erklärt doch den Menschen im Land einmal, warum die Kommunen in NordrheinWestfalen Spitzenreiter im Bundesvergleich bei der Grundsteuer sind und die Kassenkredite steigen.

Schließlich – wieder bei der Diligentia quam in suis – der Antrag der CDU-Fraktion vom letzten Jahr, die 434 Millionen € Entlastung für die Kommunen durch Weiterleitung der Integrationspauschale des Bundes zu erreichen. Was passiert? Von Rot-Grün abgelehnt. Und dann schreit Rot-Grün nach dem Bund und sagt: Die Bundesregierung muss … Punkt, Punkt, Punkt.

(Zuruf von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen: Wer sitzt denn bitte schön in der Bundesregierung? Ich glaube, das sind vor allem die Sozialdemokraten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zurufe von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Jäger.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident – ich habe gerade gegoogelt –, herzlichen Glückwunsch dazu, dass Sie unter dem 16.02.1948 als große Persönlichkeit, die heute Geburtstag hat, geführt werden! Das ist eine besondere Ehre, die Ihnen im Internet offensichtlich zuteil geworden ist.

Herr Kuper, wenn wir uns dem Thema kommunale Finanzausstattung sachlich nähern, werden wir miteinander gemeinsam feststellen: Wie war die finanzielle Lage der 396 Kommunen im Jahre 2010? Ich glaube, wir können übereinstimmend sagen: Die war desaströs.

(Bernhard Schemmer [CDU]: Das stimmt überhaupt nicht! Dummes Zeug!)

Doch, das stimmt, Herr Schemmer.

(Bernhard Schemmer [CDU]: Dummes Zeug!)

Vorangegangen waren fünf Jahre Schwarz-Gelb, in denen sich die Liquiditätskredite der nordrhein-westfälischen Kommunen von 10 auf 20 Milliarden € verdoppelt haben. Übrigens: Ein Grund dafür, dass sich diese Liquiditätskredite verdoppelt haben, war, dass das Land Nordrhein-Westfalen die Kommunen zur

Sanierung des eigenen Haushalts finanziell herangezogen und die Kommunen nicht mehr an dem Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer beteiligt hat.

Das Ergebnis kennen wir nur zu gut: 2010 – Herr Kuper, das kann man auch objektiv so sagen – waren über 90 % der Kommunen im Nothaushalt. 138 Kommunen waren in der Situation, dass die Räte nicht mehr selbst entscheiden konnten, ob eine freiwillige Ausgabe getätigt werden kann oder nicht.

2010 haben wir, wie ich finde, Herr Kuper, gemeinsam Hoffnung schöpfen können mit einem Antrag hier im Landtag, dem auch Ihre Fraktion seinerzeit zugestimmt hat. Dieser Antrag hatte die klare Zielperspektive, dass sich der Bund an der Hälfte der Sozialkosten für die Kommunen dynamisch beteiligen sollte. In diesem Punkt waren sich nahezu alle Fraktionen, mit Ausnahme der FDP, einig.

Drei Jahre lang war es relativ schwierig, dieses Ziel durchzusetzen, was auch daran lag, dass es eine schwarz-gelbe Bundesregierung gab, die den Kommunen jede Entlastung vorenthalten hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben in der Zeit einiges geleistet. Herr Kuper, das müssten Sie eigentlich anerkennen.

Erstens haben wir eine Befrachtung aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz herausgenommen haben, nämlich die Sanierung des Landeshaushalts mithilfe der Kommunen und deren Nichtbeteiligung an dem Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer.

Zweitens haben wir haushaltsrechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, die den Kommunen wieder Luft zum Atmen gegeben haben.

Drittens haben wir den Stärkungspakt Stadtfinanzen aufgelegt, um den Kommunen wieder eine Perspektive zu geben, die seinerzeit völlig überschuldet waren.

(Beifall von der SPD)

Viertens – das hat uns auch unterschieden – sind wir bei allen gesetzgeberischen Maßnahmen mit unseren Kommunen fair umgegangen. Wir haben nicht Dinge beschlossen, die die Kommunen einfach zu zahlen haben. Da gibt es viele Beispiele – unter anderem das Thema Inklusion. Dort haben wir mit den kommunalen Spitzenverbänden im Detail geklärt, wer welche Kosten trägt. Wir haben uns auch zu 100 % an diese Vereinbarungen gehalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was ist die Folge? Zwischen 2005 und 2010 haben sich die Liquiditätskredite von 10 auf 20 Milliarden € verdoppelt. Seit 2015 haben wir jetzt die Situation, dass die Kommunen, die im Stärkungspakt sind, keine Liquiditätskredite mehr aufzunehmen brauchen – zum ersten Mal seit 1999. Ich halte das für eine außerordentliche Leistung. Das ist eine deutliche Verbesserung für die nordrhein-westfälischen Kommunen.

(Beifall von der SPD)

Aber wir dürfen da nicht aufhören. Wir müssen nach wie vor das Ziel verfolgen – Herr Kuper, da muss die nordrhein-westfälische CDU mitziehen –, den Bund dynamisch an den Sozialkosten der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen und bundesweit zu beteiligen. Dazu muss der Druck aufrechterhalten werden. Diese Landesregierung erhält den Druck aufrecht.

Wir haben inzwischen gute Ergebnisse. Das hat nichts mit der Gönnerlaune des Bundesfinanzministers zu tun, sondern sehr viel damit, dass wir dieses Ziel mit Nachdruck verfolgt haben und beharrlich an diesem Thema drangeblieben sind – zum Vorteil unserer Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die deutlich weniger Probleme haben als in der Vergangenheit. Sie können Licht am Ende des Tunnels sehen. Dieses Licht stammt nicht vom entgegenkommenden Zug, sondern tatsächlich vom blauen Himmel. Dafür haben wir einiges geleistet. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.