Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kommunalpolitik bedeutet ehrenamtliches Engagement. Diese Ehre ist arbeitsaufwendig und nicht immer vergnügungssteuerpflichtig. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Die meisten von Ihnen wissen das vermutlich auch. Gerade als ehrenamtlicher Kommunalpolitiker fragt man sich manchmal bezogen auf die Zeit: Woher nehmen und nicht stehlen? Vom organisatorischen Aufwand will ich erst gar nicht reden.
Wir alle hier wollen aber, dass sich die Bürgerinnen und Bürger vor Ort einmischen, dass sie mitreden über Belange, die sie selbst in der eigenen Kommune, also bei sich zu Hause, betreffen.
Ich bin mir ganz sicher, dass es in unser aller Interesse hier ist, wenn wir die Politik vor Ort stärker und attraktiver machen. Wir müssen für das Sich-einmischen-Können und -Wollen bessere und möglichst optimale Bedingungen schaffen.
Es gehört zu den landespolitischen Verpflichtungen, das Fundament Kommunalpolitik zu stärken und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass auch in Zukunft die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger erhalten bleibt, sich ehrenamtlich in der Politik vor Ort zu engagieren.
Ohne Verbesserungen droht ein weiterer Rückgang des kommunalpolitischen Engagements. Ich glaube, mit der Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das kommunale Ehrenamt haben wir genau die Art von Rahmenbedingungen vorgelegt, die dazu beitragen, dass sich die Situation verbessert.
In Nordrhein-Westfalen gibt es über 20.000 Ehrenamtler, die in Räten, in Kreistagen, in Bezirksvertretungen und in Ortsverbänden tätig sind. Ihr Engagement ist unverzichtbar für das Funktionieren der Demokratie im Kleinen.
Die CDU-Fraktion begrüßt ebenso wie die Mehrheit der Sachverständigen die nun vorliegenden Änderungen des Gesetzes, die in großen Teilen auf der Arbeit der Ehrenamtskommission fußen. Ich bin mir
sicher, dass der abschließend zu beratende Gesetzentwurf die Rahmenbedingungen der Arbeit der Ehrenamtler tatsächlich verbessern wird.
Dies sind insbesondere – Frau Steinmann, Sie haben es vorhin aufgezählt – die Vereinheitlichung des Verdienstausfalls, die Erhöhung der Aufwandsentschädigungen um 10 % sowie die erhöhte Entschädigung für Ausschussvorsitzende und stellvertretende Fraktionsvorsitzende, die Stärkung der Rolle der sachkundigen Bürger und der Ortsvorsteher, die rechtliche Klarstellung bei einer repräsentativen Stellvertretung für den Hauptverwaltungsbeamten und eben auch – das haben Sie betont – die Aufnahme der Interessenvertretungen von Senioren, Jugendlichen, gehandicapten Menschen und anderen.
Abschließend sind hier die Neuregelung zur Ausstattung von Gruppen und die Neuregelung der Fraktionsgrößen zu nennen.
Natürlich ist klar, dass die Verbesserung der Aufwandsentschädigungen und der finanziellen Ausstattung auch finanzielle Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte haben wird.
Deshalb kann ich mir an dieser Stelle einen kleinen Hinweis nicht verkneifen. Parallel zu den Verbesserungen, die wir jetzt einführen, darf es nicht zu gesetzlichen Maßnahmen kommen, die den Mehrwert für das Ehrenamt wieder aufzehren.
Als Beispiel nenne ich das Gesetz zur sogenannten Stärkung des Kreistages. Dort wird der zeitliche Aufwand für Ehrenamtler nämlich ohne Not erhöht. Der jetzt beschlossene Mehrwert, den wir auf den Weg bringen, würde in Kreistagen sofort wieder ad absurdum geführt –
ganz davon abgesehen, dass es für den Bürger nicht zu einfacheren und schnelleren Verfahren kommen würde.
Frau Steinmann, Sie haben aber eben gesagt: Das ist ein Prozess, der weitergehen muss. – Das sehe ich genauso. Denn in erschreckendem Maße häufen sich die Übergriffe auf hauptamtliche und ehrenamtliche Kommunalpolitiker. An der Eskalationsspirale zeigt sich, wie notwendig es ist, dass wir alle wieder für mehr Akzeptanz für die Menschen sorgen, die sich vor Ort für die Gemeinschaft – auch politisch – engagieren.
Wenn es uns nicht gelingt, die Menschen zu schützen, die sich vor Ort für die lokale Demokratie und ein funktionierendes Gemeinwohl einsetzen, sehe ich die demokratische Kultur in unserem Land insgesamt gefährdet. Gesellschaftliches Engagement in
unseren Kommunalparlamenten darf nicht durch ein vergiftetes Klima unmöglich gemacht werden. Hier stehen auch wir in der Verantwortung, Anerkennung zu zollen. Wir stehen in der Verantwortung, Akzeptanz zu zeigen. Das ist meines Erachtens eine der wichtigsten Aufgaben zur Stärkung des kommunalen Ehrenamts.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Frau Thönnissen, das Thema „Kreistag und Mehrbelastung der Mitglieder in den Kreistagen“ werden wir nicht heute, sondern beim nächsten Mal diskutieren, wenn wir die Anhörung im Fachausschuss ausgewertet haben und zu einer abschließenden Beratung im Plenum kommen. Vielleicht kann man Sie noch überzeugen, dass es nicht ganz so ist, wie es gerade geschildert worden ist.
Ich will aber gerne an die Ausführungen von Ihnen, Frau Thönnissen, und auch von Frau Steinmann anknüpfen. Wir bringen einen vierjährigen Prozess zum Abschluss, der mich, gemessen an seinen Ergebnissen, sehr zufrieden stimmt. Wir haben, anknüpfend an eine Empfehlung der Ehrenamtskommission, eine Vielzahl von Regelungen neu formuliert, die insbesondere mit dem Ziel, das kommunale Ehrenamt aufzuwerten, gemeinsam mit uns diskutiert worden sind.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal allen Akteuren danken, insbesondere den kommunalen Spitzenverbänden und den Kommunalpolitischen Vereinigungen, die sich über einen langen Zeitraum hinweg konsensorientiert in die Diskussion eingebracht haben.
Wer sich die Anhörung und das, was in dem Zusammenhang vorgetragen worden ist, noch einmal ansieht, stellt fest, dass wir Regelungen gefunden haben, die auf eine breite Zustimmung treffen.
Ich will – über das hinaus, was bereits vorgetragen worden ist – drei Bereiche vorstellen, die uns wichtig sind:
Erstens: Vereinheitlichung des Verdienstausfalls. Auch ich war wie viele andere lange in Gemeindevertretungen unterwegs. Sie kennen die Situation. Die untere Grenze für die Erstattung des Verdienstausfalls ist in einzelnen Gebietskörperschaften oftmals unterhalb des Mindestlohns angesiedelt gewesen, die obere Grenze bei 20 bis maximal 30 € – mit der
Konsequenz, dass Arbeitnehmer oder Selbstständige, die mit Stundenlohnsätzen von mehr als 20 € arbeiten bzw. vergütet werden, in der Regel draufgezahlt haben. Das heißt: Bei einem Brutto von monatlich gut 3.400 € musste man draufzahlen.
Das ist in den einzelnen Gebietskörperschaften sehr unterschiedlich gehandhabt worden. Unsere Herangehensweise war, per Erlass die entsprechenden Grundlagen für eine landeseinheitliche Regelung zu schaffen und als Land vorzugeben, nach welchen Kriterien der Verdienstausfall künftig zu regeln ist.
Zweitens: Mindestfraktionsgrößen. Um die bisherigen Regelungen zu verdeutlichen, nehme ich als Beispiel die Stadt Neuss mit 155.000 Einwohnern und 68 Ratsmitgliedern. Zwei Ratsmitglieder reichen aus, um eine Fraktion zu bilden, also ein Stimmenanteil von etwa 2,6 %. Warum bilden in Neuss zwei Ratsmitglieder eine Fraktion? Neuss ist kreisangehörig. In der wesentlich kleineren Stadt Bottrop mit 117.000 Einwohnern und einem deutlich kleineren Rat mit 54 Mitgliedern sind demgegenüber drei Ratsmitglieder nötig, um eine Fraktion zu bilden. Man muss also mehr als 5 % der Stimmen erreichen, um eine Fraktionsgemeinschaft bilden zu können. Solche Unterschiede waren überhaupt nicht nachvollziehbar.
Parallel dazu war die Entwicklung einer zunehmenden Bildung von technischen Fraktionen zu beobachten. Da gibt es merkwürdige Beispiele wie etwa aus dem Kreistag Gütersloh, in dem FDP und AfD eine Fraktionsgemeinschaft gebildet haben. In anderen Gebietskörperschaften wurde eine Fraktion von Piraten und Linken gebildet.
Da muss man sich allen Ernstes fragen: Gibt es überhaupt ein gemeinschaftliches Interesse, Politik zu machen? Oder war für die Bildung einer Fraktionsgemeinschaft nicht eher die Zielsetzung ausschlaggebend, dass man auch über entsprechende finanzielle Zuwendungen verfügen will und deswegen diesen Weg geht?
Wir wollen das verschärfen und daher die Mindestfraktionsgröße in Abhängigkeit von der Ratsgröße anheben. Ab 51 Ratsmitgliedern bilden drei, ab 75 Ratsmitgliedern vier und ab 90 Ratsmitgliedern fünf Ratsmitglieder eine Fraktionsgemeinschaft. Das ist etwa die Größenordnung, dass 4,5 bis 5 % der Stimmen erreicht werden müssen.
Drittens: Fraktionszuwendungen. Diesen Bereich haben wir letztes Jahr im Rahmen eines Erlasses geregelt. Ich kann noch nicht erkennen, dass da eine große Bewegung eingesetzt hat. Wir haben momentan immer noch sehr unterschiedliche Herangehensweisen. Es gibt Städte oder Gemeinden mit 45.000 Einwohnern, in denen 200 € als Fraktionszuwendungen pro Jahr und Ratsmitglied zur Verfügung gestellt werden, während vergleichbare Gemeinden gleicher
Da bleibt abzuwarten, inwieweit man diesen Erlass aufgreift bzw. hier die Notwendigkeit sieht, Fraktionen angemessen auszustatten, damit sie ihre Arbeit erledigen können.
Ich will insbesondere eine benennen, die wir aber hier nicht regeln können, sondern die nur auf der Bundesebene geregelt werden kann; das ist das Thema „Anrechnung von Einkünften aus kommunalpolitischen Tätigkeiten“. Das gilt insbesondere für Leute, die Arbeitslosengeld II, Leistungen nach dem Unterhaltsrecht oder nach dem BAföG beziehen.
Hier ist es so, dass diese Einkünfte aus der kommunalpolitischen Tätigkeit angerechnet werden und damit kein großes Interesse bei diesem Personenkreis besteht, sich entsprechend zu engagieren. Aber auch diese Leute müssen wir ins das Ehrenamt bringen; ihnen sollten dadurch keine Nachteile erwachsen. Das ist aber, wie gesagt, eine Angelegenheit, die auf Bundesebene zu regeln ist.
Insgesamt ist das ein sehr zufriedenstellender Prozess. – Meine Redezeit ist zu Ende. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die Umsetzung.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung – der Titel des Gesetzes ist schon etwas irreführend, muss ich sagen; denn der Titel suggeriert, dass hier für die Kommunen, für die Kommunalpolitiker etwas durchweg Gutes getan werden soll. Wir müssen aber feststellen, dass das leider nicht der Fall ist.
Es geht Ihnen mit diesem Gesetz darum, Forderungen umzusetzen, für die es in der Ehrenamtskommission keinen Konsens gab. Wir Freie Demokraten bedauern das ausdrücklich, gerade vor dem Hintergrund, dass auch so viele positive Dinge durch die Ehrenamtskommission bewegt werden konnten, besonders immer dann, wenn Dinge im Konsens vorangetrieben worden sind.
Statt eines Gesetzes zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung haben wir im Ergebnis vielmehr ein Gesetz zur Schwächung von Einzelratsmitgliedern und Gruppen. Sie erschweren die Arbeit vieler ehrenamtlicher Kommunalpolitiker, indem Sie zum Beispiel die Hürden zur Bildung von Fraktionen anheben. Sie
tun das zusätzlich zur Sperrklausel. Ich habe es im Ausschuss schon gesagt: Das erscheint mir eher so eine Art doppeltes Netz zu sein für den Fall, dass die Sperrklausel einer gerichtlichen Überprüfung doch nicht standhält.
Jetzt hat Herr Kollege Krüger gerade wieder die sogenannten technischen Fraktionen angesprochen. Da frage ich: Warum nutzen wir denn nicht andere Möglichkeiten, um eine solche Bildung zu verhindern? Voraussetzung für die Bildung einer Fraktion ist ja, dass ein gemeinsames politisches Ziel verfolgt wird. Wenn das ganz offensichtlich nicht der Fall ist – es gibt Kommunen, die das festgestellt haben –, dann darf man eine entsprechende Fraktionsbildung nicht anerkennen und akzeptieren.