Protocol of the Session on September 16, 2016

„Denn mit der Abschaltung aller Atomkraftwerke ist klar, dass bis zur vollständigen Deckung des Strombedarfs durch die Erneuerbaren Energien noch fossile Kraftwerke benötigt werden. NRW kommt eine Schlüsselrolle zu, …“

Sie nehmen in Ihrem Antrag insgesamt dreimal Bezug auf den Fortbestand der konventionellen Energieerzeugung; Sie haben es ja auch eben noch mal gesagt. Das ist, glaube ich, der Kern dieses Antrags, die einzige neue Erkenntnis, dass jetzt offenbar auch die Grünen glücklicherweise zu der Erkenntnis gekommen sind,

(Beifall von der FDP und Josef Hovenjürgen [CDU] – Nadja Lüders [SPD]: Also stimmen Sie jetzt zu?)

dass wir beides brauchen: konventionelle Erzeugung, erneuerbare Energien, Netze, dezentrale und zentrale Speicher.

Daher: Der Dissens ist nicht groß, aber der Adressat Ihres Antrags ist leider nicht der richtige. Das müsste an die Landesregierung gehen: an die Ministerpräsidentin, an den Wirtschaftsminister. Der Umweltminister ist zwar heute da, aber eigentlich ist er da gar nicht federführend. Das wäre der richtige Weg. Deshalb können wir Ihrem Antrag heute leider nicht zustimmen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Lachen von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Deppe. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Brockes.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen ist nicht nur die Herzkammer der Energieerzeugung in Deutschland. Unser Land ist auch der Garant für Versorgungssicherheit; denn die wird derzeit mit den in Nordrhein-Westfalen stehenden fossilen Kraftwerken gewährleistet.

Mit dem vorliegenden Antrag wollen die Regierungsfraktionen die Landesregierung auffordern, die Bemühungen um die Forschung und Entwicklung von Speicherlösungen fortzuführen und zu intensivieren und sich auch gegenüber der Bundesregierung für bessere Rahmenbedingungen bei Speichern einzusetzen.

Fast möchte man sagen: Endlich – endlich! – ist es so weit, dass Rot-Grün die energiepolitische Realität erkannt hat. Denn bisher bestand Ihre Regierungspolitik hier einzig darin, ohne Rücksicht auf die Widerstände und die Probleme vor Ort den Ausbau der erneuerbaren Energien im Land durchzudrücken.

Die üppigen EEG-Subventionen in zweistelliger Milliardenhöhe haben dazu geführt, dass sich konventionelle Energieerzeugung nicht mehr rechnet. Erst am vergangenen Montag berichtete die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“, dass die Krise am Strommarkt nun auch einen weiteren nordrhein-westfälischen Energieversorger erfasst hat. Wie der Essener Energieversorger STEAG mitgeteilt hat, müssen Kraftwerke stillgelegt und 800 bis 1.000 Arbeitsplätze hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen abgebaut werden.

Und jetzt, also zu einem Zeitpunkt, wo die Branche am Boden liegt und dank des rot-grünen EEGs deutschlandweit bereits über 70 Kraftwerksblöcke stillgelegt sind oder stillgelegt werden, machen sich SPD und Grüne hier im Landtag Gedanken, wie die Versorgungssicherheit in unserem Land zukünftig erhalten werden soll, mit Speichern und flexiblem Lastmanagement. Meine Damen und Herren, hier zeigt sich einmal mehr, wie fahrlässig die Energiepolitik von Rot-Grün in Wirklichkeit ist.

In der Sache ist der Antrag übrigens nicht viel besser. Mit einer Ansammlung von Selbstverständlichkeiten und Gemeinplätzen wollen Sie den Bürgern suggerieren, dass die Regierungskoalition das Patentrezept beim Thema „Stromspeicher“ gefunden hätte.

Nicht nur, dass all das schon Regierungsprogramm im Bund ist und es deshalb des Antrags in der Sache überhaupt nicht bedarf; man muss sich, ehrlich gesagt, auch fragen, weshalb es notwendig sein soll, dass der Landtag nun SPD-Landeswirtschaftsminister Duin auffordert, sich mit seinem Parteivorsitzenden und Amtskollegen, SPD-Bundeswirtschaftsminister Gabriel, bei diesem Thema ins Benehmen zu setzen. Oder wollen Sie etwa allen Ernstes behaupten, dass es hier nicht bereits einen fachlichen

Austausch zwischen den Ministerien gibt? Das könnte meines Erachtens niemand wirklich wollen.

Oder das eigentliche Problem ist, meine Damen und Herren – das wird gleich deutlich, wenn nicht der Energieminister, sondern der Umweltminister des Landes zu diesem Antrag spricht –, dass diese Landesregierung keine Energiepolitik aus einem Guss hat.

Sorgen Sie endlich dafür! Die Effekthascherei mit Anträgen brauchen wir nicht. Deshalb lehnen wir den Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Schmalenbach.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich fange mit ein paar Vorbemerkungen an:

Herr Brockes liefert mal wieder einen Beitrag aus dem Bereich Satire.

(Beifall von den PIRATEN und den GRÜNEN)

Ich habe nichts anderes erwartet. So kenne ich meine FDP – die Energiewendeverhinderer des Landes. Das braucht niemand, Herr Brockes.

Ich wollte aber auch noch etwas zu den Arbeitsplätzen sagen. Es ist immer bedauerlich, wenn Arbeitsplätze verloren gehen. Das hören wir hier immer wieder. Aber was soll ich dazu sagen? Das ist der Lauf der Dinge. Wenn sich eine Industrie wandelt, kommt es zu einem Strukturwandel, zu einer Verlagerung von Arbeitsplätzen. Alte Dinosaurierarbeitsplätze gehen verloren, neue, moderne kommen hinzu. So ist das einfach. Das lässt sich nicht aufhalten. Das war auch beabsichtigt, als man das EEG geschaffen hat.

An Herrn Deppe hätte ich die kurze Frage, was für ein Zeichen es ist, dass Herr van den Berg gesprochen hat. Das habe ich überhaupt nicht verstanden. Ich weiß überhaupt nicht, wo ich das hinstecken soll.

Mich interessiert nicht primär, woher das Geld kommt, sondern dass umgesetzt wird, was in diesem Antrag steht. Das ist mir das Wichtigste.

Frau Brems hat wohl gerade die Koalition aufgekündigt, indem sie sagte: Wir haben zu lange an falschen Industrien und falschen Energien festgehalten. – Das fand ich sehr bemerkenswert, dass sie das ohne Widerspruch der SPD sagen durfte. Schön. Aber gut.

(Beifall von den PIRATEN)

Strittig ist, wann und wie viele Speicher von welcher Technologie wir benötigen. Wir haben von Frau

Brems gehört, dass wir einen Technologiemix brauchen. Das ist vollkommen klar. Es gibt Langzeitspeicher und Kurzzeitspeicher.

Ich wende mich noch mal an Herrn van den Berg. Wenn dralon ein Problem mit einem Netzausfall von einer hundertstel Sekunde hat, dann können auch die sich einen Speicher zulegen, um das Problem eben nicht mehr zu haben.

So betrachtet kann man dem Antrag nur zustimmen.

Der Antrag scheint außerdem, wie es hier auch durchgeklungen ist, die Intention zu haben, allen zu gefallen. Denn er gibt kaum Anlass, sich daran zu stoßen.

Versorgungssicherheit soll gewährleistet werden. – Wer könnte dem widersprechen?

Die Energiepreise sollen bis zur vollständigen Deckung des Strombedarfs durch die Erneuerbaren wettbewerbsfähig bleiben. – Auch dem kann man sicher nicht widersprechen. Was dem Antrag hier fehlt, das ist die Timeline. Es fehlt die klare Aussage dazu, wann wir dort angekommen sein wollen. Ich würde sagen: allerspätestens bis 2030, besser noch früher.

Sie wollen eine Vorbildrolle einnehmen. – Das finde ich wieder löblich, wie ich es auch gestern schon gesagt habe. Leider aber passt das in meinem Kopf nicht zusammen mit der Strategie zur Braunkohle, die Rot-Grün in NRW fährt. Noch immer weigern Sie sich, anzuerkennen, dass die Braunkohle lange vorher erledigt sein wird, als Ihr Zielkorridor das aussagt. 2045 wollen Sie damit aufhören, die Braunkohle aus dem Boden zu holen. Die Wahrheit ist: Bis 2045 sind alle Komponenten der Braunkohlegewinnung längst verrottet, längst der Korrosion zum Opfer gefallen.

Mich stört ein wenig, dass der Fokus erneut auf dem Industriesektor liegt. Die Energiewende ist aber mehr als das. Sie ist ein nachhaltiges Gemeinschaftsprojekt, in dem die Bürger bis zum Auftauchen von Sigmar Gabriel auf ihrer Bühne die Hauptrolle gespielt haben.

Der verschobene Fokus des Antrags offenbart sich auch in der Aussage, NRW habe eine dichte Industrielandschaft.

Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Priggen zulassen?

Bitte schön.

Herzlichen Dank, Kollege Schmalenbach. – Sie haben einleitend von einer Koalitionskrise gesprochen. Das einleitende Zitat von Kollegin Brems – ich habe extra noch mal nachgeguckt –, bei dem Sie vermutet haben, es führt zu einer Koalitionskrise, stammt von unserem Wirtschaftsminister, der – nachzulesen in der gestrigen „Rheinischen Post“ – gesagt hat: „NRW hat einfach zu lange an falschen Industrien festgehalten.“

Nur zu Ihrer Orientierung: Es gibt keinen Krach, sondern gleiche Einschätzung und deswegen der engagierte Einsatz noch vorne für Speicher und Erneuerbare.

Herr Schmalenbach, bitte.

Vielen Dank, Herr Priggen. Ich greife das am Ende noch mal auf.

Der verschobene Fokus offenbart sich auch in der Aussage, NRW habe eine dichte Industrielandschaft. Ja, das stimmt. NRW hat aber auch eine hohe Bevölkerungsdichte. Auch das bietet Potenziale wie zum Beispiel private Dächer für Solarenergie oder Keller für Binnen-BHKWs. Aber das lässt der Antrag leider aus.

Widersprechen möchte ich an der Stelle, an der Sie behaupten, Zentrale und Dezentrale ließen sich gut mischen, Herr van den Berg. Das sehe ich anders. Ihr Antrag suggeriert ein bisschen das Festhalten an der Sterntopologie des Netzes. Das sehen wir komplett anders. Wir glauben, dass es nicht richtig ist, an den großen Übertragungsleitungen festzuhalten, sondern dass es am Ende zu einem vermaschten Netzwerk kommen wird, sodass letztendlich ein Ineinandergreifen möglich ist. Nur ein vermaschtes Netzwerk ist letztlich in der Lage, wirklich dezentral zu arbeiten.

(Beifall von den PIRATEN)

Schön finde ich, dass Ihr Antrag ein eindeutiges Bekenntnis gegen die Braunkohle enthält. Ich zitiere:

„Aufgrund ihrer fluktuierenden Einspeisung von Strom wird ein Ausgleich benötigt, damit auch in sonnen- und windschwachen Zeiten ausreichend Strom zur Verfügung steht. Für eine Übergangszeit können hier hocheffiziente und flexible Kraftwerke eine gute Ergänzung bilden.“

Das haben vermutlich die Grünen in den Antrag geschmuggelt, denn das ist eine eindeutige Aussage gegen die unflexible Braunkohle.