Protocol of the Session on September 15, 2016

Ja, eben. – Der Überweisung stimmen wir zu; das habe ich zu sagen vergessen.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Herr Kollege Bischoff, ich danke Ihnen ganz herzlich. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Paul das Wort.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Idee von Olympia in NRW, wie Herr Mronz sie skizziert, oder wie sie in der medialen Debatte bislang diskutiert worden ist, wirkt erst mal wie eine Blaupause für die Umsetzung der neuen IOC-Agenda 2020: weg von Gigantomie, mehr Transparenz, Nachhaltigkeitskriterien endlich einhalten, sich um die Menschenrechte kümmern usw. Das finde ich auch richtig. Allein nach den aktuellen Entwicklungen im internationalen Sport erlaube ich mir die kritische Anmerkung, mir fehlt ein wenig der Glaube, dass diese IOC-Agenda 2020 so schnell mit dem möglichen und notwendigen Pep umgesetzt wird.

Nichtsdestotrotz sind wir uns wohl hier im Hause alle einig, dass Nordrhein-Westfalen selbstverständlich die Voraussetzungen hat, Olympische und Paralympische Spiele auszurichten. Wir haben bei diversen Sportgroßereignissen gezeigt, dass wir gute Gastgeberinnen und Gastgeber und gute Organisatorinnen und Organisatoren sind: bei der Männerfußball-WM 2006, bei der WM der Frauen 2011, ob es beim Hockey oder bei der Kanu-WM gewesen ist. Wir sind ein sportbegeistertes Land und dementsprechend ist es sicher richtig, dass Olympische und Paralympische Spiele auch in Nordrhein-Westfalen stattfinden könnten und im Sportland Nummer eins gut angesiedelt wären.

Reden wir tatsächlich von einer jetzt aktuellen Debatte, oder handelt es sich vielleicht mehr um ein Spätsommerloch, um eine Scheindebatte? Denn Kollege Bischoff hat auf eine ganz entscheidende Sache hingewiesen. Ich habe auch gestern den Zeitungsberichten entnommen, dass das auch in der CDU-Fraktion unter diesem Vorzeichen diskutiert worden ist. Wenn die Olympischen Spiele 2024 in Europa stattfinden, haben wir uns alle gemeinsam einen schönen Sommerspaß gemacht, aber außer Diskussionen ist nichts gewesen – zum Glück auch keine Spesen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Darauf sollten wir vielleicht erst mal warten.

Um auf Ihre Zwischenfrage an Herrn Bischoff einzugehen, würde mich an der Stelle doch ein etwas detaillierteres Konzept von Herrn Mronz interessieren, wie er diese Vorbereitungen eigentlich machen will.

Denn er garantiert uns ja, das wird ohne einen Pfennig Steuergeld passieren. Auch da bin ich auf die konstruktiven Antworten gespannt, wie das im Detail tatsächlich aussehen soll. Denn bislang hat es noch keine olympischen Bewerbungsvorbereitungen gegeben, ohne dass nicht in erheblichem Maße öffentliche Gelder dafür eingesetzt worden sind.

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Das machen al- les Ehrenamtliche!)

Genau, das machen alles Ehrenamtler und die üblichen Sponsoren.

In der aktuellen Debatte kommt es weniger auf unsere politischen Willensbekundungen an, denn unter dem Strich sind wir uns, glaube ich, alle einig, dass wir als Sportpolitikerinnen und Sportpolitiker uns Olympische und Paralympische Spiele vorstellen können.

Um noch einmal auf Sie einzugehen, Herr Kerbein, die Umfragen in Hamburg haben doch gezeigt, dass die Menschen in Hamburg am Anfang auch von der Idee begeistert waren, aber nach hinten raus, als es konkret wurde und auch gezeigt wurde, dass das etwas kostet, hat die Zustimmung für Olympische Spiele bei der Bevölkerung stark abgenommen, bis hin zu der negativen Entscheidung in der Bürgerbefragung.

(Dr. Björn Kerbein [FDP]: Aus Fehlern muss man lernen!)

Genau darauf müssen wir doch eingehen. Bevor wir eine Olympiabewerbung angehen, muss die Politik aktiv einfordern, dass sich an den Dingen, die massiv kritisiert worden sind, etwas ändert. Was im Zentrum der Ablehnung der Menschen gegen Olympische Spiele steht, sind doch nicht die Sportlerinnen und Sportler, nicht das Sportevent, sondern die gesamte negative Begleitmusik und die massive Glaubwürdigkeitskrise, in die nicht nur IOC und FIFA geraten sind, sondern mit dem DFB leider auch ein deutscher Spitzenverband bei der kruden Vergabegeschichte um die WM 2006. Das gilt es aufzuarbeiten, und da sehe ich aktuell nicht wirklich viel Bewegung beim IOC und bei den anderen Weltverbänden.

Denn die Olympischen Spiele hätten die Möglichkeit geboten, in dem ganzen Dopingskandal ein Zeichen zu setzen und sich vielleicht doch anders gegenüber einem Staatsdopingsystem wie dem russischen zu positionieren. Was hat der IOC-Präsident gemacht? Gar nichts! Er hat die Verantwortung auf die einzelnen Fachverbände abgewälzt und dementsprechend eine große Chance vertan. – Auch die Neuwahl des UEFA-Präsidenten, eines Funktionärs, den vorher keiner kannte, der aber aus dem System Sport kommt, scheint mir persönlich wenig dazu geeignet, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.

(Zurufe von der CDU)

Das ist eine wichtige Debatte, die wir an der Stelle führen müssen, um die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Olympische Spiele sollen doch nicht für uns sein – was wir uns vorstellen könnten, was unsere Träume und Wünsche sind –, sondern Olympische Spiele müssen endlich wieder für die Athletinnen und Athleten sein und auch für die Menschen, die schließlich in den Stadien für die Stimmung sorgen sollen.

Mir fällt nach unserer Sportausschussreise nach Berlin auch ein, welche aktuelle Debatte wir uns vielleicht als Erstes vornehmen sollten, wenn wir über Transparenz und Good Governance sprechen: die aktuelle Debatte um die Reform der Spitzensportförderung, denn das wäre für den DOSB und das Bundesinnenministerium eine Gelegenheit, Good Governance neu zu präsentieren und zu zeigen, dass man Partizipation und Transparenz endlich ernst nimmt …

Die Redezeit!

… und dass man diese Kritik verstanden hat. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Paul. – Für die Piraten spricht Herr Kollege Lamla.

(Zuruf von den PIRATEN: Wo sind die Vuvuzelas?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und zu Hause! Meine Damen und Herren, wir haben innerhalb der Piratenfraktion anlässlich der Anträge eine sehr spannende und sehr kontroverse Debatte geführt, und ich möchte gleich versuchen, die ein bisschen wiederzugeben. Vorab: Es könnte sein, dass ich Dinge sage, die Ihnen nicht gefallen werden, aber das müssen Sie leider aushalten.

Zuerst möchte ich mich mit den Erfahrungen aus Rio und vor allem mit dem IOC beschäftigen, denn ich glaube, wenn wir momentan eines wissen, dann ist es die Tatsache, dass nach Rio die Kasse des IOC voll und die Kasse des brasilianischen Staates leer war. Allein aus den Verträgen mit Fernsehanstalten und Sponsoren akquirierte das IOC mehr als 13 Milliarden US-Dollar, und die Erfahrung zeigt, das Geld wird nicht an das Ausrichterland gehen, sondern zu einem relevanten Teil in die Funktionärstaschen wandern – ich meine, in die Taschen der gemeinnützigen Kräfte. Sie wissen schon!

(Heiterkeit von den PIRATEN)

Das IOC ist durchaus eine sehr mächtige Organisation mit einem echt widerlichen Image, das kann man auf jeden Fall festhalten. Ich glaube, da sind wir auch alle einer Meinung. Die Olympischen Spiele als Kernprodukt des IOC sind währenddessen von gröbsten organisatorischen Mängeln, von Doping- und Korruptionsskandalen mittlerweile so schwer belastet, dass Experten wie Walther Tröger schon von einem möglichen Ende der Olympischen Spiele sprechen. Nicht zuletzt die Dopingskandale haben auch den letzten Zuschauer erreicht und erzeugen ein Klima des Misstrauens. Der Zuschauer weiß weder, ob die Medaillen korrekt an saubere Athleten vergeben wurden, noch, ob die Dopingkontrollen und -analysen vorschriftsmäßig abgelaufen sind.

Im autokratischen Reich des IOC und der inzwischen 40 olympischen Sportweltverbände kann man alles kaufen, alles fälschen, alles organisieren: Dopingproben, Wahlen, Mitgliedschaften, Regeln, Kongresse. Für uns Demokraten wird es unter diesen Umständen schwer, uns für Olympia zu positionieren, solange man auf Funktionärsebene dem Spruch „Weiter so wie bisher!“ folgt.

Eine andere Sache, mit der wir uns in der Fraktionssitzung beschäftigt haben, ist die Inklusion. Denn die Paralympischen Spiele sind alles andere als gelungene Inklusion wie es etwa die Frau Ministerpräsidentin Hannelore Kraft einmal äußerte. Eine gelungene Inklusion wäre es nämlich erst dann, wenn Sportlerinnen und Sportler mit Handicaps ebenfalls im Rahmen der Olympischen Spiele ihre Wettkämpfe austragen könnten, und nicht erst danach in einem völlig anderen und isolierten Format. Noch mal: Die Paralympics sind keine Inklusion. Sie sind leider ein Zeichen der Ausgrenzung, und auch daran trägt das IOC die Schuld.

(Beifall von den PIRATEN)

Meine Damen und Herren, nicht zuletzt sollten wir auch auf die gescheiterte olympische Bewerbung der Hansestadt Hamburg schauen. Mündige Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt oder der Region können sehr wohl überblicken, welche positiven und welche negativen Folgen die Austragung eines solchen Events hat – Kosten, Gentrifizierung, um nur zwei Stichworte zu nennen. Wenn wir also ernsthaft über eine olympische Bewerbung reden, müssen wir uns auch damit beschäftigen, wie wir die Menschen der Region frühzeitig, transparent und vor allem auf Augenhöhe mit in die Entscheidungs- und Planungsprozesse einbeziehen.

Zusammenfassend sind wir nicht gegen den olympischen Gedanken. Wir sind sehr wohl gegen diese beiden Anträge, die uns heute vorgelegt werden. – Herr Müller, aktuell kein Aufbruch! Es muss sich viel ändern, damit dieser Aufbruch kommt. Wir schauen in die Zukunft und schauen, was dann passieren

wird. Ich bin aber, ehrlich gesagt, eher skeptisch. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lamla. – Für die Landesregierung jetzt Frau Ministerin Kampmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob Sie sich an die Feier „70 Jahre Nordrhein-Westfalen“ in der Tonhalle erinnern. Dort war auch August Schulte, der an diesem Tag ebenfalls 70 Jahre alt wurde. Von Thomas Roth gefragt, hat er gesagt: Er wünscht sich, einmal olympische Spiele in Nordrhein-Westfalen erleben zu dürfen. Sie haben schon darauf hingewiesen. Auch die jüngste Umfrage weist darauf hin, dass es eine große Begeisterung in der Bevölkerung Nordrhein-Westfalens gibt.

Herr Müller, Sie haben vollkommen recht. Ich habe gesagt – und dazu stehe ich –: Als Sportministerin kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, als olympische Spiele im eigenen Land. Die Bedingungen haben Sie heute schon häufig genannt. Sie müssen ökonomisch sinnvoll und ökologisch sein, und wir müssen die Menschen mitnehmen. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch ich kann mir tatsächlich nichts Schöneres vorstellen, als die besten Sportlerinnen und Sportler der Welt hier in NordrheinWestfalen, hier an Rhein und Ruhr erleben zu dürfen.

Es ist ein großes Fest der Begegnung. Im August durfte ich bei den olympischen Spielen in Rio sein. Ich durfte Zeugin werden, wie dort der olympische Gedanke mit Leben gefüllt wird – und zwar fernab negativer Schlagzeilen, die es hier so oft gab. Denn man konnte in Rio sehr gut sehen: Wenn die Menschen im eigenen Land sportbegeistert sind – und das sind die Brasilianerinnen und Brasilianer –, dann trägt das olympische Spiele. Dann wird es dieses große Fest, das ich mir auch für Nordrhein-Westfalen wünsche.

(Beifall von der SPD)

Aber, lieber Herr Müller, eine Bewerbung ist kein Sprint. Deshalb: Wenn Ihr Zug losfährt, dann sollte er nicht zu schnell losdampfen. Bei einer Bewerbung ist Ausdauer gefragt. Das darf kein Schnellschuss sein. Dafür brauchen wir ein gutes Konzept, das auch in der Praxis funktionieren muss, und dafür müssen wir uns eng mit unseren zentralen Partnern – und das ist der DOSB, aber auch der Deutsche Behindertensportverband – abstimmen. Wir sehen die Gesamtlage deshalb differenzierter, als es in Ihren Anträgen zum Ausdruck kommt.

Herr Müller, eine gute Sportstätteninfrastruktur ist zudem nicht alles. Rainer Bischoff und Josefine Paul haben zu Recht darauf hingewiesen, dass der Zeitpunkt vor allem eben auch vom Austragungsort 2024 abhängt. Darüber wird das IOC nächstes Jahr entscheiden, und dann werden wir weitersehen. Der Ball liegt jetzt im Feld des Sports.

Ich möchte noch einmal auf die Vorteile hinweisen, die wir in Nordrhein-Westfalen haben: Wir haben eine einzigartige Sportstätteninfrastruktur. Olympische Spiele wären eine konsequente Fortsetzung unseres sportpolitischen Konzepts. Sie wissen, wir haben auch im nächsten Jahr viele große Sportveranstaltungen: Wir sind Gastgeber für die EishockeyWM, die Tischtennis-WM und die Tour de France. Das heißt, wir haben viele Erfahrungen, auf denen wir aufbauen könnten, und das sollten wir auch tun.

Ich schließe ab: Nordrhein-Westfalen ist sportbegeistert. Wir sollten uns gemeinsam für den Traum von Olympia stark machen, aber unter der Bedingung: mit den Menschen und zusammen mit unseren Partnern aus dem Sport. Ich freue mich auf die gemeinsame Debatte im Sportausschuss und wünsche Ihnen allen einen schönen Abend. – Danke.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Kampmann.

Ich schließe die Debatte zum Thema „Olympiabewerbung“ und lasse über die Überweisung des Antrages der Fraktion der CDU Drucksache 16/12792 abstimmen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Sportausschuss; die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. – Niemand dagegen, und keine Enthaltung. Dann haben wir so überwiesen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Überweisung des Antrages der Fraktion der FDP Drucksache 16/12851. Auch hier empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung des Antrages an den Sportausschuss. Dann das gleiche Abstimmungsverfahren und -prozedere wie im vorgenannten Antrag. Möchte hier jemand dagegen stimmen, sich enthalten? – Beides ist nicht der Fall.