Protocol of the Session on May 12, 2016

Es ist ganz einfach, ganz unaufgeregt: Wir reden miteinander, wir haben gelegentlich auch unterschiedliche Akzente in dem, was wir machen. Dann machen wir gemeinsam, wenn wir merken, dass wir uns da einigen müssen, auch etwas daraus. Das haben wir getan. Das kennen Sie jetzt. Das sehen Sie jetzt. Aber offenbar können Sie damit nicht leben. Daran kann ich Sie nicht hindern.

So weit Frage und Antwort. – Jetzt zur Kurzintervention von Herrn Kollegen Witzel, bitte 90 Sekunden!

Herr Finanzminister, weil Sie gerade die Nebelmaschine angeworfen haben: Die Presseberichterstattung war schon ausdrücklich eine andere. Ihr Kollege Duin hat eine Tatsachenbehauptung getätigt. Er hat Wortlautzitate dafür freigegeben, die beinhalten, dass hier eine Ankündigung erfolgt ist. Es gibt ein Gutachten, das er in Auftrag gibt, das er voranbringt. Das hat mit Meinungsfreiheit, dass man auch unter Kabinettskollegen mal diskutiert, nichts zu tun, wenn Sie das am selben Tag oder am Tag drauf sofort wieder einsammeln.

Sie haben diesem Parlament gegenüber nicht dargelegt, was Sie, wenn Sie meinen, Sie hätten für Ihren Standpunkt – Stichwort Erfolgsgeschichte, so wie Sie es bezeichnet haben – gute Argumente, dagegen haben, dass Ihr Kollege die ergebnisoffene Analyse in Auftrag geben darf, die er gern in Auftrag geben würde. Was ich aber von Ihnen in der Diskussion erwarte, ist intellektuelle Redlichkeit, weil Sie hier eine Monstranz aufbauen.

Dass eine Spielbankenabgabe gezahlt wird, ist richtig. Dass wir wollen, dass die Stiftung Wohlfahrtspflege – alle Fraktionen gemeinsam in diesem Haus – natürlich auch Empfänger der Zahlungen ist, ist auch völlig unstrittig. Sie tun so, als wäre das ausschließlich dann der Fall, wenn WestSpiel zu 100,0 % in öffentlicher Hand wäre.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Hat man als FDP- Abgeordneter mehr Redezeit?)

Deshalb frage ich Sie noch einmal ausdrücklich: Wenn Sie – wie Ihre Kabinettskollegen in anderen Bundesländern mit SPD- und grüner Regierungsbeteiligung – Betreibermodelle finden, bei denen auch Private ihren Beitrag leisten, eine zusätzliche Marktexpertise mit einbringen und dann dasselbe betriebswirtschaftliche Ergebnis erzielt wird, vielleicht sogar noch ein besseres: Gibt es dann irgendeinen einzigen Cent weniger, der an die Stiftung Wohlfahrtspflege fließt? Gibt es dann einen Cent weniger Spielbankenabgabe? Gibt es einen Cent weniger Steuerzahlungen? Nein, es gibt dann, wenn das Geschäft besser läuft, sogar entsprechend mehr. Weil Sie gerade gesagt haben, Sie erwarten eine Logik der Diskussion, hätte ich gerne Ihre Stellungnahme dazu.

Es ist ein Unterschied, ob Glücksspiel in privater Hand ist oder ob Glücksspiel in staatlich überwachter Hand ist. Ich nenne nur ein Beispiel. Ich habe vor Jahren, als Ihr Parteifreund Rösler noch Bundeswirtschaftsminister war, mehrere Versuche unternommen, dazu beizutragen, Geldwäsche über Geldautomaten einzuschränken. Es war eine eindeutig politische Positionierung, diese Vorstöße nicht weiter zu verfolgen.

Unter meiner Verantwortung, unter unserer Verantwortung sehen wir das anders.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die Entscheidungen halte ich auch aufrecht. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt – wir haben es schon gehört – sind Beschäftigungsbedingungen und anderes.

Der dritte Punkt ist – auch wenn Sie es nicht hören wollen –: WestSpiel für sich genommen hat einen positiven Ertrag, wenn man die ertragsunabhängige Abgabe, die wir einziehen, nicht berücksichtigt.

Das hat nichts damit zu tun, dass es heißt: Wenn Steuern bezahlt werden, ist das immer so. Steuern sind im Regelfall ertragsabhängig. Das Unternehmen für sich genommen, ohne diese vom Land auferlegte Abgabe, würde sich tragen.

Wir aber wollen, dass es mehr Früchte trägt. Hier ist eben davon gesprochen worden – Herr Optendrenk hat das auch gesagt –, nicht den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. Es entsprach unserer gemeinsamen Überlegung, dass wir uns auch alternative Möglichkeiten anschauen wollen.

Worauf Sie herumreiten, ist doch die Stellungnahme, die intern von der NRW-Bank angefertigt worden ist. Sie wollen die gerne als Gutachten verkaufen.

(Ralf Witzel [FDP]: Nein! Das ist nicht so!)

Nennen Sie das von mir aus so; es war jedenfalls keins.

Die Frage war, ob man jetzt auf dieser Grundlage einen weiteren Schritt unternimmt. Wir haben gemeinsam beschlossen, dass der erste Schritt darin besteht, uns zunächst anzuschauen, was aus dem wird, was wir eingeleitet haben. Und wenn das eben nicht die gewünschten Ergebnisse erzielen sollte, hat man die Möglichkeit, über Korrekturen nachzudenken.

Im Augenblick sagen die Zeichen: Es funktioniert. Und da muss ich Ihnen als Finanzminister ganz ehrlich sagen – das sage ich auch dem Kollegen Duin –: Wir müssen nicht unbedingt viel Geld dafür ausgeben, ein Gutachten anfertigen zu lassen, wenn wir bereits eine Entscheidung getroffen haben, in welche Richtung wir gehen wollen.

Das war die Diskussion, und zu den Ergebnissen stehen wir gemeinsam. Jetzt schauen wir zunächst, was aus den eingeleiteten Schritten wird. Danach können wir weiter diskutieren und auch kritisieren. Wir haben uns jedenfalls entschieden, und zwar mit guten Argumenten, die ich gerade noch einmal aufgeführt habe.

Vielen Dank, Herr Minister. Das war die Antwort auf die Kurzintervention. – Weitere Redebeträge sind nicht angemeldet. Deshalb schließe ich an dieser Stelle die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/11902 an den Haushalts- und Finanzausschuss – er bekommt die Federführung – sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk in der Mitberatung. Alle fünf Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, den Antrag zur Mitberatung auch an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu überweisen. Die abschließende Abstimmung soll dann im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Ist jemand gegen die Überweisung? – Enthaltung? – Beides nicht der Fall. Dann haben wir so überwiesen.

Ich rufe auf:

5 Nach den TTIP-Leaks ist das öffentliche Ver

trauen in das transatlantische Freihandels- und Investitionsabkommen vollkommen zerstört: TTIP muss ausgesetzt werden!

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/11888

Ich eröffne die Aussprache, und als erster Redner hat für die antragstellende Fraktion der Piraten Herr Dr. Paul das Wort.

Vielen Dank. – Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Vor etwa vier Jahren ist das hinter verschlossenen Türen ausgehandelte ACTAAbkommen am zivilen Widerstand in ganz Europa gescheitert.

Aber ACTA war gestern – TTIP, CETA und TiSA sind heute. Die transnational operierenden Großunternehmen und ihre Buddies versprechen bedeutende Arbeitsplatzgewinne und Wachstum. Wir Kritiker hingegen warnen vor der Aushöhlung von demokratischer Entscheidungsfindung, vor dem Absenken von Daten-, Verbraucher- und Arbeitnehmerschutzstandards.

(Beifall von den PIRATEN – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Zu Recht!)

Über die Gefahren, die von TTIP für Demokratie und Rechtsstaat ausgehen, haben wir im Landtag auf unsere Initiative hin schon mehrmals debattiert.

Aus landespolitischer Sicht kann man TTIP nur ablehnen. Es muss davon ausgegangen werden, dass TTIP schwerwiegende Folgen für die nordrheinwestfälische Demokratie, regionale Unternehmen und die kommunale Familie hätte. Die Piraten lehnen TTIP ab. Basta!

(Beifall von den PIRATEN)

Jetzt ist es mit den veröffentlichten Verhandlungsinhalten, den sogenannten TTIP-Leaks, wieder zivilgesellschaftlicher Courage zu verdanken, dass wir endlich Klarheit haben. Es wurde, wie befürchtet, die ganze Zeit am Gemeinwohl der Europäer vorbeiverhandelt. Und wieder braucht es den beeindruckenden Einsatz von Whistleblowern, damit die Öffentlichkeit erfährt, wie ihre Interessen in Hinterzimmerverhandlungen verkauft werden.

(Zuruf von der FDP: Mein Gott!)

Wir Piraten fordern deshalb seit Langem einen gesetzlichen Whistleblowerschutz, idealerweise auf EU-Ebene, notfalls auch auf Landesebene. Doch die EU bewegt sich gerade in die entgegengesetzte Richtung. Die jüngst beschlossene Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist eine versteckte Whistleblower-Kriminalisierungsrichtlinie.

Die EU-Richtlinie verschärft das bereits bestehende gewaltige Machtgefälle zwischen Whistleblowern und Großunternehmen. Dieses Vorgehen vernichtet weiteres Vertrauen in die Europäische Union und ihre Institutionen. Denn die Qualität unserer Demokratie misst sich nicht zuletzt daran, wie wir diejenigen behandeln, die unter Gefahr für das öffentliche Interesse eintreten.

Auch wenn die SPD-Fraktion im Europaparlament der genannten Richtlinie zugestimmt hat, darf man einem SPD-Kollegen auch einmal Anerkennung zollen. Lieber Herr Kollege Töns, eine der TTIPkritischen Stimmen in der SPD, hat nun auch offen gegen die von oben verordnete Pro-TTIP-Linie rebelliert und von „überschrittenen roten Linien“ gesprochen.

Lieber Markus Töns, das ist dein Applaus von den Piraten!

(Beifall von den PIRATEN – Zuruf von der FDP: Da freut er sich aber!)

Das begrüßen wir also. Ein gesamtparteiliches Umdenken wird in der SPD hoffentlich bald einsetzen.

Das Vertrauen der Menschen in die eigenen Verhandlungsführer, also in die EU-Kommission, ist zerstört. Das ist das Ergebnis der Politik der Intransparenz. An dieser Stelle sollten wir auch berücksichtigen, dass dieser Vertrauensverlust Verwesungsprodukte am politischen rechten Rand hervorruft, die wir alle nicht wollen.

Auf dieser Basis kann es also keine weiteren Verhandlungen geben. Wir Piraten bleiben dabei: Die TTIP-Verhandlungen müssen beendet werden – ohne Wenn und Aber.

Ein Aber gibt es aber doch: Es braucht einen kompletten Reset, einen Neustart: transparent, demokratisch legitimiert und gemeinsam mit der Zivilgesellschaft. Wenn das nicht geht, dann darf es kein Handelsabkommen mit den USA geben.

Zum Schluss noch ein Signal an die ganz offensichtlich gammaverstrahlten Alphawölfe aus der FDP:

(Zurufe von der FDP: Oh je!)

Bei TTIP gibt es keinen Betatest!

(Zuruf von der FDP: Wir werden es vermis- sen!)

Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)