Protocol of the Session on May 11, 2016

Aber Sie sehen ja, Probleme lassen sich am Ende auch dann lösen, wenn nur Naturschutzrecht zuständig ist. Von daher ist das wieder ein Argument mehr zu sagen: Das, was Sie hier beantragen, brauchen wir nicht. An der Stelle verstehe ich Ihren Antrag auch überhaupt nicht.

Meine Damen und Herren, ich finde sehr gut, dass Ihr Antrag in den Ausschuss überwiesen wird – ich

habe erst gedacht, Sie würden ihn direkt zur Abstimmung stellen –, weil wir dann noch einmal zusammen darüber diskutieren können, wie sinnhaft das wirklich ist. Ich bin im Moment allerdings eher der Meinung, dass der NABU-Vorsitzende von Nordrhein-Westfalen recht hat.

(Lachen von Henning Höne [FDP])

Er hat Ihrem Antrag ja attestiert, dass ihm jegliche fachliche Kompetenz fehle. Den Eindruck habe ich, nachdem ich ihn gelesen habe, auch.

(Beifall von Manuela Grochowiak-Schmieding [GRÜNE])

Die Redezeit.

Ich finde auch, dass das nichts bringt. Ich habe, ehrlich gesagt, die Hoffnung, wenn wir dann im Ausschuss gemeinsam diskutieren, Herr Busen, dass Sie am Ende – das kann man ja, wenn man diskutiert – Ihre Meinung ändern und dann gemeinsam mit uns gegen Ihren eigenen Antrag stimmen, nachdem Sie sich im Ausschuss haben weiterbilden lassen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Rüße. – Für die Piraten spricht jetzt Herr Kollege Rohwedder.

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN) : Vielen

Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Fast 200 Jahre nach der erfolgreichen Ausrottung des Wolfes bei uns besteht jetzt die Möglichkeit, dass dieser größere Predator wieder zurückkehrt. Wir begrüßen das ausdrücklich.

Das Zusammenleben von Menschen und Predatoren war nie problemfrei, weil Predatoren als Konkurrenten um Wild angesehen werden und auch Nutztiere in ihr Beuteschema fallen können. Großraubtiere können sogar Menschen gefährlich werden.

Die lange Zeit ohne Wölfe hat die ehemaligen Erfahrungen verblassen lassen und Unwissenheit und Dämonisierung Vorschub geleistet. Mit dem Wolf zu leben müssen wir erst wieder lernen. Der FDP-Antrag hilft da nichts. Er strotzt vor Unkenntnis und Inkompetenz und ist der reine Kevinismus.

(Beifall von den PIRATEN)

Bevor Wölfe sich wieder fest ansiedeln, also Rudel in festen Revieren bilden, streifen Einzelwölfe oft Hunderte von Kilometern durchs Land auf der Suche nach neuen, geeigneten Revieren. Diesen Zustand

haben wir nun endlich in Nordrhein-Westfalen erreicht. Einzelwölfe sind aufgetreten.

Im dicht besiedelten Nordrhein-Westfalen gibt es nur wenige für Rudel geeignete Reviere, die die Wölfe alleine finden werden, ohne dass wir eine Residenzpflicht und No-Go-Areas einführen, in denen die FDP mit roten Käppchen in Feld und Wald den Wolfsabweiser gibt.

(Heiterkeit – Beifall von den PIRATEN)

Das ist nicht artgerecht, noch nicht einmal für die FDP. Das widerspricht auch geltendem Recht und würde zu Strafzahlungen an die EU führen. Die Vernetzung von Lebensräumen im Biotopverbund von der EU ist jetzt seit Jahrzehnten, von der FDP unbemerkt, Standard. Sie dient auch dem genetischen Austausch zwischen Populationen, Tierwanderungen sowie natürlichen Ausbreitungs- und Wiederbesiedlungsprozessen.

Der Antrag ist auch deshalb überflüssig, weil es einen Managementplan gibt, bei dessen Erstellung Betroffene – wie Naturschützer, Jäger, Schafhalter und Forstleute – mitwirkten und der, aufbauend auf Erfahrungen in Gegenden mit Wolfsbeständen, vorsorglich etliche Maßnahmen beinhaltet, die diesen Antrag überflüssig machen.

Den Wolf ins Jagdrecht zu übernehmen hieße auch, dass die Jäger eine Hegepflicht bekommen. Wie soll die aussehen? Sollen Wölfe in harten Wintern gefüttert werden – mit der Gefahr, dass sie an den Menschen gewöhnt werden?

Das vorgesehene generelle Abschießen von Wölfen außerhalb der vorgesehenen Verbreitungsgebiete widerspricht Natur- und Tierschutzgesetzgebung. Sie behaupten, die frühzeitige Aufnahme des Wolfes in das nordrhein-westfälische Jagdrecht sei ein klares Signal dafür, dass der Wolf ein Bestandteil unserer Artenvielfalt sei. Warum fordern Sie dann nicht die Komplettaufnahme der gesamten Flora?

(Heiterkeit)

Nein, Fauna, Entschuldigung. Gefährlicher als Wölfe sind zum Beispiel Zecken, die ansteckende Krankheiten übertragen können. Das ist das gefährlichere Tier im Wald.

(Heiterkeit – Beifall von den PIRATEN)

Wollen Sie die ins Jagdrecht aufnehmen?

(Zuruf: Die kann man nicht so schön vor den Kamin legen! – Heiterkeit)

Nach den Erfahrungen aus Sachsen, wo der Wolf 2012 ins Jagdrecht aufgenommen und das Wolfsmanagement auf die Jägerschaft übertragen wurden, führte das dort nicht zu weniger, sondern zu mehr Bürokratie. Internationale und nationale Gesetze und Konventionen wie das Washingtoner Artenschutzgesetz, die Berner Konvention, die FFH-Richtlinie und

das Bundesnaturschutzgesetz schützen den Wolf streng. Die zusätzliche Beachtung eines Landesjagdgesetzes beschäftigt neben Naturschutzbehörden dann zusätzlich weitere Behörden, und nichts ist es mit Entbürokratisierung.

Der Ersatz von durch Wölfe verursachten Schäden ist eine staatliche Aufgabe. Auch Vorbeugung wie verbesserte Einhegungen oder Hilfe bei der Anschaffung von Herdenschutzhunden können darunterfallen. Wenn die Gesellschaft – repräsentiert durch den Landtag als Gesetzgeber – den Wolf willkommen heißt, dann müssen die Kosten auch von allen getragen werden. Das kann nicht alleine auf dem Rücken der Schäfer geschehen.

Wir wundern uns allerdings, dass die FDP das auch so sieht und erwartungswidrig staatliche und gesetzgeberische Maßnahmen fordert, statt ihren schmerzhaften Rosenkranz von der Hand des Marktes binden zu lassen, der doch sonst ihr Allheilmittel ist.

(Beifall von den PIRATEN – Zuruf von den PIRATEN: Wow!)

Ich erwarte jedenfalls eine interessante Diskussion im zuständigen Ausschuss. Wir stimmen der Überweisung zu. – Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Kollege Rohwedder. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Remmel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat: NRW gilt als Wolfserwartungsland.

(Heiterkeit von der SPD und den PIRATEN)

Ich sage ausdrücklich: „Wolfserwartungsland“, denn wir sind noch kein Wolfsland, weil bisher nur durchziehende Wölfe festgestellt worden sind. Rudel halten sich in NRW noch keine auf.

Die wahrscheinliche Rückkehr eines ehemals ausgerotteten Wildtiers ist aus naturschutzfachlicher Sicht in der Tat zu begrüßen. Ich freue mich, dass das auch für die FDP gilt; zumindest war das heute am Rednerpult der Fall.

Ebenso erstaunt und mit großer Überwältigung nehme ich zur Kenntnis, dass Sie mir noch eine lange Amtszeit prognostizieren.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Die wollen Sie nur in Sicherheit wiegen!)

Ich hatte zwar nicht an die nächsten 30 Jahre gedacht, aber ich werde mir den Protokollteil trotzdem einrahmen und irgendwo aufhängen.

(Heiterkeit von den GRÜNEN)

Es bedeutet eine Sternstunde meiner Amtszeit, dass die FDP eine Verlängerung wünscht, und ich fühle mich dadurch ermutigt, mit entsprechendem Ehrgeiz für das Land weiterzuarbeiten. Herzlichen Dank!

Ich will nicht leugnen – um jetzt wieder ernsthaft weiterzumachen –, dass die Rückkehr des Wolfes auch eine große Herausforderung darstellt, und zwar sowohl für den Naturschutz als auch für die Menschen. Die Rückkehr des Wolfes birgt durchaus auch Konfliktpotenzial. Es gilt, ein möglichst konfliktfreies Nebeneinander von Mensch und Wolf zu fördern.

Klar ist auch: Weder die Landesregierung noch sonst jemand im Land rollt dem Wolf einen roten Teppich aus. Das tun wir nicht; wir sind jedoch gehalten, mit diesem Phänomen zu leben, dass sich ein wildes Tier wieder bei uns ansiedelt. Das hatten wir verlernt, und jetzt müssen wir es von Neuem lernen.

Dieser Prozess wird auf Dauer nicht ohne Konflikte abgehen. Da werden auch Fragen offenbleiben; denn wir können sicher nicht alle Einzelheiten klären. Wir können uns nur so gut wie möglich auf diese Situation einstellen. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe.

Insofern ist der Wolfmanagementplan, den wir jetzt vorgelegt haben, natürlich noch verbesserungswürdig. Wir sind offen für Anregungen, und wir sollten fachlich darüber diskutieren. Meines Erachtens eignet sich der Wolfmanagementplan nicht für eine politische Debatte, die sozusagen Angst macht vor dem bösen Wolf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eigentlich will ich diese Relation gar nicht herstellen, aber wir haben in unserem Land immense Schäden bei den Schafen und bei den Ziegen durch wildernde Hunde zu verzeichnen. Das ist ein sehr viel größeres Problem, das der politischen Aufmerksamkeit verdiente. Durch die wildernden Hunde werden in der Tat viele Tiere verletzt, und es entstehen große Schäden.

Nichtsdestotrotz sind wir bemüht, alle Schäden, die durch den Wolf entstanden sind und zukünftig entstehen, durch entsprechende Mittel aus dem Landeshaushalt zu kompensieren. Darüber hinaus beteiligen wir uns finanziell an Maßnahmen, mit denen die Tiere unterstützt werden.

Ich möchte noch einmal daran erinnern – das ist die Grundlage unseres Handelns –, dass der Wolf nach dem Europäischen Naturschutz- und Artenschutzrecht geschützt ist, egal was wir machen und beschließen. Hier gilt europäisches Recht, und da hilft es auch nichts, wenn man in Sachsen diese Vorschriften in ein Jagdrecht packt. Ich betone nochmals: Oberste Priorität hat die Beachtung des europäischen Rechts.