Protocol of the Session on April 21, 2016

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf von Christof Rasche [FDP])

Kollege Wüst sagte eben, die CDU wisse, was Digitalisierung sei; sie habe zehn Anträge zum Breitbandausbau gestellt. Das hilft an dieser Stelle nicht; denn mit den zehn Anträgen zum Breitbandausbau korrespondiert ja, dass ihr 2009, im letzten Regierungsjahr, genau 1 Million € für Breitbandausbau zur Verfügung gestellt habt –

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Ui!)

mit einer Höchstgeschwindigkeit von 2 MBit/s, vom Bund vorgegeben. Das war euer Breitbandausbau.

Diese Regierung ist dazu übergegangen, aus der einen Million 11 Millionen € bei Remmel plus digitale Dividende zu machen. Jetzt wird jede Million, die der Bund in seinem Programm zur Verfügung stellt, kofinanziert. Für die Kommunen, die in Haushaltsschwierigkeiten sind, übernimmt das Land NRW auch den 10-%-Anteil. Deshalb läuft das jetzt im Land tatsächlich herausragend. Wir machen in Sachen Infrastruktur genau das. Davon ist bei der CDU aber nichts zu hören.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Der entscheidende Punkt ist die Digitalisierung. Das gilt gerade, wenn ich sie mir im Energiebereich ansehe. Wenn ich weiß, dass die Ziele der Bundesregierung jetzt 30 % und dann 40, 50 und 60 % erneuerbare Energien sind, kann ich mich doch nicht hier hinstellen und über die Energiewende jammern. Dann weiß ich, dass dieser Pfad so weitergeht. Das ist Ziel aller Regierungen.

Zu dieser Veränderung kommt dann die Digitalisierung dazu, die nicht mehr aussieht wie 1.000-MWKraftwerksblöcke, die auf der Wiese stehen und 60 % der Energie verschwenden. Moderne große Kraftwerke, die wir eine Zeit lang noch brauchen – da stimme ich ja mit Ihnen überein –, sehen so aus wie das direkt nebenan gelegene Kraftwerk der Stadtwerke Düsseldorf auf der Lausward – ein modernes Gaskraftwerk mit einem großen Wärmespeicher, mit Kraft-Wärme-Auskopplung und mit einem Wirkungsgrad von über 80 %. Das ist das, was wir als Ergänzung zu den erneuerbaren Energien brauchen – und die komplette Digitalisierung dazu.

Der Markt wird ganz anders aussehen. Das größte Taxi-Unternehmen der Welt besitzt nicht ein einziges Taxi. Das größte Wohnungsvermittlungsunternehmen der Welt besitzt nicht eine einzige Wohnung. Es wird in absehbarer Zeit nicht mehr entscheidend sein, wer die Kraftwerke besitzt, sondern es wird entscheidend sein, die Steuerung von Lastnachfrage, das Lastmanagement und die Steuerung zum Bei

spiel der 1,4 Millionen PV-Anlagen, die wir jetzt haben, zu bündeln – natürlich bei Wahrung der Versorgungssicherheit. Das kann nicht anders sein. Das wird die Herausforderung sein. Dafür sind Firmen genug gerüstet. Diese müssen wir in Nordrhein-Westfalen unterstützen, damit sie weiterkommen.

Auf eines will ich noch einmal eingehen. Dr. Paul hatte das ja gerade versprochen. Eigentlich haben wir im Bereich Elektromobilität mit dem, was die Post jetzt in Aachen, in Bonn und wohl auch in Bochum machen wird, eine hervorragende Ausgangsposition im Bereich der Lieferverkehre. Es gibt nur ein Lieferfahrzeug, das auf gleichem technischen Niveau auf dem Weltmarkt angeboten wird. Es kommt von Nissan. Das andere ist tatsächlich das, was die Post als Ausgründung von der Aachener Hochschule macht. Kein anderer Autokonzern in Deutschland bietet ein Lieferfahrzeug für Post, für Pakete, für Ähnliches. Die wollen die Kapazitäten zur Jahresmitte verdoppeln. Sie könnten sie sogar noch einmal verdoppeln. Die müssen wir unterstützen.

Denn wenn Länder wie Norwegen sagen, ab 2025 würden Neuwagen für Pkw und Transport nur noch mit elektrischem Antrieb zugelassen, dann können wir genau diese Märkte bedienen, und zwar mit dem besten Produkt, das es in der Bundesrepublik gibt, das in der Praxis jetzt schon 500 Fahrzeuge umfasst und 1 Million km Praxiserfahrung hat. Das sollten wir unterstützen.

Das sollten wir auch in den Kommunen unterstützen. Ich bin neulich noch einmal dagewesen, weil ich Sorge hatte, dass die Post das nur für sich macht und es nicht für Handwerker und andere freigibt. Das Gegenteil ist der Fall. Die Post ist sehr wohl bereit, auch diese Fahrzeuge weiterzuverkaufen. Das müssen wir machen.

Natürlich würde ich mir wünschen, dass Tesla nicht nach Fessenheim geht, also an einen Reaktorstandort. Tesla gehört für mich ins Ruhrgebiet, auf einen Industriestandort in diesem Land.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Da sollten wir ein Angebot machen und die ganze Elektromobilität anschieben, anstatt immer dieses Untergangsszenario aufzubauen, das Sie schildern. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die Piraten spricht Herr Dr. Paul.

Vielen Dank. – Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Jetzt ist wieder der Marxist dran. Buh!

(Heiterkeit und Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wer wissen will – einmal ganz kurz in eigener Sache –, wo ich ideologisch stehe, der muss bei Vilém Flusser oder Gotthard Günther nachlesen. Dann wird er feststellen: Da werden Marx wie auch liberale Gestalten ganz sauber abgehandelt. Die Realität und die Zukunft liegen jenseits von dem, was Marx erarbeitet hat und was die Liberalen aufgearbeitet haben. Schreibt euch das einmal hinter die Ohren!

Offensichtlich habt ihr nicht mitgekriegt – obwohl Herr Laschet ja vorhin sehr eindrucksvoll die USRaumfahrt geschildert hat –, was in den USA auch wissenschaftspolitisch und ideologisch seit den 50erJahren im Hintergrund passiert ist.

(Zurufe von der FDP)

Das solltet ihr euch einmal hinter die Ohren schreiben.

Mein alter Freund Michael Geoghegan ist Knowledge-Hunter – so etwas gibt es in Amiland –, und zwar bei DuPont Chemical. Er hat neulich am Telefon herzlich gelacht, als ich ihm von Frau Freimuth erzählt habe, die der Meinung ist, dass die Großunternehmen zu den Feindbildern von Herrn Paul gehören. – So viel dazu.

Ich hatte vorhin angekündigt, ich wolle ein bisschen konstruktiv werden, und möchte auf …

(Christof Rasche [FDP]: Alle fünf Jahre ein- mal!)

Ach, Herr Rasche. Herr Rasche, im Gegensatz zu Ihnen war ich schon im Stahlwerk. Um Muckis zu bekommen, muss ich nicht in die Bude.

Im letzten Sommer waren wir mit dem Hochschulausschuss zu einer auswärtigen Sitzung in Jülich. Frau Ministerin Schulze war auch da. Wir hatten die Gelegenheit, ein längeres Gespräch mit dem aktuellen Chef von Jülich, Herrn Prof. Marquardt, zu führen – ein überaus kluger Kopf. Gespräche mit ihm sind absolut bereichernd. Vor dem Hintergrund der Schließung des letzten Batteriezellenwerks in Deutschland von Daimler entwickelte sich dort eine Diskussion, bei der Herr Marquardt geschildert hat, wie er sich in Zukunft Forschungs- und Wirtschaftsförderung vorstellt. Jülich ist nämlich im Bereich der Energiespeichertechnik und im Bereich der Computerspeichertechnik – Stichwort „Memristor“ – weltweit ziemlich vorne dabei. Er sagt: Man muss, um Abwanderungen von solchen Hightechunternehmen zu verhindern – und das ist die Chance für unser Land –, Forschungsförderung von der Grundlagenforschung bis zur fertigen Produktionsstraße denken. Sonst geht das nicht.

Ich gebe Ihnen ein anderes Beispiel aus dem Bereich Software. Wer glaubt, dass Siri – diese KI, die die blöden Fragen beantwortet – eine Entwicklung von

Apple ist, der irrt sich. Das ist mit US-amerikanischer staatlicher Förderung entwickelt worden, und Apple hat es dann umgesetzt.

Das sage ich nur einmal als Beispiel dafür, wie man das macht, damit nicht dasselbe passiert, was die liberale Freundin Maggie Thatcher in ihrer Regierungszeit gemacht hat, die den einzigen europäischen Prozessorhersteller, Inmos in Aberdeen, zugrunde gerichtet hat, weil sie ihm die weitere Förderung versagt hat. Er war damals beim Umsatz durch Prozessorverkauf weltweit an dritter Stelle und konnte nicht weitermachen. Wer sich jetzt einmal im Internet die Seite von Inmos anguckt, sieht: Die Leute haben für ihr Unternehmen gebrannt.

(Christian Lindner [FDP]: Frau Thatcher ist keine Liberale, sondern Konservative!)

Ja. Die Art und Weise, wie sie Politik gemacht hat, ist letztlich kein großer Unterschied zu Ihren Vorschlägen, Herr Lindner.

(Christian Lindner [FDP]: Nein, überhaupt nicht! – Weitere Zurufe)

Danke. Das machen wir dann gelegentlich mal beim Bier.

(Christian Lindner [FDP]: Oberlehrer!)

Ja, ab und zu. – Ich möchte an der Stelle noch einmal auf Folgendes hinweisen: Woher soll die Kohle denn kommen, wenn man bis zur fertigen Produktionsstraße fördert? Ich sage jetzt noch einmal: Buh! Vermögensteuer! Die Kohle für Investitionen fehlt ja hier im Land.

(Ralf Witzel [FDP]: Nur kassieren können Sie!)

Die Kohle fehlt hier.

(Zurufe von der FDP)

Wer sich einmal – das ist ja die übliche, klassische neoliberale Lüge und auch die FDP-Lüge, eigentlich die Monsterlüge –

(Armin Laschet [CDU]: Monsterlüge?)

die Vermögensverteilung in Deutschland anguckt, muss ja konstatieren, dass das obere Dezil – also die 10 % Vermögendsten – über 60 % des Gesamtvermögens verfügt.

(Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Dann kommt immer das Argument: Wenn man das besteuert, geht das aber an die Betriebsvermögen. – Herr Lindner, wissen Sie, wie viel von diesen 60 % Betriebsvermögen sind? 1 %! Ein einziges armseliges Prozent! Aber Sie kommen dann immer mit dem Argument: Der Oma wird ihr Häuschen weggenommen – oder sonst irgendwas.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Wir haben auch hier ein Internetministerium, ein digitales Ministerium, vorgeschlagen, um diese Dinge zu koordinieren, gerade was den Bereich der Innovationen angeht. Dem ist seitens der Landesregierung leider nicht Folge geleistet worden. Da würde ich mir noch ein bisschen mehr Anpacken wünschen. Aber ich weiß, dass wir dafür letztlich Investitionen brauchen. Dann ist die Frage zu stellen, woher die Kohle kommen soll, Herr Duin. Da müssen wir irgendwann auch einmal reinen Wein einschenken. So geht es nicht weiter. Sonst ist die Kohle bald komplett in Panama oder auf den Jungferninseln oder sonst wo. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Der Minister hat sich noch einmal gemeldet. Bitte schön.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will gern die Gelegenheit nutzen, um kurz auf ein paar Dinge aus der bisherigen Debatte noch einmal konkret einzugehen. Ich habe die Rede gestern natürlich auch gehört, sehr geehrter Herr Wüst. Ich hatte Sie auch in den Jahren vorher schon gehört. Es war nicht sonderlich überraschend, was Herr MaierHunke gesagt hat. Wir sind auch mit unternehmer nrw genau über diese Fragen in einem sehr guten und immer wiederkehrenden Austausch.