schneidung der Hochschulfreiheit und den fehlenden Versuch der Anpassung der W2- und W3Besoldung – um nur zwei Punkte zu nennen; wir kommen nachher sicherlich noch auf weitere zu sprechen – nur dazu bei, dass Unsicherheit und Planlosigkeit hier untermauert werden. Nachvollziehbare Konzepte in entscheidenden Fragen der Hochschul- und Wissenschaftspolitik fehlen. Zum Beispiel: Wie begegnet das Land NordrheinWestfalen den steigenden Studierendenzahlen? Welche Maßnahmen werden zur Verbesserung der Lehr-, Lern- und Studienbedingungen und damit auch zur Senkung der Abbrecherquoten ergriffen? Welche Umsetzung und Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses werden hier angestoßen? – Nichts von alledem ist erkennbar. Absolute Fehlanzeige! Fröhliche Ideenlosigkeit!
Natürlich ist es löblich, wenn Herr Kollege Schultheis und wahrscheinlich auch gleich Frau Kollegin Dr. Seidl die Landesregierung von Amts wegen hier bejubeln. Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, schauen Sie sich aber einfach einmal die Realität an. Gehen Sie doch einmal in die Hochschulen. Hören Sie doch einfach einmal zu. Viele Universitäten müssen den Rotstift ansetzen und haben alle Hände voll zu tun – das tun sie in der Tat auch mit einem bemerkenswerten Engagement –, um die 120%ige Auslastung überhaupt irgendwie zu meistern. Sachmittel werden eingefroren; Personalmittel werden gekürzt; Seminare, Tutorien, Mensen und Wohnheime platzen aus allen Nähten. Da gibt es leider nur wenig Grund zum Jubeln.
Im Haushaltsentwurf 2012 findet sich auch kein Grund dafür. Die Eckdaten des Haushaltsentwurfs zeigen, dass sich die Mittelsteigerung für die Hochschulen in Wahrheit, wenn man die unzureichenden sogenannten Kompensationsmittel einmal herausrechnet, mit 130 Millionen € in überschaubarem Rahmen hält. Stellen wir dann noch die Relation zur Entwicklung der Studierendenzahlen her – mittlerweile haben wir in Nordrhein-Westfalen erfreulicherweise über 630.000 Studierende –, schwindet jegliche Anerkennung für die unzureichende Mittelsteigerung.
Meine Damen und Herren, Bildung und Qualifikation sind die Schlüssel zur Innovationskraft und damit auch zur Grundlage des Wohlstandes unserer Gesellschaft. Deshalb war und ist es auch ein Kernanliegen der FDP, dass wir durch eine seriöse Politik der Haushaltskonsolidierung, durch Vermeidung von Bürokratie und durch Beschränkung des Staates auf seine Kernaufgaben die notwendigen Spielräume auch für Investitionen in Bildung und Hochschule schaffen. Hierbei geht es entscheidend auch darum, die verfügbaren Mittel vernünftig einzusetzen und die Kreativität, welche zusätzlichen Mittel
wir darüber hinaus noch mobilisieren können, um die dringend notwendigen Aufgaben schultern zu können, zu nutzen.
Ich will an dieser Stelle noch einmal klar bekennen: Ich halte es nach wie vor für einen Fehler, dass Sie, Rot-Grün, den Hochschulen die Möglichkeit genommen haben, mit und von den Studierenden Beiträge zu erheben, um die Studienbedingungen an den Hochschulen zu verbessern. Ich halte es nach wie vor für vertretbar – auch im Vergleich zur Handwerksmeister- und zur Technikerausbildung, um zwei Beispiele zu nennen –, Studierende mit einem Beitrag auf Darlehensbasis an den Qualitätsverbesserungen ihrer Ausbildung, die ihnen im Durchschnitt mehr als ein existenzsicherndes Einkommen ermöglicht, zu beteiligen.
Wenn dieses Darlehen nachgelagert einkommensabhängig nach Eintritt in den Beruf zurückgezahlt wird, vermag ich daran nichts Verwerfliches zu entdecken. Ein Studium ist eine Investition in unsere Gesellschaft, aber auch für jeden einzelnen Studierenden persönlich.
Gestatten Sie mir noch einen Hinweis zum Thema „Studienmotivation“. Alle Studien hierzu haben gezeigt, dass es eine sogenannte abschreckende Wirkung von Studienbeiträgen, und zwar in der Form, wie wir sie hier in Nordrhein-Westfalen unter CDU und FDP eingeführt haben, real nicht gibt.
Der leichte Rückgang bei den Studierendenzahlen zum Wintersemester 2012/2013 bei gleichzeitigem Anstieg der Hochschulzugangsberechtigten lässt sich auch bei noch so viel Biegen und Brechen wohl kaum als eine empirische Begründung für Ihre These anführen.
Wenn ich mir dann noch anschaue, welchen Zulauf private Hochschulen in unserem Land haben – mit teilweise erheblich höheren Studienbeiträgen –, dann stellt sich mir in der Tat die Frage, welche Wertschätzung qualitativ hochwertige Studienbedingungen letztlich erfahren.
Die Studienbeiträge durften und konnten ausschließlich dafür verwandt werden und sind auch dafür verwandt worden, die Studienbedingungen zu verbessern.
Es ist auch eine Frage der Chancengerechtigkeit, auch eine Frage der Durchlässigkeit des Bildungssystems, die uns als FDP sehr wichtig ist, dass wir mit der Qualität der Lehre und der Qualität des Studiums die Grundlagen dafür schaffen, dass wir eine
individuelle Förderung auch der akademischen Talente hinbekommen und ein leistungsstarkes Bildungs- und Hochschulsystem haben.
Macht es Sie nicht nachdenklich, dass es auch Ihnen mit der Abschaffung der Studienbeiträge – Sie haben sie ja nun mal abgeschafft – nicht gelungen ist, mehr Kinder von Eltern ohne Hochschulabschluss oder mehr Kinder mit Migrationshintergrund für die Aufnahme eines Studiums zu motivieren?
Wo sind denn Ihre Konzepte, um tatsächlich zu einer qualitativen Verbesserung der Studienbedingungen an unseren Hochschulen zu kommen?
Meine Damen und Herren, die individuelle Förderung auch der akademischen Talente verlangt doch gerade, dass wir Fähigkeiten und Talente ausbilden, verlangt eine Verbesserung der Betreuungsrelation durch Tutorien, Personal und Beratungsangebote für die Studierenden. Die Studienbeiträge waren zweckgebunden, waren kapazitätsneutral genau für diese Bereiche zu verwenden. Und sie würden sich auch heute weiter positiv auswirken.
Die von Ihnen vorgenommene Deckelung der sogenannten Kompensationsmittel trägt doch in keiner Weise dem tatsächlichen Anstieg der Studierenden und den Anforderungen der Realität Rechnung. Die Hochschulen haben heute für den Qualitätsausbau weniger als noch mit den Studienbeiträgen. Und das ist doch die Verlogenheit – das lasse ich Ihnen nach wie vor nicht durchgehen –: Sie nehmen mutwillig eine Verschlechterung der Studienbedingungen in unserem Land in Kauf.
Jetzt könnte ich noch den fröhlichen Aktionismus mit Blick auf Anträge zu BAföG, Bearbeitungszeiten, Wohnraumnot und Mensen anführen. Alles ist zutreffend beschrieben. Aber wo sind denn die Ansätze im Haushaltsentwurf 2012? Davon ist nichts drin. Das ist alles nur blinder Populismus und Aktionismus, der hier gestartet wird.
Ich will an dieser Stelle noch einen anderen Punkt ansprechen, der mir bei diesem Haushaltsentwurf und bei der Politik, die wir bisher in diesem Bereich zur Kenntnis nehmen müssen, fehlt. Es ist absolut bedauerlich, dass hier nicht erkennbar ist, dass man sich mit den Themenbereichen Innovation, Forschung und Technologie irgendwie anfreunden will. Mehr als blumige Worte haben wir bisher nicht ver
Wo bleibt denn ein tatsächlicher Innovationsplan für das Land Nordrhein-Westfalen? Wo bleibt die Lobby für die Innovationskraft, die nicht nur an unseren Hochschulen, sondern insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft dringend gesucht wird? Wo bleibt ein vernetztes Vorgehen aller Innovationskräfte unseres Landes? Wäre es nicht die Aufgabe einer Innovationsministerin, hier wichtige Impulse zu setzen und die Kräfte zu vernetzen? Oder wartet sie etwa auf die Amtshilfe von Herrn Minister Duin, der jetzt aber nicht da ist?
Bei aller Wertschätzung: Ihr Anspruch, Frau Ministerin, sollte ein anderer sein. Innovation verdient in Nordrhein-Westfalen wesentlich mehr als nur eine eindimensionale Betrachtung.
Deswegen appelliere ich abschließend – weil Frau Ministerin Löhrmann es gerade beim letzten Einzelplan noch einmal auf den Punkt gebracht hat –: Lassen Sie die Finger weg von der Beschränkung der Hochschulfreiheit! Sie ist existenziell notwendig, damit wir uns in Nordrhein-Westfalen tatsächlich zu einem Innovationsland entwickeln können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, ich darf die Debatte aus aktuellem Anlass kurz unterbrechen. Auf der Besuchertribüne haben in der Zwischenzeit Ehrengäste Platz genommen. Mit Freude begrüße ich den neuen Befehlshaber der britischen Streitkräfte in Deutschland, der vor wenigen Wochen dieses Amt übernommen hat und bei der Landtagspräsidentin heute seinen Antrittsbesuch macht. Herzlich willkommen, Herr Generalmajor John Henderson!
Westfalen freut sich sehr über Ihren Besuch und wünscht Ihnen in Ihrem verantwortungsvollen Amt des Befehlshabers der britischen Streitkräfte in Deutschland mit Sitz in Herford viel Erfolg und alles Gute.
Ihr Besuch führt die traditionell guten freundschaftlichen Beziehungen zwischen Großbritannien und Nordrhein-Westfalen weiter fort. In diese Freundschaft schließe ich ausdrücklich die Soldaten der britischen Streitkräfte und deren Familien ein, die in der nordrhein-westfälischen Bevölkerung höchstes Ansehen genießen. Die Hilfe britischer Soldaten beim Wiederaufbau unseres Landes nach seiner Gründung 1946 werden wir niemals vergessen.
Damit kehren wir zur Tagesordnung zurück. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen darf ich das Wort an Frau Dr. Seidl geben.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon bemerkenswert, Herr Berger, wie resistent Sie gegenüber jeglicher Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit sind, wie Sie sich heute allen seriösen Zahlen verschließen und stattdessen Populismen vor sich hertragen, dass es nur so trieft.