Protocol of the Session on March 16, 2016

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Wetter ist viel zu gut, meine Laune ist viel zu gut,

(Vereinzelt Heiterkeit – Klaus Kaiser [CDU]: Meine auch!)

und deswegen – ja, genau, Herr Kollege Kaiser – werde ich auf die Unterstellung von Motiven überhaupt nicht eingehen.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich will mich freuen, dass auch die Fraktion der FDP eben in der Obleuterunde meinem Anliegen zugestimmt hat, dass wir eine Anhörung dazu durchführen. Dann wird es vielleicht auch deutlicher werden, wie differenziert die Lage in Nordrhein-Westfalen ist und dass es überhaupt nicht zuträglich ist, was hier an Polarisierung – und das ist interessant – in der Orchestrierung durch einen Lehrerverband produziert worden ist.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich will Ihnen einmal ein bisschen aus unserem Gespräch und der Veranstaltung zu der ersten Einladung der schulformbezogenen Elternverbände erzählen. Wir hatten ganz bewusst die Katholische Elternschaft Deutschlands auch dazu eingeladen, weil wir gesagt haben: „Wir suchen nach einem Modell. Wir möchten mit ihnen darüber reden, wie eine Konstruktion aussehen könnte, damit auch die Ersatzschulen und die Schulen der freien Träger mitberücksichtigt sind. Wie können wir das eigentlich erreichen?“ Und wir hatten dazu auch Elternvertreter aus anderen Bundesländern – aus Baden-Württemberg und aus Niedersachsen – eingeladen.

Das Interessante ist – wenn man sich das Ergebnis des Vortrags angehört hat, hat man dies erfahren; das werden wir dann noch einmal gemeinsam erleben, Herr Kaiser –,

(Zuruf von Klaus Kaiser [CDU])

dass sie erklärt haben: Das ist eine starke Stimme. Wir können schulformübergreifend und schulformbezogen die Anliegen der Eltern mit einer Stimme deutlich machen. Das ist kein Einheitsvotum, das ist kein undifferenziertes Votum, sondern das stärkt die Eltern.

Dass wir in Nordrhein-Westfalen die Eltern stärken wollen, haben wir eigentlich gleich 2010 sehr deutlich gemacht, indem wir nämlich die Drittelparität in den Schulkonferenzen wiederhergestellt haben,

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

sodass Eltern sowie Schülerinnen und Schüler ihre Stimme dann auch erheben können, und zwar vor Ort. Dieses Prinzip möchten wir gerne fortsetzen.

Ich glaube, man kann, wenn man mit den Stadtschulpflegschaften ins Gespräch kommt, sehr deutlich vernehmen, dass es auch dort gelingt, auf der einen Seite schulformbezogene Aspekte sehr stark zu betonen und auf der anderen Seite den Dingen aus der Elternperspektive wirklich Gewicht zu verleihen.

Und, Herr Kollege Kaiser, ich will auch noch darauf verweisen – Frau Hendricks hat es schon angedeutet –: Wir beide gehören zu denjenigen, die die Stadtschulpflegschaften hier im Land, die Landeselternkonferenz mit befördert, ins Leben gerufen haben. Da kann man nun wirklich nicht sagen, dass das ein unkritischer Elternverband gegenüber jeglicher Landesregierung wäre. Meine Güte, das ist doch Realitätsverweigerung.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Also: Hier ist versucht worden, eine ganze Menge subversiv zu erzählen – leider hat das keine Substanz. Daher lässt mich das jetzt erst einmal sehr ruhig bleiben; außerdem wollen wir das ja in der Anhörung noch einmal miteinander entfalten.

Natürlich gehört dazu auch, dass privatrechtliche Vereine privatrechtliche Vereine sind. Die können arbeiten, und die können Stellungnahmen abgeben. Aber natürlich! Das wird in keinster Weise beschnitten. Ich bin selber sieben Jahre lang Vorsitzende eines solchen Elternvereins gewesen, nämlich des Landeselternrats der Gesamtschulen in NordrheinWestfalen. Natürlich werden Eltern aus ihrer Perspektive da auch weiterhin ihr Votum abgeben.

Aber ob wir die Eltern institutionell stärken können, indem wir den Stadtschulpflegschaften auf der Bezirksebene und auf der Landesebene eine starke Stimme geben, ist in der Tat eine Frage. Diese wollen wir gerne gemeinsam im Dialog erörtern. Und niemand wird in irgendeine Konstruktion hineingezwungen.

Aber auf einen Punkt will auch ich noch einmal eingehen – das hat Kollegin Hendricks auch schon angedeutet –: Bei dieser Konstruktion der privatrechtlichen Vereine darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich manche Elternvereine leisten können, eine Elternvertretung zu haben, und es sich andere Eltern nicht leisten können, auf der Landesebene eine Elternvertretung zu haben. Das müsste uns als Demokratinnen und Demokraten eigentlich auch zu denken geben.

Von daher freue ich mich auf den Dialog in der Anhörung mit einem vielstimmigen Elternvotum, das wir dann erleben werden. Denn zum Beispiel die Grundschuleltern sind da ganz anderer Auffassung als der Gymnasialverband.

Wie gesagt, mich stimmt bedenklich, dass ein Lehrerverband diese Pressekonferenz orchestriert. Ob das wirklich die Elterninteressen sind, frage ich mich dann auch. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Beer. – Und schon steht Frau Pieper für die Piratenfraktion am Pult. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Beer, Sie haben gerade noch die Kurve bekommen und die Debatte so ein bisschen gerettet.

Worüber sprechen wir hier eigentlich? – Wir sprechen über Partizipation und Mitbestimmung. Die meisten stellen sich hin und wissen ganz genau, was für die Eltern in unserem Land das Beste ist. Wofür brauchen wir eine Anhörung, wenn jetzt schon klar ist, dass wir eine durchgewählte Elternvertretung brauchen oder sie nicht brauchen. Der einzige Weg, um das herauszufinden, ist tatsächlich, mit den Eltern zu sprechen

(Eva Voigt-Küppers [SPD]: Mit den Eltern sprechen! Genau!)

und zu schauen: Was möchten die Eltern? Und wie kommen wir zusammen auf einen guten Weg, damit die Mitbestimmung der Eltern in diesem Land weiter erhalten bleibt und ausgebaut wird.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wir setzen uns hier im Landtag, in der Politik, an jeder Stelle immer und überall für Mitsprache und Teilhabe ein, so natürlich auch in den Schulen und in der Schulpolitik. Insofern finde ich es erst einmal nicht verkehrt, dass der Antrag gestellt worden ist. Denn ich glaube, dass dies ein wichtiges Thema ist.

Partizipationsmöglichkeiten sind für uns enorm wichtig. Wir unterhalten uns alle mit Lehrerverbänden, wir hören sie bei Anhörungen. Wir kommen dann natürlich auch zu dem Thema von vorhin, dem Lobbyismus: Natürlich gibt es auch guten Lobbyismus, beispielsweise wenn wir, weil wir meinen, die Eltern müssen eine Stimme haben, mit den Eltern sprechen.

Die Frage ist natürlich: Wie erreichen wir das? Kann eine durchgewählte Landeselternvertretung wirklich einen Beitrag leisten?

Ich sehe einige Argumente, die durchaus dafür sprechen. Wenn man ihnen mehr Rechte einräumt, dann könnten sie, glaube ich, eine starke Stimme sein.

Aber ich sehe auch Argumente der anderen Fraktionen, was die Einwände betrifft. Ist es nicht so, dass sich die Fragestellung, wenn wir hier diskutieren, häufig nur auf eine Schulform bezieht, zu der dann ganz spezielle Dinge erörtert werden? Ich habe große Zweifel, ob eine Vertretung dann tatsächlich der richtige Weg ist.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal schildern, wie es am „Runden Tisch G8/G9“ gelaufen ist. Wir haben nur eine SchülerInnenvertretung, aber zig Elternverbände, zig Lehrerverbände, alle möglichen Leute sind organisiert. Wenn an dem „Runden Tisch G8/G9“ die gesamte Schülerschaft mit nur einer Stimme sitzt, dann ist das einfach wenig. Auch die Anzahl von Leuten spielt in einer wie immer gearteten Versammlung durchaus eine Rolle, um sich da Gehör zu verschaffen. Insofern finde ich das nicht abwegig. – Wie gesagt, das ist nur gemeinsam mit den Elternverbänden zu klären.

Ich freue mich darüber, dass wir uns gerade schon auf eine Anhörung verständigt haben. Dabei wird die Polemik hoffentlich ein bisschen verschwinden, sodass wir wirklich überlegen können: Wie können wir die Elternrechte, die Partizipation der Eltern stärken? Wie bringen wir das gemeinsam auf einen guten Weg? – Herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke schön, Frau Pieper. – Für die Landesregierung spricht nun Frau Ministerin Löhrmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich rate auch dazu, dass wir uns sachlich auseinandersetzen: Wie kann man welche Mechanismen, welche Beteiligungsformen verbessern? Aus meiner Sicht lohnt sich das auch.

Die FDP vermengt in der Überschrift ihres Antrags verschiedene Gesichtspunkte, die unterschiedliche Sachverhalte berühren; ich komme noch einmal darauf.

Rechtliche Grundlage für den Dialog mit den Elternverbänden – dazu haben die meisten bisher gesprochen – ist § 77 Schulgesetz. Hiernach beteiligt das Ministerium für Schule und Weiterbildung die Elternverbände in allen „schulischen Angelegenheiten von allgemeiner und grundsätzlicher Bedeutung.“ Darüber hinaus werden die Elternverbände „mindestens halbjährlich zu einem Gespräch“ geladen. Dieser gesetzlichen Verpflichtung bin ich gerne und vielfach und auch über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus nachgekommen.

Ich habe dem ohnehin schon intensiven Dialog mit der Bildungskonferenz ein weiteres Forum gegeben,

das den Elternverbänden eine Vernetzung mit anderen relevanten Akteuren, zum Beispiel Gewerkschaften und Schulleitungsvereinigungen oder der LandesschülerInnenvertretung, ermöglicht. Damit haben wir eine Diskurskultur in Nordrhein-Westfalen etabliert, die bundesweit ihresgleichen sucht. Ohne diesen Diskurs wäre zum Beispiel der Schulkonsens in Nordrhein-Westfalen nicht möglich gewesen. Das möchte ich noch einmal ausdrücklich festhalten.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Trotz dieser gesetzlichen Regelungen und der Praxis lohnt doch das Nachdenken, ob man Dinge noch verbessern kann. Es gibt die LandesschülerInnenvertretung, der man hoffentlich auch vonseiten CDU und FDP nicht undemokratisches Agieren vorwerfen will, die auch die Landesregierung kritisiert, wenn das aus ihrer Sicht gerechtfertigt erscheint. Es gibt in 14 anderen Bundesländern – darauf hat Frau Hendricks hingewiesen – eine andere Beteiligungsstruktur der Elternschaft. Ich hoffe doch, dass Sie den Eltern dort nicht vorwerfen, dass es bei ihnen undemokratischer sei und dass das nicht in Ordnung sei; sonst hätten deren Regierungen das ja abschaffen und ändern müssen. Ich möchte das hier ein bisschen geraderücken.

(Beifall von den GRÜNEN – Klaus Kaiser [CDU]: Wir haben „bürokratisch“ gesagt, nicht „undemokratisch“!)

Der Vorwurf von CDU und FDP, hier würde Pluralität verhindert, lässt sich auch anders deuten: teile und herrsche. – Schließlich hat Schwarz-Gelb 2006 den vorgesehenen Landeselternbeirat gekippt. Ich erinnere auch daran, dass Schwarz-Gelb die Drittelparität, obwohl sie überhaupt noch nicht zur Anwendung gekommen war, flugs wieder abgeschafft hat. Das waren echte demokratische Beteiligungsprozesse. Ich bin froh, dass wir sie wieder eingeführt haben, damit man sich vor Ort in den Schulen demokratisch austauschen kann.

(Beifall von den GRÜNEN – Christof Rasche [FDP]: Rot-Grün gegen alle Eltern!)

Von Unkenntnis zeugt im Übrigen der Vorwurf der CDU, eine Landeselternvertretung sei nicht in der Lage, die Interessen der verschiedenen Schulformen zur Geltung zu bringen.

(Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Wollen Sie etwa einzelnen Elternvertretungen, zum Beispiel der Landeselternkonferenz, absprechen, dass sie die Vorhaben der Landesregierung genauso kritisch und sachbezogen …