Nehmen Sie das als Hausaufgabe für die dringend notwendige Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes mit. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schneider. – Für die SPD-Fraktion hat Frau Kollegin Kopp-Herr jetzt das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den FDP-Antrag las, wusste ich, ehrlich gesagt, nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Aber er stimmt mich eher traurig, weil der Antrag die Realität verkennt.
Vorab sei angemerkt: Der Weg hin zur Gleichberechtigung ist untrennbar mit der Geschichte der Sozialdemokratie verbunden, ob es um das Durchsetzen des aktiven und passiven Wahlrechts für Frauen ging oder den Art. 3 Abs. 2 unseres Grundgesetzes, den
Frau Schneider auch angesprochen hat und den allen voran Elisabeth Selbert durchsetzte. Es waren Frauen, in dem Fall Sozialdemokratinnen, die für ihre Rechte eintraten und oftmals für sie kämpfen mussten.
Um bei der Gleichberechtigung zu bleiben: Diese ist mit dem gerade genannten Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes de jure vollzogen. Das gilt de facto aber bei Weitem nicht für die Gleichstellung. Hier sind Frauen nach wie vor strukturell benachteiligt – trotz des staatlichen Auftrags im Grundgesetz, gegen diese Benachteiligung anzuarbeiten.
Es ist mir sehr wichtig, diese Begrifflichkeiten ganz klar zu definieren, da das in dem FDP-Antrag ein bisschen durcheinandergeht.
Es ist nicht in Abrede zu stellen, dass es gerade in den vergangenen 40 Jahren viele Maßnahmen und Initiativen gegeben hat, die diesen grundgesetzlichen Auftrag aufgegriffen und umgesetzt haben.
Dennoch lässt sich in der durch das MGEPA in Auftrag gegebenen Studie „Bestandsaufnahme zur Repräsentation von Frauen in wesentlichen Gremien öffentlicher Organisationen in Nordrhein-Westfalen – eine Bestandsaufnahme“ des Juniorprofessors Ulf Papenfuß von der Universität Leipzig schwarz auf weiß detailliert nachlesen, dass die Gleichstellung von Frauen nach wie vor ein weites Arbeitsfeld ist.
Bereits in der Zusammenfassung der Studie ist das zentrale Ergebnis dieser Untersuchung zu lesen: Frauen sind in wesentlichen Gremien und Organisationsgruppen unterrepräsentiert. Von einer geschlechterparitätischen Gremienbesetzung kann
nicht die Rede sein. Die Realität hinkt den politisch formulierten Zielen des zurzeit gültigen Landesgleichstellungsgesetzes hinterher.
Untersucht wurden etwa die Aufsichtsgremien und Geschäftsleitungen von kommunalen, gemischt-öffentlichen und Landesunternehmen, von 43 Kammern, allen 106 Sparkassen sowie Gremien der Hochschulen, zum Beispiel Fachbereichsräten. All dies können Sie auf Seite 2 des Gutachtens nachlesen.
Dort sind auch folgende Zahlen zu finden, die auf den ersten Blick verdeutlichen, wie viele Frauen in den gerade genannten Gremien vertreten sind. Nur einige Beispiele: Frauen in Aufsichtsräten öffentlicher Unternehmen auf Landesebene 25,3 %, Frauen in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen 10,1%, Frauen in Verwaltungsräten von Sparkassen 17,1 %, Frauen in Sparkassenvorständen 2,7 %, Frauen in Hochschulräten 41,7 % – ein deutlich erfreulicheres Ergebnis.
Und da kommen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, mit Ihrem Antrag um die Ecke und fordern eine Gleichberechtigung – Sie meinten sicher
die Gleichstellung – von Männern im LGG, verbunden mit der Forderung, Männern die Bewerbung für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten zu ermöglichen!
Das ist einfach absurd – nicht nur angesichts der oben genannten Zahlen, sondern auch angesichts der Aufgabe einer Gleichstellungsbeauftragten, die tatsächliche Durchsetzung des im Grundgesetz formulierten Auftrags der Gleichberechtigung, die auch für Frauen im realen Leben erfahrbar sein muss, zu erreichen.
Darüber hinaus habe ich in Ihrem Antrag nach einem Beispiel gesucht, das aufzeigt, in welchem Gremium Männer unterrepräsentiert sind. Meine Suche war allerdings vergeblich.
Ich möchte noch etwas anderes aus Ihrem Antrag aufgreifen. In der Tat ist es erfreulich, festzustellen, dass sich die Arbeits- bzw. Lebenswelten von Frauen und Männern wandeln. Das geschieht zunehmend und stetig. Ja, das ist richtig. Es geschieht aber sehr langsam. Im Übrigen ist das ein Gegenstand der Enquetekommission „Zukunft der Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen“, die sich sehr ausführlich diesem Thema widmet.
Wir brauchen also einen langen Atem, um den weiten Weg hin zu einer gelebten Partnerschaft zu gehen, in der sich Frauen und Männer für Fürsorge und Erwerbsarbeit gleichberechtigt verantwortlich fühlen. Das betrifft auch die geschlechterparitätische Besetzung von Aufsichtsräten und sonstigen Gremien. Dazu brauchen wir die nötigen gesetzlichen Instrumente, aber auch handelnde Personen, die gelebte Gleichstellung zur Haltung machen und entsprechend handeln.
Die jetzige Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben dies in den vergangenen sechs Jahren mit unterschiedlichen Maßnahmen an den Start gebracht. Ich nenne in diesem Zusammenhang zum Beispiel eine geschlechtergerechte Berufswahlorientierung, die Kompetenzzentren Frau und Beruf, die Genderstrategie der Landesregierung, die anstehende Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes und, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, seit 2010 auch den Aktionsplan im Bereich LSBTTI, …
… der im vergangenen Jahr eine erste Bilanz aufzeigte und gleichzeitig fortgeschrieben wurde. Weiterhin ist zu erwähnen, dass das Land NRW der Charta der Vielfalt beigetreten ist.
Damit beschreiten wir den richtigen Weg. Ihr Antrag bedeutet Rückschritt. Deshalb lehnen wir ihn ab.
Ich sage etwas frech – das kann ich mir nicht verkneifen –, ein bisschen polemisch und deutlich überspitzt: Wenn wir, die Frauen, das Amt des Papstes geknackt haben, dann können wir uns um die Gleichstellung der Männer ernsthafte Gedanken machen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Kopp-Herr. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Scharrenbach das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich den Antrag der FDP gesehen habe, habe ich gedacht: Na ja; jetzt greift die FDP eine Sorge aus Teilen der Gesellschaft auf, die da heißt: Die Feminisierung der Republik greift um sich.
Meine Damen und Herren, wir sprechen darüber, dass Frauen inzwischen in Unternehmen, in Parteien und in der Gesellschaft überhaupt in Führungspositionen unterwegs sind. Man muss sich aber nicht um eine Feminisierung der Republik Sorgen machen. Vielmehr geht es um eine Hinwendung zum Normalen; denn Frauen und Männer sind in der Gesellschaft gleich verteilt. Das Verhältnis beträgt ungefähr 50:50.
Wir sollten uns deshalb auf den Weg machen, Frauen in Führungsposition entsprechend aufzubauen, sie darauf vorzubereiten und sie ihren Qualifikationen entsprechend – das ist das Entscheidende; es kommt auf die Qualifikation für eine bestimmte Position an – auch in diesen Positionen zu verankern.
Für die Männer gilt das mit den Qualifikationen gleichermaßen, Frau Kieninger. Da haben wir überhaupt keinen Dissens. – Insofern ist das eine Hinwendung zum Normalen.
Wenn man sich den Antrag der FDP bzw. das, was sie darin fordert, anschaut, muss man, offen gesagt, feststellen: Offensichtlich kennen Sie die Inhalte des Landesgleichstellungsgesetzes nicht so, wie es denn sein müsste.
Denn das heutige Landesgleichstellungsgesetz ermöglicht es insbesondere den kommunalen Verwaltungen, einen Chancengleichheitsplan sowohl für Frauen als auch für Männer gleichermaßen aufzustellen. Mit bestem Beispiel geht da nämlich die Landeshauptstadt Düsseldorf voran, bei der es das seit Jahren sehr erfolgreich gibt. Sie gliedert die Funktionsbereiche in ihrer Verwaltung auf und fragt dann:
Welches Geschlecht ist unterrepräsentiert? – Das Geschlecht, das unterrepräsentiert ist, wird dann entsprechend gefördert, sodass man zu höheren Anteilen kommt.
Wenn man denn diesen Chancengleichheitsplan kommunal haben möchte, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, dann kann man das in den kommunalen Stadträten und in den Kreistagen entsprechend beantragen. Da würde es nämlich hingehören.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ich bin ja auch Fraktionsvorsitzende meiner CDU in der Stadt Kamen. Wir haben den Antrag gestellt, den Frauenförderplan zu einem Chancengleichheitsplan weiterzuentwickeln, mit dem auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer wie Frauen gleichermaßen berücksichtigt werden soll und der auch die Förderung der Teilzeit für Männer im öffentlichen Dienst vorsieht. Bedauerlicherweise hat die SPD, die bei uns die Mehrheit hat, diesen Antrag abgelehnt.
Unverständlicherweise. Ich merke an Ihren Reaktionen, dass Sie diese Beschlussfassung, die da kommunal von der SPD vorgenommen wurde, auch nicht nachvollziehen können. – Sie merken aber, dass das Landesgleichstellungsgesetz allen Beteiligten die Möglichkeit gibt, das zu verankern.
Wir warten – das wissen Sie; die CDU hat das immer wieder vorgetragen – auf die Neufassung des Landesgleichstellungsgesetzes. Ein Referentenentwurf sollte ursprünglich schon im Dezember 2015 eingebracht werden. Er liegt noch nicht vor.
Die FDP hat hier, kurz gesagt, folgende Fragen zur Befassung aufgerufen: Soll es, was den Gleichstellungsbeauftragen angeht, für die Kommunen eine Pflicht- oder Kann-Regelung geben? Soll es eine Gleichstellungsbeauftragte oder einen Gleichstellungsbeauftragten geben? – Wir werden diese Fragen im Zusammenhang mit der Neufassung des Landesgleichstellungsgesetzes diskutieren. Frau Ministerin wird – das hoffe ich jedenfalls – gleich noch etwas zum Zeitablauf sagen.
Insofern werden wir uns bei Ihrem Antrag enthalten, weil der wesentliche Punkt, Chancengleichheit herzustellen, heute bereits im Gesetz enthalten ist. Es liegt in der Verantwortung der Funktionsträger vor Ort, diese Chancengleichheit in ihren Verwaltungen zu denken sowie umzusetzen und sie in den Förderplänen entsprechend zu beschreiben, herauszukristallisieren und auch von den einzelnen Beschäftigten zu fordern.
Das Landesgleichstellungsgesetz wird novelliert werden. Ich bin sehr gespannt, wie sich die einzelnen
Kolleginnen und Kollegen dazu einlassen werden, wie wir denn in Zukunft in Nordrhein-Westfalen Gleichstellung möglicherweise gemeinsam denken, um damit auch der Forderung gerecht zu werden, dass sich am Ende sowohl 50 % Männer als auch 50 % Frauen gleichberechtigt in Verwaltungen und Führungspositionen wiederfinden. Ich bin sicher, dass wir das ordentlich auf den Weg bringen werden. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Scharrenbach. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Paul.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Frau Scharrenbach, dass Sie der Kollegin Schneider einmal das LGG erläutert haben. Vielleicht fragt sie das nächste Mal vorher nach. Dann müssen wir uns hier nicht mit solch unsinnigen Anträgen beschäftigen.
Sie schlagen hier die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Gesellschaft vor. Ja, dieses Ziel teilen wir alle miteinander. Dieses Ziel ist schon im Landesgleichstellungsgesetz festgeschrieben. Daran wird sich bei der Novellierung auch nichts ändern. Sie werden darin weiterhin die Gleichberechtigung von Frauen und Männern finden.