Protocol of the Session on March 2, 2016

Wenn solche Parolen im Spiel sind, werde ich immer ganz vorsichtig; denn offensichtlich sind hier massive Einzelinteressen berührt, denen gegenüber ich gerne sagen möchte: Es wird gewiss nicht alles so heiß gegessen, wie es nach Ihrer Behauptung gekocht wird.

Schon der Referentenentwurf vom Sommer 2015 war in wichtigen Punkten modifiziert worden. Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht vorbei.

Ein Blick in die Schweiz mag Sie vielleicht beruhigen. Dort schlugen vor einigen Jahren die Wellen des Kunsthandels auch sehr hoch, bzw. sie wurden sehr hoch geschlagen, als ein Kulturgutschutzgesetz verabschiedet wurde. Lesen Sie es einmal in der „Neuen Zürcher Zeitung“ nach: Heute lebt der Kunsthandel in der Schweiz sehr gut mit diesem Gesetz.

Ich habe jedenfalls nirgendwo etwas vom Zusammenbruch des schweizerischen Kunstmarktes gelesen.

Liebe FDP, selbst Kritiker des Gesetzentwurfs attestieren den Regelungen zu ausländischen Kulturgütern eine sinnvolle und wichtige Stoßrichtung. Diese machen einen bedeutenden Teil des Gesetzentwurfes aus, die Sie in Ihrem Antrag aber nur am Rande erwähnen.

In der Kritik stehen jetzt noch die Regelungen zum Abwanderungsschutz. Da kann man sicherlich über eine Definition von „national bedeutsamem Kulturgut“ streiten und sicherlich auch darüber, ob die pure Anwesenheit eines Kunstwerks auf deutschem Staatsgebiet tatsächlich identitätsstiftende Bedeutung für eine Gesellschaft entfalten kann.

Für die Identität einer bestimmten Region aber kann ein Kunstwerk sicherlich eine beträchtliche Bedeutung haben. Dies konnten wir geradezu hautnah hier in Nordrhein-Westfalen anhand der öffentlichen Empörung über das kulturlose Verhalten – übrigens ungebremst vonseiten der Ministerpräsidentin – des hiesigen Finanzministers beim Umgang mit der Kunstsammlung der ehemaligen WestLB feststellen.

Wir leben in einem föderalen Staat. Deshalb ist es richtig, wenn der Bundesrat darauf besteht, dass Kultur eine Sache der Länder ist. Ich halte fest: Es gibt sicherlich noch das eine oder andere zu klären. Aber die Kulturwelt und, liebe FDP, auch der Kunstmarkt werden sicherlich nicht untergehen.

Ich freue mich daher auf eine – bitte entspannte – Diskussion im Ausschuss.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion die Grünen spricht Herr Kollege Keymis.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den Antrag gelesen. Er ist ja sehr ausführlich. Frau Schmitz, Sie bitten um Überweisung. Dem werden wir zustimmen.

Ich gebe zu, der frühere Entwurf, der auf Bundesebene vorgelegt wurde, hat für viele Debatten gesorgt. Meiner Ansicht nach war manche Debatte auch sehr überhitzt; darauf hat Herr Solf richtig hingewiesen. Diese Form der Diskussion sollten wir nicht fortführen, weil das ein ernstes und wichtiges Thema ist.

Es ist auch richtig, im Rahmen der EU-Anpassung dafür zu sorgen, dass mehr Rechtssicherheit entsteht und Instrumente an die Hand gegeben werden, um Kulturgut wirksam zu schützen. Das ist gut. Was in Berlin zunächst durch die Kulturstaatsministerin

Grütters verursacht wurde, war nur in Teilen erfreulich. Ich fand es jedenfalls eher unerfreulich. Das hat ganz viele Menschen sozusagen auf die Bäume gejagt.

Dann gab es im September letzten Jahres den zweiten Entwurf, der bereits eine gewisse Überarbeitung darstellte. Dann war die Diskussion schon etwas sachlicher. Alle, mit denen ich darüber gesprochen habe, plädieren hier für eine sachliche Debatte. Es hilft nicht, sich heißzureden.

Das Thema ist kompliziert. Es ist für die Öffentlichkeit nicht leicht nachvollziehbar, um was es wirklich geht. Ein zentraler Begriff wird aber immer wieder diskutiert: das „national wertvolle Kulturgut“. Von dieser Frage hängt ab, was frei gehandelt werden kann und was nicht.

Ich möchte hierzu einen Vorschlag aufgreifen, der von unserer grünen Bundestagsfraktion gemacht wurde. Das ist ein Bundesgesetz, das also dort federführend behandelt und nicht hier im Land.

Ein Gericht hat 1993 ausgeführt, dass man da im Grunde keine Festlegung treffen könne. Gleichwohl müsse man überlegen, ob man nicht eine Art Handreichung diskutieren sollte, die betroffenen Museen, Händlern, Sammlern usw. zur Verfügung gestellt wird. So könnte eine gewisse Transparenz darüber hergestellt werden, was „national wertvolles Kulturgut“ ist. Ausgewiesene Expertinnen und Experten wüssten dann ein bisschen mehr damit anzufangen, wenn sie einen solchen Kriterienkatalog vorliegen hätten.

Der Vorschlag lautet jedenfalls, zu dieser Frage einen runden Tisch zu gründen und gemeinsam mit den Expertinnen und Experten darüber zu diskutieren, um auf diese Art und Weise eine etwas genauere Definition entwickeln zu können, als es derzeit der Fall ist.

Diesen Vorschlag können wir durchaus unterstützen. Ansonsten ist es natürlich wichtig, dass der Raubhandel eingeschränkt wird. Es ist überhaupt keine Frage, dass er effektiv und nachhaltig bekämpft werden muss.

Es gibt auch Fachleute, die das insgesamt sehr kritisiert haben. In diesem Zusammenhang habe ich vor einigen Tagen mit Interesse den Artikel „Scherbenhaufen“ im „SPIEGEL“ gelesen. Insofern ist das ein Punkt, der auf jeden Fall kritisch gesehen werden sollte. Wir werden das im Ausschuss noch diskutieren.

Die Frage, die sich insgesamt stellt, lautet: Warum kommen Sie erst jetzt damit heraus? Die Diskussion läuft nun schon weit über ein halbes Jahr. Für unsere Regierung hat sich Frau Ministerin im Bundesrat am 18. Dezember dazu klar positioniert. Insofern sind wir an der Stelle – jedenfalls im Moment – gar nicht in der Diskussion, sondern die Diskussion läuft auf der

Ebene des Bundesrates und insbesondere im Bundestag, wo die Gesetzgebung derzeit beraten und noch eine Anhörung erfolgen wird. Die Dinge laufen also auf ganz anderen Ebenen als hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen.

Gleichwohl: Ihr Antrag wird überwiesen, und wir werden darüber weiter sprechen. Daran beteiligen wir uns immer gern. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Keymis. – Für die Fraktion der Piraten spricht Kollege Lamla.

Sehr geehrter Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man als letzter Vertreter der Fraktionen spricht, fällt es häufig schwer, noch etwas Neues zu extrahieren.

Wir hörten bereits: Die Debatte ist in vollem Gange. Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Es ist aber auch ganz gut, dass wir uns vielleicht noch einmal im Ausschuss damit beschäftigen. Daher möchte ich an dieser Stelle der FDPFraktion für diesen Antrag danken, der uns die Gelegenheit dazu gibt.

Die durchaus kontroverse Berichterstattung hat unter den Künstlerinnen und Künstlern sowie den Personen aus dem Bereich von Kunsthandel und Galerien durchaus Unsicherheiten erzeugt. Vielleicht ist eine Debatte im Ausschuss eine Möglichkeit, diese Bedenken und Ängste zu nehmen.

Die jeweiligen Personen, Künstlerinnen und Künstler, befürchten, dass es durch Ausfuhrverbote zu großen Nachteilen für die Kunst- und Kulturstandorte Deutschland und Nordrhein-Westfalen kommen wird, dass es da Schäden gibt. Es gibt durchaus Bedenken bezüglich des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre. Es gibt durchaus auch eine interessante Debatte zum nationalen Kulturgut. Der Kollege Keymis hat das auch schon erwähnt.

Wir müssen uns darüber unterhalten, was mit Sammlungen passiert, die mit öffentlich-rechtlichen Mitteln aufgebaut wurden. Fallen sie pauschal unter das nationale Kulturgut oder nicht? Wäre das gut oder wäre das schlecht? Das sind durchaus interessante Fragen.

Insofern freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss. Wir Piraten stimmen der Überweisung selbstverständlich zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lamla. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Kampmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich habe mich gefragt, warum dieser Antrag gerade jetzt oder gerade erst jetzt kommt. Denn Oliver Keymis hat es eben gesagt: Wir hatten vor einigen Tagen eine wirklich gute und sachbetonte Debatte im Bundestag dazu.

Wenn man sich Ihren Antrag durchliest, beschleicht einen das Gefühl, dass gerade die sachorientierte Debatte etwas damit zu tun haben könnte, dass die FDP eben nicht mehr im Bundestag vertreten ist. Denn dabei sind die breite Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf und der Wille, an diesem Gesetzentwurf konstruktiv mitzuarbeiten, deutlich geworden.

Genau das, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wünsche ich mir auch hier: dass wir sachorientiert diskutieren. Ich bin mir sicher, das werden wir im Ausschuss auch noch tun, damit wir in dieser Sache wirklich vorankommen. Denn das Ziel eines wirksamen Kulturgutschutzes haben Sie im Auge. Das wird in Ihrem Antrag durchaus deutlich.

Aber mich beschleicht das Gefühl, wenn ich Ihren Antrag lese, dass Sie sich dabei in Destruktivität verlieren, sodass man vergeblich nach Lösungen sucht, wie aus Sicht der FDP tatsächlich zu einer Lösung gekommen werden soll. Denn wenn ich mir Ihren Antrag durchlese, frage ich mich, was er eigentlich bietet.

Ich finde: Er bietet nicht viel Neues. Er bietet die altbekannte Mischung aus liberaler Politik von Warnungen vor Eingriffen in Eigentumsrechte, vor Bürokratisierung und staatlicher Willkür und vor dem Niedergang des Marktes – also genau die Dogmen, mit denen die FDP quasi unabhängig vom Gegenstand versucht, mit so beeindruckendem Erfolg Politik zu machen, dass man zumindest nicht mehr komplett ausschließen kann, dass sie eines Tages wieder die 5 % in einem Landesparlament erreicht.

Wir haben über all diese Punkte schon bei ihrer Mündlichen Anfrage im Landtag im Dezember ausführlich gesprochen. Ich bin mir sicher, Sie erinnern sich.

Frau Ministerin, würden Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Ingola Schmitz zulassen?

Ja, ich habe sie schon die ganze Zeit gesehen. Sehr gerne.

Bitte schön.

Vielen Dank, Frau Ministerin, dass Sie die Frage zulassen. – Frau Ministerin, nehmen Sie zur Kenntnis, dass die FDP ebenfalls das Kulturgutschutzgesetz begrüßt und an einer konstruktiven Kritik interessiert ist?

Das hoffe ich. Ich habe eben gesagt, dass das Ziel, dass auch Sie sich für einen wirksamen Kulturgutschutz einsetzen wollen, im Antrag deutlich wird. Allerdings verstehe ich die weitere Antragsbegründung und die Handlungsempfehlungen aus dem Antrag nicht wirklich. Aber ich werde darauf im Rahmen meiner weiteren Rede noch stärker eingehen.

Denn Sie haben aus meiner Sicht in diesem Antrag die Fragen, die schon öffentlich und medial breit diskutiert werden, noch einmal mehr oder weniger willkürlich zusammengetragen. Ich finde, Sie tragen damit nicht zur nötigen Klarheit in der Debatte bei, weil sie damit in diesem Antrag auch noch Themen vermischen, zum Beispiel das Verfahren zur Eintragung national wertvollen Kulturguts auf der einen Seite und die Genehmigung zur Ausfuhr von Kulturgut auf der anderen Seite. Mit diesen Begriffsverwirrungen beschwören Sie einen großen kulturpolitischen Flurschaden, wie Sie sagen. Ich finde, Sie tun damit genau das, was Sie anderen vorwerfen: Sie sorgen nämlich für Verunsicherung. Das kann diese Debatte nicht gebrauchen.

(Beifall von Andreas Bialas [SPD])

Denn dabei werden im Endeffekt nur wenige Kunstwerke tatsächlich von einer Eintragung überhaupt betroffen sein. Ich bin mir sicher, dass auch Sie wissen, dass in 24 von insgesamt 26 EU-Staaten bereits ähnliche Ausfuhrregelungen bestehen, wie sie jetzt für Deutschland vorgesehen sind. Deshalb fordere ich Sie auf: Lassen Sie die Kirche einfach mal im Dorf und hören Sie auf, da Verunsicherung zu schüren, wo Politik eigentlich Rechtssicherheit herstellen sollte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Länder haben sich bei der Bundesratssitzung – das ist schon angeklungen – am 18. Dezember ganz klar positioniert. Wir wollen einen wirksamen Kulturgutschutz, der in der Praxis funktioniert. Alle, die Verantwortung tragen, wollen wir angemessen und vor allem auf faire Art und Weise an dieser Aufgabe beteiligen.

Die FDP kann sich vielleicht erlauben, bei dieser Debatte Klientelinteressen in den Blick zu nehmen. Wir als Länder haben aber die Pflicht, dieses Gesetz in der Praxis umzusetzen, und zwar im Sinne des Kulturgutschutzes, und genauso die Verantwortung ge