Protocol of the Session on March 2, 2016

Wir wissen alle, dass wir im digitalen Zeitalter bestmöglichen Datenschutz brauchen. Daraus können sich auch Wettbewerbsvorteile ergeben. In diesem Sinne muss sich Europa an die Spitze einer weltweiten Bewegung für einen größeren Schutz der Privatsphäre setzen.

Weil sie auch in dem Bericht einen großen – das finde ich sehr positiv – und immer größeren Raum einnimmt, eingangs einige Bemerkungen zur Informationsfreiheit: Die Einlassungen der Landesbeauftragten sind hilfreicher Rückenwind für unser Vorhaben, mehr Open Government und mehr Open Data in Nordrhein-Westfalen zu betreiben. Wir stehen zu unserer Ankündigung. Wir werden das Informationsfreiheitsgesetz zu einem Transparenzgesetz weiterentwickeln. Wir schaffen eine gesetzliche Verpflichtung, Daten durch öffentliche Stellen proaktiv bereitzustellen. Dieses Thema ist bei der rot-grünen Landesregierung in guten Händen.

Und weil ich sicher bin, dass der Kollege Herrmann es gleich anmerken wird: Bei „FragDenStaat“ handelt es sich nicht um etwas, was Sie skandalisieren können. Es handelt sich da um grundsätzliche rechtliche Einordnungen. „FragDenStaat“ ist ein sehr gutes Projekt, und es wird von keiner Seite, insbesondere nicht durch die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, infrage gestellt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als der Bericht im letzten Jahr vorgestellt wurde, war noch nicht klar, dass es tatsächlich gelingen würde, gegen die nationalen Widerstände – auch aus Deutschland kamen große – zu einer europäischen Datenschutzreform zu kommen. Ich habe größten Respekt gerade vor meinem Kollegen Jan Philipp Albrecht, der diesen historischen Erfolg erzielt hat. Denn diese Reform regelt jetzt endlich, was uns so lange fehlte: verbindliche Datenschutzstandards für alle Europäerinnen und Europäer.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn diese Datenschutz-Grundverordnung im Frühsommer endgültig beschlossen ist, dann müssen auch die nationalen Regelungen zeitnah angepasst werden. Die zwei Jahre, die uns dann bleiben, sind kürzer, als sich das viele von uns vorstellen. Wir wollen dafür sorgen, dass die föderale Ordnung in der Datenschutzaufsicht auch im europäischen Kontext noch aufrechterhalten werden kann und dass dennoch eine einheitliche Rechtsdurchsetzung gewährleistet werden kann. Wir haben uns auch hier in diesem Hause bereits im Jahr 2013 festgelegt. Wir werden in der Umsetzung der Reform höchste Datenschutzstandards sicherstellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend: Diese Reform wird in der nationalen Umsetzung auch für die Aufsichtsbehörden eine sehr große Aufgabe sein. Es werden sich viele Fragen stellen, wie die eine oder andere Regelung denn jetzt anzuwenden ist. Deshalb haben wir vorgesorgt.

Die rot-grüne Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen wollen einen starken Datenschutz, der nur mit einer starken Datenschutzaufsicht funktioniert. Deshalb haben wir bereits im Jahr 2011 das schwarz-gelbe Streichkonzert rückabgewickelt und nicht nur die zwischen 2005 und 2010 gestrichenen Stellen wieder aufgestockt, sondern bereits im Jahr 2011 zusätzliche Stellen geschaffen. Wir haben auch mit diesem Haushalt 2016 insgesamt noch einmal zehn Stellen obendrauf gelegt. Das ist gut für den Datenschutz, das ist gut für die Menschen bei uns im Land, und das ist gut für den Standort NRW. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Bolte. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Lürbke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Dank gilt natürlich auch Herrn Lepper als vorherigem LDI für die Erstellung des Berichts. Der Bericht zeigt ja auch – das ist meines Erachtens auch unstreitig –, dass der Schutz der persönlichen Daten trotz aller Vorteile und

Möglichkeiten, die heute zur Verfügung stehen, niemals aus dem Blick geraten darf.

Der Bericht des LDI zeigt aber auch deutlich, dass es dabei keineswegs nur um die prominenten Beispiele wie Facebook oder Google geht, sondern auch die öffentlichen Stellen des Landes hier in NordrheinWestfalen durchaus noch Nachholbedarf haben. Herr Kruse hat gerade auch schon die Schutzbedarfe beispielsweise der Kommunen angesprochen. Darüber hinaus haben noch in den letzten Tagen die erfolgten Angriffe auf die IT-Systeme von Krankenhäusern gezeigt, wie wichtig der Schutz von Daten und entsprechenden Systemen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein anderes Beispiel: Nicht nur Fernsehgeräte sind mittlerweile online, sondern auch privat käufliche Überwachungskameras verbreiten ab und an Informationen offenbar unbedarft im Internet. Wenn man da nicht aufpasst, bekommt man das vielleicht noch nicht einmal mit. Kameras werden mit unzureichenden Sicherheitseinstellungen ausgeliefert. Manche Nutzer ahnen davon gar nichts. Und siehe da: Plötzlich findet man sein heimisches Wohnzimmer und seine heimische Couch nebst Familienleben öffentlich online als Livestream im Internet.

Auch dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist – das ist unsere Aufgabe –, die Menschen im Land für den Schutz ihrer Daten und ihrer Privatsphäre weiter zu sensibilisieren.

(Beifall von der FDP)

Diese Kameras hat man ja sogar noch selbst im Privatbereich aufgehängt oder aufgestellt. Aber wie ist das mit den Kameras im öffentlichen Raum? Wir haben heute ja schon mehrfach über den Nachtragshaushalt gesprochen und auch über die aktuellen Pläne der Landesregierung diskutiert, nun öffentliche Straßen und öffentliche Plätze ständigen Blicken der Überwachung auszusetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade jetzt massenhaft Kameras aufzuhängen, vermittelt meines Erachtens doch mehr ein trügerisches Gefühl der Scheinsicherheit. Der Staat darf sich da gerade nicht zu einem allgegenwärtigen Auge im öffentlichen Leben entwickeln.

Meine Damen und Herren, wir haben aus gutem Grund einen § 15a im Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen, der enge Vorgaben für Videobeobachtungen an öffentlichen Orten macht. Jeglichem Ansinnen einer Ausweitung dieses Paragrafen haben wir auch in einstiger Regierungsverantwortung hier in Nordrhein-Westfalen immer widersprochen. Das Gesetz verlangt zu Recht entsprechende Kriminalitätsschwerpunkte.

Bislang sind unsere Polizeibehörden im Land auch mit gutem Beispiel vorangegangen. Der § 15a wird

derzeit nur noch in zwei Behörden im Land tatsächlich genutzt, obwohl wir seit Jahren viel mehr Kriminalitätsschwerpunkte in Nordrhein-Westfalen haben, die man nach geltendem Recht auch überwachen könnte. Nehmen wir einmal die Heimatstadt von Herrn Jäger, Duisburg, und dort Marxloh – rechtsfreie Räume, Rocker, No-go-Areas. Warum gibt es an diesem Ort eigentlich keine polizeiliche Videoüberwachung, obwohl er auch ein Kriminalitätsschwerpunkt ist? Meine Damen und Herren, ich meine, weil hier die Antwort sein müsste, mehr Polizei auf die Straße zu bekommen, und ein konsequentes Durchgreifen und klare Konzepte nötig sind, statt mehr Kameras aufzustellen.

Das Ganze macht auch nur Sinn – wir haben es mehrfach besprochen –, wenn wirklich Beamte zur Verfügung stehen, die tatsächlich einschreiten und Straftaten unterbinden können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, man muss auch einmal kritisch hinterfragen, warum jetzt offenbar so viele Polizeibehörden umschwenken. Ist das tatsächlich eine Entscheidung vor Ort, wie das Polizeigesetz es vorsieht, oder ist das doch mehr Vorgabe von oben? Wir haben entsprechende Mittel, die im Nachtragshaushalt für mehr Videoüberwachung bereitgestellt werden. Da drängt man die Behörden doch schon von oben; man motiviert sie, hier auch mehr technische Überwachung durchzuführen.

Da wundere ich mich schon ein wenig über die grüne Fraktion hier im Haus. Plötzlich sind Videokameras dann doch Heilsbringer. Die jahrelangen – auch richtigen – Vorbehalte gegenüber einer Überwachungsmentalität geraten hier mehr oder minder in den Hintergrund.

(Matthi Bolte [GRÜNE]: Das ist auch besser, Herr Kollege Lürbke!)

Herr Bolte, ganz kollegial: Ich finde es schon ein bisschen schade, dass Sie hier Ihre grundsätzlichen Positionen zum Thema „Datenschutz und Bürgerrechte“ vielleicht auch aus gewissen Koalitionszwängen ein wenig in den Hintergrund stellen,

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das haben Sie doch genauso gemacht!)

um es einmal so zu formulieren.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Lächer- lich!)

Meine Damen und Herren, auch wir wünschen der neuen LDI, Frau Helga Block, natürlich viel Erfolg bei ihrer anspruchsvollen Aufgabe. Wir werden das Thema „Datenschutz und Informationsfreiheit“ hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen natürlich weiter konstruktiv begleiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP und Theo Kruse [CDU])

Vielen Dank, Herr Kollege Lürbke. – Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Herrmann das Wort.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Ich gehe davon aus, dass Herr Lepper zu Hause zuguckt; denn auch die Piratenfraktion bedankt sich natürlich bei dem ehemaligen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit für die Erstellung dieses Berichts. Der 22. Bericht betrifft die Jahre 2013/2014 und insofern seinen Tätigkeitszeitraum.

Der Bericht zeigt auch, wie vielfältig und anspruchsvoll die Aufgaben des Beauftragten sind. Er zeigt aber auch, dass es viele Bereiche gibt, in denen das Land sich noch verbessern muss, wo Mängel vorliegen – von der Datensicherheit in der öffentlichen Verwaltung, bei der Stärkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch Reduzierung der Videoüberwachung, bei Informationspflichten der Sicherheitsbehörden oder bei der Gewährung des Zugangs zu Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz.

Zum letztgenannten Punkt werden wir im Innenausschuss noch weiter einen Antrag der Piratenfraktion verhandeln. Herr Bolte, das machen wir nicht hier. Das machen wir in aller Ausführlichkeit im Ausschuss;

(Zuruf von Matthi Bolte [GRÜNE])

denn mit der Informationsfreiheit hat diese Landesregierung ja immer noch zu kämpfen, wie man auch ihrer Stellungnahme entnehmen kann. Ich empfehle insbesondere die Lektüre zu den Themen „Open Data“ und „FragDenStaat.de“.

Daher an dieser Stelle nochmals einen ausdrücklichen Dank an Herrn Lepper, dass er in seinem Bericht keinen Zweifel an der Notwendigkeit der Öffnung der Verwaltung im Sinne einer weitgehenden Transparenz des staatlichen Handelns lässt und auch erwähnt, dass immerhin eine Fraktion in dieser Legislaturperiode den Entwurf eines Transparenzgesetzes eingebracht hat.

Die Untätigkeit der Landesregierung in diesem Bereich ist wirklich eine Bankrotterklärung. Sie ist offensichtlich dabei, den Transparenzgedanken zu beerdigen. Ich zitiere aus dem Bericht:

„Dabei darf jedoch auf keinen Fall darauf verzichtet werden, endlich die erforderlichen gesetzlichen Veröffentlichungspflichten zu schaffen.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, Herr Bolte, ich habe Ihre Worte vernommen, aber wir hoffen, nein, wir erwarten, dass Sie bald ein Transparenzgesetz vorlegen.

Meine Damen und Herren, der Datenschutz und das Recht auf die informationelle Selbstbestimmung sind zentrale Fragen in der Informations- und Wissensgesellschaft. Die Digitalisierung schafft und bietet viele Möglichkeiten und Chancen für die öffentliche Hand, für die Zivilgesellschaft und für die Wirtschaft.

Gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass Sicherheit und Freiheit nicht verloren werden. Neue Formen der Kriminalität von Datenklau, Identitätsdiebstahl und Cybercrime können wir nur präventiv bekämpfen. Dazu brauchen wir sichere und datensparsame elektronische Dienstleistungen. Die Forschung und Entwicklung sicherer und datenschutzfreundlicher Technologien ist eine der großen Chancen für Nordrhein-Westfalen.

Die Forderung im Bericht des LDI – ich zitiere –, „die rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen für besseren Datenschutz in der Praxis zu schaffen“, ist aktueller denn je.

Nachdem der Europäische Gerichtshof festgestellt hat, dass das Transatlantische Safe-Harbour-Abkommen unvereinbar mit der Grundrechtecharta der Europäischen Union ist, steht inzwischen der Nachfolgevertrag „Privacy Shield“ in den Startlöchern und auch in der Kritik. Nach einer ersten Prüfung erfüllt der Vertrag keinesfalls die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs. Im Moment ist es also auch für nordrhein-westfälische Unternehmen ein hohes Risiko, Services zu nutzen, die personenbezogene Daten auf Servern in den USA speichern. Hier kann und muss die Landesregierung sich auf allen Ebenen für einen starken Datenschutz einsetzen.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich dem ehemaligen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit noch einmal meinen herzlichsten Dank für sein Engagement und seinen Einsatz für den Datenschutz und für die Informationsfreiheit aussprechen.

(Beifall von den PIRATEN)

Der Bericht lohnt die Lektüre wirklich. Er ist auch nicht nur für Techniker zu lesen, sondern für jeden ein Gewinn.

Ich hoffe, dass seine Forderungen an die Politik bei Ihnen, verehrte Abgeordnete der rot-grünen Fraktionen, nicht ungehört bleiben und wir in diesem Jahr wirklich noch gemeinsam zu einem Transparenzgesetz für Nordrhein-Westfalen, zumindest in der Beratung hier, kommen werden.

Lassen Sie mich mit einem Zitat der neuen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Frau Helga Block, schließen:

Gerade in Zeiten der Verunsicherung und der Sorge um die innere Sicherheit sehe ich die Gefahr, dass die Freiheitsrechte der Bürger ins Hin