Protocol of the Session on January 28, 2016

Das gilt übrigens genauso für den Kollegen Sommer. Mein lieber Torsten, wir werden das ja noch weiter diskutieren.

Lassen Sie mich noch ein Wort an den Kollegen Dr. Stamp richten, und dann bin ich auch fertig. Solch eine Debattenkultur gehört sich unter Demokraten nicht, das sage ich Ihnen ausdrücklich. Denn mit so einer Debattenkultur stärken Sie andere, die Sie eigentlich überhaupt nicht stärken wollen. Das ist das eine.

Das Zweite – damit ende ich dann auch –: Zu einer Entschuldigung seitens Ihrer Fraktionskollegen gehört menschliche Größe. Dass die beiden darüber verfügen, wage ich heute zu bezweifeln.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Scharrenbach. Der von Ihnen angesprochene Kollege Hübner hat sich ebenfalls noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Kollege.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will eines noch einmal ganz deutlich machen, Frau Scharrenbach; das habe ich auch eingangs schon gesagt. Ich habe auf die rechtlichen Probleme bei der Auslegung der Möglichkeiten hingewiesen, und zwar eindeutig – Minister Ralf Jäger hat das gerade auch noch einmal getan –, nämlich dass das Ganze heute dem Grunde nach formal möglich ist, Sie dann aber entsprechend die Restriktionen beachten müssen. In dem Zusammenhang habe ich sogar auf Insuffizienzen in Ihrem Text hingewiesen.

Jetzt aber zurück zu Ihrem, wie ich finde, ungeheuerlichen Vorwurf, dass das etwas mit Populismus zu tun haben sollte, wie Sie es uns unterstellt haben.

Ich will Ihnen das klar und deutlich sagen. Wir haben im Laufe dieses Nachmittages an mehreren Punkten hier eine Rhetorik erlebt, die allenfalls dazu geeignet ist,

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Ein Beispiel bitte!)

Unfrieden zu stiften.

Auch Ihre Wiederholungen, dass sich unsere Kollegen für irgendetwas entschuldigen sollten, was punktgenau formuliert worden ist, machen die Situation letztlich nicht besser. Ich hier ganz deutlich sagen, dass es nicht akzeptabel ist, wie Sie hier versucht haben, diesen Spieß umzudrehen. Das ist in keiner Art und Weise akzeptabel! – Ich danke für die kurze Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Vielen Dank, Kollege Hübner. – Jetzt hat sich für die Piratenfraktion auch noch einmal Herr Kollege Sommer gemeldet.

(Ralf Witzel [FDP]: Immer noch kein Lö- sungsvorschlag!)

Ich bin gerade von Frau Scharrenbach angesprochen worden. Diesen Populismusvorwurf können wir hier zwischen Rot und Schwarz hin und her werfen. Das ist mir völlig egal.

Ich möchte einfach klarstellen: Die Position der Piraten ist, dass wir keinem hier lebenden Menschen vorschreiben wollen, wie und wo er zu leben hat. Das ist für uns ein Grundpfeiler unseres politischen Daseins, und das ist extrem wichtig.

Wir möchten nicht, dass irgendwer herausgesondert wird, egal, ob er SGB-II-Empfänger, Transferleistungsempfänger ist, ob er geduldet ist oder welche Herkunft er auch immer hat. Wir maßen uns nicht an, zu bestimmen, zu sagen, wo die Gesellschaft diese Menschen hinstecken soll. Das ist für uns ganz wichtig. Wir möchten wir nicht, dass über andere Menschen bestimmt wird, wie sie zu leben haben.

Und das ist eine ganz wichtige Geschichte. Wir können jetzt auch nicht so tun und sagen, wir möchten das integrationspolitisch machen. Menschen gleicher Herkunft haben im Ausland immer die Tendenz, zusammenzuleben. Beispielsweise gibt es in den USA genug German Towns. Nein, wir werden so etwas nicht verhindern. Es ist nicht unsere Aufgabe als demokratisches Parlament, so etwas zu tun, auch übrigens nicht als demokratisch gewählte Regierung. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke, Herr Kollege Sommer. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/10792 an den Ausschuss für Kommunalpolitik – federführend – sowie an den Integrationsausschuss. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer für diese Überweisungsempfehlung ist, den darf ich um das Handzeichen bitten. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

13 Grundrecht auf menschenwürdige Wohnver

hältnisse für alle, auch für Geflüchtete: Notfalls ungenutzten Wohnraum in Anspruch nehmen!

Antrag des Abg. Schwerd (fraktionslos) Drucksache 16/10290

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses Drucksache 16/10821

Ich darf folgenden Hinweis geben: Der Antrag des fraktionslosen Abgeordneten Schwerd wurde gemäß § 82 Abs. 2 Buchstabe b) unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Innenausschuss überwiesen mit der Maßgabe, dass eine Aussprache und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt. Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses liegen vor.

Dementsprechend können wir ihn heute debattieren. Und das tun wir, indem wir als erster Rednerin für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Philipp das Wort erteilen. Das mache ich gerne. Bitte, Frau Kollegin.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Schwerd! Keine Frage, die anhaltend große Zahl von Flüchtlingen ist eine große Herausforderung. Menschen, die vor Krieg und Gewalt fliehen, müssen bei uns vernünftig versorgt und untergebracht werden, und wir müssen ihnen eine menschenwürdige Unterkunft bieten. Das ist allgemeiner Konsens, und das gelingt uns hier in NRW auch sehr gut.

Sie hingegen fordern heute in Ihrem Antrag Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahmungen von Privatimmobilien. Da sagen wir Ihnen ganz deutlich: Ihre Vorschläge sind aus unserer Sicht nicht dafür geeignet, um bei dem Problem der Unterbringung

von Flüchtlingen insgesamt zu helfen. Denn der Eingriff in Eigentumsrechte ist immer sehr schwerwiegend.

Beschlagnahmungen dürfen nur dann erfolgen, wenn es eine ausdrückliche Notsituation gibt. Außerdem muss es unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes stehen. Rechtlich ist das aber – das bezieht sich dann eben auch auf Ihren Antrag – alles heute schon möglich.

Ihr Antrag ist aus unserer Sicht auch deswegen unnötig, weil wir außerdem längst sehr viele Maßnahmen ergriffen haben, auf den Weg gebracht haben, die zur spürbaren Entlastung bei der Unterbringung von Flüchtlingen führen werden. Wir setzen dabei auf Kooperation und Einvernehmen bei allen Beteiligten, jetzt und vor allen Dingen auch in Zukunft.

Es wäre hilfreich gewesen, lieber Kollege, wenn Sie sich einmal damit auseinandergesetzt hätten, was wir jetzt schon machen und was wir in Zukunft planen. Was genau heißt das im Einzelnen?

Wir bauen beim Thema Wohnen und Wohnungsbau bürokratische Hürden im Baurecht ab, und wir schaffen neuen Wohnraum. Wir schaffen neue finanzielle Anreize zur Schaffung von neuem Wohnraum.

Diese Landesregierung hat dafür gesorgt, dass es sehr attraktive Förderkonditionen beim Wohnungsbau gibt. Rot-Grün hat eine Wohnungsbauoffensive hier in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht. Und wie die aktuellen Zahlen mit Zuwachsraten von 35 % und mehr zeigen, sind schon eine ganze Menge neue Wohneinheiten durch diese Förderprogramme geschaffen worden.

Attraktive Förderkonditionen ermöglichen schrittweise mehr Wohnraum – das fordern Sie auch. Sie fordern ein Wohnungsprogramm, das wir schon haben. Alleine im Bereich der Flüchtlingsunterbringung wurden in den letzten sechs Monaten bereits mehr als tausend Wohnungen mit insgesamt mehr als 80 Millionen € gefördert. Insgesamt flossen allein im Zeitraum seit Juni 2015 – das ist noch gar nicht so lange her – über 230 Millionen € an Fördermitteln für Flüchtlingsunterkünfte ab. Das ist eine ganze Menge. Die Förderprogramme tragen mit dazu bei, dass wir ein schnelles und auf den Bedarf ausgerichtetes Unterstützungsangebot leisten können.

Sie fordern ein Wohnungsprogramm, Sie fordern auch ein Sozialprogramm in Ihrem Antrag. Da muss ich Ihnen sagen: Da sind Sie auch etwas spät dran. Das gibt es nämlich auch schon. Das Sonderprogramm für Hilfe im Städtebau zur Integration von Flüchtlingen wird zusätzlich Städte und Gemeinden entlasten, und wir werden dieses Programm mit 72 Millionen € unterstützen. Gefördert werden dabei auch Neu- und Umbaumaßnahmen.

Letzter Punkt zum Thema Leerstände, weil Sie das auch angesprochen haben: Mit der Einrichtung einer Onlineplattform, die Ende letzten Jahres auf den Weg gebracht worden ist, tragen wir, trägt das Land dazu bei, gemeinsam mit den Wohnungsunternehmen leerstehende Wohnungen an die Kommunen zur Flüchtlingsunterbringung weiterzuvermitteln.

Hier gibt es allein ein Potenzial – das hat der Minister im zuständigen Ausschuss berichtet – an Leerständen von rund 80.000 Wohnungen.

Ihr Antrag ist also insgesamt, wenn wir das zusammenfassen, unnötig, weil Städte, Land und Gemeinden für Notfälle bereits alle rechtlichen Grundlagen, rechtlichen Möglichkeiten haben, zum Beispiel wenn die Gefahr der Obdachlosigkeit drohen sollte, was zum Glück in Nordrhein-Westfalen nicht der Fall ist. Und das ist alles bereits heute schon geregelt. Es besteht also aus unserer Sicht absolut kein zusätzlicher Handlungsbedarf im Hinblick auf das, was Sie in Ihrem Antrag fordern.

Wenn wir die Forderung am Ende über diese rechtliche Neuregelung hinaus, die überflüssig ist, noch einmal zusammenfassen, dann komme ich zu dem Schluss: Vieles lehnen wir ab, weil es unnötig ist und weil es insgesamt droht, die Debatte zu vergiften, wenn wir über diese Maßnahmen sprechen. Und anderes, was Sie fordern, machen wir schon längst und gehen sogar noch weit darüber hinaus.

Deswegen ist dieser Antrag heute aus unserer Sicht unnötig. Wir werden ihn ablehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Philipp. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Hausmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Wohnungsbaupolitik hat es schwer in der Öffentlichkeit: zu viel fachspezifisches Detailwissen, zu viele Zahlen und zu wenig greifbare Erfolge. Aus diesem Nischendasein kommt das Thema erst in Verbindung mit dem Thema Flüchtlinge heraus.

Herr Schwerd, Sie haben nun offensichtlich auch mitbekommen, dass die Flüchtlingskrise auch eine Herausforderung für den Wohnungsbau ist. Was Ihnen jedoch völlig fremd ist, sind geeignete Maßnahmen hierfür. Sie vermischen die Obergrenzendebatte mit Wohnungsbauthemen und zeichnen ein Szenario über künftige Zuwanderung nach Deutschland, das aus dem Reich der Spekulation stammt.

Der Ansatz, den Sie hier auf fünf Seiten verbreiten, blendet die fachlichen Punkte aus, über die zumindest übergreifend Einigkeit besteht.

Sie machen vielmehr eine neue ideologische Konkurrenz zur regierenden rot-grünen Koalition auf.

Man könnte auch von einer manieristischen Überhöhung hiesiger rot-grüner Staatswohnungsbaupolitik sprechen, wenn diese von Rot-Grün selbst noch in dieser linken Form betrieben würde.

Im Zentrum des Antrags steht die Forderung nach der Beschlagnahme von Wohnraum nach dem Hamburger und Bremer Vorbild. Hamburg und Bremen wollen als erste Bundesländer leer stehende Gewerbegebiete für Flüchtlinge beschlagnahmen.