Protocol of the Session on January 28, 2016

Wir müssen immer die ganze Geschichte erzählen. Das ist zwar mühsam und bedarf einer gewissen Standfestigkeit, aber es zahlt sich in der Zukunft aus. – Ihren Antrag lehnen wir selbstverständlich ab.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Danke, Frau Kollegin Brand. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Schmeltzer das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In der Tat ist es so, dass wir seit einigen Jahren eine stetig ansteigende Zuwanderung von Bürgerinnen und Bürgern aus anderen EUStaaten, insbesondere aus Südosteuropa bei uns haben.

Viele dieser Menschen sind gut ausgebildet. Der deutsche Arbeitsmarkt insgesamt profitiert von diesen Freizügigkeitsregelungen innerhalb der EU und den uns zugewanderten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Neben gut ausgebildeten Menschen kommen natürlich auch weniger gut ausgebildete oder Menschen ohne Schulabschluss nach

Deutschland.

Die Landesregierung – das wissen Sie auch – beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren intensiv mit diesem Thema. Hintergrund waren vor allem differenzierte Problemanzeigen einiger besonders von der Zuwanderung aus Südosteuropa betroffener Kommunen. Gerade wegen der vielschichtigen Problemlagen in unterschiedlichen Bereichen haben wir bereits im Januar 2013 eine IMAG „Zuwanderung aus Südosteuropa“ unter gemeinsamer Federführung des MAIS und des MIK eingerichtet.

In der Folge hat diese IMAG schrittweise verschiedene Maßnahmen und Projekte vorgeschlagen und auf den Weg gebracht. Im Herbst 2014 hat die Landesregierung auf Grundlage der Vorarbeiten und Berichte der IMAG ein umfassendes Maßnahmen- und Unterstützungspaket für die besonders betroffenen Kommunen beschlossen. Dabei waren wir wie an vielen anderen Stellen übrigens auch das erste und einzige Bundesland, das ein umfassendes und detailliertes Handlungskonzept zur Unterstützung der von Neuzuwanderung besonders betroffenen Kommunen vorgelegt hat.

Das haben wir Ihnen bereits am 11. November 2014 und sehr umfangreich auf 29 Seiten im September 2015 als Drucksachen in diesem Hause vorgelegt. Es wäre gut gewesen, wenn Sie sich das einmal genauer angesehen hätten.

Das Handlungskonzept der Landesregierung berücksichtigt nämlich die gesamte Bandbreite der Problemlagen vor Ort und bietet Lösungsansätze und Handlungsstrategien insbesondere im sozialen, im gesundheitlichen und im schulischen Bereich. Mit dem Wohnungsaufsichtsgesetz können Kommunen bei unseriösen Machenschaften von Vermietern einschreiten.

Selbstverständlich wurde auch der integrationspolitische und arbeitsmarktpolitische Bereich nicht ausgeklammert. So wurden zur Integration von Zuwanderern in den regulären Arbeitsmarkt in verschiedenen Städten Pilotprojekte mit einem Fördervolumen aus ESF-Mitteln von insgesamt 8,5 Millionen € gestartet. In 2016 wurden in sieben Pilotkommunen 4,15 Millionen € investiert.

Des Weiteren wurde gemeinsam mit anderen Ländern, aber vor allem auf Initiative aus NordrheinWestfalen auch in Richtung Bund intensiv eine Entlastung für die besonders betroffenen Kommunen gefordert. Der Kollege Garbrecht hat einiges davon eben beispielhaft genannt.

Das Ergebnis kennen Sie: Der Bund hat Ende 2014 neben weiteren Maßnahmen eine finanzielle Sonderentlastung der betroffenen Kommunen in Höhe von 25 Millionen € umgesetzt. Für die nordrheinwestfälischen Kommunen bedeutete dies eine Entlastung von 6 Millionen €. Gleichzeitig hat der Bund auch Maßnahmen zur Vermeidung von missbräuchlicher Inanspruchnahme des Arbeitnehmerfreizügigkeitsrechts und von Sozialleistungen eingeleitet.

Vor dem Hintergrund der auf den Weg gebrachten vielfältigen Maßnahmen greift mir persönlich der vorliegende Antrag deshalb eindeutig zu kurz.

Dennoch ist mir bewusst, dass die steigenden Zuwanderungszahlen und die neue Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Lage vor Ort nicht wirklich entspannen. Aber das Bundessozialgericht hat vor allem entschieden, dass in jedem Einzelfall die konkreten Aufenthaltsgründe bzw. die konkreten Aufenthaltsrechte zu ermitteln sind und nicht per se alle EU-Bürgerinnen bei Bedürftigkeit auf die Sozialhilfe verwiesen werden können.

Bislang liegen uns lediglich Presse- bzw. Terminberichte und noch keine Urteilsgründe vor. Daher wird es nach Veröffentlichung dieser Urteilsgründe unsere Aufgabe, aber auch die Aufgabe der Bundesregierung sein, die Entscheidungen genau zu prüfen und die jeweiligen Personenkreise sorgfältig abzugrenzen.

Bevor hier immer wieder „ein Bundessozialgericht, drei Bundessozialgerichtsurteile“ dazwischengeru

fen wird: Fakt ist, dass uns insgesamt acht Bundessozialgerichtsurteile unterschiedlicher Fallkonstellationen vorliegen und zu keinem dieser acht Bundessozialgerichtsurteile derzeit prüffähige Urteilsbegründungen vorliegen. Auch das muss bei der ganzen Diskussion berücksichtigt werden.

Wie Sie wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles mit Unterstützung und mit Billigung der Bundeskanzlerin bereits eine entsprechende Einschränkung des Bundesgesetzes im Bereich der Sozialhilfe angekündigt. Unklar ist immer noch, in welche Richtung das Vorhaben der Bundesregierung geht. Sobald dieser Vorschlag konkret vorliegt, werden wir ihn eingehend prüfen.

Eine eigene Initiative wäre meines Erachtens aus diesen Gründen verfrüht. Wir prüfen nach Vorlage der Urteilsbegründung und nach Vorlage eines konkreten Vorschlags der Bundesregierung die gesamte Thematik intensiv und werden uns – seien Sie dessen gewiss – auch an dieser Stelle dann entsprechend einbringen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die FDP-Fraktion spricht noch einmal Herr Kollege Dr. Stamp.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Schmeltzer, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar dafür, dass Sie gerade selbst noch einmal vorgetragen haben, dass es hier Probleme in der Gesetzgebung gibt,

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

dass wir an dieser Stelle eine Präzisierung brauchen und dass es Ihre Arbeitsministerin Andrea Nahles war, die das selbst angesprochen hat.

(Beifall von der FDP und der CDU – Minister Rainer Schmeltzer: Warten Sie es doch ab!)

Herr Garbrecht, insofern kann ich nur sagen: Schämen Sie sich zutiefst für das, was Sie uns hier vorgeworfen haben!

(Lebhafter Beifall von der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD)

Ich engagiere mich seit meinem 16. Lebensjahr gegen Rechtsextremismus und lasse mir von Ihnen keinen Rechtspopulismus vorwerfen.

Wir haben hier einen Antrag vorgelegt, der auf Probleme in der Gesetzgebung hinweist. Der erste Satz dieses Antrags lautet:

„Deutschland profitiert von der Freizügigkeit von Waren, Dienstleistungen und Personen in der Europäischen Union.“

Der zweite Absatz beginnt mit den Worten:

„Vielen dieser Zuwanderer gelingt als qualifizierten Fachkräften nahezu problemlos die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt.“

Da lasse ich mir von Ihnen keinen Rechtspopulismus vorwerfen!

(Lebhafter Beifall von der FDP und der CDU)

Und das ist doch die Strategie von Ihnen! Ihre Ortsverbände gehen als Pegida reloaded auf die Straße, und Sie machen jetzt mit solchen miesen Vorwürfen eine Ablenkungskampagne. Das ist unredlich und unverschämt!

(Lebhafter Beifall von der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD)

Ich fühle mich als Demokrat von Ihnen zutiefst verletzt. – Denken Sie einmal darüber nach!

(Anhaltender lebhafter Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Stamp. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich schließe die Aussprache, und wir kommen zur Abstimmung.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, darf ich um Ruhe bitten, damit wir die Abstimmung auch ordnungsgemäß durchführen können?

Die antragstellenden Fraktionen von CDU und FDP haben direkte Abstimmung beantragt. Daher kommen wir nun auch zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/10790 – Neudruck – von CDU und FDP. Wer für diesen Antrag stimmt, den darf ich um das Handzeichen bitten. – Das sind die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Das sind die SPD-Fraktion, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Piratenfraktion und der fraktionslose Abgeordnete Schwerd. Enthält sich jemand der Stimme? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 16/10790 – Neudruck – vom Landtag NordrheinWestfalen abgelehnt ist.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, möchte ich für das Protokoll ein Abstimmungsergebnis der gestrigen Plenarsitzung nachtragen, das von mir selbst als sitzungsleitendem Präsidenten nicht vollumfänglich zu Protokoll gegeben worden ist. Ich bitte, das zu entschuldigen. Es geht um den gestrigen TOP 14, Gesetz über die Stiftung von Feuerwehr- und KatastrophenschutzEhrenzeichen.

Zu Protokoll: Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses Drucksache 16/10815 wurde mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Piraten bei Enthaltung des fraktionslosen Abgeordneten Schwerd ange

nommen und damit der Gesetzentwurf Drucksache 16/8933 in der Fassung der Beschlussempfehlung in zweiter Lesung verabschiedet. – So weit der Nachtrag zum gestrigen Plenartag.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt

11 Geflüchtete Frauen und Kinder nicht verges

sen: Schutz vor Gewalt auch in den Landesaufnahmen sicherstellen!

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/10782