Protocol of the Session on January 28, 2016

Viele Aufgaben, die Sie vorhin aufgezählt habe, was gemacht werden soll, sollen weiterhin erledigt werden. Es geht nicht um die Mitbestimmung im Kindergarten vor Ort; das ist auch eher wieder kommunal. Wie Herr Tenhumberg so schön gesagt hat, haben es Jugendliche sogar schon so weit gebracht, dass sie direkt das Parlament angeschrieben haben.

Das heißt, wenn ich den Ansprechpartner nach außen hin bekannt mache, würde ich sicher eine Hürde nehmen, und mehr Jugendliche würden sich melden. Es würde sicherlich mehr Interesse geben. Dass das Telefon dann nicht stillsteht, wie Herr Hafke gesagt hat, glaube ich auch nicht. Aber die Schwelle würde heruntergesetzt.

Genau das ist das Hauptanliegen. Solange man erst mit 18 Jahren erwachsen ist, so lange gibt es auch ein Machtgefälle zwischen Erwachsenen und Jugendlichen, so lange brauche ich Menschen, die sich für die Jugendlichen einsetzen.

Die Sache mit dem Kinderparlament ist sehr gut, das unterstützen wir; gar keine Frage.

Die 1:30 Minute ist um.

Nur, dann kommen wir auch wieder in die Problematik mit dem Alter. Wenn es das Kinderparlament gibt, sollte sich der Landesbeauftragte meines Erachtens auf die jüngeren Kinder konzentrieren, allerdings auch eine Koordination und eine Hilfestellung für das Parlament geben, und zwar in Form von Ratschlägen. Das alles ließe sich machen. Das ist nicht im Widerspruch zu dem, was derzeit geschieht. Es ist nur eine zusätzliche Unterstützung.

Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Ich entschuldige mich dafür, dass ich so lange überzogen habe.

Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, ich muss nur darauf hinweisen, dass Sie die Zeit reichlich ausgenutzt haben. Aber da wir bald Weihnachten haben, war ich großzügig.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herr Wegner, Ihr Argument wäre richtig, und das Land sollte dann aktiv werden, wenn wir feststellen, dass es Defizite in den bisherigen Strukturen gibt. Diese Defizite kann ich aber nicht feststellen. Der Weg in die Jugendamtsbezirke und damit hin zu einer stärkeren räumlichen Nähe zu den Kindern und Jugendlichen ist hier der richtige.

Sie sagen: Wir wollen damit keine zusätzlichen Strukturen aufbauen. Darauf kann ich nur entgegnen: Doch, wir haben damit zusätzliche Strukturen. Ich meine, wir sollten dieses Maß an Bürokratie vermeiden, wenn es nicht tatsächlich notwendig ist.

Prima. Vielen Dank, Frau Ministerin Kampmann. – Damit sind wir am Ende der Debatte und kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages 16/10781 an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend. Die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen, wie wir es gewohnt sind. Wer stimmt diesem Vorgehen so zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist alles nicht der Fall. Damit ist der Antrag einstimmig überwiesen.

Ich rufe nun auf:

10 Finanzielle Überforderung der Kommunen

vermeiden – Sozialhilfe für EU-Ausländer zeitlich einschränken

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 16/10790 – Neudruck

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDUFraktion Herrn Kollegen Nettelstroth das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Durch den jüngsten kommunalen Finanzreport der Bertelsmann Stiftung wissen wir, dass sich die Haushaltsergebnisse der Städte und Kreise in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2014 dramatisch verschlechtert haben.

Bewegten sich die Kommunen in den Jahren 2012 und 2013 noch nahe der schwarzen Null, schlägt im Jahr 2014 ein Defizit von über 1,5 Milliarden € zu Buche. Verantwortlich für das Defizit in NordrheinWestfalen ist kein Rückgang der Einnahmen. Nein, es ist insbesondere der starke Anstieg der Sozialausgaben. Immer mehr Menschen in Deutschland können nur mit Geld vom Staat überleben. Fast jeder Zehnte war Ende 2014 auf soziale Leistungen zur Mindestsicherung angewiesen, wie das Statistische Bundesamt Ende des letzten Jahres berichtete. Dazu zählen unter anderem Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe und Leistungen für Asylbewerber.

Die Empfänger von Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II stellten weiterhin die größte Gruppe von Empfängern sozialer Mindestsicherungsleistungen dar. Die nächstgrößere Gruppe ist die der Leistungsberechtigten von Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Ende 2014 lag deren Zahl bei 362.900. Von allen Teilgruppen der Leistungsbezieher von Mindestsicherungsleistungen ist deren Anzahl im Vergleich zum Vorjahr absolut und relativ am stärksten gewachsen, und zwar um 138.000 oder 61,3 %.

Angesichts der Flüchtlingsthematik ist die Zuwanderung aus anderen EU-Staaten jedoch in Vergessenheit geraten, und dies zu Unrecht. Neben den Asylsuchenden kamen alleine im letzten Jahr rund 340.000 EU-Bürger ins Land. Auch Sie sind Teil der enormen Aufgabe, die die Kommunen stemmen müssen.

Unter dem Strich profitiert Deutschland als Ganzes und natürlich auch Nordrhein-Westfalen von der Freizügigkeit in Europa, so wie die meisten Zuwanderer selbst auch. Sie besetzen leer gebliebene Stellen, bringen neue Ideen mit, arbeiten hier und verdienen mehr Geld als in der Heimat.

Um der Wahrheit Genüge zu tun, ist es aber auch notwendig, die Fehlentwicklungen zu benennen, die Schaden anrichten können. Mehr als 420.000 EUBürger beziehen inzwischen Hartz-IV-Leistungen in Deutschland. Gut 112.000 von ihnen stammen aus Bulgarien und Rumänien, und deren Anteil wächst weiter.

Die Sozialleistungen für EU-Zuwanderer sind sowohl in Deutschland als auch in anderen EUStaaten umstritten. Der Europäische Gerichtshof hatte im vergangenen Sommer geurteilt, dass Deutschland EU-Bürgern – auch Arbeitssuchenden – Sozialleistungen verweigern darf. Damit schien eine Reihe von Streitfällen endgültig geklärt zu sein.

Durch die Urteile des Bundessozialgerichts vom Dezember letzten Jahres ist die Lage allerdings wieder angespannt. Alle EU-Bürger, die nach Deutschland kommen, um Sozialleistungen zu erhalten oder erstmals eine Arbeit zu suchen, sind nach deutschem Recht generell vom Hartz-IVLeistungsbezug ausgeschlossen. Sozialhilfe wird ihnen allerdings generell zugesprochen, wenn sie sich wenigstens sechs Monate in Deutschland aufgehalten haben.

Die Sozialhilfe muss – wie die Bundessozialrichter entschieden – quasi einspringen, um das Existenzminimum der Betroffenen zu sichern. Dabei bezogen sich die Sozialrichter auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2012, welches Asylbewerbern ein Existenzminimum zusprach, das an die Hilfe bei Bezug von Hartz IV heranreicht.

Die Kosten für die Sozialhilfe tragen zu großen Teilen Gemeinden, Städte und Landkreise. Die Kommunen müssen davor bewahrt werden, unbegrenzt für mittellose EU-Bürger, die in Deutschland leben, sorgen zu müssen. Damit würden wir die Sozialkassen und die Kommunen maßlos überfordern und das Ziel der Sozialhilfe auf den Kopf stellen.

(Beifall von der CDU)

Laut Städte- und Gemeindebund erwerben durch das Urteil weitere 130.000 Menschen Anspruch auf Sozialhilfe, was Folgekosten in Höhe von rund 800 Millionen € nach sich ziehen könnte. Allein für die Kreise und kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen müsste damit von Mehrausgaben in Höhe von jährlich etwa 200 Millionen € ausgegangen werden.

Die kommunalen Spitzenverbände wiederum gehen dabei von Mehraufwendungen für jede Großstadt bzw. jeden Kreis in Höhe von mindestens einer sechsstelligen Summe aus. Der Regelsatz der Sozialhilfe für Alleinstehende stieg vom 1. Januar 2016 an auf 404 € pro Monat. Zusätzlich kommen Kosten für Unterkunft und Heizung dazu, die ebenfalls von den Kommunen zu tragen sind.

Uns erreichen zahlreiche Hilferufe der kommunalen Amtsträger, die sich über diese enormen finanziel

len Auswirkungen, die auf sie zurollen, Sorgen machen. Der Landrat aus dem Rhein-Kreis Neuss beispielsweise spricht aufgrund der aktuellen Rechtsprechung von einer möglichen Sogwirkung. Angesichts der rechtlichen Unklarheiten und Differenzen zwischen dem Bundessozialgericht und den Landessozialgerichten ist eine gesetzgeberische Klarstellung zwingend erforderlich.

Wir stehen zur Freizügigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern innerhalb der EU; aber weder den Kommunen noch den Bürgern ist es vermittelbar, Sozialleistungen auf diese Art – ohne Bedingungen und ohne Vorleistungen – zu verteilen.

(Beifall von der CDU)

Wer so ein Existenzminimum für alle EU-Zuwanderer fordert, der schadet der Freizügigkeit. Denn wenn die Sozialhilfe in Deutschland höher ist als das Einkommen im Herkunftsland, dann bedeutet dies einen erheblichen Anreiz zur Armutsmigration nach Deutschland.

Ich bitte Sie daher, im Sinne der Freizügigkeit, des europäischen Gedankens, der nordrhein-westfälischen Kommunen sowie der Bürger dieses Landes Ihrer Verantwortung nachzukommen und unserem Antrag auf Präzisierung der Voraussetzungen für den Leistungsbezug von EU-Ausländern in der direkten Abstimmung zuzustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Nettelstroth. – Nun spricht für die FDPFraktion Herr Dr. Stamp.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Nettelstroth hat unseren Antrag hier ausführlich begründet. Es ist in der parlamentarischen Auseinandersetzung immer ein bisschen schade, wenn zwei Antragsteller hintereinander sprechen, während dann zwei Vertreter der regierungstragenden Fraktionen sowie ein Vertreter der Piraten zu Wort kommen, die möglicherweise Kritik an unserem Antrag haben. Wir haben dann keine Möglichkeit, zu antworten. Deshalb fasse ich mich an dieser Stelle kurz und werde mich gegebenenfalls noch ein zweites Mal zu Wort melden.

Ich möchte das herausarbeiten, worum es im Prinzip geht. Wir wollen die Freizügigkeit innerhalb der EU, die uns allen lieb und teuer ist und die gerade wir Liberalen immer verteidigt haben, sichern. Wir müssen sie gegen die Gefahr sichern, dass es in Teilen eine Einwanderung in Sozialsysteme geben kann. Das ist auch ganz natürlich. Wenn es einen Freizügigkeitsraum mit unterschiedlichen Sozialleistungen und einem erheblichen Einkommensgefälle gibt, dann kommt es immer – wie es momentan in der EU der Fall ist – zu Verwerfungen, wie derzeit

beispielsweise zwischen dem südöstlichen Teil Europas und der Bundesrepublik Deutschland.

Wir haben jetzt erkannt, dass durch die unterschiedlichen Urteile gesetzliche Präzisierungen notwendig geworden sind. Genau die regen wir hiermit an. Wir machen das wie immer ohne Schaum vor dem Mund; aber wir wissen eben auch, dass es einen großen Druck in den Kommunen gibt und dass die Situation insgesamt angespannt ist. Deswegen müssen wir hier und heute reagieren. Ich würde mich freuen, wenn wir vielleicht zu einer gemeinsamen Beschlussfassung kommen könnten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Danke schön, Herr Dr. Stamp. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Kollege Garbrecht.

Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zunächst einmal sagen, dass dieser Antrag – wie viele Anträge heute – eher in die Kategorie der Aufmerksamkeitsökonomie fällt.

(Beifall von der SPD)

Daher ist es nicht verwunderlich, dass die FDP da aufgesprungen ist. Dieser Antrag befeuert im Konzert mit anderen eine Kultur im Land, die wir nicht brauchen, nämlich die Befürchtungskultur. Er befördert die populistische Welle des Rufens nach einfachen Lösungen.

Schon nach dem Urteil des Bundessozialgerichts titelte die „FAZ“: „Milliardenkosten durch Sozialhilfe für EU-Ausländer?“ Und „FOCUS online“ titelte vorgestern mit Bezug auf eine Pressemitteilung des Städte- und Gemeindebundes: „Kommunen fürchten Kollaps des Sozialsystems durch Einwanderung“. Wer diese Meldungen googelt, wird schon auf der ersten Seite deren Verlinkung mit der rechtsradikalen Seite „Asylterror“ finden.

Schon in der Schilderung der Ausgangslage – jetzt muss ich einmal auf Ihren Antrag kommen, meine Damen und Herren von der Union; Sie haben ihn ja geschrieben – verfälschen Sie die Tatsachen oder verschweigen sie zumindest.