Protocol of the Session on August 28, 2008

Die Sparkassen arbeiten auf der Basis eines satzungsmäßigen Verbundstatuts, das der Zustimmung der Aufsichtsbehörde bedarf, mit den Verbundunternehmen des S-Finanzverbundes Nordrhein-Westfalen zusammen.

Darum geht die ganze Aufregung. Es gab natürlich vorher die Diskussion darüber, ob wir das vertraglich oder gesetzlich regeln wollen. Es war – ich glaube, dass ich ihm die Ehre angedeihen lassen darf – der Sparkassenpräsident Gerlach aus Westfalen, der sagte, man solle dieses Statut nehmen, dann könne der Minister das genehmigen. Ich habe übrigens die Rechtsaufsicht, noch nicht einmal die Fachaufsicht. Ich kann nur darauf achten, ob das mit Recht und Gesetz in Einklang zu bringen ist, und dann muss ich meinen Stempel darunter setzen. Das ist vereinbart und hier kodifiziert. Ich verstehe Ihre Aufregung überhaupt nicht.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Finanzminister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

(Zuruf von der SPD)

Wenn Sie eine Wortmeldung haben, habe ich die herzliche Bitte, mir das mitzuteilen. Ich kann nicht hinter Ihre Augen schauen. – Bitte schön, Frau Walsken, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident, natürlich können Sie nicht hinter meine Augen schauen. Aber ich glaube, Herr Finanzminister, dass es doch notwendig ist, dass ich zu Ihren Ausführungen noch zwei, drei Anmerkungen mache.

Herr Dr. Linssen, Sie wissen ganz genau – das gilt zumindest auch für den Kollegen Sprecher der CDU-Fraktion und die Sprecherin der FDP-Fraktion –, dass es Wunsch der Mehrheitseigentümer der Bank war, die Anhörung auszusetzen und zu verschieben, und zwar vor dem Hintergrund dass – es ist in der Debatte mehrfach angeklungen – die Westdeutsche Landesbank in einer außerordentlich schwierigen Lage ist.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Haben Sie das schriftlich?)

Das brauche ich nicht schriftlich. Da zählt das Wort. Ihre Kollegen waren dabei. Ich habe Kollegen Klein als Zeugen, Herr Dr. Linssen.

Ich sage es hier an dieser Stelle deutlich: Es ist auch klar, dass Sie und nur Sie das nicht wollten. Die Parlamentssprecher der Fraktionen sind in Sorge um die Zukunft der WestLB und die nächsten Verhandlungsmonate mit der EU-Kommission gebeten worden, die Anhörung auszusetzen. Es liegt in Ihrer Verantwortung, dass Sie das nicht tun, Herr Dr. Linssen.

Herr Klein, ich halte es für eine Unverschämtheit, dass Sie hier und heute behaupten, wir hätten Angst vor der Anhörung. Die Anhörung war Wunsch der Mehrheitseigentümer. Das hätte ich gerne auch im Protokoll gelesen. Von daher werden wir sehen, was sich in den nächsten Wochen und Monaten im Hinblick auf die Zukunft der WestLB tut. Ich nenne das Stichwort DekaBank von heute beziehungsweise gestern. Wir werden schauen, welche Verantwortung Sie zu tragen haben. Das Kapitel wird aufbereitet. Das verspreche ich Ihnen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Dr. Orth, Sie unterstellen von diesem Rednerpult aus den Sparkassenverwaltungsräten Mauscheleien bei den Ausschüttungen. Ich warne Sie!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wenn Sie glauben, das Gesetz würde dazu beitragen, Mauscheleien zu verhindern, würde ich Ihnen empfehlen, sich ruckzuck mit den Sparkassenverbänden in Verbindung zu setzen und Ihre Vorwürfe dort zu verifizieren. Ich fordere Sie auf: Sagen Sie, wo an der Stelle gemauschelt wird! Dann können Sie das vor der Öffentlichkeit den Sparkassen unterstellen. Vorher nicht!

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Wider- spruch von Dr. Robert Orth [FDP])

Sind Sie fertig, oder regen Sie sich noch ein bisschen auf? – Die Diskussion heute hat mehr als deutlich gemacht, dass es klug wäre, das Sparkassengesetz zurückzunehmen oder auszusetzen. Davon bin ich überzeugt. – Herzlichen Dank, liebe Kollegen.

(Lebhafter Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Walsken. – Ich gehe davon aus, dass keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, und schließe damit die Debatte.

Die antragstellenden Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben zu ihren Anträgen direkte Abstimmung beantragt. Wir stimmen zunächst über den Inhalt des Antrags der Fraktion der SPD Drucksache 14/7354 ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD-Fraktion und Bündnis 90/Die Grünen sowie der fraktionslose Abgeordnete Sagel. Wer ist dagegen? – CDU- und FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag mit der Mehrheit der Stimmen der Koalitionsfraktion abgelehnt.

Wir stimmen zweitens über den Inhalt des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/7338 ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – CDU, FDP und der fraktionslose Abgeordnete Sagel. Wer enthält sich? – SPD-Fraktion. Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der CDU-Fraktion, der FDP-Fraktion und des Abgeordneten Sagel bei Enthaltung der SPD-Fraktion abgelehnt.

Wir kommen drittens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag des fraktionslosen Abgeordneten Sagel Drucksache 14/7398. Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist der antragstellende Abgeordnete Sagel. Wer ist dagegen? – CDU- und FDP-Fraktion. Wer enthält sich? – SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist dieser Antrag mit der Stimmenmehrheit der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Meine Damen und Herren, damit hätten wir diesen Tagesordnungspunkt hinter uns. Wir begeben uns zügig zum nächsten. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir fast eine Stunde hinter dem vereinbarten Sitzungsschluss liegen und uns munter auf 21 Uhr und mehr zu bewegen.

Ich rufe auf:

7 Datenskandal: Keine „gläsernen Menschen“ – persönliche Daten besser schützen!

Antrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/7339 – Neudruck

In Verbindung mit:

Datenklau verhindern – Opfer schützen und Verbraucherschutz stärken

Antrag

der Fraktion der SPD

Drucksache 14/7356 – Neudruck

Ich eröffne die Beratung und erteile für die erste antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Abgeordneten Remmel das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur wenige Tage, eine Woche ist es her, dass die Sonntagsmesse „50 Jahre Verbraucherschutz“ gelesen worden ist.

(Heiterkeit von Svenja Schulze [SPD])

Eine sehr schöne Veranstaltung! Alle Rednerinnen und Redner, einschließlich des Ministerpräsidenten, haben das Thema Datenmissbrauch in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen gestellt, weil es einfach aktuell war. Aber angesichts dieser Situation gilt es, das Eisen, das es offensichtlich gibt und heiß ist, zu schmieden und tatsächlich auch in Aktion umzusetzen.

Die Diskussion in Deutschland ist tatsächlich heiß. Es gibt ein ungeheures Ausmaß an Fällen von Datenmissbrauch, von illegalem Datenhandel. Wir haben hier die Chance – so ist mein Eindruck –, wie auch in anderen Fragen des Verbraucherschutzes, vielleicht etwas Gemeinsames auf den Weg zu bringen, jedenfalls ist das das Angebot. Der Strick, um gemeinsam daran zu ziehen, liegt hier in der Mitte.

(Svenja Schulze [SPD]: In die gleiche Rich- tung bitte!)

Die Oppositionsfraktionen haben den Aufschlag gemacht. Wir sind auch bereit, mit den Regierungsfraktionen eventuell etwas Gemeinsames hinzukriegen, als Aufforderung an die Bundesebene, um hier zu Veränderungen zu kommen. Aber ich habe so meine Zweifel, wenn ich die Äußerungen der Landesregierung dazu Revue passieren lasse. Da tritt Verbraucherschutzminister Uhlenberg noch ganz martialisch auf – durchaus in unserem Sinne, mit fast identischen Forderungen. Zwei Tage später kommt der Innenminister und sagt: Na ja, ganz so schlimm ist das nicht, man muss mal sehen, diese oder jene Frage gibt es noch. – So jedenfalls, meine Damen und Herren, kommen wir in diesem wirklich schwierigen Feld nicht voran.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das Ausmaß ist in der Tat enorm. Am 11. August ist in der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein eine CD-Rom mit Namen, Kontoverbindungen, Adressen, Geburtstagen und Telefonnummern von über 17.000 Bürgerinnen und Bürgern eingegangen. Am 15. August hat sich ein weiterer ehemaliger Telefonwerber der Süddeutschen Klassenlotterie der Polizei Hannover gestellt. Er hatte gut zwei Millionen Datensätze kopiert und dreimal für eine fünfstellige Summe verkauft. Und am 17. August hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen anonym von einem 22 Jahre alten Münsterländer zwei CD-Rom mit personenbezogenen Daten von etwa fünf Millionen Bürgerinnen und Bürgern für ganze 850 € gekauft. Zum Teil enthielten diese Datenträger auch Angaben zu Bankkonten.

Das zeigt, meine Damen und Herren, dass nahezu jeder Bundesbürger mit seinen persönlichen Daten in irgendeiner Weise vagabundierend gehandelt werden kann. Das erweckt den Eindruck, dass quasi an jeder Imbissbude unter der Theke Daten erstanden, erworben, gehandelt werden können. Das Ganze vermittelt den Eindruck eines riesigen Sumpfes, der trockenzulegen ist.

Im Visier der Staatsanwaltschaften sind Unternehmen wie SKL, Bertelsmann-Tochter BC oder Lottoteam. Dabei – das ist das Interessante – sehen sich diese Unternehmen oft selbst als Opfer von Callcentern. Hier muss die Frage erlaubt sein, warum denn der Mitarbeiter eines Callcenters so leicht an umfangreiche Daten der Unternehmen gelangen kann. Und es schließt sich auch die Frage an, warum denn Banken reihenweise Abbuchungen bei Kunden tätigen, ohne jedenfalls stichprobenartig Gegenkontrollen durchzuführen.

Es geht darum, dass Bürgerinnen und Bürger in großem Stil geschädigt werden, und zwar immer mit kleinen Summen, in der Hoffnung darauf, dass die Menschen ihre Rechte nicht einklagen, weil es oftmals dann zu aufwendig wird. Es gilt auch, dass den Verbraucherinnen und Verbrauchern, den letzten Gliedern in der Kette, jetzt nicht die Schuld zugewiesen wird,

(Zustimmung von Svenja Schulze [SPD])

weil sie die Leidtragenden einer sich über lange Zeit andeutenden schlimmen Entwicklung sind. Spätestens dann, wenn selbst eine Krankenkasse Datensätze von chronisch kranken Versicherten an eine Privatfirma weitergibt und sich keiner Schuld bewusst ist, muss doch die Frage gestellt werden, welches Bewusstsein insbesondere in Unternehmen bezüglich des Umgangs mit persönlichen Daten heute herrscht.

Wir wissen alle, dass die Aufsichtsbehörden – in Nordrhein-Westfalen: Landesbeauftragte für Datenschutz – ausgesprochen schlecht ausgestattet sind. In den letzten Jahren ist hier Personalstelle um Personalstelle abgebaut worden. Angesichts dieses riesigen Ausmaßes kann die Devise doch nur lauten: Wir müssen mehr in Datenschutz investieren und dafür mehr entsprechendes Personal zur Verfügung stellen.

(Beifall von der SPD)

Deshalb unsere Kernforderung: Wir wollen keine gläsernen Menschen; wir müssen unsere persönlichen Daten besser schützen. Deshalb gilt es, Datenhandel grundsätzlich zu verbieten. Allerdings wird man aus möglicherweise rechtlichen Gründen erlauben müssen, dass man immer dann, wenn es eine schriftliche, ausdrückliche Einwilligung gibt, diesen Handel vollziehen kann. Aber der Grundsatz muss sein: Es darf nicht ohne persönliche Einwilligung mit Daten gehandelt werden.