Protocol of the Session on June 18, 2008

Die Landesregierung hat mehrfach deutlich gemacht, wie wichtig ihr gerade das Ersatzschulwesen ist. Es ist mit einer Beeinträchtigung dieser Schulen auch in finanzieller Hinsicht nicht zu rechnen.

Vielen Dank. – Frau Kollegin Schäfer von der Fraktion der SPD hat eine Nachfrage. Bitte schön, Frau Kollegin Schäfer.

Frau Ministerin, dann ziehen Sie Ihre Aussage vom 18. Mai 2008 in der „Welt am Sonntag“ zurück, in der Sie sich zu diesem Thema äußern?

Frau Ministerin.

Wer diese Meldung zitiert, wie Sie das gerade tun, wird wissen, dass ich mich an dieser Stelle auf den entsprechenden Bundesminister beziehe. Wie Sie auch wissen, hat Bundesminister Steinbrück überhaupt nichts in diese Richtung vorgehabt.

Eine weitere Nachfrage der Frau Kollegin Beer. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Minister Linssen, darf ich fragen, ob auch der Kabinettskollege Pinkwart diese Regelung genauso mitträgt?

Bitte schön, Herr Minister Linssen.

Mit Sicherheit können Sie erwarten, dass wir im Kabinett eine einheitliche Meinung zu dieser Frage haben.

Das Ganze ist zunächst durch die Überlegungen meiner Finanzverwaltung ausgelöst worden, die natürlich viele Dinge auf den Prüfstand gestellt hat. Wenn Sie sich anschauen, wie viele Menschen welche Beträge geltend machen, so werden Sie recht schnell erkennen, dass sich das bei locker 90 % der Bevölkerung auf 1.000 € Schulgeld beschränkt. Die Überlegungen des Bundesfinanzministers sind, das von 3.000 über 2.000 auf vielleicht 1.000 € abzuschmelzen, was damit die große Menge derjenigen trifft, die das geltend macht. Das sind in Nordrhein-Westfalen etwa 0,5 % der zu Einkommensteuer zu Veranlagenden. Ich gehe davon aus, dass wir jetzt den Vorschlag in Bezug auf das Steuergesetz 2009 prüfen, um dann hoffentlich zu einer Lösung zu kommen, die auch endlich einmal die Finanzämter ein bisschen zufriedenstellt; denn hier stehen Aufwand und Ertrag überhaupt nicht mehr in einem Verhältnis.

Vielen Dank. – Frau Kollegin Schäfer hat eine Nachfrage. Bitte schön, Frau Kollegin Schäfer.

Frau Ministerin Sommer, ich habe Ihre Antwort eben nicht richtig verstanden. Vielleicht können Sie das wiederholen. Am 13. Mai hat sich der Finanzminister dieses Landes positiv zum Vorschlag des Bundesfinanzministers geäußert, was die Versteuerung oder die Nichtversteuerung angeht. Sie haben am 18. Mai in der „Welt am Sonntag“, was Privatschulen und Schulgeld betrifft, gesagt – ich zitiere –:

„Sie so finanziell zu beeinträchtigen, ist daher aus meiner Sicht nicht sinnvoll.“

Und zwar in Bezug auf die Eltern. – Ziehen Sie die Aussage jetzt zurück?

Frau Ministerin Sommer, bitte.

Meines Wissens – das kann der Finanzminister vielleicht jetzt bestätigen – hat er sich nicht positiv geäußert. – Das wird gerade bestätigt.

Sie beziehen sich auf den Artikel in der „Welt am Sonntag“, Frau Schäfer. Es ging dabei darum, dass ich den Bundesminister zitiert habe, der eine radikale Abschaffung an dieser Stelle wollte. Insofern ist meine Antwort so zu verstehen.

Vielen Dank. – Frau Kollegin Löhrmann hat eine Nachfrage. Bitte schön, Frau Kollegin.

Vielleicht, Frau Ministerin, sollten Sie beherzigen, dass Sie am besten dazusagen, wen Sie meinen, damit man besser versteht, was Sie meinen. Aber das nur am Rande.

Ich wüsste gerne vom Finanzminister, wie er sich die Kritik des Abgeordneten Lindner erklärt, wenn doch Herr Pinkwart einverstanden war.

Herr Minister Linssen, möchten Sie antworten?

Frau Löhrmann, Sie müssen verstehen, wenn sich Finanzbehörden darüber Gedanken machen, ein System zu vereinfachen. Da waren auch Überlegungen, ob man das vielleicht über das Kindergeld machen könnte. Der Bundesfinanzminister ist nach diesen Überlegungen mit seinem Vorschlag gekommen, der zunächst hieß: Wir schaffen das Ganze ab. – Nunmehr wird der Vorschlag sehr wahrscheinlich ein, ich will mal sagen, dilatorischer sein, das heißt, die ganze Sache wird abgeschmolzen. So sieht es aus. Das werden wir uns sehr genau angucken. Und wenn damit eine Vereinfachung für die Steuerbehörden verbunden ist und wenn Sie dann einmal in die Prüfung derer einsteigen, die eine solche Steuerberücksichtigung beantragen, dann werden Sie unschwer erkennen, dass wir uns jetzt, wie ich glaube, auf einem guten Weg bewegen.

Vielen Dank. – Frau Kollegin Kastner hat eine Nachfrage. Bitte schön, Frau Kollegin.

An dieser Stelle möchte ich gerne darauf hinweisen, dass dieses Problem in Nordrhein-Westfalen eines der geringsten Probleme ist, weil es sich in anderen

Bundesländern ganz anders darstellt. Vielleicht darf ich die Ministerin einmal bitten zu sagen, wie viele Privatschulen hier überhaupt mit Schulden belastet sind, welche Privatschulen das sind oder wie wir die Privatschulen weitgehend fördern können. Vielleicht würde das eine erhellende Erkenntnis darauf geben, wie großzügig das Land Nordrhein-Westfalen mit den Schulen in freier Trägerschaft umgeht.

Ich darf an der Stelle darauf hinweisen, dass Fragen präzise zu stellen sind. – Bitte, Frau Ministerin.

Liebe Frau Kastner, wir haben ca. 400 Ersatzschulen. Sie wissen um die Refinanzierungsgrundlagen. Insoweit unterstützen wir sie. Was das Schulgeld anbelangt, auf das Sie möglicherweise abheben: In Nordrhein-Westfalen ist es so, dass keine Schulgelder erhoben werden.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Weitere Nachfragen sind nicht ersichtlich.

Ich rufe die

Mündliche Anfrage 215

der Frau Kollegin Löhrmann von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf:

Migrationshintergrund = Hauptschule?

In einem Interview mit dem „Westfalen-Blatt“ vom 13. Juni 2008 bekommt Ministerpräsident Jürgen Rüttgers folgende Frage zur Zukunft der Hauptschule gestellt: „Die Parole vom längeren gemeinsamen Lernen ist ungemein populär. Wird die Hauptschule auch auf mittlere und lange Sicht Bestand haben?“

Der Ministerpräsident antwortet folgendermaßen: „Ja, weil es keine Alternative gibt. Wie wollen wir denn sonst sicherstellen, dass diejenigen, die überwiegend praktisch veranlagt sind oder eine Zuwanderungsgeschichte haben, eine auf sie zugeschnittene gute Ausbildung bekommen?“

Die Antwort des Ministerpräsidenten lässt den Schluss zu, dass er Kinder und Jugendliche mit „Zuwanderungsgeschichte“ automatisch eher auf der Hauptschule sieht – nicht nur in der Gegenwart, sondern auf „mittlere und lange Sicht“. Dies aber würde einer guten Integrationspolitik und auch einer guten Bildungspolitik mit dem Anspruch, alle Kinder und Jugendliche zu besseren Leistungen zu führen,

diametral entgegenstehen. Dazu bedarf es dringlich einer Klarstellung.

Wie hat der Ministerpräsident seine oben zitierte Aussage gemeint?

Ich darf Frau Ministerin Sommer um Beantwortung bitten. Bitte schön, Frau Ministerin.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Frau Löhrmann, Sie haben diese Frage gestellt – eine vertraute Stimme zu dieser Fragestellung. Das sage ich deswegen so nett in der Anrede – Sie müssen mich gar nicht so streng angucken –, weil der nächste Satz, den ich sage, wieder einen Adrenalinstoß in Ihnen verursachen wird.

Die Landesregierung ist überzeugt davon, dass ein gegliedertes Schulsystem die beste Voraussetzung für eine optimale Förderung von Schülerinnen und Schülern bietet. Denn Kinder und Jugendliche haben ganz unterschiedliche Stärken, aber auch Förderbedarfe, auf die man pädagogisch mit verschiedenen Ansätzen reagieren sollte. Die Hauptschulen stehen in besonderem Maße vor der pädagogischen Herausforderung, für Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlicher Herkunft, Sprache und Bildungsbiografie angemessene Erziehungs-, Lern- und Förderangebote zu entwickeln, die den Kindern und Jugendlichen soziale und berufliche Chancen sichern.

Etwa jede/jeder zweite Hauptschüler/-in stammt aus Familien, in denen Deutsch nicht die Familiensprache ist. Die Lehrerinnen und Lehrer leisten einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration dieser Kinder. Eine Hauptschule, wie wir sie uns vorstellen, bietet eine gute und verlässliche Grundlage, insbesondere Jugendliche, die unter erschwerten sozialen Rahmenbedingungen aufwachsen, zu fördern. Dass die Hauptschulen hier besondere Aufgaben haben, weil viele Schülerinnen und Schüler aus diesem sozialen Umfeld an dieser Schulform anzutreffen sind, wird wohl niemand bezweifeln.

Die Förderung dieser Jugendlichen, die uns vor dem Hintergrund der individuellen Förderung besonders wichtig sein muss, weil jeder Einzelne die Unterstützung verdient, die er benötigt, setzt die Bereitschaft voraus, zu investieren. Das tut die Landesregierung; ich darf einige Beispiele herausgreifen.

Sie investiert insbesondere in kleine Klassen in Hauptschulen; in ein pädagogisches Konzept, das auf einem Lernen mit hohem Praxisbezug und hoher Alltagsrelevanz basiert; in einen erweiterten schulischen Ganztag, der die Zusammenarbeit mit

außerschulischen Partnern, zum Beispiel der Jugendhilfe, erleichtert; in Schulsozialarbeit – ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass wir 250 Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter, die Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, nur auf befristete Stellen gesetzt haben, dauerhaft als starke Unterstützung der Schulen bereitgestellt haben –; und wir investieren in die Qualifizierung von 100 Lehrkräften für fachübergreifende spezielle Sprachförderung; mit dem Haushalt 2008 schließlich werden 360 befristete Stellen für Sprachförderung dauerhaft eingerichtet. Wir haben darüber hinaus die Durchlässigkeit unseres Schulsystems weiter erhöht, sodass jede Schülerin und jeder Schüler, die bzw. der dazu die entsprechenden Leistungen erbringt, einen individuellen Lernweg gehen kann.

Eine so ausgestattete Hauptschule – und das ist die Botschaft des Ministerpräsidenten – wird auch zukünftig eine wichtige Integrationsaufgabe für unsere Gesellschaft leisten und eine wichtige Unterstützung darstellen, auch für Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte, die eine besondere Unterstützung benötigen.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es gibt eine Nachfrage der Frau Kollegin Beer. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Ministerin, danke schön für die Antwort. Sie hat meinen Adrenalinspiegel nicht in die Höhe befördert. Das, was Sie gesagt haben, kennen wir ja zur Genüge.

(Ministerin Barbara Sommer: Ich habe auch Frau Löhrmann angesprochen!)

Wenn es mal etwas Neues gäbe, würde ich mich freuen.

Meine Frage geht dahin: Frau Ministerin, sind Sie der Meinung, dass Kinder mit Zuwanderungsgeschichte – um gemäß Ihrer begabungstheoretischen Vorstellungen zu sprechen – vorwiegend überwiegend praktisch veranlagt sind?

Frau Ministerin, bitte.