Protocol of the Session on June 18, 2008

Bei aller Veränderung bleibt der zweite Nachtragshaushalt der haushalts- und finanzpolitischen Grundlinie dieser Landesregierung treu. Wir setzen auch weiterhin den Weg für Nachhaltigkeit und Konsolidierung fort. Unsere Linie kann sich sehen lassen. Ich freue mich auf die weitere Beratung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Finanzminister. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Kollegin Walsken.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Vorlage des zweiten Nachtragshaushaltes 2008, aber auch die heute durch die Pressekonferenz des Finanzministers bekannt gewordenen Eckpunkte für den Haushalt 2009 lassen klar erkennen, dass der Finanzminister mit allen – ich betone: mit allen – seinen Grundsätzen zur Haushaltspolitik gescheitert ist.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie, Herr Finanzminister – deshalb kam es mir in Ihrer Rede gerade so vor wie lautes Pfeifen im dunklen Wald –, haben alles abgeräumt, was Ihnen noch zu Beginn Ihrer Amtszeit wichtig war.

Deshalb habe ich mir angeschaut, was Ihnen wichtig war und habe noch einmal in Ihrer Einbringungsrede zum Haushalt 2006 geblättert. Da heißt es: „Haushaltskonsolidierung hat höchste Priorität“, „Ressortinteressen müssen zurückstehen“, „Wir brauchen künftig eine Kultur des Verzichts“ Oder: „Die Landesregierung ist angetreten, die Sanierung und Konsolidierung des Landeshaushalts nachhaltig voranzutreiben.“ Oder: „Wir treten jetzt ein in den Schuldenabbau.“ Oder: „Wir wollen den Zuwachs der Personalausgaben sen

ken, für 2008“ – so dort zu lesen – „um 250 Millionen €“.

Meine Damen und Herren, das alles sind Textbausteine aus der Rede des Finanzministers. Ich werde Ihnen jetzt anhand des Nachtragshaushaltes, aber auch der bekannt gewordenen Perspektiven für 2009 Punkt für Punkt belegen, dass alle diese hehren Grundsätze gescheitert sind.

Interessant ist, wenn wir uns die Haushalte beginnend mit dem Nachtragshaushalt 2005 mit mittlerweile unzähligen Fakten anschauen, dass das finanzpolitische Scheitern der hehren Grundsätze von Herrn Dr. Linssen belegbar ist. Es geht heute nicht mehr darum, dass die Opposition mit dem Säbel rasselt, sondern es ist mittlerweile belegt durch ein wichtiges Organ in diesem Lande, nämlich durch den Landesrechnungshof, der in seinem Jahresbericht 2001 deutlich gemacht und unabhängig festgestellt hat – das möchte ich wörtlich zitieren –:

Die im Jahr 2006

das Jahr, aus dem ich gerade Herrn Dr. Linssen zitiert habe –

noch energisch begonnenen Schritte der Landesregierung zur Konsolidierung der Landesfinanzen werden in den Haushaltsjahren 2007 bis 2009 nicht konsequent fortgesetzt.

Meine Damen und Herren, ein schwerer Schlag für die Landesregierung,

(Minister Dr. Helmut Linssen: Oh!)

ein K.-o.-Schlag für den Finanzminister. Dass der Landesrechnungshof, der traditionell, was die Überprüfungen der Einsparbemühungen betrifft, einem Finanzministerium näher ist als den Fachressorts, eine solche Expertise ausstellt, ich glaube, das spricht für sich, Herr Dr. Linssen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Aber es ist nicht nur ein pauschales Urteil, sondern es ist auch deutlich spezifiziert beim Landesrechnungshof. Denn er sagt, dass die Gesamtverschuldung des Landes auf einen – hören Sie zu – Rekordstand von 118,2 Milliarden € gekommen ist.

(Winfried Schittges [CDU]: 5 Milliarden € sind es!)

Auch hier – deshalb höre ich das gerne, Herr Kollege – hilft nicht die Schuldzuweisung Richtung Rot-Grün. Diesen Rekordstand haben Sie durch Ihre Haushaltspolitik verursacht, meine Damen und Herren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Eigentlich müsste höchste Alarmstimmung gerade in Ihrem Laden herrschen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf von Winfried Schittges [CDU])

Jetzt sage ich Ihnen das sehr genau: Bei Regierungsübernahme, Kollege Schittges, der Meister der Zahlen, haben Sie 108 Milliarden € Schulden übernommen.

(Parl. Staatssekretär Manfred Palmen: 112 Milliarden €!)

Schauen Sie doch einfach nur in die Zahlen, Herr Kollege Palmen. Warum denn nicht? 108 Milliarden € per Juni 2005. Ich danke für Ihre Aufregung, die zeigt, Sie fühlen sich ertappt. Denn Sie haben ja schon einen Nachtragshaushalt 2005 vorgelegt und die Schulden nach oben geschossen. Das war das Erste, das Sie in diesem Lande gemacht haben, meine Damen und Herren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Heute sind wir bei 118,2 Milliarden €, hat der Landesrechnungshof festgestellt. Nicht meine Zauberlehrlingsrechnung, sondern der Landesrechnungshof hat es festgestellt, liebe Kollegenschaft.

Sie haben durch Ihre eigenen Eckpunkte zum Haushalt 2009 heute, Herr Finanzminister, gesagt: Ende 2009 sind wir bei 121 Milliarden €. 121 Milliarden € verantworten Sie. Wenn es dann im Text Ihrer Einbringungsrede von vor zwei Jahren heißt: Schulden deutlich zurückfahren, Schulden nicht nur zurückfahren, sondern Haushalt konsolidieren, so sage ich, Herr Finanzminister: Versprochen und gebrochen!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Dann ist es auch interessant, einmal zu schauen, wie die Gesamtlage ist – das wird auch im Nachtrag deutlich –: sprudelnde Steuerquellen. So viel zusätzliche Steuereinnahmen hat es in diesem Land schon lange nicht mehr gegeben. Deshalb hatte die Landesregierung auch 2006, Herr Finanzminister, vollmundig beschlossen, Einnahmeverbesserungen in vollem Umfang für die Haushaltskonsolidierung zu verwenden.

Schauen wir uns das einmal an, was Sie bisher an Einnahmeverbesserungen haben, das heißt, wie viel Geld die Steuerzahler mehr in die Kassen von Nordrhein-Westfalen geleitet haben. Da sind wir mittlerweile bei einer Summe von 7 Milliarden. 8 Milliarden neue Schulden, 7 Milliarden mehr in

der Kasse macht 15 Milliarden in Ihrer Regierungszeit an zusätzlichen Geldausgaben.

Meine Damen und Herren, was das mit Konsolidieren zu tun hat, was das damit zu tun hat, Neuverschuldung zurückzuführen, was das damit zu tun hat, sparsam zu wirtschaften – um es mit Ihren Worten zu sagen, die Sie gerade von diesem Pult aus versucht haben, den Menschen in diesem Land zu übermitteln –, das frage ich Sie nachhaltig, Herr Finanzminister.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU: Aber für alles mehr Geld fordern!)

Meine Damen und Herren, ich bin der Auffassung, dass es im Moment ganz schwierig in der Haushalts- und Finanzpolitik für den Herrn Finanzminister läuft. Wie schwierig es ist und wie viel er hat gegenüber seinen Fachkollegen an Federn gelassen, erweist sich exemplarisch am Thema Personalabbau, ein wunderschönes Thema. „Personalkosten reduzieren“ hieß es in der Haushaltsrede von 2006 von Herrn Dr. Linssen. Die HartmannKommission wurde eingerichtet: „34.000 Stellen bauen wir ab bis 2010“. Vollmundige Versprechen von diesem Pult hier!

Heute schauen wir in den Nachtrag und sehen: Wir richten zusätzliche Stellen ein, und zwar zusätzliche Stellen für den Regierungsapparat, Stellen für die Staatskanzlei: 72 neue Stellen, obwohl Sie den Menschen in diesem Lande noch vor zwei Jahren versprochen haben, Sie wollten Stellen erwirtschaften. Das tun Sie nicht. Versprochen – gebrochen, Herr Finanzminister.

(Beifall von Johannes Remmel [GRÜNE])

Und, meine Damen und Herren, was viel wichtiger ist an dieser Stelle: Ihr Stellenabbauprogramm. Sie sind überhaupt nicht vorangekommen. Ich habe es eben gesagt: Die Hartmann-Kommission wollte 34.000, Sie wollten 20.000 abbauen. Sie haben im Finanzausschuss gesagt: ein wunderbares Ziel, darüber werden wir nachdenken. Heute haben Sie 2.500 Stellen abgebaut. 2.500! Meine Damen und Herren, Rohrkrepierer auch beim Thema Personalabbau.

Wir werden uns systematisch, meine Damen und Herren – wir kommen gleich noch zur Westdeutschen Landesbank –, immer genau anschauen, was Sie an vollmundigen Versprechungen in die Landschaft blasen, Herr Finanzminister, und was Sie wirklich an konkreten Taten in Ihrem Haushalt und in Ihrer Finanzpolitik umsetzen. Das werden wir uns intensiv anschauen, weil es eine Fülle von Datenlagen gibt, nachdem Sie heute Ihren fünften

Haushalt, abgesehen von weiteren Nachträgen, hier verantworten.

Ich sage abschließend: Die Landesregierung spart nicht. Sie investiert nicht in die Zukunft. Sie gibt das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes – es sollte 2010 erreicht werden, ist aber schon jetzt in die nächste Legislaturperiode verschoben worden – auf, und sie scheitert am selbst gesteckten Ziel ihres eigenen Personalabbaus. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Frau Walsken. – Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Klein.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend hat Kollegin Walsken noch eine gute Idee gehabt. Es wäre dringend erforderlich, sich intensiv mit diesen Zahlen des Nachtragshaushaltsplanes auseinanderzusetzen. Dann könnte man nämlich nicht zu einer so grandiosen Fehleinschätzung kommen wie die, die wir gerade gehört haben.

(Beifall von der CDU)

Ich finde es ausgesprochen hilfreich, dass wir gerade noch einmal einige wesentliche Zitate unseres Finanzministers in Erinnerung gerufen bekommen haben, die auch weiterhin die Leitlinie unserer Haushalts- und vor allen Dingen unserer Konsolidierungspolitik sein müssen und bleiben werden. Der jetzt vorgelegte Nachtragshaushaltsplan ist ein hervorragendes Dokument für Kontinuität in unserer Finanzpolitik.

Ich will an zwei Punkten deutlich machen, dass das so ist, aber zumindest noch eine kurze Replik der Frau Kollegin Walsken nicht ersparen: Dass immer noch mehr Schulden in unserem Land dazu kommen, liegt doch vor allen Dingen daran, dass wir notgedrungen – Verträge müssen eingehalten werden – weiterhin Zinsen auf die früher gemachten Schulden bezahlen müssen. Jedes Jahr muss der Finanzminister von vornherein 5 Milliarden €, also jeden zehnten Euro aus dem gesamten Haushalt, abzweigen, um damit Zinsen zu bezahlen.

Trotz dieser 5 Milliarden € Belastung machen wir nur 1,77 Milliarden € zusätzliche Schulden. Das ist ein Riesenerfolg, und das ist etwas, was wir uns vor drei Jahren noch gar nicht hätten vorstellen können.

(Beifall von CDU und FDP)

Wenn Frau Walsken dann sagt, es seien nur 2.500 Stellen abgebaut worden, obwohl man vorher so groß geredet habe, dann bitte ich Sie, auch einmal zu berücksichtigen, dass diese Stellen abgebaut werden konnten, obwohl wir 5.064 zusätzliche Lehrer eingestellt haben. Das müssen Sie doch im Kontext sehen. Damit wird erst richtig deutlich, wie groß der Erfolg der Landesregierung und der Koalition an dieser Stelle ist.