Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kurz zum Sachverhalt! Um was geht es in unserem Eilantrag? Nach dem Orkan „Kyrill“ im Jahr 2007 sind Holzlieferverträge mit sechs Holzunternehmen abgeschlossen worden. Was für uns an diesen Verträgen erstaunlich und nicht nachvollziehbar ist, ist die Laufzeit von sieben Jahren. Deswegen verfolgen wir das kritisch und haben hier im Haus auch schon viele Anträge dazu gestellt.
Kritik gab es von Anfang auch von den Sägewerkern. Die Kritik geht vor allen Dingen dahin, dass mit diesen Holzlieferverträgen 75 % der Gesamtholzmenge in Nordrhein-Westfalen an sechs Unternehmer gebunden sind und dass dieses Holz zum größten Teil außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen verkauft wird.
Den Rest, die uns noch zur Verfügung stehenden 25 % der Gesamtholzmenge, müssen sich die 150 mittelständischen Sägewerker in NordrheinWestfalen teilen. Das hat natürlich einen starken Verdrängungswettbewerb vor allen Dingen für die kleinen Unternehmen zur Konsequenz.
Die Sägewerker haben daraufhin bei Herrn Prof. Schulte von der Uni Münster ein Gutachten in Auftrag gegeben. In diesem Gutachten werden gravierende Fehlentwicklungen festgestellt: Die Verträge verstießen gegen Gemeinschaftsrecht der EU, gegen Kartell- und Wettbewerbsrecht, gegen das Korruptionsbekämpfungsgesetz. Diese Ver
träge sollen auch gegen das Haushaltsrecht und, was noch schlimmer ist, gegen das Nachhaltigkeitsgebot des Bundeswald- und auch des Landesforstgesetzes verstoßen. Das haben wir zum Anlass genommen, uns im Ausschuss mit Sachverständigen zu diesen Vorwürfen, zu diesem Gutachten auseinanderzusetzen.
Von Ihnen, Herr Minister, und auch von den Kollegen aus der CDU und der FDP wurden die Aussagen des Gutachtens immer wieder infrage gestellt: Woher haben Sie die Zahlen? Welche Verträge legen Sie zugrunde? Vor allen Dingen die Angaben zur Holzmenge wurden immer wieder in Zweifel gezogen. Ihr Argument, der Gutachter würde sich nicht auf die richtigen Verträge und Zahlen beziehen, konnte von Ihnen aber bis heute nicht anhand anderer Verträge, anderer Vereinbarungen belegt werden.
Neben dem Gutachter waren auch ein Vertreter des Verbandes der Säge- und Holzindustrie Nord und ein Experte, der sich speziell mit dem Vergaberecht befasst, eingeladen. Während des Gesprächs stellte sich heraus, dass sich der Experte zum Vergaberecht mit seinen Aussagen auf die Originalverträge und -absprachen bezog. Er führte aus, diese seien ihm vom Ministerium zur Verfügung gestellt worden. Dieser Sachverständige ist aber nach eigenen Aussagen in dieser Sache nicht gutachterlich von der Landesregierung beauftragt gewesen.
Einen Sachverständigen mit vertraulichen Dokumenten auszustatten, den Parlamentariern und anderen Sachverständigen diese aber vorzuenthalten – das, meine Damen und Herren, können wir nicht hinnehmen.
Deshalb hier und heute unser Eilantrag mit der Aufforderung, dem Landtag die Originale der in Rede stehenden Holzlieferverträge sofort zur Verfügung zu stellen. Erst dann werden wir das Expertengespräch fortführen und zu einer vernünfti
Vielen Dank, Frau Kollegin Watermann-Krass. – Für die zweite antragstellende Fraktion hat Herr Remmel das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun ist die Harmonie schon wieder dahin! An dieser Stelle gibt es eine erhebliche und tiefgreifende Auseinandersetzung, ich würde sogar sagen: ein Zerwürfnis zwischen dem Umweltministerium und dem Parlament.
Worum geht es in der Sache? Es geht in der Sache darum, ob mit diesem Vertragswerk letztlich der Ausverkauf des Staatswaldes in NordrheinWestfalen ab 2009 auf den Weg gebracht wird. Es geht darum, ob Staatsvermögen verschleudert worden ist. Es geht darum, ob vergaberechtliche Fragestellungen nicht umfassend beachtet worden sind. Und es geht darum, ob mit solch langfristigen Verträgen letztlich nicht viele, viele Arbeitsplätze in der klein- und mittelständischen Sägewirtschaft Nordrhein-Westfalens beeinträchtigt sind. – Das ist der Kern des Konfliktes.
Um sich dieser Fragestellung zu nähern, versuchen die Oppositionsfraktionen, versucht auch meine Fraktion, den Sachverhalt auf der Grundlage der Verträge zu beurteilen. Das ist unser Versuch, unser Anliegen seit Anbeginn der Debatte 2007.
Ich möchte darauf verweisen, dass wir bereits in der Ausschusssitzung am 28. Februar 2007 die Frage nach den Verträgen gestellt haben. Wir haben sogar in einem Antrag vom 20. März 2007 dezidiert die Vorlage der Verträge gefordert. Insofern ist es fast schon eine Unverschämtheit, wenn uns der Staatssekretär im Ausschuss unterstellt, wir hätten nie nach den Verträgen gefragt. Das ist anhand von mindestens fünf oder sechs Stellen – in Protokollen, in Anträgen – nachweisbar. Wir haben immer die Vorlage der Verträge gefordert, um das Parlament, die Abgeordneten selbst beurteilen zu lassen: Liegen Optionen vor? Sind es dauerhaft bindende Verträge? Welche Nebenabreden gibt es?
Einen solchen Vorgang wie in der vergangenen Woche im Umweltausschuss habe ich in dieser Form in diesem Haus noch nicht erlebt.
Es findet eine Anhörung statt, zu der die Fraktionen unterschiedliche Expertinnen und Experten geladen haben. In der Anhörung stellt sich heraus, dass der von den Regierungsfraktionen geladene Experte offensichtlich Unterlagen von der Landesregierung bekommen hat, nämlich die Originalverträge, um sie beurteilen zu können, um dem Ausschuss, den Parlamentariern erzählen zu können: Da ist alles in Ordnung. – Es ist ein unglaublicher Vorgang, dass die Verträge unbeteiligten Dritten und nicht den Parlamentariern selbst zur Beurteilung vorgelegt werden. Insofern ergibt sich folgerichtig aus der heutigen Debatte der Antrag, die Landesregierung aufzufordern, dem Parlament und allen Abgeordneten unverzüglich die Verträge zuzuleiten.
Im Übrigen meine ich, dass es auch an das Selbstverständnis der Regierungsabgeordneten rühren müsste, wenn ein solcher Vorgang zu verzeichnen ist. Es kann nicht in ihrem Interesse sein, dass unbeteiligte Dritte andere und mehr Informationen bekommen als die Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus. Dafür sind wir nicht gewählt worden, das entspricht nicht dem Verfassungsauftrag. Wir fordern mit unserem Antrag heute klipp und klar, das nachzuholen, was in Vorbereitung der Ausschusssitzung offensichtlich nicht stattgefunden hat.
Es gibt eine weitere Merkwürdigkeit, die wir gerne klären wollen. In der damaligen Debatte im Haushalts- und Finanzausschuss hat meine Fraktion, habe insbesondere ich dezidiert nachgefragt: Gibt es bei den Verträgen Nebenabreden? Der Vertreter des Umweltministeriums, Herr Püttmann, hat damals für die Landesregierung erklärt: Es gibt keine Nebenabreden. Im vergangenen Umweltausschuss wiederum hat der Staatssekretär erklärt: Es gibt Nebenabreden. – Auch da gibt es also Widersprüchlichkeiten. Das macht es für uns noch einmal dringlicher, die Landesregierung aufzufordern: Unterrichten Sie das Parlament vollständig! Legen Sie die Verträge vor! Legen Sie auch die Nebenabreden vor! Dann kommen wir zum Kern der Debatte. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Clemens Pick das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem hier vorgelegten Antrag wird zum einen wieder einmal suggeriert: Es geht um den Ausverkauf des Staatswaldes. Das Thema haben wir im Ausschuss vielfältig dis
kutiert. Immer wieder wird die unsägliche Aussage getätigt: Da passiert etwas, das ist der Untergang der Forstwirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Darüber ist auch in anderen Zusammenhängen schon verschiedentlich gesprochen worden.
Zum anderen, Herr Remmel, sprechen Sie von der Vernichtung oder Beeinträchtigung von Arbeitsplätzen. In der Clusterstudie Holz ist deutlich gemacht worden, dass es einen Wettbewerb gibt, gerade in der Holzindustrie in NordrheinWestfalen auch einen Verdrängungswettbewerb. In dem Zusammenhang muss man sehen, wie sich bestimmte Zweige, die in diesem Cluster miteinander kommunizieren, darauf einstellen.
Sie sagen in Ihrem Antrag: 75 % der Holzmenge gehen an sechs Betriebe, 25 % an 150 Betriebe. Auch das sind keine korrekten Zahlen. Ausweislich des Landeswaldberichts haben wir in NordrheinWestfalen 283 Sägebetriebe und nicht 156. – Das nur der Korrektheit halber.
Jetzt zu dem, was die Holzlieferverträge angeht: Es geht um sechs Verträge, die gemacht worden sind. In der Anhörung des Landtags ist deutlich geworden: Bei den Verträgen, die unmittelbar bis 2009 umgesetzt werden, hören wir keine Kritik. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit den Verträgen und auch den anderen Verkäufen, die nach „Wiebke“ getätigt worden sind, müssen wir sehen, dass sich die Holzmarktsituation erheblich stabilisiert hat.
Ich möchte diese Ausführungen gerne beenden, dann gerne. – Nach „Wiebke“ hatten wir 15 Jahre lang eine unbefriedigende Holzmarktsituation. Die Preise haben sich, weil damals keine vernünftigen Verträge abgeschlossen werden konnten, lange nicht stabilisiert. Momentan ist die Situation stabil. Die Holzmarktpreise haben sich im Vergleich zu vor dem Sturm nur geringfügig nach unten verändert. – Jetzt.
Schönen Dank, Herr Pick, dass Sie die Zwischenfrage zugelassen haben. Heute geht es nicht um den Inhalt der Verträge, sondern um die Frage, ob Sie mit den Oppositionsfraktionen der Meinung sind, dass die bisher dem Parlament vorenthaltenen Informatio
nen dem Parlament zugänglich gemacht werden. Es geht nicht um den Inhalt, es geht um eine Formfrage.
Sie haben in Ihrem Antrag bestimmte Inhalte vorgeschoben und gesagt: Vor dem Hintergrund wollen wir die Informationen haben. – In Ordnung. Nur: Wir haben etwas mehr Vertrauen in die Regierung als Sie. Das ist verständlich.
Die Ausführungen, die vom Staatssekretär und auch vom Minister in früheren Debatten gemacht worden sind, gehen dahin, dass wir auf der einen Seite Verträge haben, die auch nach der Anhörung in der vergangenen Woche nicht infrage gestellt sind, und dass wir es auf der anderen Seite mit Rahmenverträgen oder vertraglichen Vorvereinbarungen zu tun haben. Wenn dem so ist, dann liegt hier keine Vertragssituation vor, wie uns auch gesagt worden ist, sondern dann sind die notwendigen vertraglichen Bedingungen nicht gegeben.
Es sind keine verbindlichen Mengen festgelegt. Es sind auch die Bedenken des Bundeskartellamtes berücksichtigt worden. Es sind auch die Zahlungsbedingungen aufgenommen worden, dass die Preise neu verhandelt werden müssen. Vor diesem Hintergrund haben wir es in den Fällen, wie uns vorgetragen worden ist, nicht mit Verträgen zu tun. Insofern reden Sie von Verträgen, während wir von Vorverträgen sprechen. Juristen müssen diese Frage klären.
Wenn der Verband der Sägewerkbesitzer der Auffassung wäre, dass es sich hier nicht um Verträge handelt und dass man dem Kartellrecht nicht gerecht wird, und wenn die Vorwürfe zuträfen, die Sie machen, der Haushaltsordnung wäre nicht nachgekommen worden, steht ja einer Klage nichts entgegen. Wenn sich die Sägewerksbesitzer sicher wären, wenn sich der Verband sicher wäre, auf der richtigen Ebene zu argumentieren, würden die doch vor Gericht ziehen. Das machen sie sonst auch. Sie rufen auch die EUKommission an, wenn es um Verstöße gegen das Kartellrecht geht. Sie hätten keine Scheu – das ist auch ihr gutes Recht –, Klage zu erheben.
Man hätte jedenfalls die Dinge rechtlich klären können. Sie klagen aber nicht, sodass dem nach den Ausführungen, wie sie in der vergangenen Woche im Ausschuss gemacht worden sind, nichts hinzuzufügen ist. Der Staatssekretär hat gesagt, vorbehaltlich der Prüfung, weil es sich um privatrechtliche Verträge und um Optionalverträge handelt, wird mit den jeweils Beteiligten gespro
Diese Aussage ist getroffen worden. Somit ist davon auszugehen, dass das Parlament, wenn es nach Recht und Gesetz geht, informiert wird. Wenn das Parlament nicht informiert werden kann, weil dem Recht und Gesetz entgegenstehen, dann müssen wir uns mit den Aussagen der Regierung zufrieden geben.
Herr Kollege Remmel, warten wir das doch ab. Wir können dann darüber in den nächsten Ausschusssitzungen diskutieren. Aus diesem Grunde ist doch auch die Anhörung zunächst einmal vertagt worden. Deswegen ist aber auch der Eilantrag überflüssig. Warten wir zunächst die rechtliche Klärung ab. Dann können wir sagen, ob wir das machen oder nicht. Dann werden Sie sicherlich auch eine zufriedenstellende Antwort erhalten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Remmel, Sie sprechen von einem tiefgreifenden Zerwürfnis zwischen Parlament und Regierung. Wenn das alles ein bisschen heruntergezogen wäre, würde ich Ihrer These, dass dem Parlament selbstverständlich die Unterlagen zugänglich gemacht werden müssen, die einem Dritten zugänglich gemacht werden, sofort zustimmen. Aber diese überhöhte Darstellung als Staatskrise … Mein Gott! Man hätte das vielleicht anders entscheiden können. Ich habe dazu meine persönliche Meinung. Aber dieser Antrag ist doch vom Inhalt her obsolet.