Protocol of the Session on May 16, 2008

Ich eröffne die Beratung. Für die antragstellende CDU-Fraktion erhält der Herr Abgeordnete Recker das Wort. Bitte schön, Herr Recker.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Manchmal ist es gut, wenn man in alte Dokumente schaut. Für einen Politiker gehört nämlich Verlässlichkeit und Berechenbarkeit sicherlich zu den wesentlichen Voraussetzungen. Ich darf an dieser Stelle einmal aus dem Plenarprotokoll 13/33 aus Juni 2001 zitieren. Ich habe damals vor diesem Hohen Hause erklärt:

„Wir alle hier haben den Auftrag, Bildung und Erziehung für unsere Kinder sicherzustellen und dabei eine Politik umzusetzen, die von den Bedürfnissen der Kinder und der Familie ausgeht. Dabei haben wir immer wieder neu zu hinterfragen, ob die zurzeit gültigen Rahmenbedingungen dieser Aufgabe gerecht werden.“

Meine Damen und Herren, unsere Ganztagsoffensive zeigt, dass wir genau in dieser Kontinuität unserer Beschlüsse stehen, und sie zeigt auch, dass wir die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt stellen.

Meine Damen und Herren von der Opposition, wie Sie mit den Bedürfnissen der Kinder und Familien umgegangen sind, belegt ein Blick in die Statistik der KMK.

Gab es im Jahr 2002 145 Hauptschulen mit gebundenem Ganztag, so waren es im Jahr 2006 nach dem Regierungswechsel bereits 227, waren es im Jahr 2002 somit 19,6 %, so lagen wir dann bei über 31 %.

Spannend ist auch Folgendes: Sie haben in dem gleichen Zeitraum gerade zwei Realschulen als Ganztagsschulen in voll gebundener Form auf den Weg gebracht; im Bereich der Gymnasien sah es genauso traurig aus.

Wir haben in der Koalitionsvereinbarung klar gesagt: Wir wollen die Ganztagsangebote erweitern und qualitativ verbessern. Mit den Familienzentren und Ganztagsschulen wollen wir Schritt für Schritt ein lückenloses, bedarfsgerechtes und verlässliches Betreuungsgefüge aufbauen, das hohen pädagogischen Ansprüchen genügt.

(Zustimmung von Ingrid Pieper-von Heiden [FDP])

Ich kann nur feststellen: Gesagt, getan. Wir sind auf dem Weg – darauf sind wir stolz –, das Ganztagsland Nr. 1 in Deutschland zu werden. Nach einer KMK-Statistik aus dem März 2008 hatten im Jahr 2004 rund 20 % aller Schulformen einen Ganztagsbetrieb. Im Jahre 2006 hatten wir den Anteil auf 46 % mehr als verdoppelt. Meine Herren und Damen, darauf kann man stolz sein.

Wir stehen im Vergleich zu ähnlich großen Bundesländern gut da. Bayern hatte im Jahr 2006 rund 20 % im Ganztagsbetrieb, Baden-Württemberg knapp 15 % und Niedersachsen etwa 16 %. Auch das sah 2002 noch anders aus. Da lag Nordrhein-Westfalen auf dem Niveau der großen Flächenländer in Deutschland. Es ist also deutlich: Der Weg in der Bildungspolitik NordrheinWestfalens ist klar. Es geht nach oben, es geht sogar steil nach oben, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Lassen Sie mich darstellen, was alles insbesondere in Grund-, Förder- und Hauptschulen bereits geleistet wurde. Gut 2.900 Grund- und Förderschulen sind heute offene Ganztagsschulen. Im laufenden Schuljahr stellen wir mehr als 160.000 Plätze in offenen Ganztagsschulen bereit, bis 2010 werden es 205.000 sein.

Meine Damen und Herren, wir haben den Lehrerzuschlag für die offenen Ganztagsschulen verdoppelt. Das Ziel ist eben, eine noch höhere Qualität zu erreichen.

In der Hauptschule haben wir erfolgreich den erweiterten Ganztagsbetrieb eingeführt, der von Schülerinnen und Schülern sehr geschätzt wird. Dies belegen übrigens im laufenden Schuljahr Anmeldezahlen, die im Schnitt ein Plus von 10 % bedeuten – und dies im Übergang. Im kommenden Schuljahr werden bis zu 250 Hauptschulen erweiterte Ganztagshauptschulen sein. Zusammen mit den bestehenden Ganztagshauptschulen nach bisherigem Modell wird damit rund jede zweite Hauptschule eine Ganztagsschule oder eine erweiterte Ganztagsschule sein.

(Beifall von der CDU)

Damit hat diese Schule endlich die Chance, die diese Schüler verdienen.

(Beifall von der CDU)

Hierbei können und wollen wir nicht stehenbleiben. Wir wissen alle, dass vor dem Hintergrund der Schulzeitverkürzung und auch des Ausbaus der Stundentafel in der Sekundarstufe I den Schulen mehr Zeit zur Verfügung stehen muss.

Wer länger in der Schule ist, muss auch Gelegenheit haben, ein Mittagessen zu sich zu nehmen und auch einen Aufenthaltsraum vorzufinden. Darum war es ein gutes Zeichen, die damaligen Mittel des Bundes aus dem IZBB-Programm auch für einen Ausbau der Hauptschulen zu nutzen.

Die Ankündigung der Landesregierung, 175 Millionen € aufzubringen und damit einen finanziellen Kraftakt zugunsten auch unserer Realschulen und Gymnasien zu stemmen, zeigt eindrucksvoll, welchen Wert wir insgesamt dem Bildungsbereich einräumen.

Meine Damen und Herren, damit schaffen wir ein flächendeckendes, bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsschulen und auch Ganztagsgymnasien. Ab dem Schuljahr 2009/2010 sollen jährlich 108 Schulen, das heißt je die Hälfte Realschulen und Gymnasien, diese Möglichkeit erhalten. Damit

schafft die Landesregierung bereits 2009 und 2010 die personellen Voraussetzungen für insgesamt 216 neue Ganztagsschulen im Bereich Gymnasien und Realschulen – eine wirklich stolze Zahl!

(Beifall von der FDP)

Aber – und das ist genauso wichtig – auch diejenigen Schulen, die sich nicht für den Ganztag entscheiden, werden von dem Programm der Landesregierung profitieren. Die Schulen können mit einer pädagogischen Übermittagbetreuung bereits zum 1. Februar 2009 unmittelbar nach Inkrafttreten des Haushaltes 2009 – also mit Beginn des zweiten Halbjahres – Anträge stellen. Damit ersetzt das Programm „Geld oder Stelle“ das bisherige 13-Plus-Programm. Eine Schlechterstellung von Schulen gegenüber dem bisherigen Programm wird es nicht geben.

Ich will an dieser Stelle noch einmal ganz offen mein Unverständnis über den Entschließungsantrag der SPD äußern. Wir hatten eigentlich Applaus erwartet. Denn, meine Damen und Herren, ich erinnere daran, dass Sie am 4. Dezember 2007 im Rahmen der Haushaltsberatungen einen Antrag gestellt hatten, in dem Sie 50 Millionen € für den Ganztag gefordert haben. Meine Damen und Herren, wir stellen jetzt 175 Millionen € ein.

(Beifall von der CDU)

Und Sie stellen sich hier heute hin und sprechen von schweren Mängeln. Das ist doch geradezu absurd.

Zurück zum Antrag der Koalition: Es ist wichtig, dass wir jetzt nach Ankündigung der Ganztagsmaßnahmen schnell zur konkreten Umsetzung kommen. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage durchaus höher sein wird. Deshalb brauchen wir eine ganz enge Abstimmung mit den Schulen und den Kommunen vor Ort sowie ein transparentes Konzept bei der Vergabe.

Ich hoffe, dass wir das gemeinsam auf den Weg bringen. Sie hatten allerdings jahrzehntelang Zeit, meine Damen und Herren, hier wenigstens einen Anfang zu schaffen. Nichts, aber auch gar nichts, ist von Ihnen in diesem Bereich geschehen.

(Beifall von CDU und FDP)

Es war in höchstem Maße unfair und ungerecht, der wirklich am meisten belasteten Schulform, der Hauptschule, über zehn Jahre diese Option zu verweigern.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielleicht erinnern Sie sich der Worte von Schulentwicklungsforscher Wilfried Bos, der dieses Ganztagsprogramm in der „Welt am Sonntag“ vom 27. April 2008 wörtlich als „großen Wurf“ bezeichnet hat: Es werde den Anteil der Abiturienten steigen lassen und auch Schülern aus bildungsfernen Schichten bessere Chancen einräumen. Meine Damen und Herren, damit ist alles gesagt. Das war unser Ziel. Darauf sind wir stolz. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Recker. – Jetzt hat für die FDP-Fraktion Frau Pieper-von Heiden das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der neuen, ehrgeizigen Ganztagsoffensive für weiterführende Schulen stellen FDP und CDU erneut unter Beweis, dass wir die Koalition der Bildung sind und

(Lachen von der SPD)

diese Koalition die Bildung als ein Schwerpunktthema ihrer Politik versteht.

Nächstes Jahr werden je 54 gebundene Ganztagsschulen im Bereich der Gymnasien und der Realschulen, im Jahr darauf noch einmal die gleiche Zahl, also zweimal 108, somit 216 weiterführende Schulen den qualifizierten Ganztagsbetrieb aufnehmen. Das ist ein wahres Kraftprogramm für den Ganztag, was FDP und CDU hier auf den Weg bringen. Ich denke, das verdient große Anerkennung und ist etwas, was noch nie in diesem Land da gewesen ist.

Mit diesem beherzten Einstieg in den flächendeckenden Ausbau des Ganztags an Gymnasien und Realschulen, mit dem konsequenten Ausbau der Übermittagbetreuung, die ja auch kommt, und dem 1000-Schulen-Programm werden wir allen Schülern und Eltern nun ein deutlich ausgeweitetes und strukturiertes Ganztagsangebot machen, wie es dies in Nordrhein-Westfalen zu keiner Zeit gegeben hat.

Dass wir Liberale hiermit sehr zufrieden sind, möge man mir zugestehen, da die FDP den Ganztagsausbau aller weiterführenden Schulformen bereits in der letzten Legislaturperiode gefordert hat.

Meine Damen und Herren, man erinnere sich nur, was so manche Oppositionskollegen in den vergangenen Monaten in der Presse verlautbaren ließen: Da war von „Luftnummern“ die Rede, von „Ankündigungspolitik“ und ähnlichen Unterstellun

gen. Wenn man sich einmal die Bilanz des Ganztagsausbaus durch die schwarz-gelbe Koalition in dieser Legislaturperiode ansieht und dann den Blick zurück in die Ganztagswüste von Rot-Grün riskiert, dann wird wohl schnell deutlich, wem das Etikett „Luftnummer“ anhaftet.

Meine Kolleginnen und Kollegen, es reicht ein Blick in den Entschließungsantrag der SPD, um wirklich den Eindruck zu gewinnen, dass die Realität offensichtlich in der SPD keine Heimat hat. Dass die Sozialdemokraten suggerieren, Nordrhein-Westfalen sei 2005 auf einem weit fortgeschrittenen Weg beim Ganztag gewesen, ist schlicht absurd. Sie haben aus ideologischen Gründen eine einzige Schulform bevorzugt, ansonsten weitestgehend überhaupt nicht gehandelt. Frau Löhrmann, der ich nicht so oft und auch nicht so gerne zustimme, hat gesagt, dass sie die SPD-Schulpolitik als skurril und als Wirrwarr bezeichnet. Und da – muss ich sagen, hat sie einmal Recht.

Auch wenn es der Opposition offenbar nicht gefällt: Neben dem weiteren Ausbau der Plätze an Grundschulen werden wir an Haupt- und Förderschulen mit 86.000 Ganztagsplätzen die eigenen Zielsetzungen bei Weitem übertreffen.

(Beifall von der FDP)

Durch das Angebot 13 Plus sind bereits jetzt an jedem zweiten Gymnasium und an jeder dritten Realschule Möglichkeiten des Ganztagsangebots vorhanden. Mit dem nun aufgelegten Programm zum flächendeckenden Ausbau der Ganztagsangebote, gerade auch an Realschulen und Gymnasien, geht das Land Nordrhein-Westfalen einen weiteren zentralen Schritt, um ein umfassendes und die Schulformen übergreifendes Ganztagsangebot zu verwirklichen.

Wie gesagt, wir werden in jeder kreisfreien Stadt bereits 2009 insgesamt 108 Realschulen und Gymnasien, im Jahre 2010 noch einmal das Gleiche haben. Im Rahmen des 1000-SchulenProgramms wird den Trägern ein zusätzlicher Investitionsbetrag von 100 Millionen € zur Verfügung gestellt. Dieses Programm können die Kommunen durch die von uns auf 540 Millionen € erhöhte Schulpauschale begleiten.

Mit dem Programm „Geld oder Stelle“ stellen wir an den Schulen beim Nachmittagsunterricht die pädagogische Übermittagbetreuung sicher. Hierbei können die Schulen wählen, ob sie die finanziellen Mittel für externe Anbieter in Anspruch nehmen oder eine Person selbst anstellen. Und eine finanzielle Schlechterstellung – das ist ganz wichtig gegenüber 13 Plus – ist ausgeschlossen.

Das ist ein sehr umfassendes Programm, das den Schulen nun eine deutliche Entlastung und qualitative Unterstützung gewährleistet.