Erster Punkt: Aus unserer Sicht ist von besonderer Bedeutung, die europapolitischen Beziehungen und den regionalen Austausch zwischen Nordrhein-Westfalen und Frankreich zu intensivieren; denn Nordrhein-Westfalen hat sich bereits seit dem Jahr 2001 mit seinen polnischen und französischen Partnerregionen Schlesien und Nord-Pas-de-Calais zu einem regionalen „Weimarer Dreieck“ zusammengeschlossen, das vor allem im Jugendaustausch aktiv ist und im Rahmen der Zusammenarbeit im Bereich des wirtschaftlichen Strukturwandels einen engen Austausch pflegt. Ich meine, dass dieser Austausch fortgesetzt werden muss.
Zweiter Punkt: Wir wollen den kulturellen Austausch mit Frankreich auf eine neue Grundlage stellen. Das Frankreich-Nordrhein-Westfalen-Jahr sollte dazu genutzt werden, möglichst zahlreiche
Institutionen, Ensembles und Künstler aus Nordrhein-Westfalen in Frankreich zu präsentieren. Ziel der Bemühungen muss es sein, in der französischen Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die kulturelle Vielfalt unseres Landes zu erzeugen. Wichtig ist auch, dass im Rahmen der Zusammenarbeit die kulturelle Kooperation zwischen den Partnerschaftskommunen intensiviert wird. Dazu gehört auch die Chance, die französischen Partner zu Gegenbesuchen zu animieren. Ich denke hier insbesondere an das Kulturhauptstadt-Jahr 2010.
Dritter Punkt: Es ist uns ein zentrales Anliegen, den zivilgesellschaftlichen Austausch zwischen Nordrhein-Westfalen und Frankreich zu stärken. Der Landesregierung kommt hierbei die Aufgabe zu, das zivilgesellschaftliche Engagement einzubinden und den Akteuren der Zivilgesellschaft auf allen Ebenen eine Chance zu geben, ihre Zusammenarbeit entsprechend fortzuentwickeln.
Vierter Punkt: Wir werben für einen besseren Austausch im Bereich der Integrationspolitik. Das Frankreich-Nordrhein-Westfalen-Jahr kann ein Rahmen sein, um zunächst unter der Moderation gerade von Nordrhein-Westfalen, in dem ja nun die meisten Menschen mit Zuwanderungsgeschichte leben, gezielt die Zusammenarbeit von Kommunen beider Länder zu fördern. Das halte ich für wichtig.
Fünfter Punkt: Wir setzen uns dafür ein, dass im Verhältnis zwischen unserem Bundesland und Frankreich die Zusammenarbeit und der europäische Gedanke in Schule, Bildung und Wissenschaft verstetigt werden.
Wir haben 900 Schulpartnerschaften und 240 Städtepartnerschaften. Da stehen wir in Nordrhein-Westfalen an erster Stelle. Den nordrheinwestfälischen Europaschulen fällt hierbei eine Schlüsselrolle zu.
Sechster und letzter Punkt: Nicht zuletzt gilt es, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Nordrhein-Westfalen und Frankreich auszubauen. Im bundesweiten Vergleich ist Nordrhein-Westfalen als Standort für französische Unternehmen Spitzenreiter. Sie haben hier bei uns 300 Tochtergesellschaften und 625 Niederlassungen. Französische Unternehmen beschäftigen in unserem Bundesland 67.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese erwirtschaften immerhin einen Jahresumsatz von 22 Milliarden €.
Freundschaft gilt zu Recht als Garant für die vitale Weiterentwicklung des europäischen Integrationsgedankens. Gemeinsam wollen wir Globalisierung gestalten. Wir wollen auch alles dafür tun, dass das deutsch-französische Zusammenspiel in Europa als Motor für die erfolgreiche Vertiefung der europäischen Einigung dauerhaft fortbesteht.
Der Weg zu einem bürgernahen Europa, das die Menschen vor Ort mitnimmt, führt durch Frankreich und Nordrhein-Westfalen. Deshalb sollten wir das Frankreich-Nordrhein-Westfalen-Jahr in diesem Sinne kraftvoll nutzen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das deutsch-französische Zusammenspiel gilt in Europa als Motor für den erfolgreichen Fortgang und die Vertiefung der europäischen Einigung. Nordrhein-Westfalen kommt als europäischer Region aufgrund seiner Einwohnerzahl, Wirtschaftskraft und geografischen Lage eine besondere Bedeutung und politische Verantwortung innerhalb Europas zu.
Erfolgreiche Europapolitik heißt für die FDPFraktion insbesondere, sich für Maßnahmen zur Stärkung der Europafähigkeit sowie zur Förderung und Verbreitung des Gedankens Europas aktiv einzusetzen. Ein vereintes Europa entsteht nicht, indem man nur darüber redet, sondern indem man es lebt. Es gilt, die vielfältigen sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verknüpfungen zwischen Frankreich und Deutschland, insbesondere zu NRW, zu nutzen und auszubauen.
Richtigerweise soll neben der fortlaufenden Vertiefung der Beziehungen zu den Beneluxstaaten nun insbesondere mit dem Frankreich-NordrheinWestfalen-Jahr ein Schwerpunkt nordrheinwestfälischer Europapolitik auf Frankreich gelegt werden. Nordrhein-Westfalen und Frankreich haben viele gemeinsame Themen. Zudem können sie sich in anderen Bereichen optimal ergänzen.
Nordrhein-Westfalen und Frankreich stehen jeweils für eine moderne Wirtschaftsordnung in Europa und sind gegenseitig wichtige Handelspartner. Frankreich ist für Nordrhein-Westfalen Exportland Nummer 1. Rund 300 französische Unternehmen mit mehr als 60.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 22 Milliarden € haben
ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen. Neben dem Generalkonsulat gibt es hier die größte französische Handelsmission weltweit, fünf Kulturinstitute sowie ein französisches Gymnasium in Düsseldorf und eine französische Schule in Bonn.
Die engen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Nordrhein-Westfalen und Frankreich spiegeln sich unter anderem im Handelsvolumen wider: Mit 25,3 Milliarden € ist Frankreich hinter den Niederlanden der zweitwichtigste nordrheinwestfälische Handelspartner.
Meine Damen und Herren, das FrankreichNordrhein-Westfalen-Jahr 2008/2009 bietet in diesem Zusammenhang hervorragende Repräsentationsmöglichkeiten, die dazu genutzt werden müssen, im Sinne einer nachhaltigen Gesamtstrategie für den Standort Nordrhein-Westfalen sowie seine Unternehmen und Produkte in Frankreich zu werben und weitere französische Investoren, Handels- und Geschäftspartner für NordrheinWestfalen zu gewinnen.
Das beherzte und leidenschaftliche Eintreten der französischen Gesellschaft für Bürgerrechte und Freiheiten erzeugt liberale Sympathie.
In Nordrhein-Westfalen leben rund 30.000 Franzosen. Zwischen NRW und Frankreich existieren 250 Städte- und 850 Schulpartnerschaften. Meine Damen und Herren, nahezu alle kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen und auch sehr viele kleinere Städte und Gemeinden verfügen über eine Partnerkommune in Frankreich. Eine solch enge Verbindung mit Frankreich auf örtlicher Ebene ist einmalig. Diese engen Partnerschaften gilt es weiter zu stärken.
Am 27. und 28. Mai kommen daher die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister NordrheinWestfalens mit ihren französischen Partnern in Köln zusammen, um sich dort über neue Ideen und Formen der Zusammenarbeit auszutauschen. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und Schulministerin Barbara Sommer laden zudem gemeinsam mit dem französischen Erziehungsministerium und weiteren französischen Partnern knapp 2.000 Schülerinnen und Schüler zu einem kulturellen Dialog mit gleichaltrigen Jugendlichen nach Paris ein.
Meine Damen und Herren, nur wenn es gelingt, junge Menschen frühzeitig für den Kontakt mit französischer Sprache, Geschichte und Kultur sowie junge Franzosen für unsere deutsche Sprache, Geschichte, Kultur und unser Land zu inte
ressieren, werden wir das Fundament für eine gedeihliche und zukunftsfeste deutsch-französische Partnerschaft in Europa verbreitern.
Den nordrhein-westfälischen Europaschulen kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu. Neben den Bundesländern werden gerade die 22 innerfranzösischen Regionen und 100 Departements von der Umsetzung des europäischen Rechts berührt. Wie Deutschland vertreten sie im Ausschuss der Regionen ihre regionalen Interessen. Durch die Stärkung des Subsidiaritätsprinzips im Reformvertrag wird es künftig noch wichtiger sein, sich in bestimmten Sachfragen mit ausländischen Regionen abzustimmen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Wir wollen den gesellschaftlichen und politischen Dialog zwischen Nordrhein-Westfalen und Frankreich stärken. Mit einer Vielzahl von Veranstaltungen gilt es, nachhaltig zu zeigen, dass für NRW die enge Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich ein wichtiges Anliegen ist. Wir wollen diesen besonderen Bund in Europa mit Jung und Alt erleben und vorleben. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf petzen: Monsieur Kuschke wäre nicht angebracht, aber immerhin haben wir seit Ende letzten Jahres einen französischen Schwiegersohn. Meine Frau und ich erwarten ein deutsch-französisches Enkelkind. Das ist ein ganz praktischer Beitrag.
Lassen Sie mich gleich zu Anfang in Richtung der antragstellenden Koalitionsfraktionen und in Richtung von Minister Krautscheid sagen: Natürlich ist ein Frankreich-Nordrhein-Westfalen-Jahr aus unserer Sicht sinnvoll und richtig. Natürlich ist es auch richtig und sinnvoll, Kollege Westkämper und Kollege Brockes, dass wir in diesem Zusammenhang darüber nachdenken, wie weit wir dieses Jahr nutzen können, um die Beziehung voranbringen zu können.
Insofern will ich fünf Punkte nennen, von denen ich glaube, dass man an diesen Stellen noch einmal überlegen, nachbessern und ergänzen muss. Dazu werden wir im Ausschuss die Gelegenheit haben.
Erstens. Ich empfehle eine realistische Dimension unserer Möglichkeiten. Der zweite Absatz auf der ersten Seite des Antrags unter Punkt I ist etwas vollmundig. Es gibt eine Reihe von Bundesländern, die gemeinsame Grenzen mit Frankreich haben und natürlich mit Recht für sich in Anspruch nehmen, dass es in der Vergangenheit intensive Kontakte gegeben hat, die gepflegt werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf verweisen – das ist schon bei der BeneluxDebatte bei der Frage nach dem Verhältnis zwischen Nordrhein-Westfalen zu den Niederlanden aufgefallen und fällt auch bei dieser Debatte auf –: Bei allen Chancen, die wir haben, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass wir ein Bundesland sind, das diese Kontakte zu einem Nationalstaat herstellt. Wir erleben an der einen oder anderen Stelle ganz aktuell, dass Frankreich durchaus eigene Interessen hat, die in eine ganz andere Richtung gehen, Stichwort: Mittelmeerunion, die von hoher Aktualität ist.
Zweitens. Wir werden uns gut auf die Frage der Nachhaltigkeit unserer Maßnahmen verständigen können. Wir haben es hier mit einem Jahr zu tun und müssen schon überlegen, welche Maßnahmen sich weiterentwickeln lassen und über das Jahr hinausgehen. Minister Krautscheid und ich hatten die Gelegenheit, gestern noch über das Instrument der Städtepartnerschaften und der regionalen Partnerschaften zu sprechen. Manchmal entspricht das, was auf den Ortseingangsschildern festgehalten ist, nicht unbedingt der gelebten Praxis zwischen den Partnerstädten.
Drittens. Im engen Zusammenhang mit dem zweiten Punkt steht das sogenannte Weimarer Dreieck, das Kollege Westkämper angesprochen hat, also die Zusammenarbeit zwischen NordrheinWestfalen, Schlesien und Nord-Pas-de-Calais. Wir müssten noch einmal prüfen, inwieweit – ausgehend von Städtepartnerschaften, der Zusammenarbeit im zivilgesellschaftlichen Bereich – regionale Partnerschaften nicht ein Weg sind, den wir auch gehen müssen.
Viertens. Ich habe den Antrag daraufhin noch ein zweites Mal gelesen. Die Bedeutung der Zusammenarbeit und der Kontakte zwischen Jugendlichen wird erwähnt, es fehlt jedoch der Hinweis auf das deutsch-französische Jugendwerk.
Ich denke, das ist etwas, was man sicherlich im Einverständnis wird klären können, aber auch da – ich sage das mit aller Deutlichkeit – in der Erkenntnis, dass wir hier Entwicklungsschub brauchen. Da ist vielleicht das eine oder andere, was möglicher
Fünftens. Das, was zwischen Deutschland und Frankreich passiert ist und was wir mit „Aussöhnung“ und „Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben“ bezeichnen, hat einen herausragenden Stellenwert. Ich bin fast geneigt zu sagen: „Das ist einzigartig“, sage aber an der Stelle genügsam: Es hat einen einzigartigen Stellenwert. Da stellt sich natürlich die Frage: Kann das nicht auch Modell, Anleitung sein für das, was wir in anderen Feldern noch zu leisten haben?
Ich komme noch einmal auf das Stichwort Europa zurück. Ich glaube, dass wir von dieser Aussöhnung auch vieles für die Entwicklung eines europäischen Geschichtsbewusstseins und eines Geschichtsverständnisses lernen und damit etwas begründen könnten, was wir im Sinne eines europäischen Bewusstseins für die Zukunft dringend brauchen, nämlich so etwas wie eine gemeinsame europäischen Erinnerungskultur.
In der Auseinandersetzung um Denkmäler und Mahnmale diskutieren wir das oftmals sehr defensiv und reaktiv. Ich glaube, dass wir das als Thema kompakt und positiver besetzt angehen müssen.
Wir freuen uns auf die Beratung im Ausschuss. Vielleicht kann man durchaus optimistisch sein und sagen: Es wäre des Schweißes der Edlen wert, wenn man hier möglicherweise etwas Gemeinsames auf den Weg bringen könnte. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Kuschke. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Löhrmann.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Bei einem Antrag, der so viel darauf fußt, was in langjähriger Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland und auch NordrheinWestfalen entstanden ist, wird sich auch die Opposition gerne und konstruktiv beteiligen.
Offensichtlich scheint die Erneuerungsrhetorik hier keinen Platz gefunden zu haben, weil es wirklich um etwas geht, was lange gewachsen ist und was es zu pflegen gilt.