Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Römer, es ist schon traurig, dass Sie immer noch die Debatte von gestern, ja vorgestern führen, aber ich habe die Hoffnung, dass die Sozialdemokratie doch irgendwann in der Realität ankommt.
Das zerstörerische Erdbeben, das am 23. Februar einen Teil des Saarlandes erschütterte, hat einer breiten Öffentlichkeit vor Augen geführt, dass der Abbau von Steinkohle in Deutschland mit unkalkulierbaren Risiken einhergeht. Wer sich auch nur einmal die Zeit genommen hat, mit den zahlreichen Bürgerinitiativen in Rheinberg, Voerde oder Dorsten der unter dem Bergbau leidenden Menschen zu sprechen, wird verstehen können, dass die Bewohner in den Abbaugebieten den subventionierten Steinkohlebergbau verteufeln. Das Erdbeben im Saarland ist auch deshalb ein unüberhörbares Signal an die RAG und die Politik.
Die Botschaft der Leute vor Ort lautet nicht länger: „Glück auf!“, sondern „Hört auf!“. Die Menschen haben kein Verständnis dafür, dass der Staat durch Subventionszahlungen die Bergschäden überhaupt erst ermöglicht. Deshalb müssen wir genau darauf achten, dass im Nachgang der unvermeidlichen Schließung des Bergwerks Saar keine Geschäfte zulasten Dritter, also keine Geschäfte zulasten Nordrhein-Westfalens, abgeschlossen werden.
Erstens. Über den bereits zugesagten finanziellen Beitrag Nordrhein-Westfalens zum sozialverträglichen Ausstieg aus dem Subventionsbergbau hinaus gibt es kein weiteres Geld vom Land.
Zweitens. Die RAG muss in den kommenden Wochen einen verbindlichen Schließungsfahrplan für sämtliche Zechen in Nordrhein-Westfalen vorlegen. Dabei hat sich die RAG an ihrer in Brüssel vorgelegten Stilllegungsabfolge zu orientieren. Ein dauerhafter Abbaustopp im Saarland darf nicht zu einem längeren Betrieb nordrhein-westfälischer Zechen führen.
Drittens. Es darf keine Produktionsverlagerung vom Saarland nach Nordrhein-Westfalen geben. Jede zusätzlich geförderte Tonne Steinkohle in Nordrhein-Westfalen erhöht das Bergschadensrisiko und damit auch die finanzielle Inanspruchnahme des Vermögens der Steinkohle-Stiftung.
Beim Steinkohlekompromiss ging es darum, den Ausstieg sozialverträglich zu gestalten, und nicht darum, die Zechen möglichst lange offen zu halten, wie Herr Römer es immer suggerieren möchte.
Wir haben jetzt die Chance, den sozialverträglichen Ausstieg aus dem Subventionsbergbau zum Wohle des Landes und der Bergleute zügiger zu gestalten, als wir noch vor einem Jahr geglaubt haben. Die Ereignisse im Saarland werden den Druck auf die RAG und die IG BCE erhöhen, diesen Prozess aktiv zu begleiten. Die Offenlegung des Schließungsplans in den kommenden Wochen ist hierzu ein erster Lackmustest. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Brockes. – In Vertretung für Frau Ministerin Thoben hat für die Landesregierung Herr Minister Uhlenberg das Wort.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach jahrzehntelangem Durchwinken der Kohlesubventionen in diesem Land hat erstmals diese Landesregierung noch im erstem Jahr ihrer Regierungsverantwortung den Anstoß für Gespräche mit dem Bund, der RAG und der IG BCE über eine endgültige Beendigung der Milliardensubventionen für den deutschen Steinkohlebergbau gegeben.
Die Ergebnisse sind bekannt. Am 7. Februar 2007 wurde die sozialverträgliche Beendigung des Steinkohlebergbaus in Deutschland im Jahr 2018 beschlossen. Die unmittelbaren Absatz- und Produktionshilfen des Landes Nordrhein-Westfalen
enden sogar schon mit dem Jahre 2014. Die verbindlichen Regelungen sind im SteinkohleFinanzierungsgesetz des Bundes vom 20. Dezember 2007 nachzulesen.
Herr Abgeordneter Römer, im Hinblick auf das, was Sie gerade gesagt haben: Natürlich ist die Landesregierung vertragstreu.
Auf Basis der verhandelten Plafonds, die durch das Steinkohle-Finanzierungsgesetz des Bundes verbindlich wurden, hat die RAG im Herbst des vergangenen Jahres eine Bergbauplanung erstellt. Sie weist, abgesehen von den Schließungsterminen der Bergwerke Walsum am 30. Juni 2008 und Lippe am 31. Dezember 2008, die Stilllegungstermine der übrigen Bergwerke in anonymisierter Form aus. Als Begründung hat die RAG angeführt, dass dazu noch keine verbindlichen Beschlüsse der Gremien des Unternehmens vorlägen. – Das trifft zu, und deswegen muss das auch akzeptiert werden.
Der Bund hat diese Stilllegungsplanung zur Grundlage seines Berichts an die Kommission zur Notifizierung der staatlichen Kohlehilfen gemacht. Nach Angaben der RAG beruht die Stilllegungsabfolge auf der unternehmerischen Bewertung verschiedenster kostenbestimmter Einflussgrößen, darunter die Randbedingung des sozialverträglichen Personalabbaus, darunter auch die Erstattung für Bergschäden und der Aufwand zur Begrenzung sonstiger Einwirkungen des Bergbaus.
Bei den im Antrag angesprochenen Kriterien wie Bergschäden und Hochwasserrisiken ist auch zu berücksichtigen, dass der weit überwiegende Anteil künftig zu bewältigender Alt- und Ewigkeitslasten und Schadenspotenziale seine Ursachen im bereits zurückliegenden Bergbau der vergangenen 150 Jahre hat. Diese Alt- und Ewigkeitslasten können nur in geringem Umfang der höchstens noch zehn Jahre betragenden Restbetriebszeit der noch heute aktiven Bergwerke zugerechnet werden. Vor diesem Hintergrund sind die genannten Kriterien nach Aussage des Unternehmens in der Stilllegungsplanung auch berücksichtigt.
Steinkohlebergbau in Nordrhein-Westfalen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist zwangsläufig mit Senkungen der Oberfläche verbunden. Dies trifft auf alle Bergwerke zu. Die Kritik der insbesondere von Bergschäden betroffenen Menschen ist verständlich. Sie mündet oftmals in der Forderung nach einem Verbot des Abbaus unter bewohnten Gebieten. Dem nachzukommen ist je
doch in einem derart dicht besiedelten Ballungsraum in unserem Land, der gerade durch das industrielle Arbeitsplatzangebot der Montanindustrie über viele Jahrzehnte gewachsen ist, schlichtweg unmöglich, ohne den Steinkohlebergbau nahezu gänzlich zum Erliegen zu bringen. Dies widerspräche zudem der Zusage von Bund und Land, die Sozialverträglichkeit der bis zum Jahre 2018 vorgesehenen Stilllegungsmaßnahmen sicherzustellen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, auf der Basis des Steinkohlefinanzierungsgesetzes hat der Bund der RAG im Dezember letzten Jahres einen Bewilligungsbescheid über die Kohlehilfen der Jahre 2009 bis 2012 zugestellt. Darin ist die RAG unmissverständlich aufgefordert, bis zum 30. April 2008 die Planung für die Beendigung des subventionierten Steinkohlebergbaus mit den Stilllegungszeitpunkten für die bis zum Ende des Jahres 2018 stillzulegenden Bergwerke durch ihre Gremien verbindlich zu beschließen. Die RAG hat das akzeptiert. Denn sie hat keine Rechtsmittel gegen den Beihilfebescheid eingelegt.
Dies macht auch die gemeinsame Auffassung des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen deutlich, dass die verbindliche Stilllegungsplanung zur Umsetzung des Kohleausstiegs allein in der Verantwortung des Unternehmens zu erarbeiten und von den dortigen Gremien zu beschließen ist. Nur dort liegen alle Informationen vor und sind die betrieblichen Zusammenhänge bekannt, die unabdingbare Grundlage für die ausstehenden Entscheidungen sind.
Aber unabhängig davon hat die Landesregierung gegenüber dem Unternehmen mehrfach deutlich gemacht, dass es trotz des absehbaren Abbaus von langfristig rund 25.000 Arbeitsplätzen in Nordrhein-Westfalen allein bei der RAG weder an den Standorten der heutigen Bergwerke noch im Bereich der Wohnorte der im Bergbau Beschäftigten zu strukturellen Brüchen kommen darf. Gleichzeitig hat die Landesregierung wiederholt gefordert, dass weder den Menschen im Einwirkungsbereich der Bergwerke noch der Öffentlichkeit durch den noch maximal zehn Jahre andauernden Bergbau unkalkulierbare und unzumutbare Risiken und Belastungen aufgebürdet werden.
In welchem konkreten Umfang die bergbehördlich angeordnete vorläufige Betriebsunterbrechung des Bergwerks Saar Einfluss auf die gesamte Stilllegungsplanung der RAG hat, ist noch nicht absehbar. Es ist Aufgabe des Unternehmens, dies in die anstehenden Entscheidungen einzubeziehen.
Soweit bekannt, verehrte Kolleginnen und Kollegen, war die Schließung des Bergwerks Saar erst im nächsten Jahrzehnt geplant. Sollte es dort kurzfristig zu einer endgültigen Stilllegung kommen, so hätte die RAG eine daran angepasste Bergbauplanung vorzulegen, die ihrerseits den sozialverträglichen Auslauf des Steinkohlebergbaus als Kernziel der Eckpunktevereinbarung vom 7. Februar 2007 umsetzt. Basis hierfür muss die Einhaltung der Festlegungen des Kohlefinanzierungspaketes und insbesondere der finanziellen Rahmensetzungen sein.
Herr Präsident, ich werde gleich zum Ende kommen. Meiner Meinung nach ist es aber wichtig, dass dies im Zusammenhang vorgetragen wird.
Eine Erhöhung der festgelegten Plafonds ist jedenfalls aus Sicht des Landes NordrheinWestfalen ausgeschlossen. Ein vorzeitiges Ende des Steinkohlebergbaus im Saarland kann auch nicht zulasten – dies möchte ich heute noch einmal deutlich machen – bzw. auf Kosten von Nordrhein-Westfalen gehen.
Es muss eine Lösung zwischen den dort Beteiligten ausgehandelt werden, die weder den sozialverträglichen Personalabbau der Bergwerke in Nordrhein-Westfalen erschwert noch zu zusätzlichen Umweltauswirkungen des Bergbaus in unserem Land führt.
Nach bisherigem Stand soll die nächste planmäßige Sitzung des Aufsichtsrates der RAG Anfang April 2008 stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass dann die notwendigen Beschlüsse gefasst werden, die alle vorstehend erläuterten Rahmbedingungen berücksichtigen. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister Uhlenberg. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Beratung schließe.
Wir kommen nun zur Abstimmung über einen Eilantrag. Die Regeln für den Eilantrag finden Sie in der Anlage 11 zur Geschäftsordnung. Der ursprüngliche Eilantrag hatte die Drucksachennummer 14/6379 und wurde von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebracht. In der Zwischenzeit haben sich drei Fraktionen, nämlich die Fraktionen von CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen, auf einen gemeinsamen Änderungsantrag verständigt. Hierzu liegt Ihnen ein Antrag vor, welcher die Drucksachennummer 14/6379 hat. Das ist die Drucksachennummer des Ursprungsantrages, allerdings enthält er die Anmerkung „Neudruck“. Das muss korrigiert werden, weil es so nicht geht.
Nun liegt uns ein Änderungsantrag zum Eilantrag vor, und dieser liegt – Sie können es sich merken oder auch wieder vergessen; es steht im Protokoll – in der Drucksache 14/6413 vor.
Wir stimmen jetzt über den Änderungsantrag Drucksache 14/6413 zum Eilantrag Drucksache 14/6379 ab, und wenn dieser eine Mehrheit findet, ist der Ursprungseilantrag erledigt. – Ich sehe, dass das Haus damit einverstanden ist. Sonst würde mir jemand widersprechen. Also sind Sie damit einverstanden. Danach stimmen wir über den Entschließungsantrag der Fraktion der Fraktion der SPD ab.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag Drucksache 14/6413 der Fraktionen von CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen, und zwar zum Eilantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 14/6379. Der neue Antrag hat somit die Drucksachennummer 14/6413. Wer dem seine Zustimmung geben will, den bitte ich ums Handzeichen. – Das sind Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Die SPD-Fraktion. Enthält sich jemand? – Abgeordneter Sagel enthält sich. Damit sind der Ursprungsantrag Drucksache 14/6379 der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen erledigt und der Antrag Drucksache 14/6413 angenommen.
Ich lasse nun über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/6411 abstimmen. Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich ums Handzeichen. – Das ist die Fraktion der SPD. Wer ist dagegen? – Grüne, CDU und FDP. Enthält sich jemand? – Herr Abgeordneter Sagel enthält sich. Damit ist der Entschließungsantrag der SPDFraktion bei Enthaltung des Abgeordneten Sagel mit Mehrheit abgelehnt.
Ich eröffne die Beratung und erteile für die CDUFraktion – das ist die antragstellende Fraktion – dem Abgeordneten Westkämper das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren heute über einen Antrag zum Frankreich-Nordrhein-Westfalen-Jahr 2008/2009, der meiner Fraktion sehr am Herzen liegt.
Für Nordrhein-Westfalen ist diese von der Landesregierung angestoßene Initiative eine hervorragende Gelegenheit, um seine gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Leistungskraft und Bandbreite in Frankreich zu präsentieren und auch den gesellschaftlichen und politischen Dialog mit Frankreich auf allen Ebenen zu vertiefen.
In unserem Antrag nennen wir in diesem Zusammenhang zentrale Themenschwerpunkte, die aus unserer Sicht angegangen werden sollten, um die Chancen des Frankreich-Nordrhein-WestfalenJahres, zu dessen Begleitung wir immerhin im Landesetat 500.000 € eingestellt haben, zielgerecht zu nutzen. – Ich will die einzelnen Punkte ganz kurz ansprechen.
Erster Punkt: Aus unserer Sicht ist von besonderer Bedeutung, die europapolitischen Beziehungen und den regionalen Austausch zwischen Nordrhein-Westfalen und Frankreich zu intensivieren; denn Nordrhein-Westfalen hat sich bereits seit dem Jahr 2001 mit seinen polnischen und französischen Partnerregionen Schlesien und Nord-Pas-de-Calais zu einem regionalen „Weimarer Dreieck“ zusammengeschlossen, das vor allem im Jugendaustausch aktiv ist und im Rahmen der Zusammenarbeit im Bereich des wirtschaftlichen Strukturwandels einen engen Austausch pflegt. Ich meine, dass dieser Austausch fortgesetzt werden muss.