Protocol of the Session on March 13, 2008

(Beifall von der SPD)

Aber es kann vor allem nicht sein, dass die Millionen Tonnen, die da fehlen, in NordrheinWestfalen zu Laufzeitenverlängerungen führen, insbesondere in dichten Besiedlungsgebieten. Deswegen muss auch das transparent auf den Tisch. Das alles benennt der Antrag. Deswegen stimmen wir ihm zu. – Danke schön.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Lienenkämper das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist in dem Hohen Hause nicht die Regel, dass ein Redner der CDU-Fraktion auf einen Redner der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Bemerkung antwortet: Herr Kollege Priggen, Sie haben den Sachverhalt völlig richtig dargestellt.

Das ist weniger verwunderlich, weil es um das Thema Kohle geht, denn die Öffentlichkeit weiß, dass die Koalition in dieser Legislaturperiode in diesem Haus in Fragen der Steinkohle häufig schon einer Meinung war mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dafür bin ich dankbar.

Herr Kollege Priggen hat völlig zu Recht ausgeführt, dass Anlass des gemeinsamen Antrags das Erdbeben im Saarland ist in Verbindung mit der beabsichtigten Beschlussfassung über die Stilllegungspläne und Reihenfolgen. Wir stimmen ausdrücklich der Zielrichtung zu, dass Planungssicherheit für alle Bergbaustandorte herrschen muss.

Planungssicherheit für alle Bergbaustandorte herrscht aber nur dann, wenn die jeweiligen Standorte über die Planungen informiert sind. Ohne Informationen gibt es keine Planungssicherheit. Deswegen fordern wir von der RAG Deut

sche Steinkohle eindeutig die Veröffentlichung ihrer Beschlüsse. Die Menschen, und zwar sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch die Menschen an den betroffenen Standorten, müssen wissen, was geplant ist, was ablaufen wird und müssen sich gemeinsam darauf einstellen können.

Das gilt insbesondere für die Gebiete mit gravierenden Bergschäden und da, wo Hochwasserrisiken bestehen. In Kommunen wie Rheinberg wurde längst das zumutbare Maß erreicht. Gerade da ist es besonders wichtig, dass Klarheit in der Planung herrscht.

Deswegen bringt es überhaupt nichts, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, dass Sie ständig unter Verweis auf die Revisionsklausel im Jahr 2012 den Menschen Sand in die Augen streuen, indem Sie suggerieren, es könnte anhand bestimmter Anhaltspunkte möglich sein, dass diese Revisionsklausel gezogen wird. Ja, sie steht im Gesetz. Wir haben dem Gesetz auch zugestimmt.

Aber, meine Damen und Herren, jede Logik und jede Erwartung verbieten es nach derzeitigem Stand davon auszugehen, dass sich die Preise auf dem Weltmarkt bis zum Jahr 2012 in einer Weise geändert haben, dass es Sinn macht, die Revisionsklausel zu ziehen. Gehen Sie einfach davon aus – eine realistische Annahme lautet –: Die Revisionsklausel 2012 verbietet sich selber und wird nicht gezogen werden! Streuen Sie den Bergleuten keinen Sand in die Augen, sondern lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass die Standorte und die Bergleute anständig über die Stilllegungsplanungen informiert werden.

Natürlich ist der Dreiklang Sozialverträglichkeit, Kostenminimierung und Minimierung der Risiken für uns unverändert wichtig. Wir haben glücklicherweise im Wirtschaftsausschuss ausdrücklich dargelegt bekommen, dass ähnliche Situationen in der Geologie wie im Saarland bei uns in Nordrhein-Westfalen nicht bestehen. Insofern kann man tatsächlich davon ausgehen, dass solche Erdbeben nicht eintreten. Das ist für uns sicherlich gut zu wissen.

Trotzdem darf es nicht dazu kommen, dass sich das Saarland jetzt aufgrund dieses äußeren Naturereignisses aus der Verantwortung und damit auch aus der Kostenverantwortung stiehlt. Es darf nicht zugunsten des Saarlandes ausgehen, wobei ich sowieso sagen muss, dass sich das Saarland bei den vergangenen Verhandlungen – ich sage es vorsichtig – jedenfalls keines schlechten Ergebnisses rühmen kann. Ich wünsche mir seit vie

len Jahren, dass sich die Kollegen im Saarland ab und an etwas solidarischer gegenüber unseren Interessen verhalten hätten. Sie haben es nicht getan.

Diese Ausgangsposition muss uns insbesondere zu weiterer Vorsicht mahnen. Die Ereignisse im Saarland dürfen am Ende des Tages weder zu einer Laufzeitverlängerung für NordrheinWestfalen noch zu einer Kostensteigerung für Nordrhein-Westfalen noch zu mehr Risiken für Nordrhein-Westfalen führen.

(Beifall von CDU, FDP und GRÜNEN)

Ich bin froh, dass wir das gemeinsam, jedenfalls mit drei Fraktionen dieses Hauses, so sehen und wir deswegen den Antrag so hinbekommen haben. Wir fordern die Landesregierung auf, die

„Stilllegungsplanung nur dann zu akzeptieren, wenn sie an den Zielen der Sozialverträglichkeit sowie der Schadens-, Risiko- und Kostenminimierung ausgerichtet ist, die Stilllegungsplanung mit den Schließungsterminen für sämtliche Bergwerke sowie dieser zugrunde liegenden Entscheidungskriterien transparent zu machen“

„sicherzustellen, dass eine vorzeitige Schließung des Bergwerkes Saar nicht zu Lasten von Nordrhein-Westfalen geht.“

Ich habe das ausnahmsweise deswegen vorgelesen, weil eben nicht ganz klar war, ob der gemeinsame Antrag hier vorliegt. Sollte er nicht vorgelegen haben, so ist jetzt jedenfalls die Zielrichtung im Protokoll aufgenommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU, FDP und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Lienenkämper. – Jetzt hat für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Römer das Wort.

(Unruhe von der FDP)

Einen Augenblick, wir haben ein Problem. Ich will Ihnen ganz offen sagen, dass das ein bisher noch nicht bekannter Vorgang ist, dass ein Eilantrag plötzlich geändert wurde und unter derselben Nummer ein anderer Antrag, jetzt mit drei Antragstellern, erscheint. Das ist ein bei uns bisher noch nicht geübtes Verfahren. Der alte Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat dieselbe Nummer, müsste im Grunde genommen zurückgezogen, und ein neuer Antrag müsste eingebracht werden. Das ist aber nach den Richtlinien

nicht möglich, weil die Fristen längst abgelaufen sind. Deshalb können wir im Augenblick nur so verfahren, dass wir den neuen Antrag als Änderungsantrag zu dem ursprünglichen Eilantrag laufen lassen. Damit bleibt die Reihenfolge der Redner, wie es beim ursprünglichen Antrag vorgesehen war.

Somit hat Kollege Römer jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Nachdem dies jetzt geklärt ist, scheint festzustehen, dass uns die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zunächst einmal einen Eilantrag vorgelegt hat, um Fehler der Landesregierung bei den Kohleverhandlungen zu beheben. Jetzt ist dem ganz offensichtlich die FDP-geführte Koalition beigesprungen. Die Grünen verzichten jetzt darauf, die Landesregierung an ihren Fehlern zu messen.

Meine Damen und Herren, ich möchte auf die verschiedenen Fehler der Landesregierung und des gemeinsamen Antrags nicht eingehen. Aber zwei Punkte stelle ich heraus; das ist auch gerade deutlich geworden:

Erstens. Sie wollen weiterhin versuchen, den Steinkohlebergbau vor dem Jahr 2018 zu beenden. Sie haben ganz offensichtlich nicht verkraftet, dass Sie eine Schließung schon vor dem Jahr 2015 nicht hinbekommen haben.

Zweitens. Sie hadern ganz offensichtlich immer noch damit, dass wir bei den Kohleverhandlungen im Februar 2007 eine stabile und robuste Option, Herr Lienenkämper, für die Zukunft der Kohle über das Jahr 2018 hinaus vereinbart und inzwischen auch gesetzlich geregelt haben.

So weit zu Ihrem Antrag.

Während Sie versuchen, parteipolitisches Kapital aus den Ereignissen an der Saar zu schlagen, verändert sich die Lage auf den Weltenergiemärkten im Übrigen dramatisch. Der Ölpreis – Herr Lienenkämper, Sie wissen das – hat sich innerhalb weniger Jahre verzehnfacht.

(Zustimmung von Lutz Lienenkämper [CDU])

Dass der Kohlepreis dieser Entwicklung nicht folgen würde, ist blanke Theorie. Ich nenne Ihnen zwei Zahlen:

Der Grenzübergangspreis für Koks lag im Jahresmittel 2007 bei 173 €/t. Er hat deshalb nicht noch höher gelegen, weil er durch LangfristLieferverträge dort unten gehalten wird. Denn am Spotmarkt müssen Sie heute deutlich über 200 €

zahlen; die Entwicklung der Stahlpreise bildet das im Übrigen ab.

Bei der Kraftwerkskohle ist die Entwicklung noch viel rasanter. Der Kohlepreis am Spotmarkt hat sich von Februar 2007 bis Februar 2008, also innerhalb von zwölf Monaten, von damals 80 auf heute 160 US-Dollar entwickelt – frei ab Hafen Rotterdam, das heißt, es kommt noch eine Menge an Kosten für den Transport drauf.

Der Preis ist keine theoretische Größe. Dieser Preis in Höhe von über 100 €/t ist ganz real zu bezahlen, wenn beispielsweise im Saarland Kraftwerke nicht mehr mit Saarkohle beliefert werden können. Dann – ich füge das hinzu – kommen noch die Transportkosten dazu, ganz abgesehen von den logistischen Problemen.

Wir haben eine geradezu paradoxe Situation. CDU und FDP im Energieland NordrheinWestfalen sind nicht etwa in Sorge um die Versorgungssicherheit. Offensichtlich – das ist eben deutlich geworden – sind Sie in Sorge darüber, dass sich die Schere zwischen den Förderkosten unserer heimischen Steinkohle und den Importpreisen immer weiter schließt – das ist so, das werden wir erleben –, und bis zum Jahr 2012 noch deutlicher. Die heimische Steinkohle wird zunehmend wettbewerbsfähig.

Aber vielleicht ist die CDU, Herr Lienenkämper, auch darüber in Sorge, dass ihre rasanten Atomausbaupläne vor diesem Hintergrund noch abstruser wirken müssen, als sie es heute schon sind.

Was Sie alles veranstalten, das ist mit den Anforderungen an eine verantwortungsbewusste Energiepolitik nicht zu vereinbaren.

Mit der kohlepolitischen Verständigung vom 7. Februar 2007, mit dem Steinkohlefinanzierungsgesetz und mit der Zustimmung des Landtages im August 2007 sind die maßgeblichen Entscheidungen zur Weiterführung des deutschen Steinkohlebergbaus mindestens bis zum Jahr 2018 getroffen. Durch das Beben an der Saar hat sich diese rechtliche Ausgangslage überhaupt nicht geändert.

Drei Dinge sind klar; auf die kommt es an. Wir haben sie in unserem Entschließungsantrag noch einmal herausgehoben. Ich möchte auf den wichtigsten Punkt zu sprechen kommen, der heute hier festgestellt werden muss. Wir haben ihn als Forderung in unseren Entschließungsantrag gesetzt, weil es der wichtigste ist.

Wir fordern die Landesregierung auf: Bleiben Sie vertragstreu und setzen Sie die mit der Bundesregierung, den Bergbauunternehmen und der

IG BCE vereinbarte kohlepolitische Verständigung vom 7. Februar 2007 Punkt für Punkt um und unterlassen Sie alles, was die nach § 1 des Steinkohlefinanzierungsgesetzes im Jahre 2012 zu treffende Entscheidung über die Fortführung des Steinkohlebergbaus über das Jahr 2018 hinaus präjudizieren würde.

Wir brauchen diese Option – ich habe das dargelegt – auch als Versicherung gegen die wachsenden Risiken auf den Weltenergiemärkten. – Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Brockes das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Römer, es ist schon traurig, dass Sie immer noch die Debatte von gestern, ja vorgestern führen, aber ich habe die Hoffnung, dass die Sozialdemokratie doch irgendwann in der Realität ankommt.